Arm oder asozial...
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Eröffnet am: | 01.10.07 08:29 | von: Coca-Cola | Anzahl Beiträge: | 4 |
Neuester Beitrag: | 01.10.07 09:29 | von: Freedom63 | Leser gesamt: | 2.578 |
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In den USA ist ein grotesker Streit darüber entbrannt, ob man seine Kleider im Garten zum Trocknen aufhängen darf.
Von Von Nikolaus Piper
USA: Wäscheleinen verboten (Archiv)
Foto: dpa
New York, Ende September - Es war an einem sonnigen Vormittag im Mai, als Susan Taylor eine kleine Revolution anzettelte: Sie hängte eine Wäscheleine im Garten auf. "Wir waren ein paar Tage campen, und ich hatte mehrere Ladungen Schmutzwäsche", erinnert sie sich. "Im Garten wurde alles schnell trocken, ich war nach einem halben Tag fertig." Dazu kam das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben. Überall ist jetzt von Klimaschutz die Rede, und kürzlich hatte ein Professor im Radio gesagt, die Amerikaner könnten dem Klima am einfachsten dadurch helfen, dass sie ihre elektrischen Trockner vergäßen und wie früher Wäscheleinen benutzten.
Susan Taylor ist eine zierliche, lebhafte Frau, 55 Jahre alt, Mutter einer neunjährigen Tochter und von Beruf Krankenschwester. Ihr Mann arbeitet in einer Baufirma. Vor ein paar Jahren hatte die Familie ein 200 Quadratmeter großes Einfamilienhaus in Bend gekauft, einer Stadt hoch oben in den Bergen von Oregon. Ihr Stadtviertel heißt Awbrey Butte und ist typisch für viele Vorstädte der oberen Mittelschicht Amerikas. Die Grundstücke im Schatten hoher Kiefern sind nach deutschen Maßstäben riesig - 2000 Quadratmeter oder mehr. Die Holzhäuser großzügig bis ausladend, die Garagen haben Platz für zwei, manchmal drei Autos.
Es geht gepflegt zu in Awbrey Butte, und Wäsche im Garten, das gab es hier noch nie. Nach ein paar Tagen sprach eine Nachbarin Susan Taylor vorsichtig an: Ein paar Leute im Viertel seien an sie herangetreten, weil sie sich wegen der Wäscheleine geärgert hätten. Denen habe sie gesagt: "'Das ist sicher nur temporär. Bei den Taylors wird der Trockner kaputt sein.‘ - Das stimmt doch, oder?" Nachbarinnen können so nett sein, auch in der oberen Mittelschicht. Susan Taylor jedenfalls erwiderte, das sei keineswegs temporär, die Wäscheleine helfe gegen die Erderwärmung, außerdem rieche die Bettwäsche hinterher immer so gut. Die Nachbarin sagte nichts mehr.
Dafür bekam Susan Taylor zwei Wochen später einen Brief von Brooks Resources, der Grundstücks-Verwaltung. Die Firma wies die Frau knapp darauf hin, dass Wäscheleinen in Awbrey Butte verboten seien. Und sie fügte hinzu: "Viele Hausbesitzer sind stolz auf ihr Heim und dessen Umgebung." Aus Frau Taylors Wäscheleine war ein Fall geworden.
Wie in Deutschland war es früher in Amerika normal, dass Bettwäsche, Hemden und Unterhosen im Hof oder im Garten zum Trocknen hingen. Dann kam der Wohlstand der fünfziger und sechziger Jahre und mit ihm der Siegeszug der Wäschetrockner. Danach galt in den USA als arm oder asozial, wer noch eine Wäscheleine spannte.
http://www.sueddeutsche.de/,tt7m3/panorama/artikel/837/135574/
"Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen." Zitat: Benjamin Franklin (1706-90)
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"Millions of galaxies of hundreds of millions of stars,
in a speck on one, in a blink, that’s us: lost in space."