Interview mit. G. Thiel Quelle:Finanznachrichten
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 10.05.02 23:53 | ||||
Eröffnet am: | 24.04.02 16:45 | von: alucard | Anzahl Beiträge: | 12 |
Neuester Beitrag: | 10.05.02 23:53 | von: Odeso | Leser gesamt: | 3.012 |
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Mit einem 2002er KGV von 9 wäre Thiel Logistik recht günstig bewertet, dennoch verfällt der Aktienkurs seit Wochen dramatisch. Um für etwas mehr Klarheit zu sorgen interviewte DER SPEKULANT den Firmengründer und Vorstandsvorsitzenden Günter Thiel.
Als gelernter Speditionskaufmann hat der 1952 geborene und aus Trier stammende Günter Thiel mehrere leitende Funktionen in dieser Branche bekleidet, bevor er 1985 die erste Thiel-Gesellschaft, die Agnes Transport Internationaux S.à.r.l. in Grevenmacher, Luxemburg, ins Leben rief. Sieben Jahre später zählte er zu den Gründungsmitgliedern der Rechtsvorgängerin der heutigen Thiel Logistik AG, der Thiel & Associés S.A., ebenfalls in Grevenmacher ansässig. Günter Thiel leitet mittlerweile ein Unternehmen, das mit über 9.000 Mitarbeitern weltweit vertreten ist. Unter seiner Führung entwickelte sich die Thiel-Gruppe zum Global Player und zu einem der wichtigsten Komplettanbieter IT-gesteuerter Logistikdienstleistungen.
1.
DER SPEKULANT: Herr Thiel, am Montag wurden die Aktien Ihres Unternehmens kurz nach Handelsbeginn bei unter 7 Euro gehandelt. Insgesamt wurden gestern an den deutschen Börsenplätzen über 11 Mio. Aktien von insgesamt 82,54 Mio. ausstehenden Aktien umgesetzt. Also mehr als ein Zehntel der Firma. Wie erklären Sie sich diesen dramatischen Abgabedruck?
GÜNTER THIEL: Am Montag kam es durch viele schlecht greifbare Gerüchte zu einem starken Abgabedruck. Ein Grund ist sicherlich die starke Verunsicherung der Anleger am Neuen Markt durch die Reihe von Insolvenzen und Bilanzmanipulationen anderer Marktteilnehmer.
2.
DER SPEKULANT: Es gibt das Gerücht, dass Fonds aus den USA größere Positionen verkaufen würden. Wie ist Ihr Wissensstand?
GÜNTER THIEL: In den letzten Wochen gaben vor allem amerikanische und britische Fonds Aktien des Neuen Marktes ab. Hier scheint das Vertrauen der Anleger in den Neuen Markt als Segment so stark erschüttert, dass die Fonds radikal aus den Werten aussteigen.
3.
DER SPEKULANT: Sehr stabilisierend wirkte die Ankündigung, dass Ihr Unternehmen ein Aktienrückkaufsprogramm starten wolle. Nun ist die Thiel Logistik AG ein Luxemburger Unternehmen. Können Sie uns kurz skizzieren welche rechtlichen Schritte für den Beschluss eines Aktienrückkaufsprogramms notwendig sind? In Deutschland kann so eine Maßnahme nur eine Hauptversammlung beschließen.
GÜNTER THIEL: Die rechtliche Grundlage für dieses Aktienrückkauf-Programm bildet Art. 49-2, Abs. 2, des luxemburgischen Gesellschaftsgesetzes. Danach dürfen auch ohne detaillierten Beschluss der Generalversammlung bis zu 10 % der eigenen Aktien von der Gesellschaft zurückgekauft werden, wenn dies notwendig ist, um einen schweren, unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Eine entsprechende Ermächtigung enthält Art. 5, Abs. 12 der Satzung der Thiel Logistik AG. Bei der Realisierung von Outsourcing-Projekten - insbesondere bei der Anbahnung derselben - ist wegen der üblicherweise langen Laufzeiten und dem Bedarf an Investitionen zur Neugestaltung der Versorgungsprozesse die Frage der Bonität des Dienstleisters für den Kunden von großer Bedeutung. Wenn innerhalb kürzester Zeit ohne fundamentale Grundlage der Aktienkurs der Thiel Logistik AG signifikant sinkt (d.h. deutlich außerhalb üblicher Marktschwankungen), so ist dies grundsätzlich geeignet, laufende Gespräche über Neugeschäfte oder die Verlängerung bestehender Verträge zu erschweren bzw. den Abschluss zu verzögern und so dem Unternehmen einen unmittelbar drohenden, schweren wirtschaftlichen Schaden zu verursachen.
