Ackermann auf dem Weg zum Allmächtigen


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Eröffnet am:18.01.02 13:08von: Hartkore_Dia.Anzahl Beiträge:1
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18.01.02 13:08
Deutsche Bank: Ackermann auf dem Weg zum Allmächtigen
Von Rolf Lebert, Frankfurt Josef Ackermann, der künftige Chef der Deutschen Bank, will die Führungsstruktur des Geldhauses völlig umkrempeln. Setzt er seine Pläne um, wird er stärker als alle seine Vorgänger. Der Traum vom CEO rückt näher. Und so mancher Rivale bleibt auf der Strecke.
Auf den ersten Blick scheint die kleine Veränderung wenig spektakulär: Eine große deutsche Bank gibt sich eine neue Führungsstruktur, indem sie unterhalb des Vorstands ein Exekutivkomitee einrichtet, das sich um das operative Geschäft kümmert. Ein Eingriff, der in einer hoch entwickelten Wirtschaft zum Alltag gehört. Eine Revolution indes, wenn dieser Eingriff bei der Deutschen Bank geschieht.

Seit klar ist, dass Josef Ackermann die Nachfolge von Rolf-E. Breuer antritt, wirbelt der designierte Chef das Geldhaus kräftig durcheinander. Im Dezember erst hatte der gebürtige Schweizer am Rande einer Mittelständlerkonferenz in Baden-Baden Andeutungen gemacht, die Spitzenposition der Deutschen Bank könnte in Richtung eines Chief Executive Officer (CEO) amerikanischen Typs weiterentwickelt werden.

Vorstand soll verkleinert werden

Nun hat der 53-Jährige, schneller als erwartet, Fakten geschaffen. Geht sein Plan auf, wird Ackermann eine Machtfülle auf sich vereinigen, wie sie bislang keiner seiner Vorgänger besaß. Und das innerhalb der Zwänge des deutschen Aktienrechts, ohne die Bank - wie von vielen bereits befürchtet - nach London verlagern zu müssen. Neue Freunde in Frankfurt hat sich Ackermann mit seinem Vorstoß dennoch nicht gemacht. Zwar beteuert die Deutsche Bank, dass bislang nichts endgültig entschieden ist. Unternehmensnahe Kreise bestätigen aber, dass alle durchgesickerten Details zutreffen.

So gilt inzwischen als sicher, dass mit der Schaffung des Exekutivkomitees auch der Vorstand von acht auf fünf Mitglieder verkleinert wird. Diese Herren sind künftig nicht mehr für operative Geschäftsbereiche, sondern für zentrale Aufgaben der Konzernsteuerung zuständig - also das Risikomanagement, die Überwachung des Bankbetriebs, allgemeine Personal- und Verwaltungsaufgaben sowie die Informationstechnologie.

Die vier Vorstände sollen zusammen mit sieben Bereichsleitern aus den beiden zentralen Geschäftsfeldern des Konzerns, dem Investmentbanking und Firmenkundengeschäft (CBI) sowie dem Bereich Privatkunden und Asset Management (PCAM) in das Exekutivkomitee einziehen. Die sieben Exekutivdirektoren berichten ausschließlich an Ackermann, der zugleich vom Vorstandssprecher zum Vorstandsvorsitzenden aufgewertet wird. Einziger Wermutstropfen für den Allmächtigen: Der Vorstand muss die Direktoren zuvor einvernehmlich abnicken.

Lange Erfahrungen mit Konzernumbau

Der geplante Umbau ist nicht der erste bei dem Branchenprimus. Die neue Struktur ist die fünfte in zehn Jahren. Kaum galt ein Organigramm als optimiert, war es wieder Makulatur. Aus zehn Bereichen wurden fünf, aus fünf zwei. Dann kamen Bereichsvorstände hinzu, zuletzt ordneten die Herren ihr Reich nach Funktionen statt nach Produktgruppen.

Bei all diesen Veränderungen blieben nur zwei Dinge unangetastet: der Vorstand und seine Gesamtverantwortung für das Unternehmen sowie das eherne Prinzip, wonach die Führungsriege aus ihren Reihen einen Sprecher wählt. Dieses System garantierte den Vorstandsmitgliedern über all die Jahre eine weitreichende Unabhängigkeit. Der Sprecher hatte keine Weisungsbefugnis. Er war der Erste unter Gleichen und musste bei wichtigen Entscheidungen im Vorstand einen Konsens herstellen. Branchenkenner haben den Vorstand der Deutschen Bank oft mit einem Orden verglichen.

