Ein schmarotzender Bundespräsident?
Seite 44 von 48 Neuester Beitrag: 08.07.17 13:43 | ||||
Eröffnet am: | 20.12.11 16:12 | von: Rubensrembr. | Anzahl Beiträge: | 2.177 |
Neuester Beitrag: | 08.07.17 13:43 | von: Nathan Sem. | Leser gesamt: | 61.950 |
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„Der vitale Frührentner Christian Wulff ist im Gegensatz zu anderen Ü-50-Mitbürgern nun eine Sorge los. Rente mit 67? Nicht mit mir! Die Frage der Ehre hat eine beschämende Antwort gefunden. Auch so schürt man Politikverdruss und Neiddebatten.”
KOMMENTAR: Ehrensold für einen Gescheiterten
01. März 2012 | Von Stephan Richter
Das Amt zählt, nicht die Leistung des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff.
Was haben der geschasste HSH-Nordbankchef Dirk Nonnenmacher und der gescheiterte Bundespräsident Christian Wulff gemeinsam? Richtig: Sie bekommen im Ruhestand viel Geld für wenig erfolgreiche Arbeit. Dennoch gibt es bei den Millionen-Zahlungen an den Banker und dem Ehrensold für das ehemalige Staatsoberhaupt einen gravierenden Unterschied. Nonnenmacher hat einen Job ausgeübt, Wulff dagegen ein Amt. Dieses ist im Gegensatz zu Wulffs Verfehlungen weder käuflich noch in seinen Konditionen verhandelbar. Es gibt Rechte, Pflichten - und rechtliche Grundlagen. Diese beziehen sich auch auf die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Amt. Egal, wie lange einer im Amt war und wie alt er ist, wird der Ehrensold bezahlt, es sei denn, der Amtsinhaber tritt aus persönlichen Gründen zurück oder wird vom Verfassungsgericht abgesetzt.
Bei allen Emotionen, die die Affäre Wulff ausgelöst hat, sind diese Zusammenhänge wichtig. Wenn Manager trotz schlechter Ergebnisse Millionenabfindungen erhalten, darf gefragt werden: Wofür? Altbundespräsidenten erhalten den Ehrensold dagegen wegen des höchsten Amtes im Staat, das sie bekleidet haben, nicht wegen ihrer Leistungen, die politisch ohnehin schwer zu bewerten sind.
Dass Wulff letztlich nicht aus persönlichen, sondern aus politischen Gründen aus dem Amt geschieden ist, ergibt sich aus einem schlichten Umkehrschluss. Wäre Herr Wulff nicht Bundespräsident, sondern "Privatmann" oder zum Beispiel HSH-Nordbank-Chef gewesen, säße er noch heute auf dem Chefsessel. Die moralischen Ansprüche wuchsen mit dem Amt - und machten ihm die Ausübung aus politischen Gründen unmöglich.
Der Steuerzahler mag stöhnen, so wie er über jede Diätenerhöhung stöhnt. Wer indes das jeweilige politische Amt, nicht aber dessen manchmal zweifelhaften Inhaber und dessen Leistungen im Blick hat, wird damit leben können.
http://www.shz.de/artikel/article/111/...uer-einen-gescheiterten.html
Politiker-Kaste macht es möglich.