Durch den starken Kursverlust am 22. April sahen wir uns veranlasst, diese Maßnahme anzukündigen.
4.
DER SPEKULANT: Im März 2002 wurden 5,75 Mio. Aktien zu 17,70 Euro (Erlös 101,8 Mio. Euro) platziert, um weiteres Working Capital für Großaufträge zu erhalten. Nun sollen einen Monat später liquide Mittel zum Rückkauf von Aktien verwendet werden. Ist der Ärger über den unter Druck stehenden Aktienkurs derzeit größer als das Auftragspotential?
GÜNTER THIEL: Das Auftragspotential der Thiel Logistik AG ist weiterhin sehr hoch. Sicherlich ist der derzeitige Verlauf des Aktienkurses nicht mehr rational nachzuvollziehen.
5.
DER SPEKULANT: Für das laufende Geschäftsjahr 2002 ist ein Umsatz von 1,61 Mrd. Euro und ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 109 Mio. Euro geplant. Diese Planzahlen sind laut Ad hoc-Mitteilung von Montag Nachmittag also noch intakt?
GÜNTER THIEL: Wir sehen keine Notwendigkeit die Planzahlen zu korrigieren, weder nach unten noch nach oben. Die Indikatoren, die wir bereits vom ersten Quartal haben, bestätigen das auch, dass das bisherige Geschäftsjahr im Plan ist. Außerdem sind die Projekte, über die wir derzeit mit potentiellen Kunden sprechen, noch nicht in den Planzahlen für 2002 miteinbezogen.
6.
DER SPEKULANT: Derzeit ist "Goodwill" ein Reizthema. In der 2001er Bilanz der Thiel Logistik AG ist ein Firmenwert von 125 Mio. Euro auf der Aktiva-Seite zu finden. Das Eigenkapital lag zu diesem Zeitpunkt bei einem Wert von 273 Mio. Euro (Bilanzsumme: 659 Mio. Euro). Wie sehen Sie die Werthaltigkeit dieses Goodwill? Würde er zur Gänze abgeschrieben wären die Eigenmittel per 31.12.2001 bei 148 Mio. Euro oder weniger als der Hälfte der Verbindlichkeiten von 380 Mio. Euro gelegen.
GÜNTER THIEL: Das kann man so nicht sagen:
1. Der Goodwill ist werthaltig.
2. Bei einer 100 % Abschreibung des Goodwills ergibt sich auf die verringerte Bilanzsumme ein Eigenkapital von fast 30 %. Das ist komfortabel.
3. Bei den Verbindlichkeiten kann man nur die Finanzschulden betrachten, denn auf der Aktiv-Seite stehen auch entsprechende Forderungen aus Lieferungen und Leistungen.
7.
DER SPEKULANT: Herr Thiel, Sie haben laut Mitteilungen an die Deutsche Börse in der letzten Zeit Ihren Bestand an Thiel Logistik-Aktien aufgestockt. Hat die Thiel Logistik AG Ihnen oder anderen Organmitgliedern in den letzten Monaten Darlehen eingeräumt?
GÜNTER THIEL: Nein.
8.
DER SPEKULANT: Es war vor kurzem von einem beabsichtigten Rückzug vom Neuen Markt die Rede (F.A.Z.-Radio, 12.4.2002). Gibt es konkrete Überlegungen einer Notiz in einem anderen Börsensegment als dem Neuen Markt?
GÜNTER THIEL: Als Luxemburgisches Unternehmen kann die Thiel Logistik AG nicht in den DAX oder den MDAX wechseln. Ich stehe fest zum Neuen Markt, wünsche mir aber eine Verbesserung des Regelwerks und die konsequentere Ausübung von Sanktionen bei Verstößen gegen die Regeln. In einigen Jahren wird die Thiel Logistik AG wahrscheinlich jedoch zu groß für dieses Segment werden. Dann würden wir einen Wechsel des Segments in Erwägung ziehen.
9.
DER SPEKULANT: Wie sehen Sie die Zukunft Ihres Aktienkurses?
GÜNTER THIEL: Ich sehe den fairen Wert unserer Aktie bei 25 bis 30 Euro, so wie die meisten Analysten auch.
Ergebnisentwicklung:
2001
Umsatz: 902 Mio.
EBIT: 65,1 Mio.
