Das Experiment


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Neuester Beitrag: 22.03.08 16:43
Eröffnet am:12.03.08 10:43von: DieindermitteAnzahl Beiträge:16
Neuester Beitrag:22.03.08 16:43von: topwinner1Leser gesamt:5.567
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1552 Postings, 6185 Tage DieindermitteDas Experiment

 
  
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12.03.08 10:43

Nazis für 5 Tage. 

"Die Welle"

Ron Jones stand ratlos da. Es war April 1967 und der Lehrer gab Geschichtsunterricht an der "Cubberley High School" im kalifornischen Palo Alto; Thema "Drittes Reich". Ein Schüler hatte ihm eine Frage gestellt und er wusste einfach keine Antwort: "Wie konnten die Deutschen behaupten, nichts von der Judenvernichtung gewusst zu haben? Wie konnten Dorfbewohner, Bahnangestellte, Lehrer, Ärzte behaupten, sie hätten nichts von dem Grauen in den Konzentrationslagern gewusst?"

Auch als die Stunde schon lange vorbei war, ließ den Lehrer diese Frage nicht los. Er beschloss ein außergewöhnliches Experiment zu wagen. Er wollte Nazi-Deutschland nachbauen, im Kleinen, im Klassenzimmer. Er wollte seine Schüler Faschismus erleben lassen, hautnah: den Horror, aber auch die Faszination. Am Montag stand er in der Klasse, anstatt normalen Unterricht zu machen, kommandierte er seine Klasse.

"Mr. Jones war für seine radikalen Lehrmethoden berüchtigt", sagt Phillip Neel, einer der damaligen Schüler. "Er hatte uns einmal in Zweiergruppen aufgeteilt. Einer von beiden musste tagelang mit verbundenen Augen rumlaufen. So wollte er uns lehren, was Vertrauen bedeutet." Ein anderes Mal verbot der extreme Lehrer einer Gruppe von Schülern für einige Tage bestimmte Toiletten im Schulgebäude zu benutzen. "Da wollte er uns etwas über Rassentrennung beibringen", erinnert sich Phillip Neel. Der damalige Schüler ist heute Fernsehproduzent und arbeitet zur Zeit an einer Dokumentation über Ron Jones' Experiment.

Schüler durch Drill so gut wie noch nie

Doch Jones war nicht nur für seine radikalen Lehrmethoden, sondern auch als echter Kumpeltyp bekannt - er lebte in einem Baumhaus und spielte Punk-Musik. An einem Montag aber befahl er den Schülern, sich zur besseren Konzentration richtig zu setzen; aufrecht, stramm - die Füße flach auf dem Boden, die Hände flach im Hohlkreuz. Dann kam der Geschwindigkeitsdrill: Aufstehen, Setzen, zack-zack. Immer und immer wieder. Am Ende standen die Schüler vor dem Klassenzimmer, Jones gab Startzeichen, sie liefen zu ihren Stühlen und setzten sich. Jones stoppte die Zeit: Fünf geräuschlose Sekunden. Und das nach wenigen Minuten Training.

Jones ging noch weiter. Er gab Anweisung, einen Text zu lesen. Anschließend Diskussion, aber nach strikten Regeln: Wer sich meldete, musste aufstehen, sich neben den Tisch stellen und "Mr. Jones" sagen. Erst dann durfte er zum Eigentlichen kommen. Hier war wichtig: Sich präzise und knapp fassen, deutlich sprechen! Wer gelangweilt oder schlampig antwortete, wiederholte seinen Beitrag, noch mal, immer wieder.


Jones blieb stur und staunte. Rebellen wurden zu Vorbildern, ihre Sätze waren klar, markant und mit Schneid vorgetragen. Es meldeten sich nicht mehr nur die üblichen zu Wort, sondern alle - das Niveau der Fragen und Antworten wuchs erstaunlich, man passte auf und hörte einander zu. Jones hatte gedacht, die Schüler fänden autoritäres Lernen lächerlich, würden sich verweigern, bocken - aber das Gegenteil war der Fall. Es war einfach gewesen, ihnen Disziplin und Drill abzuverlangen, unheimlich einfach. Sie waren produktiver als je zuvor.