"Schädlich", "peinlich" - Hitzige Debatte um Wulffs Sofortrente
01.03.2012, 09:31 Uhr abendblatt.de
Selbst Christian Wulff hatte eine Neuregelung angemahnt. In den Medien hat die Entscheidung über den Ehrensold eine kontroverse Debatte ausgelöst. Lesen Sie hier einige ausgewählte Kommentare der deutschen Presselandschaft
Gut versorgt: Christian Wulff und seine Frau Bettina
Hamburg. Vor zwei Wochen war er nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zurückgetreten. Jetzt steht fest: Der frühere Bundespräsident Christian Wulff, 52, erhält bis zu seinem Lebensende einen sogenannten Ehrensold vom Staat. Das entschied am Mittwoch das Bundespräsidialamt in Berlin. Wulff, der rund 20 Monate im Amt war, hat nach den derzeit gültigen Sätzen Anspruch auf 199.000 Euro jährlich. Außerdem übernimmt der Bund die Kosten für ein Büro mit Sekretariat, persönlichem Referenten, Dienstwagen und Chauffeur. Diese Ausgaben belaufen sich noch einmal auf rund 280.000 Euro im Jahr. Die Linkspartei und einzelne FDP-Abgeordnete übten scharfe Kritik. Die meisten Politiker von Union und SPD äußerten dagegen Verständnis. Man solle nicht nachkarten, sagte Schleswig-Holsteins SPD-Landeschef Ralf Stegner der "Welt“.
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Das Bundespräsidialamt, das laut Gesetz allein über den Ehrensold beschließt, begründete die Entscheidung damit, dass der Rücktritt aus politi- schen Gründen erfolgt sei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Wulff wegen des Verdachts der Vorteilsannahme. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident soll Vergünstigungen von befreundeten Unternehmern angenommen haben - etwa teure Hotel- und Ferienaufenthalte. Wulff bestreitet die Vorwürfe. In seiner Rücktrittserklärung sagte er, er habe nicht mehr das Vertrauen der Mehrheit des Volkes. Deshalb könne er das Amt nicht so ausfüllen, wie es geboten sei.
In den Medien hat die Entscheidung über den Ehrensold eine kontroverse Debatte ausgelöst. Lesen Sie hier einige ausgewählte Kommentare der deutschen Presselandschaft:
Hamburger Abendblatt: Der Ehrensold ist reformbedürftig
Uns Bürgern darf wieder der Kamm schwellen. Drei bis vier Jahrzehnte müssen wir arbeiten, um schließlich ein Altersgeld zu bekommen, das oft nur so eben im Alltag reicht. Und dann ist da ein Bundespräsident, 52 Jahre alt, der - wegen früherer Verfehlungen und weil der Staatsanwalt gegen ihn ermittelt - von seinem Amt zurücktreten muss und "zur Belohnung" einen "Ehrensold" kassiert: schwindelerregende 199.000 Euro im Jahr. Das Bundespräsidialamt hat gestern Wulffs Anspruch darauf bestätigt.
Eine höchst komfortable Rente für 20 Monate Amtszeit. Auszahlung ab sofort, also rund anderthalb Jahrzehnte vor Erreichen des für die übrigen Bürger geltenden Rentenalters. Immerhin werden frühere Ansprüche aus der Zeit als Ministerpräsident und Landtagsabgeordneter nicht noch obendrauf gezahlt. Aber diese Selbstverständlichkeit wird den Unmut der meisten Menschen in diesem Lande kaum schmälern.
Doch die Wut allein kann in diesem Fall nicht ausschlaggebend sein. Es zählt allein das geltende Recht. Generell schützt es nicht nur den Präsidenten, sondern alle Menschen in diesem Land - vor Willkür und Unrecht. Nur dieses Recht und die in demokratischen Verfahren formulierten Paragrafen haben die Juristen des Bundespräsidialamts prüfen können. Danach steht Wulff die Zahlung zu. Auch wenn das Recht nicht immer als Gerechtigkeit daherkommt.
Dass ausgerechnet Christian Wulff kurz vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten im Juni 2010 in einem ZDF-Interview die Höhe des Ehrensolds infrage gestellt und eine Veränderung angeregt hatte ("Ich denke, da muss ein Zeichen gesetzt werden"), klingt inzwischen wie eine Ironie der Geschichte.
Auch wenn die Anregung von ihm kam, sollte sie schnell aufgegriffen werden. Eine Neuregelung könnte so aussehen: Der Ehrensold wird erst bezahlt, wenn der Bundespräsident tatsächlich im Rentenalter ist. Und es müssten - wie im Beamtenrecht - Abstriche bei der Summe möglich sein, wenn strafrechtliche Verfehlungen nachgewiesen werden.
