metro: wir wollten kein Zwergenstaat werden
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 29.10.08 09:32 | ||||
Eröffnet am: | 04.10.08 18:35 | von: Casaubon | Anzahl Beiträge: | 14 |
Neuester Beitrag: | 29.10.08 09:32 | von: polo10 | Leser gesamt: | 4.625 |
Forum: | Talk | Leser heute: | 3 | |
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zuerst einmal möchte ich mich bei dir entschuldigen. Ich war etwas ungehalten gestern Abend und habe dir einige Vorwürfe im Eifer des Gefechts gemacht, die mir heute leid tun. (Aber du hattest mich ja auch provoziert)
Zweck dieses Threads ist es, dir zu zeigen, dass wir kein Volk von Nationalisten sind. Weiterer Zweck ist es zudem, einige Infos über Luxemburg hier bekannt zu machen. Schliesslich ist das die beste Methode, mit Vorurteilen aufzuräumen.
Würde mich also freuen, wenn du dich hioer an einer Diskussion beteiligen wolltest.
Selbstverständlich sind auch alle anderen Bärenthreadianer hier herzlich willkommen.
Danke im Voraus.
Gruss
Casaubon
NB: Gleich kommt das erste Posting
Dazu 2 Fakten: Wir sind bei weitem nicht überschuldet. Unsere Staatsverschuldung stieg wegen der beiden Rettungsaktionen von 7 auf 10%. Also stehen wir immer noch bei weitem besser da, als bspw. Deutschland mit 67,5% (Quelle: http://www.staatsverschuldung.de/ausland.htm )
(Wieso wir so wenig Schulden haben, hat mit unserer Geschichte zu tun. Vor der Einführung des Euros hatten wir eine gemeinsame Währung mit Belgien. Um da nicht rauszufliegen (wegen Überschuldung) taten unsere Regierungen alles nur Erdenkliche, um stets Liebkind bei unseren westlichen Nachbarn zu sein)
Fakt 2: Wir sind auch keine Nationalisten.
Denn dazu bräuchte es m.E. mal einige Voraussetzungen.
Eine dieser Voraussetzungen wäre wohl ein lange gehegter Wunsch nach Unabhängigkeit. De facto hat es solch einen Wunsch nie wirklich gegeben (doch, aber darauf komme ich noch zu sprechen).
Als wir nach Jahrhunderten der Fremdherrschaft 1830 uns an der belgischen Revolution beteiligten, hatte dies nix mit Unabhängigkeit zu tun, sondern mit dem Groll auf ungeschicktes Vorgehen der damaligen niederländischen Repressionspolitik. (cf. http://de.wikipedia.org/wiki/...dem_Weg_in_die_Souver.C3.A4nit.C3.A4t )
(Dasselbe galt damals auch für die Belgier. Es war kein Unabhängigkeitsbestreben aus Natiuonalgefühl heraus, mabn wollte sich lediglich einer Repression entziehen.)
Und so wurden wir 9 Jahre lang Belgier.
Doch dann kam der Schock: wir wurden auf dem Londoner Kongress (aus geostraegischen Gründen der Grossmächte) unabhängig. Und verloren dazu noch über die Hälfte des Territoriums (die heutige belgische Province du Luxembourg).
Damals wollten die Luxemburger das überhaupt nicht. Sie wollten Belgier sein, durften es aber nicht. Seither stellte sich stets die Frage nach der ökonomischen Überlebensfähigkeit.
Es gab anschliessend aucvh eigentlich keinen nationalstolz oder sio etwas wie ein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl. Im gegenteil, der eher frankophone Süden wollte wieder belgisch werden, inmdes die Einwohner aus Luxemburg-Stadt noch Ende des 19. jahrhunderts eher preussisch, später deutsch werden wollten.
