Ausgerechnet Schily ! ! !
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Eröffnet am: | 13.02.02 14:00 | von: Fuoki | Anzahl Beiträge: | 1 |
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Das liebe ich so an unseren Politikern: Kein eigener Skandal, keine erwiesene Unfähigkeit kann so groß sein, als dass man nicht noch so böse Worte gegen die von der anderen Partei (die natürlich keinen Deut besser sind) richten kann. Nennt man das nun Schamlosigkeit oder Verdrängung ?
„Stoiber ein einziger Versprecher“
Die SPD hat scharfe Attacken gegen Edmund Stoiber in den Mittelpunkt ihres politischen Aschermittwochs in Vilshofen gestellt. Bundesinnenminister Otto Schily nannte als Hauptredner die Kritik des Unions-Kanzlerkandidaten an der Haushaltspolitik der rot-grünen Regierung „in sich verlogen“. Stoibers Wahlversprechungen summierten sich inzwischen auf 63 Millionen Euro, kritisierte Schily. Wenn der CSU-Chef im Bund regieren würde, hätte Deutschland „schon zehn blaue Briefe bekommen“, betonte er.
Stoiber sei „ein einziger Versprecher“, sagte Schily unter großem Lachen der rund 800 SPD-Anhänger im Wolferstetter Keller weiter. Bei der kommenden Bundestagswahl gehe es um die Frage: „Welche politische Seite ist glaubwürdig und welche nicht“, fuhr der SPD-Politiker fort. Schily vertrat die Ansicht, die SPD habe von ihrer Vorgängerregierung „einen Saustall übernommen“, den die neue Regierung als Erbe wegen Überschuldung hätte ablehnen müssen.
Angesichts der Widersprüche in den Äußerungen des „Konfusionsrats Stoiber“ sei die Opposition nicht regierungsfähig.
13.02.02, 12:26 Uhr
NPD-VERBOTSVERFAHREN
Schily setzt seine Salamitaktik fort
Von Matthias Gebauer
Mit einer Erklärung an das Bundesverfassungsgericht wollen die Antragsteller das Verbotsverfahren gegen die NPD in letzter Minute retten. Doch das Dokument beschreibt ein weiteres Mal nur, was ohnehin über die enttarnten V-Männer in der Partei bekannt war. Ob sich die Richter damit zufrieden geben, ist mehr als ungewiss.
DDP
Für Innenminister Otto Schily wird das NPD-Verbotsverfahren zur schwersten Krise seiner Amtszeit
Berlin - Mehr als 30 Seiten hat das wichtige Schriftstück, es ist mit dem Sicherheitsvermerk "streng geheim" gestempelt und mit insgesamt 17 Anhängen versehen. Am Montagnachmittag wurde es per Fax zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe gesandt, um dort endlich für Ruhe zu sorgen - das ist zumindest die Hoffnung von Innenminister Otto Schily und der SPD. Bis zuletzt wurde am Montag im Innenministerium an den letzten Formulierungen gefeilt, um ein Projekt zu retten, welches sich für Regierung und Innenminister zu einem Riesenflop auswachsen könnte und welches die Opposition bereits als "zum Scheitern verurteilt" bezeichnete: den Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die rechtsextreme NPD.
Ob der Schriftsatz über den Einsatz von V-Leuten des Verfassungsschutzes den Antrag noch retten kann, ist jedoch höchst ungewiss. Denn die Juristen aus Schilys Ministerium setzen mit ihrer Argumentation im Prinzip die gleiche Taktik fort, die sie schon nach der Enttarnung des ersten hohen NPD-Funktionärs mit Staatsauftrag verfolgten: Sie geben zu, was bereits bekannt ist, und weisen alle weiteren Befürchtungen über eine mögliche Steuerung der NPD durch Verfassungsschutz-Spitzel zurück. Zwar schließen sie nicht aus, dass noch mehr V-Leute am Zustandekommen belastender Aussagen und Dokumente beteiligt waren. Doch genaue Auskünfte gibt die Stellungnahme nicht weil, so das Standard-Argument der Schily Behörde, die Sicherheit der noch aktiven V-Leute und die Arbeitsfähigkeit der Geheimdienste geschützt werden müsse.
Das einstige Bündnis gegen Rechts ist klinisch tot
Für so manchen Abgeordneten der CDU erinnert diese Taktik von Schily an die hilflosen Rettungsversuche von Ex-CDU-Chef Wolfgang Schäuble in der Spendenaffäre, die man damals Salamitaktik nannte. Für die Opposition gilt der Verbotsantrag deshalb schon jetzt gescheitert. Weder die Union noch die Liberalen wollen die Initiative in Karlsruhe noch mittragen und plädieren für einen komplett neuen Antrag. Freilich lasten sie dem Innenminister alle Schuld für die Pannen an und hoffen noch immer, dass Schily über die Affäre stolpert.