"Ein Lehrer, dem wir vertrauten"

Am Dienstag betrat er das Klassenzimmer und ihn empfing eine regungslose Stille. Alle saßen aufrecht an ihren Pulten. Dabei hatte niemand von ihnen verlangt, das zu tun. Ihre Gesichter waren gespannt, konzentriert, keiner grinste. Sie warteten auf ihn, Ron Jones, ihren Lehrer. Er schrieb an die Tafel: "Stärke durch Disziplin" - "Stärke durch Gemeinschaft", dann sprach er zu ihnen. Die Schüler hingen an seinen Lippen, sie sahen zu ihm auf. Zum Ende der Stunde machte er eine kurze, zackige Bewegung mit der Hand: sie schoss vor, beschrieb eine steile Kurve nach oben und fiel wieder ab. Eine Welle. Jones stellte sie als neuen Gruß der Klasse vor, in der Schule und auf der Straße sollte sie zeigen, dass man Teil einer Bewegung war.

Jones nannte den Gruß "The Third Wave" – Die dritte Welle. Wellen kommen in Dreiergruppen, die letzte, die dritte aber ist die kräftigste, wenn sie auf den Strand trifft. Niemandem fiel die begriffliche Nähe zum "Dritten Reich" auf.

"Mr Jones war ein Lehrer, dem wir sehr vertrauten. Ich selbst machte auch mit. Es war ein großer Spaß, fühlte sich wie ein Spiel an. Zumindest am Anfang", erinnert sich Neel. Der Junge fand es damals einfach interessant, seinem Lehrer zuzuhören.

Jeder verpetzt jeden - zum Wohle der Gemeinschaft

In den nächsten Tagen ging Jones besonders aufmerksam durch die Schule. In der Cafeteria, in der Bücherei, in der Turnhalle nutzten Schüler den "Welle"-Gruß, wenn sie sich trafen. Das Experiment dehnte sich über das Klassenzimmer aus.

Am Mittwoch verteilte Jones Mitgliederkarten, auf dreien war ein rotes X. Es war ein Sonderauftrag: alle die zu melden, die sich nicht an die Regeln der Welle hielten. Dann predigte Jones wieder: Diesmal Taten, Einsatz für die Gemeinschaft bis hin zur Selbstaufgabe. Seine eigenen Worte ergriffen ihn, er schwankte in seiner Doppelrolle zwischen Führer und Lehrer, er war stolz auf die Leistungen seiner hoch motivierten Schüler, auf ihren Zusammenhalt. Er war stolz auf sich selbst.

Und dann waren da die Denunziationen. Drei Schüler hatte er beauftragt, Kritiker und Abweichler zu melden. Über zwanzig kamen. Sie berichteten alles, verrieten ihre besten Freunde, die über die Welle spöttelten, und ihre Eltern, die sich skeptisch zur Welle äußerten. Alles zum Wohle der Gemeinschaft. Die Bewegung war binnen dreier Tage zu ihrem Leben geworden.

"Da wurde mir klar, dass es außer Kontrolle geriet"

"Ich machte damals zwar mit, war aber eher ein Beobachter der Ereignisse", sagt Neel heute. Es hätte Schüler gegeben, die ganz und gar in der Bewegung aufgegangen seien, aber auch solche, die sich radikal dagegen entschieden. "Ich selbst habe erst Angst bekommen, als ich in der Pause gegenüber meinem besten Freund einen Witz über die 'Third Wave' machte und am nächsten Tag von Mr. Jones vor allen Schülern darauf angesprochen wurde." Neel wusste: Nur sein bester Freund konnte ihn verraten haben. "Doch der schaute nur stur geradeaus. Da wurde mir klar, dass es außer Kontrolle geriet."

Auch Jones bekam Angst, als so viele Schüler bereit waren, ihre Freunde für "die Sache" zu denunzieren. Er musste einen Weg finden, das Experiment zu beenden. Aber wie?

Am Donnerstag. Die Klasse war von 30 auf 80 angewachsen - die Neuen schwänzten ihren regulären Unterricht. Jones verkündete, dass "The Third Wave" Teil einer nationalen Jugendbewegung sei, die sich für politische Veränderungen im Land einsetze. Am Freitag werde ein Präsidentschaftskandidat um zwölf Uhr ihre offizielle Gründung bekannt geben. In der Schule solle eine Kundgebung stattfinden.

