die neue SGL Carbon - ein Turnaroundkandidat?
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/...in/13998158.html
Die Analysten bleiben alle bei ihren Zielen, Lampe albern, Baader, COBA realistisch.
Viel Spielraum nach oben gibt es bei den Aussichten ohnehin nicht.
Wir sollten uns daran ein Beispiel nehmen und aufhören, uns wie Buchhalter aufzuführen.
Das Graphitelektrodengeschäft steht mit gut 580 Mio. € in der Bilanz. Ob diese bei einem Verkauf in der jetzigen Marktsituation erzielt werden können, zumal der Verkauf anscheinend lebensnotwendig ist, erscheint mir höchst ungewiss.
Aus meiner Sicht dauert es nicht lange, und die Hälfte des EK ist aufgebraucht - falls es nicht vorher zu einer Kapitalerhöhung kommt. Ob diese überhaupt noch möglich ist, erscheint mir ebenfalls zweifelhaft.
Der Turnaround, den ich hier erwarte, besteht in einem mehr oder weniger drastischen Sell-Off. Noch vor dem Jahresende. Man wird froh sein müssen, wenn der Konkurs vermieden werden kann. Denn viel stärker als jetzt wird der konjunkturelle Rückenwind auf im 2. Halbjahr nicht blasen.
Der einzige Vorteil: so kann eine Pleite vermieden werden.
Die Geschäftsaussichten für Graphitelektroden sind auch nicht rosig. M.E. ist hier in jedem Quartal weiterhin mit einem Verlust von 20-30 Mio. € zu rechnen. Das können die anderen Bereiche nicht einmal annähernd ausgleichen. Damit ist mit einer Herabsenkung des Grundkapitals zu rechnen. Ein weiterer Verlust aus dem operativen Geschäft (inkl. PP und inkl. der Anpassung der Pensionsrückstellungen) in Höhe von 60-80 Mio. € bis zum Jahresende würde mich jedenfalls nicht überraschen.
Ich halte es für das wahrscheinlichste Szenario, das der Geschäftsbereich PP in Konkurs gehen wird und nur die anderen Geschäftsbereiche überleben. Denkbar ist es, nachdem der Bereich PP rechtlich verselbständigt wurde.
Und noch einmal anders gewendet: Wenn es in dem Markt für Graphitelektroden Überkapazitäten gibt: Warum sollte ein Käufer Geld dafür aufwenden, um Kapazitäten stillzulegen, wenn er es mit etwas Geduld auch umsonst oder doch deutlich billiger haben kann? Plausibel und logisch erscheinen mir die Kaufgerüchte jedenfalls nicht. Vielleicht möchten da einige auf Zeit spielen, um abzulenken und um ihre eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Wundern würde mich auch das nicht.
Ich habe auch schon ein paar Konkurse als Investor erlebt, bei denen ich bis zuletzt gehofft habe. Hier sehe ich noch nicht einmal ein Signal, worauf ich hoffen könnte. Für einen Strohhalm 11 Euro auf den Tisch zu legen, das ist mir zu teuer.
Gestern habe ich einen Bericht gesehen, über die enormen Zukunftsaussichten von Carbon-Beton, insb. im Brückenbau (die meisten davon in Deutschland sind marode).
Nun weiß ich definitiv von SGL, dass man sich damit nicht befasst, wie blöde kann man sein, diese Chance nicht anpacken zu wollen!!!!
2."Das können die anderen Bereiche nicht einmal annähernd ausgleichen. Damit ist mit einer Herabsenkung des Grundkapitals zu rechnen".
Bei den PPs geht es übrigens nicht primär um den Verkaufserlös, sondern um die Vermeidung weiterer Verluste zu Lasten der Bilanz. Damit wäre schon viel gewonnen. Verkaufserlöse sind Einmaleffekte und als solche uninteressant. Die generierten Verluste dagegen sind nachhaltig.
Noch ein Hinweis:
"Für einen Strohhalm 11 Euro auf den Tisch zu legen, das ist mir zu teuer."
Musst Du ja auch nicht.
" Ergebnis aus nicht fortgeführten Aktivitäten nach Ertragsteuern, II. Quartal: -39,6 Mio € (I. Quartal: -9,8 Mio €); 1. Halbjahr: -49,4 Mio. €."