Die SPD hingegen fuhr am Wochenende mächtige Geschütze auf. Der bayerische SPD-Politiker und Fraktionsvize Ludwig Stiegler stellte die Union kurzerhand als indirekte Helfer der NPD dar, indem er behauptete, die bürgerlichen Parteien hätten auch schon zu Zeiten der Weimarer Republik maßgeblichen Anteil an der Machtergreifung der Nazis gehabt. Das dürfe sich jetzt durch eine Verweigerungshaltung gegen den Verbotsantrag nicht wiederholen, forderte Stiegler.
Bei der Union sorgte der historische Vergleich für heftigen Ärger, und Unions-Politiker richtete Rücktrittsforderungen an Stiegler, der am Montag jedoch zu seinen Aussagen stand. Aber so überzogen sowohl die Aussage Stieglers als auch die darauf folgenden Reaktionen sein mögen: Sie zeigen, wie gereizt die Stimmung unter den Parlamentariern mittlerweile ist. Aus dem einst so einmütig geschmiedeten Bündnis gegen die Rechten ist ein wahlkampfbestimmter Profilierungskampf geworden.
Entschuldigungen und Ausflüchte
Die vergiftete Atmosphäre zwischen dem Innenministerium und dem Verfassungsgericht ist auch der Stellungnahme anzumerken. Fast höflich entschuldigen sich die Antragsteller auf den ersten Seiten für die verfahrene Lage, die letztlich zum vorübergehenden Stopp des Verfahrens führte. Demnach "bedauern" die Prozessbevollmächtigten die "bislang unvollständige Information des Gerichts".
Was die Juristen unvollständig nennen, hatte die Karlsruher Richter am 22. Januar aber regelrecht aus der Fassung gebracht: Fast durch Zufall, nämlich bei einem "privat/dienstlichen" Gespräch zwischen dem Innenministerium und dem Gericht, hatten sie erst wenige Tage vor der ersten geplanten mündlichen Verhandlung erfahren, dass einer der geladenen Zeugen, der NPD-Funktionär Wolfgang Frenz, auch V-Mann des Verfassungsschutzes war. Als die Richter bereits die Reißleine gezogen hatten, folgte die Enttarnung weiterer fünf Spitzel mit NPD-Parteibuch.
Grundsätzlich verteidigen nun die Prozessbevollmächtigten der Bundesregierung und des Bundestages den Einsatz von V-Leuten und erläutern detailliert - was für die verschwiegenen Verfassungsschützer unüblich ist - die Tätigkeit von sechs NPD-Funktionären, die vom Verfassungsschutz als Informanten geführt wurden. Dies sei jedoch entsprechend der geltenden Vorschriften geschehen. Abschließend heißt es in dem Papier: "Unverwertbar wären Aussagen oder das sonstige Verhalten von V-Leuten im Parteiverbotsverfahren nur dann, wenn staatliche Stellen entgegen der Dienstvorschriften Einfluss auf das die Verfassungswidrigkeit begründende Verhalten genommen hätten." Das sei aber nicht der Fall, behaupten Schilys Anwälte. Ausdrücklich beteuern sie, dass die Spitzel keinesfalls steuernde Wirkung in der Partei gehabt hätten, also nicht als Agents provocateurs fungierten.
Wie viele V-Leute gibt es noch?
En détail führen die Juristen von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat auf, wer wie und warum geführt wurde. Besonders ausführlich sind die Spitzelkarrieren von Wolfgang Frenz, immerhin Gründungsmitglied der NPD, und des Unternehmers Udo Holtmann dargestellt. Penibel argumentieren die Rechtsgelehrten, dass beide zu den Zeitpunkten, an denen von ihnen zu verantwortende Aussagen in dem Antrag entstanden sind, nicht mehr im Dienste der Verfassungsschützer standen. Auch bei den vier weiteren V-Leuten soll dies so gewesen sein, rechtfertigen die Juristen.
Viel Neues erfahren die Karlsruher Richter darum aus dem Schreiben nicht. Wirklich interessant für die Richter wäre es aber zu erfahren, wie viele weitere Spitzel die NPD unterwandert haben und welche Informationen des Verbotsantrags von diesen V-Leuten stammen.
Genau dazu gibt die Stellungnahme aber keine Auskunft. Zwar ist in einer Version vom späten Freitagnachmittag fast am Ende vermerkt, dass eine Stellungnahme "zu etwaigen weiteren V-Leuten, ihrer Anzahl und der Schwierigkeit, ihre Namen preiszugeben," eingefügt werden solle. Ob dies aber in dem endgültigen Schreiben geschieht, war am Montag unklar.
So könnten Schily und sein Berater der NPD selber durch die immer noch nicht transparente Informationspolitik weitere Trümpfe verschafft haben. Denn nun können die Rechten weitere V-Leute selbst enttarnen. Und auch die Richter werden mit der Stellungnahme wohl nicht zufrieden sein, denn noch immer bleiben für sie die Quellen vieler Beschuldigungen gegen die Partei zumindest nebulös. Eine Wiedereröffnung des Verfahrens noch vor der Bundestagswahl im September wird damit immer unwahrscheinlicher.