Bild: Viel mehr Schaden für die politische Kultur kann man kaum anrichten
Das Bundespräsidialamt hat entschieden: Ex-Bundespräsident Christian Wulff (CDU) erhält den Ehrensold von jährlich 199.000 Euro. Zahlbar bis an Lebensende. Nach der statistischen Lebenserwartung summiert sich der Ehrensold auf rund 5,4 Millionen Euro – für eine Amtszeit von 20 Monaten.Nach dem Gesetz darf Wulff den Ehrensold nur erhalten, wenn sein Rücktritt 'aus politischen Gründen' erfolgte. Christian Wulff trat nicht zurück, weil er mit dem Kurs der Bundesregierung nicht einverstanden war. Er trat zurück, weil die Staatsanwaltschaft Hannover gegen ihn wegen Vorteilsannahme ermittelte. Das ist so wenig 'politisch' wie bei Rot über die Ampel zu fahren. Den Ehrensold letztlich abgenickt hat der Chef des Präsidialamtes, Lothar Hagebölling. Warum diese Entscheidung kaum 10 Tage nach dem Rücktritt erfolgen musste, bleibt unklar. Hätte man nicht den Ausgang des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens abwarten können? Vor seiner Berufung auf diesen Posten war Hagebölling Chef der niedersächsischen Staatskanzlei - unter Ministerpräsident Wulff. So entsteht der Eindruck: Die Kleinen hängt man, aber die Politik lässt keinen fallen. Viel mehr Schaden für die politische Kultur als mit dieser Entscheidung kann man kaum anrichten.“
Süddeutsche Zeitung: Der Ehrensold ist zu streichen
Die Pension wird bezahlt aus Respekt vor dem Amt. Sie ist keine Leistungsprämie, keine Anerkennung für Fleiß und Betragen. Sie entfiele, wenn Wulff vom Verfassungsgericht aus dem Amt entfernt worden wäre. Das ist nicht der Fall. Sie entfiele, wenn er aus persönlichen Gründen zurückgetreten wäre. Auch das ist nicht der Fall; das ergibt sich aus dem Vorwurf, der ihm gemacht wird: Er soll als „Amtsträger“ Vorteile genommen haben. Der Rücktritt steht also in Verbindung zu den Ämtern. Die Lehre aus dem Fall Wulff aber ist: Der Ehrensold ist zu streichen. Und auf die „Präsidentenpension“ in Höhe des Ehrensoldes gehören die Vorschriften angewendet, die für jeden Staatsdiener gelten. So ist es recht und billig.
Die Welt: Wulff sollte Teil des Geldes einer Stiftung widmen
Es wäre zum Beispiel sinnvoll, wenn Wulff mit einem Teil des Solds zunächst seine privaten Verhältnisse so ordnete, wie es dem Umfeld seines innegehabten Amtes im weitesten Sinne angemessen ist. Die verdeckte Finanzierung der beruflichen Position seiner ersten Frau mag ohne Wissen Wulffs aus dem Freundeskreis erfolgt sein. Ins Umfeld eines Bundespräsidenten passen solche Arrangements trotzdem nicht. Hier die Dinge so zu gestalten, dass ein Schleier aus Erklärungsnot und Freundesdiensten nicht weiter über dem höchsten Staatsamt liegt, wäre ein hilfreiches Unterfangen. Wenn Wulff einen weiteren Teil des Geldes einer Stiftung widmen würde, zum Beispiel im Sinne der Opferfamilien der Neonazi-Mörder, könnte das ebenfalls allmählich vergessen lassen, wie umstritten die Gewährung dieses „Ehrensolds“ war.
