Terroristen als Insider
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Eröffnet am: | 18.09.01 19:52 | von: Hartkore_Dia. | Anzahl Beiträge: | 2 |
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nach Börsenprofiteuren
18. Sep 14:13, ergänzt 14:14
Der Verdacht liegt nach merkwürdigen Kursbewegungen auf der Hand: Die Terroristen haben nicht nur Angst und Schrecken verbreitet - mit ihrem Wissen haben sie auch Profit an der Börse gemacht.
Von Annemie Diefenthal
Die Wertpapierbörsen weltweit untersuchen die Aktiengeschäfte vor und am 11. September - dem Tag, an dem die Terroristen mit gekaperten Flugzeugen in das World Trade Center und das Pentagon rasten. Der Verdacht ist unglaublich, aber durchaus nicht auszuschließen: In der Gewissheit, dass die Börsen weltweit einbrechen würden, könnten die Attentäter mit Spekulationen auf fallende Kurse auch noch satte Gewinne eingestrichen haben.
Trotz Datenflut keine Information
Doch trotz der Datenflut, die in unserem IT-Zeitalter immer und überall abrufbar ist, wird es kaum möglich sein, das Geflecht der Täter offen zu legen. «Mit normalen Instrumenten der Überwachung ist das nicht zu fassen», erläutert Franz-Josef Leven, Volkswirt beim Deutschen Aktieninstitut (DAI), im Gespräch mit der Netzeitung.
Die Kapazität des Terrors hat eine neue Dimension erreicht. «Die Baader-Meinhoff-Gruppe hat früher eine Bank überfallen, wenn sie Geld brauchte. Inzwischen verknüpfen die Täter ihre Verbrechen mit ihrer Finanzierung», sagte Leven.
Bin Laden wäre clever genug
Nach wie vor konzentriert sich der Verdacht auf den Fundamentalisten Osama bin Laden. Experten trauen dem Multimillionär und Spross eines reichen saudiarabischen Geschäftsmanns zu, mit so genannten Leerverkäufen agiert zu haben. Dabei leiht sich der Spekulant Papiere, von denen er annimmt, dass sie bald einbrechen werden. Er verkauft sie und kauft sie später zu dem günstigeren Kurs zurück, um sie dem Verleiher wieder zu übergeben. Die Differenz gehört ihm. Mit dieser Methode kann unter bestimmten Umständen sehr schnell viel Geld gemacht werden.
«Ausgehend von den Kenntnissen, die wir über die Abwicklung von finanziellen Geschäften bin Ladens über seine verschiedenen Organisationen haben, halten wir ihn für clever genug, um etwas in dieser Art zu tun», sagte Kimberly McCloud, Research Associate beim kalifornischen Monterey Institute of International Studies der Nachrichtenagentur Reuters.
Spuren verwischen sich leicht
Die Lücke zwischen Glauben und Wissen, dass es tatsächlich so war, wird möglicherweise nie geschlossen werden. «Je internationaler die Täter vorgingen, desto leichter war es, die Spuren zu verwischen. Zumal bin Laden garantiert mehrere Staffeln von Mittelsmännern zwischengeschaltet hat», sagt Leven weiter.
Die Deutsche Börse winkt ab: Sie habe den Handel in Frankfurt am Main untersucht und nichts Verdächtiges bemerkt, teilte eine Sprecherin der Netzeitung mit. Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) untersucht verdächtige Kursbewegungen vor den Anschlägen mit Hilfe von Computerprogrammen, die die Datenflut über Transaktionen etwa von Versicherungstiteln durchforsten. «Bisher deutet nichts darauf hin, dass es Auffälligkeiten gegeben hat», gab BAWe Sabine Reimer der Netzeitung am Dienstag einen Zwischenstand.
Warten auf Untersuchungsergebnis
Die Analyse sei aber sehr umfangreich und werde noch einige Tage dauern. Sollte sich herausstellen, dass Aktien etwa von Versicherern in großem Umfang rund um die Terroranschläge gehandelt wurden, beginne die Suche nach den Auftraggebern. In solch einem Fall müssten die Banken, die die Geschäfte abgewickelt hätten, ihre Auftraggeber nennen. Erhärtet sich der Verdacht, dass die Anleger über Insiderwissen verfügten - in diesem Fall also die Attentäter selbst waren, ist es ein Fall für den Staatsanwalt.
Die Behörden versuchen, über die Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten. «Wir stehen im Austausch mit der US-Aufsichtsbehörde SEC», teilte Reimer mit und berichtete von einer internationalen Telefonkonferenz zur besseren Abstimmung.
Internationale Aufsicht gefordert
Leven geht das nicht weit genug. «Wenn Märkte zusammenwachsen, müssen es auch die Aufsichtsbehörden tun», fordert er. Angesichts der Tatsache, dass es immer mehr grenzüberschreitende Geschäfte gebe, bedürfe es einer internationalen Börsenaufsicht.
Die Finanzwelt dürfe sich solch krimineller Energie nicht schutzlos ausliefern, meint Leven. «Bislang war das Argument, dass sonst das Anlegervertrauen leidet. Inzwischen sieht es so aus, als müssten wir sogar aus Sicherheitsgründen die Aufsicht verbessern.»