Neben Unabhängigkeit genossen die Banker auch eine hohes Maß an Sicherheit. Getreu dem Prinzip der Gesamtverantwortung nach außen wurde bis heute kein Vorstandsmitglied für eine Fehlleistung direkt zur Rechenschaft gezogen - egal, was er versiebt hatte. So durfte Ronaldo Schmitz als Oberaufseher zusehen, wie 1993 die Metallgesellschaft fast zusammenbrach; Ulrich Weiß brauchte sich für die Pleite des Baulöwen Schneider nicht lange zu verantworten; und Carl-Ludwig von Boehm-Bezing überlebte sogar das Holzmann-Debakel.

Ackermann macht sich Feinde

Mit dieser Herrlichkeit wird es ab Mai, wenn Ackermann an die Spitze rückt, vorbei sein. Kein Wunder, dass seine Kollegen darüber nicht sonderlich begeistert sind. "Ackermann musste in den vergangenen Wochen viel Seelenmassage betreiben, um das Gremium von der Sinnhaftigkeit der Neuerungen zu überzeugen", sagt ein Banker. Das ist ihm nur teilweise gelungen. Eine Reihe von Vorständen akzeptiert den Macht- und Prestigeverlust nur unter Schmerzen. "Das sind ganz schwierige Entscheidungen, die da zu treffen sind", sagt ein Insider. "Bei manchen steht es Spitze auf Knopf."

So ist nicht auszuschließen, dass der ein oder andere starke Mann die Bank verlässt. Ausscheiden wird wohl der frühere Investmentbanker Michael Philipp, für den nach nur zwei Jahren Vorstandszugehörigkeit in der neuen Struktur kein Platz mehr ist. Fraglich ist, ob Vorstand Jürgen Fitschen die formale Herabstufung zum Mitglied des Exekutivausschusses akzeptiert.

Und auch über die Zukunft von Thomas Fischer, der im künftigen Vorstand nicht mehr Chief Operating Officer wäre, sondern nur noch die konzernweiten Risiken kontrollieren soll, wird spekuliert. Zu heftigen Auseinandersetzungen soll es am Dienstag um den Job von Hermann-Josef Lamberti gekommen sein. Lamberti soll die operative Zuständigkeit für das Privatkundengeschäft verlieren und anstelle von Fischer Chief Operating Officer werden.

Die Deutsche Bank dementiert zwar, dass es Konflikte gebe. "Wir haben uns noch nie so gut gefühlt", verbreitet Aufsichtsratschef Hilmar Kopper gute Laune. Von Breuer und Ackermann ist aber zu hören, dass sie an einem Strick gezogen haben - was auf Streitereien schließen lässt. Und auch im Umfeld der Deutschen Bank heißt es, dass die Diskussion alles andere als friedvoll war. "Das ist doch ganz klar. Bei einem derart tiefen Eingriff muss sich jeder fragen, wie seine künftige Stellung aussieht, wer an wen berichtet und und ob er das Konzept mittragen kann", sagt ein Banker.

Beweglichkeit ist gefragt

Ackermann hat für derartige Empfindsamkeiten wenig Verständnis. Für ihn ist die globale Dimension, in die die Bank in den vergangenen zehn Jahren hineingewachsen ist, nicht mehr mit der althergebrachten Führungsstruktur nach deutschem Aktienrecht verträglich. Bis heute muss der gesamte Vorstand jede zustimmungspflichtige Kreditvorlage absegnen. "Ein globaler Investmentbanker hat keine Ahnung vom mittelständischen deutschen Kreditgeschäft und interessiert sich nicht dafür", urteilt ein Banker trocken.

Ackermann will das Kreditinstitut beweglicher machen und die operativen Einheiten stärken. Zugleich will er, dass die Entscheidungsstränge bei ihm zusammenlaufen und er das Sagen hat. Die Berichtspflicht der Exekutivdirektoren direkt an ihn ist ein wichtiger Schritt dahin. "Wie es scheint, hat Ackermann bekommen, was er wollte", sagt ein Beobachter.

Die Pläne, den Sitz der Deutschen Bank ins angloamerikanische Ausland zu verlagern, um dem Vorstandschef mehr Macht und Einfluss zu garantieren, sind damit vom Tisch, das Kürzel CEO ist vergessen. Ein Signal hat Ackermann trotzdem gesetzt.

"Die Umstrukturierungen an der Spitze der Deutschen Bank werden sich im gesamten Kreditgewerbe fortsetzen", glaubt Dresdner-Bank-Chefökonom Klaus Friedrich. "Analysten lieben es, wenn es eine fokussierte Verantwortung an der Spitze gibt."  

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