Westdeutsche Allgemeine Zeitung: Wulff hat das große Los gezogen
Nun also doch ein Happy End für den ewig klammen Alt-Bundespräsidenten. Mit knapp 200.000 im Jahr sollte man auskommen. Selbst wenn die Anwaltskosten erheblich sind, sein Klinkerbau in der niedersächsischen Einöde abzustottern ist und der Freundeskreis sich etwas gelichtet haben dürfte. Nach Recht und Gesetz, auf diese Feststellung legt das Präsidialamt Wert, ist damit der Disput entschieden, ob dem jäh Entschwundenen ein 'Ehrensold' zustehe: Zweifelsfrei 'politische Gründe' hätten ihn aus dem Bellevue vertrieben. Nicht umsonst also hat er seine Rücktrittserklärung so hingedrechselt, dass er darin als Opfer höherer Gewalt, keineswegs eigenen Verschuldens erschien. Der Hausjurist ließ grüßen. Schließlich gilt gleiches Recht für alle: Wer einmal Bundespräsident war, bezieht lebenslang das volle Gehalt. An Ausnahmen von dieser Regel, etwa für den Fall, dass ein Präsident aus anderen als gesundheitlichen Gründen hinschmeißt, haben ihre Erfinder nicht gedacht. Christian Wulff jedenfalls hat mit 597 Amtstagen das große Los gewonnen. Die Mutter aller Schnäppchen, um es mal so zu sagen.
Schwäbische Zeitung: Nennen wir es einfach nur Sold
Aus der Diskussion um den Ehrensold darf keine Neiddebatte werden. Sicher: Die Altersbezüge, die Christian Wulff nach 20 Amtsmonaten bekommt, stehen in einem krassen Missverhältnis zu der bisweilen schmalen Rente, die Hunderttausende Deutsche nach einem langen Arbeitsleben erwarten dürfen. Doch der Vergleich ist nicht zulässig: Das eine ist ein Ehrensold, das andere eben eine Rente. Die Debatte um Wulff war lange genug weitgehend von Emotionen bestimmt. Nun schadet es gewiss nicht, sich am Buchstaben des Gesetzes zu orientieren: Darin steht, dass einem Präsidenten der Ehrensold zusteht, wenn er aus politischen Gründen sein Amt niederlegt. Es ist Wulff durch den sorgsam gewählten Wortlaut seiner Rücktrittserklärung gelungen, das für den Ehrensold zuständige Präsidialamt noch vor Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen davon zu überzeugen, dass sein Abgang politisch motiviert war. Das sollten wir aushalten und so frei sein, Wulffs Altersbezüge einfach nur Sold zu nennen.
Financial Times Deutschland: Die Soldgewährung ist dringend korrekturbedürftig
Dass es ausgerechnet 'Ehrensold' heißt, macht vermutlich alles nur schlimmer. Wann immer es derzeit um das Ruhegehalt des Bundespräsidenten geht, wird es peinlich. Nun kann man unterschiedlicher Auffassung sein, ob Christian Wulff angesichts seiner Verfehlungen und seines Umgangs damit solch eine Pension verdient hat – ethisch, politisch und rechtlich. Dass aber nun noch seine Ex-Untergebenen so eilig über die Zulässigkeit der Zahlung befinden, zieht den Begriff 'Ehrensold' endgültig ins Lächerliche. Dass die Soldgewährung so fragwürdig vonstatten geht, ist zwar entschuldbar, aber auch dringend korrekturbedürftig. Die Wahl zum Staatsoberhaupt sollte, so war die Vorstellung bei der Gesetzentstehung 1953, die Krönung und das Ende eines langen politischen Lebens darstellen. Der Amtszeit sollte nicht mehr folgen als ein finanziell abgesicherter Ruhestand. Fälle von Amtsflucht und Untragbarkeit wie bei Horst Köhler und Christian Wulff waren weder denkbar noch vorgesehen. Auch nicht, dass ein Ex-Präsident noch jung genug sein könnte, nach seiner Amtszeit einen anderen Job zu ergreifen. Und dass er dabei auch Geld zusätzlich zum präsidentiellen Ehrensold verdienen könnte – in Form von Gehalt, Auftrittsgage oder auch durch den Verkauf von Büchern. Daher schien es unnötig, Rücktrittsgründe und Zahlung des Ehrensolds und Anrechnung von Zuverdiensten konkret zu regeln – auch angesichts der wenigen Betroffenen. Nun jedoch ist es leider nötig, damit der 'Ehrensold' seinem Namen gerecht werden kann. Dafür spezielle Regelungen im bestehenden Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten niederzuschreiben wäre nicht erforderlich. Der Gesetzgeber könnte einfach die Regelungen für Kanzler, Minister oder Verfassungsrichter kopieren. Denn es ist nicht länger einzusehen, dass für den ersten Beamten des Staates andere Regeln gelten sollen als für die zweiten oder dritten.“
http://www.abendblatt.de/hamburg/article2201881/...s-Sofortrente.html
an sein Lebensende. Geldwerter Vorteil derzeit jährlich ca. 280 000 zusätzlich
zu den 199 000 mit steigender Tendenz.
