Der Streit zwischen den beiden mächtigsten Wirtschafsnationen USA und China spitzt sich zu. Kurz vor dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) äußerte eine chinesische Ratingagentur Zweifel an der Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten. China fürchtet zudem, mit Spekulationsgeld überschwemmt zu werden, weil die US-Notenbank Fed erneut die Notenpresse anwirft und 600 Milliarden Dollar in den Wirtschaftskreislauf pumpt. Die Notenbank in Peking beschloss deshalb am Mittwoch erste Gegenmaßnahmen.
Der Yuan wurde in den späten Vierzierjahren nach der Machtübernahme der Kommunisten unter Mao Zedong eingeführt. Vorangegangen war eine Hyperinflation, die die vorherige chinesische Währung zerrüttet hatte.
Der offizielle Name der Währung lautet seit 1949 Renminbi, was auf Deutsch so viel bedeutet wie "Volksgeld". Yuan bezeichnet streng genommen nur die Zähleinheit und ist sprachlich mit dem japanischen Wort "Yen" verwandt. Da auf Deutsch keine Verwechslungsgefahr besteht, erscheint es hierzulande unproblematisch, von "Yuan" zu reden.
Der Dollar ist weltweit die Handelswährung Nummer eins, weit vor dem Euro und anderen Devisen. Amerika und andere Staaten des Dollar-Raums sind die wichtigsten Abnehmer chinesischer Produkte. Die Stabilität dieses Wechselkurses ist daher von besonderer Bedeutung.
Die Dollar-Bindung ist Jahrzehnte alt und galt in verschiedenen Variationen bis Juli 2005. Daraufhin durfte der Yuan drei Jahre zu einem Währungskorb aufwerten. Mitte 2008 koppelte Peking den Kurs wegen der Finanzkrise wieder an den Greenback.
Ein Grund dafür ist der zunehmende internationale Druck. Aber Peking hat auch innenpolitische Gründe: Über höhere Importpreise heizt die Dollar-Bindung die Inflation im Reich der Mitte an.
Aus Sicht der meisten Ökonomen notiert der Yuan unter seinem fairen Wert, manche sagen um 40 Prozent. Das verschafft Chinas Exportwirtschaft Wettbewerbsvorteile, macht aber ausländische Waren für Chinesen teurer.
Nein, ein freier Handel mit Yuan ist noch auf Jahre nicht absehbar. Der Wechselkurs bleibt für Peking ein zentraler Stützpfeiler seiner staatlich gelenkten Industriepolitik.
Die Kopplung an den Dollar soll durch die Bindung an einen Währungskorb abgelöst werden, dessen Zusammensetzung allerdings geheim bleibt.
Will Peking, dass seine Währung zur Weltwährung aufsteigt, muss es den Yuan über kurz oder lang konvertierbar, also frei handelbar machen. Das kann aber noch zehn Jahre dauern.
US-Präsident Barack Obama appellierte vor dem am Donnerstag in Seoul beginnenden G-20-Gipfel an die Wirtschaftsnationen, sich aktiv am Abbau von Ungleichgewichten zwischen erfolgreichen Exportnationen und hoch verschuldeten Import-Ländern zu beteiligen. Der wichtigste Beitrag der USA sei eine starke Wirtschaft, schrieb Obama in einem Brief an die G 20. „Niemand kann unser gemeinsames Ziel einer starken, nachhaltigen und ausgewogenen Erholung allein erreichen.“
Die der breiten Öffentlichkeit unbekannte chinesische Ratingagentur Dagong Global Credit Rating hegt Zweifel an der Bereitschaft der USA, ihre Schulden zurückzuzahlen. Sie stufte die Kreditwürdigkeit der USA von der Note AA auf A-plus herab. Begründet wurde der Schritt mit der gesunkenen „Fähigkeit zur Schuldenrückzahlung und der drastisch gesunkenen Bereitschaft der Regierung zur Schuldenrückzahlung“. Die Bewertung könne deshalb weiter heruntergestuft werden. Die drei großen internationalen Ratingagenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch beurteilen die Kreditwürdigkeit der USA dagegen jeweils mit der Bestnote.
Die chinesische Agentur kritisierte zugleich die Politik der US-Notenbank Fed, die weitere Milliarden an frischem Geld in die Wirtschaft pumpt. „Dieser Schritt läuft den Interessen der Gläubiger völlig entgegen“, hieß es. China ist der größte Geldgeber der USA. Die Äußerungen der Agentur, die 1994 mit staatlicher Genehmigung gegründet wurde, hatten keinen erkennbaren Einfluss auf den Wert von US-Staatsanleihen.
Amerikanische Experten halten die Herabstufung für politisch motiviert. „Die chinesische Regierung hat Interesse an Meinungen wie dieser“, sagte der Chefanalyst von FX Solutions, Joseph Trevisani. „Es ist schwer zu glauben, dass dieses Urteil nicht wenigstens teilweise von der chinesischen Regierung abgesegnet ist.“ Der Experte Herbert Kaufman von der Arizona State University sagte indes, die Analyse von Dagong sei zwar unvollständig, „aber in einigen Punkten wahr“.
Wegen der massiven Geldspritzen der Fed sah sich auch die chinesische Notenbank zum Handeln gezwungen. Sie verpflichtete die Geschäftsbanken dazu, ab 16. November ihre Mindesteinlagen bei der Zentralbank um 0,5 Prozentpunkte zu erhöhen. Damit soll Geld aus dem Wirtschaftskreislauf gezogen werden. Die Regierung befürchtet, dass die lockere Geldpolitik der Fed neues Kapital nach China lockt, was die Vermögenspreise weiter nach oben treiben kann.
Mit ihrem Schritt will sie gleichzeitig die steigenden Verbraucherpreise bekämpfen. „Die Wirtschaft wächst ein bisschen zu schnell, weshalb das Land vor steigende Inflationsrisiken steht“, sagte der Chefvolkswirt von Industrial Securities, Dong Xian. „Die Behörden werden deshalb die Geldpolitik dazu nutzen, die Inflationserwartungen spürbar zu drücken.“
Die Teuerungsrate in der Volksrepublik war im September mit 3,6 Prozent auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahren geklettert. Im Oktober dürfte sogar die Marke von vier Prozent übertroffen werden, erwarten die von Reuters befragten Analysten. 2010 werde die durchschnittliche Inflationsrate über drei Prozent und damit über der von der Regierung ausgegebenen Obergrenze liegen, berichteten die „Shanghai Securities News“.