Es bedurfte schon desd 2. weltkrieges (Besatzung durch das damalige Nazi-deutschland) ehe ein gewisser Patriotismus an den gelegt wurde. (cf. http://de.wikipedia.org/wiki/...ieg#Die_Reaktion_der_Bev.C3.B6lkerung )
Gleich geht's weiter
Sportlich haben wir nicht wirklich sehr viel auf dem Kasten. (Mal abgesehen von einigen Achtungserfolgen im Fussball - sind aber sehr selten) Oder etwa im Tour de France (und dabei steht jetzt unser "Held" Fränk Schleck auch noch unter Dopingverdacht)
http://de.wikipedia.org/wiki/Luxemburg#Bev.C3.B6lkerungsstruktur
Luxemburg war (und ist) eigentlich sehr stark aufs Ausland fixiert. Schon allein aus wirtschaftlichen Gründen. Ein eventueller Nationalismus wäre der Sache nicht sehr dienlich.
Gruss
Casaubon
Ich möchte da ein paar Mißverständnisse ausräumen:
- Ich halte dich nicht für einen Nationalisten (es war das falsche Wort) sondern wohl für einen Parioten. Das Wort "Nationalist" ist bei vielen Leuten negativ besetzt, ich meinte eigentlich jemanden, der auf sein Land stolz ist ohne gleichzeitig andere Länder herabsetzen zu müssen. Mir ist klar, dass ihr Luxemburger aufgrund eurer Geschichte sehr sensibel auf solche Worte reagiert, aber es lag nicht in meiner Absicht dich oder die Luxemburger zu beleidigen.
- Luxemburg ist wohl nicht JETZT überschuldet, aber dir ist hoffentlich klar, dass ein Land, dass mit 40% seiner Wirtschaft aus Banken besteht, in der jetzigen Krise nicht ungeschoren davon kommen kann. Daher muss die Schuldenquote in Kürze massiv ansteigen, schon alleine deshalb weil die Banken dieses Jahr keine Gewinne mehr machen werden. Keine Gewinne, keine Steuern. Lux hat die zweit Größten Einkommen in der Welt. Wenn die Banken massiv Leute rauswerfen wird sich das mit Sicherheit ändern.
- Ich persönlich bin weder rechts noch denke ich im Traum daran Deutschland irgendwelche Länder einverleiben zu wollen. Ich bin weit in Europa herumgekommen und vehementer Anhänger der europ. Idee. Mein Posting mit dem "von der Landkarte fegen" war sehr überspitzt formuliert und sollte die Dramatik der Situation unterstreichen. Außerdem habt ihr wirklich eine imposante Festungsanlage, ich war auch mal da und kann pfeifenlümmel nur zustimmen: Keine Invasionschance ;-) Eher könnte das Gegenteil eintreten: Ein Exodus der von dir angesprochenen Ausländer in ihre Heimatländer. Denn Keine Arbeit, keine Zukunft...
ich weiß nicht ob du meinen Thesen zustimmt, aber du mußt zugeben, dass Lux nicht mit besten Voraussetzungen in diese Krise geht. Deutschland als Exportweltmeister übrigens auch nicht...
Darauf hin der Grossherzog: "Doch, vor dem Palais stehen noch 2 .."
Soweit mir bekannt gibt es 2 große Gruppen von Ausländern in Luxemburg: Portugiesische Gastarbeiter (die Italiener sind schon assimiliert), die überall arbeiten, nur nicht in den Banken und Angestellte der europäischen Institutionen. Diese Gruppen werden wohl kaum den Heimweg antreten. Betroffen werden primär die Grenzgänger sein und so die Arbeitslosenquote in den strukturschwachen Grenzgebieten in Frankreich, Deutschland und Belgien erhöhen. Ich hatte mal gehört, dass die Zahl der Grenzgänger höher sein soll als die der Luxemburger die im Arbeitsprozess stehen. Bin mir allerdings nicht sicher, dass es stimmt. Casaubon weiß da sicherlich besser Bescheid,
Kleine Länder unterscheiden sich oft von Großen durch ihre hohe Flexibilität. Deshalb bewältigen sie Krisen im Regelfall besser und schneller und deshalb stehen sie meistens auch besser da. Der ursprüngliche Reichtum von Luxemburg kommt aus der Stahlindustrie. Ich hatte früher öfters in Luxemburg bei der damaligen ARBED beruflich zu tun und kenne mich deshalb etwas aus. Luxemburg war im Stahl das was Kuweit im Öl war. Die Schrumpfung der Montanindustrie haben sie im Gegensatz zu uns vorbildlich gemeistert (man vergleiche z.B. mit Duisburg). Deshalb bin ich neugierig wer die aktuelle Krise besser meistern wird. Bis jetzt stellen wir uns nicht besonders schlau an.