Sonst könnte man jedem H4-Empfänger die Kohle auch nach Gutdünken gnädig geben oder ungnädig vorenthalten, und das wollt Ihr doch wohl nicht, oder ?
vorgegangen werden kann. Eben Selbstbedienung der Politiker-Kaste ohne
Kontrolle.
Es ist wohl genau anders herum.
Sie schaffen sich das perfekte Klima, wie die Maden im Kadaver.
Also je weniger wählen gehen umso leichter schaffen Sie es mit Ihrer Lobby die Positionen zu verteidigen. Läuft doch also seit langen alles genau nach Plan.
Und sollten die Prozente mal nicht stimmen findet sich schon der passende Koalitionspartner.
Ganz egal ob RotGrün, Schwarzgrün, Schwarzrot.....usw, alles die gleiche Scheiße.
SchwarzRotGold (Gold=Gelb,Grün....) einig Deutschland, ganz wie auf der Flagge.
Schöne Scheiße das es keine wirkliche Alternative gibt.
Ich wünsche mir nichts mehr(auf Politik bezogen ;) ) als die richtige neue "goldene" Partei, welche ich wählen kann. Eine ganz ohne Wulffs, Westerwelles, Guttebergs, Merkels, Gabriels, Roths, Gaucks............
den Willen der Bevölkerung durchdrückte. Soweit zur besseren Beurteilungsfähig-
keit der Politiker im Vergleich zur Bevölkerung. Nach Merkel ist Wulff ein "wunder-
barer Präsident". Man kann nur hoffen, dass die CDU bei den nächsten Landtags-
wahlen im Saarland und in Schleswig-Holstein eine Klatsche bekommt, die sich
gewaschen hat.
Von UWE MÜLLER und DANIEL FRIEDRICH STURM - WELT ONLINE
Altbundespräsident Christian Wulff erhält ein Leben lang den staatlichen Ehrensold. Dieser beträgt 199.000 Euro pro Jahr. Allerdings werden die künftigen Versorgungsansprüche aus seiner Tätigkeit als Landtagsabgeordneter und niedersächsischer Ministerpräsident angerechnet. Das teilte das Bundespräsidialamt mit. Das Amt argumentierte, die Voraussetzungen für den Ehrensold seien erfüllt.
dapd
Christian Wulff steht in Berlin vor Schloss Bellevue vor der Ehrenformation der Bundeswehr im Oktober 2010.
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Wulff sei am 17. Februar 2012 aus politischen Gründen aus seinem Amt ausgeschieden. „Es waren objektive Umstände für eine erhebliche und dauerhafte Beeinträchtigung der Amtsausübung gegeben", hieß es. Wulff ist mit 52 Jahren das jüngste ehemalige Staatsoberhaupt in der bundesdeutschen Geschichte. Der bisher jüngste Altbundespräsident Walter Scheel hatte seine Amtszeit kurz vor dem 60. Geburtstag beendet.