Ein bizarrer Zufall verlieh der Ankündigung des Lehrers damals Glaubwürdigkeit: Eine ganzseitige Anzeige im Time Magazine warb für ein Holzprodukt namens Dritte Welle. Die Schüler waren begeistert. "Da war keiner, der Mr. Jones nicht glaubte", erinnert sich Neel.

"Wir hätten gute Nazideutsche abgegeben"

Freitag-Mittag in der Schulaula. Über zweihundert Schüler saßen da, stramm, aufrecht, die Decke verhüllt von breiten "The Third Wave"-Banner. Jones grüßte zackig, 200 Arme hoben sich ihm entgegen, machten den "Welle"-Gruß. Das Experiment hatte fünf Tage gedauert. Doch schon das war zu lange.

"Natürlich", so Neel, "war ich auch bei der Veranstaltung. Es ist schwer, von außen zu begreifen, was für ein Gruppenzwang sich in den wenigen Tagen aufgebaut hatte."

In der Aula schaltete Ron Jones einen Fernseher ein. Eine flimmernde helle Fläche erschien. Die Schüler warteten. Der Bildschirm blieb hell, konturlos. Die Schüler aber warteten, sie waren geübt in Disziplin und Gehorsam. Doch nach einigen Minuten kam sie doch, die unvermeidliche Frage: "Es gibt gar keinen Führer, oder?" Entsetzen im Saal. Jones begann zu reden, nicht mehr scharf, laut, sondern weich, schuldbewusst: "Ihr habt recht. Aber wir hätten sicher alle gute Nazideutsche abgegeben."

Niemand wollte über das Experiment sprechen

Der Lehrer zeigte seinen Schülern einen Film über das Dritte Reich: die große Bewegung auf Reichsparteitagen, Gemeinschaft, Disziplin, Gehorsam - und dann die großen Taten für die Gemeinschaft: Terror, Gewalt, Gaskammern. Ron Jones sah in die fassungslosen Gesichter. Der Kreis schloss sich, die Frage war beantwortet. Er wusste, warum er vergessen würde, warum alle hier vergessen würden. Er sagte es: "Wie den Deutschen wird es euch schwer fallen zuzugeben, dass ihr so weit gegangen seid. Ihr werdet nicht zugeben wollen, manipuliert worden zu sein. Ihr werdet nicht zugeben, bei diesem Irrsinn mitgemacht zu haben."

Er behielt recht damit. Am nächsten Schultag herrschte eine bedrückte Stimmung. Niemand wollte mehr über das Experiment sprechen. "Ich selbst war damals nicht so sehr involviert. Deshalb war es für mich einfach ein einzigartiges Lernerlebnis." Doch andere sprachen nie wieder über das Thema, bis Philip Neel für seine Dokumentation nachfragte.

Vielen, erfuhr Neel bei seinen Recherchen, war es peinlich, wie leicht sie sich von der Welle haben mitreißen lassen. Gerade unter den Älteren, die eigentlich gar nicht zur Klasse gehörten, aber für die 'Third Wave' ihren Unterricht schwänzten. "Es war 1967 und viele von denen waren politisch engagiert", erklärt Neel. "Sie waren bei der Studentenbewegung und sogar bei den Black Panthers - und sie alle waren unglaublich schockiert, wie schnell sie bereit gewesen waren, ihre persönliche Freiheit aufzugeben."

Quelle: www.spiegel.de

 

4218 Postings, 6183 Tage checheDer Film ist absolut empfehlenswert !

 
  
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12.03.08 10:48
Habe ihn schon mehrfach angeschaut und bin absolut begeistert von dem Film!!!

Vielleicht fangen dann einige user hier bei Ariva mal an zu denken ........

61594 Postings, 7703 Tage lassmichreinEigen-Jimps... Auch ned schlecht... *g*

 
  
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12.03.08 10:51

1547 Postings, 6245 Tage uli777Was soll uns das Beispiel zeigen?

 
  
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12.03.08 10:56

Gut und Böse gibt es nicht wirklich! Der Mensch ist bei der Geburt weder gut noch böse! Somit macht die Gesellschaft "gut und böse". Und das kann sich im Laufe der Zeit ändern.

"Und wäre ich ein Aids-Virus, würde ich auch nicht an Selbstmord denken!"

(U.S.)