Ergebnis/Aktie: 0,72
KGV: 14
2002e
Umsatz: 1.700 Mio.
EBIT: 109 Mio.
Ergebnis/Aktie: 1,07
KGV: 9
2003e
Umsatz: 2.168 Mio.
EBIT: 157 Mio.
Ergebnis/Aktie: 1,57
KGV: 6
Werte in Euro, Quelle: Landesbank Baden-Württemberg (13.3.2002)
Thiel Logistik "buy"
UBS Warburg
Die Analysten der Investmentbank UBS Warburg stufen die Aktie von Thiel Logistik (WKN 931705) unverändert mit "buy" ein und sehen das Kursziel bei 25 Euro.
Die jüngsten Kursverluste seien trotz verschiedenen Problemkreise nicht gerechtfertigt. Nach Spekulationen über Finanzprobleme habe die Aktie um mehr als 40 Prozent an Wert verloren. Thiel habe mit einer Ad-hoc Mitteilung reagiert und die Gesamtjahresprognose bestätigt, sowie ein starkes erstes Quartal angekündigt. Zudem sei Spekulationen entgegen getreten worden, dass die Integration von Birkart unter Plan verlaufe und Abschreibungen vorgenommen würden. Darüber hinaus sei auch ein Aktienrückkaufprogramm geplant.
Der Abschlag gegenüber Konkurrenten wie Exel oder Hays sei zu groß. Auf EPS-Basis belaufe sich dieser auf 40 und auf EBITDA-Basis auf 60 Prozent. Ein Wert von 10 bis 20 Prozent sei eher angebracht, was auf den hohen Anteil des EBIT-Bilanzpostens "sonstige betriebliche Erträge" zurückzuführen sei.
Vor diesem Hintergrund bleiben die Analysten von UBS Warburg bei ihrer Empfehlung die Aktie von Thiel Logistik zu kaufen.
es fehlt nur noch das Vertrauen überhaupt an den Neuen Markt...ist ja auch keine Wunder was alles in diesem Jahr von Unternehmen Berichtet wurde...mal sehen wie die Deitsche Börse wieder das Vertrauen ans Segment wieder schaft.
...und zur Zeit kann mann auf gut Glück nur Zocken...
grus Odeso
Allerdings waren es die US.- u. Br.-Fonds, die Thiel verkauft haben. Die engagieren sich wenn überhaupt nur in NM50 Schwergewichten, so wie es Thiel ist. Da der NM50 aber jetzt seit Jahren (2000) immer schwächer wurde und sich immer noch nicht richtig erholt hat und einige schwarze Schafe ihre Bilanzen "türken" haben die eben alles verkauft. Bei anderen Werten konnte man so etwas nicht beobachten, weil hier das Ausland auch nicht so sehr investiert ist. Daran sieht man doch, dass auch das Ausland Thiel für den besten Wert im NM 50 hält.
Nicht vergessen, Vorstand kaufte 250.000 eigene Aktien zu über 13€
Aber was nützt das, wenn keiner mehr am Neuen Markt investieren will.
Wenn die Amis und Briten weg sind, wer soll die Kurse wieder zum steigen bringen. Vielleicht die deutschen Kleinanleger?
Ja die Kleinanleger - sind wohl die einzige, die am Neuen Markt noch investiert sind repektive investieren.
Bin jetzt auch wieder bei 9€ bei Thiel eingestiegen, jedoch mache ich mir keine allzu großen Hoffnungen auf baldige signifikante Kursgewinne.
Erst einmal müssen die Investoren zum Neuen Markt zurück kommen.
Dann geht es auch mit Thiel wieder aufwärts.
Vorher aber sieht es wohl weiter düster aus.
Der Neue Markt hat das letzte Vertrauen verspielt!!!!!!!!!
Auf bessere Zeiten!!!!
Thiel Logistik "buy"
UBS Warburg
Die Analysten vom Investmenthaus UBS Warburg stufen die Aktie von Thiel Logistik (WKN 931705) unverändert mit "buy" ein und sehen das Kursziel weiterhin bei 25 Euro.
Nach Angaben von Thiel sei das Aktienrückkaufprogramm auf Eis gelegt worden. Grund dafür sei der deutliche Kursanstieg in den letzten Tagen gewesen. Ein solches Programm sei nicht länger nötig, um Schaden von dem Unternehmen abzuwenden. Nach einem Bericht des Anlegermagazins "Die Telebörse" sei der Prüfer von Thiel Logistik, Marco Ries, Medienvermutungen entgegen getreten, wonach es zu Bilanzunregelmäßigkeiten gekommen sei.