Wulff selbst lehnte Ehrensold in der Vergangenheit ab
Das Bundespräsidialamt wies darauf hin, als Behörde für die Entscheidung über den Ehrensold und dessen Festsetzung zuständig zu sein. Es handele sich aber nicht um eine Ermessensentscheidung. Die SPD begrüßte die Ehrensoldregelung, legte aber im Falle einer Verurteilung eine neue Entscheidung nahe.
„Ich halte von Nachkarten nichts", sagte SPD-Vorstandsmitglied Ralf Stegner „Welt Online". Er fügte aber hinzu: „Wenn es allerdings zum Strafverfahren oder gar zu einer Verurteilung von Herrn Wulff kommt, dann muss die Frage des Ehrensoldes neu bewertet werden."
Vor seinem Amtsantritt hatte sich Wulff für eine Kürzung des Ehrensoldes ausgesprochen. Auf die Frage, ob ein Ehrensold von 200.000 Euro im Jahr und ein lebenslanger Zugriff auf Büro, Dienstwagen und Referenten in die Zeit passe, sagte Wulff damals: „Ich denke, da muss ein Zeichen gesetzt werden. Das wird man verändern müssen." In einem anderen Interview sagte er im Jahre 2010: „Ich möchte bis zum 67. Lebensjahr mit eigener Arbeit das erwirtschaften, was ich verdiene."
Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim hält die Entscheidung rechtlich für „höchst anfechtbar". Der Rücktritt Wulffs sei „nicht aus politischen Gründe im Sinne des Gesetzes erfolgt", sagte von Arnim. „Die Entscheidung wurde wohl auch dadurch erleichtert, dass das Präsidialamt keine gerichtliche Überprüfung fürchten muss. Denn gegen die Entscheidung kann niemand klagen", fügte der Staatsrechtler hinzu.
Wulffs Ex-Frau über Umwege bei Pricewaterhouse-Coopers
Unterdessen wurde bekannt, dass das Unternehmen Pricewaterhouse-Coopers (PwC) die frühere Ehefrau Wulffs, Christiane Wulff, jahrelang auf Umwegen beschäftigt hat. Im Jahre 2008 habe der PwC-Manager Norbert Winkeljohann gegenüber Frau Wulff eine Tätigkeit bei der damals noch mit PwC in einer Arbeitsbeziehung verbundenen Osnabrücker Rechtsanwaltsgesellschaft Schindhelm angeregt, schreibt der „Stern".
Ab dem 1. November 2008 wurde Christiane Wulff bei Schindhelm angestellt, erledigte aber keine Arbeiten für die Kanzlei. „Im Nachhinein wäre die direkte Anstellung bei PwC sachgerechter gewesen", sagte ein PwC-Sprecher der „Welt Online". Daher sei nun „mit Frau Wulff eine direkte Anstellung bei PwC zum 1. März 2012 vereinbart" worden.
Fünf Tage nach der Bundespräsidentenwahl soll das neue Staatsoberhaupt am 23. März vereidigt werden, erfuhr "Welt Online" aus Bundestagskreisen. Der Ältestenrat des Parlamentes will den Termin an diesem Donnerstag beschließen. Favorit für die Wahl ist Joachim Gauck. Für die Partei Die Linke tritt Beate Klarsfeld an.
http://www.wallstreetjournal.de/article/...?mod=WSJDE_latestheadlines
Bewilligt wurde Wulffs Ehrensold ausgerechnet von dessen Vertrauten und Chef des Bundespräsidialamtes Lothar Hagebölling. Hagebölling war bereits Chef der Staatskanzlei unter Ministerpräsident Wulff in Hannover.
„Der vitale Frührentner Christian Wulff ist im Gegensatz zu anderen Ü-50-Mitbürgern nun eine Sorge los. Rente mit 67? Nicht mit mir! Die Frage der Ehre hat eine beschämende Antwort gefunden. Auch so schürt man Politikverdruss und Neiddebatten.”