 

1552 Postings, 6185 Tage DieindermitteWer will, kann darin inhaltlich was erkennen

 
  
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12.03.08 10:56
statt nur einen jimps.
Hier steht anders als im alten Thread die ganze Story

und das sagt viel mehr aus  

61594 Postings, 7703 Tage lassmichreinAchso - die ganze Story... Also auch gleich die

 
  
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12.03.08 10:59
Selbstanzeige wegen Copyright-Verletzung ?!  ;) *fg*

1552 Postings, 6185 Tage DieindermitteWenn es die Mods glücklich macht

 
  
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12.03.08 11:01
eine interessante Sache zu löschen... :-(  

60 Postings, 6110 Tage GalinaDieses

 
  
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12.03.08 11:06
Thema hat wenig mit Faschismus zu tun, Gruppen funktionieren ganz einfach so, in der Sozialphysik spricht man von Rückkoppelungseffekten. Viel interessanter ist das Milgram-Experiment, nicht nur, weil es nach wissenschaftlichen Standards durchgeführt wurde, sondern weil es zeigt, wie weit fast alle Menschen gehen würden, wenn eine Autorität ihnen die Verantwortung abnimmt.  

1552 Postings, 6185 Tage DieindermitteNaja Galina. Faschismus funktionert aber nach

 
  
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12.03.08 11:07
diesem Schema.

Und nichts hat in den letzten 100 JAhren so eine Folge gehabt, wie der Faschismus  

60 Postings, 6110 Tage GalinaAlle Ideologien

 
  
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12.03.08 11:23
nutzen mehr oder weniger diese Techniken. Oft wird nur kopiert, was andere erfunden haben, siehe Lagerfeuerromatik, Uniformen, Rituale und Gruppendruck bei der Hitlerjugend und später bei der FDJ. Faschisten, Kommunisten, Islamisten und autoritäre Sekten unterscheiden sich nur wenig in ihren Methoden.      

3063 Postings, 7847 Tage DisagioDer Mensch ist schlecht !

 
  
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12.03.08 11:28

1847 Postings, 7464 Tage MeierKlar hat dies was mit Faschismus

 
  
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12.03.08 11:30
zu tun. Anders ist Faschismus doch gar nicht zu erklären. Die Leute wissen insgeheim, dass es falsch ist was sie tun. Aber die Gruppe gibt ihnen vermeintliche Legitimation.

Es gibt das eigentlich schon einen Film über das Experiment. Ist dieser neue Film jetzt eine Dokumentation darüber?  

1552 Postings, 6185 Tage DieindermitteStimmt Galina. Überall wo Menschen leben, ist es

 
  
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12.03.08 11:31
nicht zu verleugnen, dass wir ursprünglich Herdentiere waren.

Heut zu Tage wird Individualität zwar groß geschrieben, aber die Menschen wollen noch immer unterm Strich irgendwo dazu gehören.
Egal ob schlaue oder dumme Menschen.

Wenn eine Kirche oder Partei das erkennt, braucht sie nur noch die Früchte einsammeln.

Umso wichtiger ist es, dass man das im Hinterkopf behält, weil es bei Weltkrisen, wie Rezession, Globalisierung und schwindendem Familienzusammenhalt immer wieder aktuell wird.  

1552 Postings, 6185 Tage Dieindermitte@Meier. Ja. Die Welle ist der Film zum Buch

 
  
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12.03.08 11:33

60 Postings, 6110 Tage Galina@13.

 
  
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12.03.08 11:36
In diesem Forum läuft es nach dem selben Muster ab, überall ist das so. ;o)  

619 Postings, 6242 Tage topwinner1Die Welt ist Böse und die Menschen sind schlecht.

 
  
    #16
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22.03.08 16:43
logo! fast jeder mensch ist faschistoid und fremdenfeindlich geneigt. wenn vor 30 tausend jahren ein kränkelnder fremder ins lehmhüttendorf getorkelt kam, hat man ihm sicher vorsichtshalber den schädel zertrümmert damit er mit seiner grippe nicht das ganze dorf auslöscht. klarer fall von überlebenstrieb, vorsicht und schadensbegrenzung! ein guter trader handelt genauso nach diesen alten regeln. lieber ein leerverkauf als eine totalpleite. weg mit schaden.

alles ganz natürlich! wir müssen halt dran arbeiten und nicht immer nur meckern und verurteilen!  

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