Wir versuchen schon seit Jahren, ohne viel Erfolg, von der einseitigen Struktur des Landes loszukommen, bis dato ohne nennenswerten Erfolg ...
.. klar ist auch, dass die Banken weniger Steuern zahlen werden, aber den Jean-Claude scheint das nicht zu stören, ab 2009 werden die Steuern gesenkt und viele Sozialleistungen (Krippen, usw) massiv finanziell unterstützt.
Böse Zungen behaupten, es wäre nur ein Wahlgeschenk vom Jean-Claude ...
duck und weg :-)
Für den Rest denke ich, dass wir eigentlich gar nicht so weit auseinanderliegen.
Ein kleines Detail allerdings: ich fühle mich nciht und bezeichne mich nicht als Patrioten. Falls das so rübergekommen sein mag, dann habe ich mich schlecht angelegt, resp. ausgedrückt.
MMn. müsste ein Patriot irgerndwie ja einen gewissen Nationalstolz entwickeln. Den habe ich nicht.
ich schàme mich zwar jetzt nicht Lux. zu sein, bin aber aucvh nicht stolz darauf. (Wie kann ich auf etwas stolz sein, was eigentlich ein reines Zufallsprodukt ist: ich wurde vor 37 Jahren nun mal in Lux. geboren. Der Zufall hätte es ebenfalls Ruanda oder Thailand lassen werden können.9
Sagen wir so, ich bin eher erleichtert, als Luxemburger zur Welt gekommen zu sein. Man hat an keinen Vorgeschichten zu kauen (damit meine ich diesmal explizit nicht den 2. WK. Und Gott bewahre: ich mache aber niemals jemanden aus Deutschland dafür verantwortlich - sofern es nicht ein älteres Semester ist, das damals selbst aktiv an irgendwelchen Verbrechen beteiluigt war. doch die sterben ja so langsam aus)
Was ich mit Vorgeschichte meine, ist dass niemand uns so richtig böse sein kann, wegen irgendwelcher Kolonialvergangeneheiten oder angezettelten Kriegen (insgesamt).
Das ist alles.
ich reich dir hiermit also die hand, vergrab mein Kriegsbeil ;-) und wir sollten evt. beide beherzigen, Fehden an freitag abenden sein zu lassen und anstatt zu posten, uns mit lukullischeren Gelüstzen die Zeit zu vertreiben ;-))))
Prost und Gruss nach Deutschland
Casaubon
Man darf Luxemburg nicht als isolierter Staat mitten in Europa sehen. Durch die Finanzkrise werden etliche Banken ihre Filialien in Luxemburg schliessen müssen. Durch die, wie polo10 schon beschrieben hat, einseitige Struktur, besitzt Luxemburg keine umfangreiche Industrie, die dann, die auf den Arbeitsmarkt entlassenen Menschen aufnehmen könnten. Auch hat Luxemburg ein Teil der europäischen Institute an Strassburg oder Brüssel abgeben müssen, die früher, als der Bankenplatz aufgebaut wurde, noch in Luxemburg ansässig waren. Das Handwerk wurde über Jahre hinweg nicht mehr unterstützt (weshalb auch, jeder wollte in Luxemburg auf einer Bank arbeiten), viele der luxemburgische Handwerksbetriebe die vor dem Bankenboom in Luxemburg existierten, existieren heute nicht mehr oder wurden übernommen.
Denke, dass die goldenen Jahren in Luxemburg vorbei sind (dies schreibe ich ohne jjegliche Schadensfreude)
No-Cash