„Dass das Bundespräsidialamt darüber entscheidet, faktisch also ein bisheriger Untergebener, ob der gescheiterte Bundespräsident sein Geld bekommt, ist ein Unding.“
Der Linke-Abgeordnete Wolfgang Neskovic forderte den Haushaltsausschuss des Bundestages zum Einschreiten auf.
Das Gremium müsse darauf hinwirken, „dass die notwendigen Haushaltsmittel bis zum Abschluss des von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten Verfahrens zurückgehalten werden”, verlangte Neskovic am Donnerstag in Berlin.
Die Entscheidung des Bundespräsidialamtes sei „unehrenhaft, weil sie gesetzeswidrig und jedenfalls voreilig ist”.
Im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung wäre es mehr als offensichtlich, dass Wulff der Ehrensold nicht zusteht, sagte der Linke-Abgeordnete.
Wulff 2010 im ZDFBeim Ehrensold muss es Abstriche geben
Quelle: ZDF
01.03.2012 — 16:08 Uhr
Deutschland diskutiert über den Ehrensold für Christian Wulff (52)!
199 000 Euro soll der zurückgetretene Bundespräsident ab sofort jedes Jahr bekommen und zwar sein Leben lang.
Doch kurz vor seinem Amtsantritt 2010 hatte sich der Niedersachse noch höchstpersönlich für finanzielle Abstriche beim Ehrensold ausgesprochen.
ERINNERN SIE SICH NOCH, HERR WULFF?
In der ZDF-Sendung „Was nun, Herr Wulff“ am 21. Juni 2010 befragten die Journalisten Peter Frey und Peter Hahne den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff kurz vor seiner Wahl zum Staatsoberhaupt.
Sollte Wulff auf seinen Ehrensold verzichten?
Ja
90%
Nein
10%
Stimmen: 15495
Frey, Chefredakteur des ZDF, ging auf die Privilegien für ausgeschiedene Bundespräsidenten ein - Ehrensold, Büro, Dienstwagen, Referenten.
Dann fragte Frey im Blick auf Wulffs vergleichsweise junges Alter: „Passt das eigentlich in die Zeit oder müssten Sie nicht ein Zeichen fürs Sparen setzen?“
Wulff antwortete: „Ich denke, da muss ein Zeichen gesetzt werden. Das wird man verändern müssen.“
Frey hakte nach: „Verändern müssen, in welche Richtung?“
Wulff antwortete: „Dass man dort Abstriche vornimmt.“
Hahne fragte: „Auch finanziell?"
Wulff antwortete: „Ja sicher.“
Kommentar
Dr. Nicolaus FestUn-Ehrensold?
DEUTSCHE GEGEN EHRENSOLD
Die überwältigende Mehrheit der Deutschen lehnt die Ruhestandsbezüge für Wulff entschieden ab.
„Steht Ex-Bundespräsident Wulff der Ehrensold Ihrer Meinung nach zu?“, fragte BILD.de.
Mehr als 176 000 BILD.de-Leser gaben inzwischen ihr Votum ab. Das Meinungsbild ist glasklar: 88 Prozent antworteten mit Nein. Nur 12 Prozent votierten mit Ja (Stand Donnerstagnachmittag)!
VERHEERENDES PRESSEECHO
Auch das Presseecho auf die Entscheidung des Bundespräsidialamtes zum Ehrensold war heute verheerend
Kommentatoren vieler deutscher Tageszeitungen ließen kein gutes Haar an der Ehrensold-Entscheidung:
So meint die „Süddeutsche Zeitung” aus München: „Die Lehre aus dem Fall Wulff aber ist: Der Ehrensold ist zu streichen. Und auf die 'Präsidentenpension' in Höhe des Ehrensoldes gehören die Vorschriften angewendet, die für jeden Staatsdiener gelten. So ist es recht und billig.”