Das Handelsvolumen sei noch immer außerordentlich hoch und auch die Intraday-Volatilität sehr ausgeprägt. Dies dürfte sich wahrscheinlich bis zur Bekanntgabe der Quartalszahlen am 16. Mai weiter fortsetzen. Diese dürften zufriedenstellend ausfallen.
Vor diesem Hintergrund bleiben die Analysten von UBS Warburg bei ihrer Empfehlung die Aktie von Thiel Logistik zu kaufen
11.05.2002
Thiel dementiert Gerüchte um Bilanzrisiken
Logistik-Dienstleister peilt Rekordjahr an / Kritik an Regeln der Deutschen Börse
brö
Das Luxemburger Logistik-Unternehmen Thiel Logistik AG hat das erste Quartal des Geschäftsjahres 2002 mit einem Rekordergebnis abgeschlossen. Verschleierte Risiken und Unwägbarkeiten in der Bilanz gebe es nicht, sagte Firmenchef Günther Thiel im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Er wies damit Vermutungen zurück, im Unternehmen bestehe Wertberichtigungsbedarf. "Wir haben eine weiße Weste und werden 2002 das sechste Rekordjahr in Folge erleben", kündigte Thiel an. Ende April hatte die Thiel-Aktie zeitweise bis zu 70 Prozent ihres Wertes eingebüßt, nachdem es Gerüchte über korrekturbedürftige Bilanzen gegeben hatte. Zuvor waren bei mehreren anderen Neuer-Markt-Unternehmen Unregelmäßigkeiten aufgetreten, die nun die Justiz beschäftigen. Thiel erzielte mit der Steuerung und der Kontrolle des Waren- und Geldflusses von Unternehmen 2001 einen Umsatz von 901,7 Millionen Euro und einen Gewinn von 65,1 Millionen Euro.
Der Logistik-Dienstleister versicherte, die Bilanzposition seien "exzellent"., nie sei man so stark aufgestellt gewesen wie heute. Die kursierenden Gerüchte über fundamentale Probleme würden spätestens bei der Vorlage der Quartalszahlen am 16. Mai verstummen. Bei Übernahmen anderer Unternehmen habe Thiel stets die Bilanzen eingehend geprüft und könne jedes Risiko ausschließen. Zudem seien die von Thiel beauftragten Wirtschaftsprüfer renommiert und arbeiteten akribisch. Daher müsse auch die Finanzplanung für 2002 nicht revidiert werden.
Der Kurs der Thiel-Aktie hat sich seit Ende April wieder erholt - er liegt nun bei 11,58 Euro, fast 70 Prozent über seinem Tiefstand. Das im April beschlossene Aktienrückkaufprogramm habe das Unternehmen bislang nicht in Anspruch nehmen müssen. Die beiden Großaktionäre seien für den Kurssturz nicht verantwortlich, versicherte Thiel. Durch die im März beschlossene Kapitalerhöhung könne Thiel nun jedes Jahr um 25 Prozent wachsen, ohne Kredite aufnehmen oder die Börsen beanspruchen zu müssen.
Trotz der guten Quartalsergebnisse sagte Thiel, es gebe wichtigeres als den kurzfristigen Gewinn. "Wir arbeiten nicht für das heutige Ergebnis, sondern für die Zukunft." Thiel bemängelte, dass die Finanzmärkte zu sehr auf einzelne Quartalsergebnisse fixiert seien. "Auch in Rekordjahren kann es mal einige schlechte Monate geben. Wichtig ist aber die Perspektive."
Thiel kritisierte die Deutsche Börse AG, die zu spät auf die Fehlentwicklungen am Neuen Markt reagiert hätte. Nun müsse es umfangreiche Reformen geben. Handele ein Unternehmensvorstand mit eigenen Aktien, solle er dies in Zukunft vorher ankündigen müssen, forderte er. Eine Meldefrist erst drei Tage nach der Transaktion benachteilige andere Anleger, die über weniger Informationen verfügten. Außerdem müsse eine Firma eine gewisse Substanz und ein gewisses Alter haben, bevor sie in einem Top-Segment der Börse gelistet werden könne. Wirtschaftsprüfer und von ihnen testierte Bilanzen sollten zudem von einer speziellen Stelle kontrolliert werden, wie es in den USA die Börsenaufsicht SEC tue. Der Ruf nach dem Gesetzgeber sei verfrüht. "Das muss die Wirtschaft selbst in die Hand nehmen."