Meine Prognose eines Verlustes von 20-30 Mio. € basiert auf der Einschätzung, dass es vielleicht etwas besser läuft als im II. Quartal. Persönlich glaube ich das jedoch nicht.
Ad 2): Finanzbericht II/2016, S.24:
"Ergebnis aus fortgeführten Aktivitäten nach Ertragssteuern, II. Quartal: -6,8 Mio. € (I. Quartal: -16,2 Mio. €); 1. Halbjahr: -23,0 Mio. €"
Hier gehe ich davon aus, dass es vielleicht einen positiven Ergebnisbeitrag von 5-10 Mio. € im II. Quartal geben kann.
Per Saldo sehe ich einen Verlust von 20 Mio. € pro Quartal. Bis zum Ende des Jahres folglich 40 Mio.
Hinzu kommen noch notwendige Anpassungen beim Zinssatz für die Pensionsrückstellungen, die ebenfalls noch einmal mindestens 20-30 Mio. € kosten könnte. Damit sind gut 70 Mio. € an weiteren Verlusten erreicht, womit das gezeichnete Kapital dann zur Hälfte verloren wäre.
Diese Rechnung impliziert, dass aus dem Verkauf des Graphitelektrodengeschäfts keine weiteren Verluste resultieren. Ob es so kommt, wird die Zukunft zeigen.
Ein etwaiger Verlust aus dem Verkauf des Graphitelektrodengeschäfts ist -wie ich schon bemerkte- zweitrangig. Wichtig ist, dass der Verlustbringer aus den Büchern verschwindet, denn das ist, im Gegensatz zu einem Buchverlust beim Verkauf, nachhaltig.
Bei SGL geht jetzt alles darum, die Zukunft anzugehen. Vergangene Zahlen und Verluste sind uninteressant (genauso übrigens, wie vergangene Gewinne; selbst wenn diese fantastisch waren).
PS:
Wer übrigens glaubt, SGL sei dann interessant, wenn wieder goldene Zahlen geschrieben werden, irrt. Kaufen muss man, wenn es rattenfinster ist. Denn dunkler als dunkel geht ja nicht. Der Kurs-verlauf scheint dafür zu sprechen.
http://www.autoomobile.com/news/...arbon-fiber-for-aluminum/40035890/
das kann doch nicht stimmen, oder?
SGL ist eben keine Nordex!
Wäre der neue Werkstoff so herausragend gut, dann wäre er längst bei anderen Unternehmen im Einsatz, zumindest jedoch weiter verbreitet als es derzeit scheint.
Vielleicht geht es dem Material so, wie dem Conti-Reifensystem, der Magnetschwebebahn und anderen scheinbar revolutionären Erfindungen: wenn sich keine Interessenten in großer Zahl dafür finden lassen, dann verschwindet das Produkt wieder vom Markt. Mag es auch noch so gut und anderen Konkurrenzprodukten weit überlegen sein.
Letztlich zählt die weitreichende Durchdringung des Marktes. Und (fast) nichts anderes.
Carbon-Composite-Bauteile sind aus vielen Anwendungen längst nicht mehr wegzudenken. Nur sind das derzeit noch Spezialanwendungen: Rüstung (U-Boote/Flugzeuge/Drohnen/Rakten), Flugzeuge (Fahrwerke, Steuerungen), Fahrzeugbau (Fahrwerksteile) usw.
Karrosserien kann man problemlos und billig aus Alu bauen, sind aber ohnehin nicht die Hauptan-wendung von Composite-Werkstoffen. Dass Alu derzeit Carbon den Rang abläuft, verwundert nicht: der Alu-Preis notiert nur unwesentlich über seinen Tiefstkursen. Aber das bleibt nicht ewig so, da "kannste-sischa-sein".
Da kann hier noch so viel Optimismus verbreitet werden...........
Aber inzwischen scheint sich das Blatt gewendet zu haben und Carbon scheint als reiner Karrosseriebaustoff uninteressant geworden zu sein. Der Focus verschiebt sich immer mehr auf hochspezielle Compositbaustoffe für Teile, die ohne Carbon gar nicht herstellbar wären, oder, falls doch, nur um den Preis eines Mehrfachen an Gewicht. Mit solchen Spezialteilen lassen sich trotzdem goldene Nasen verdienen, weil sie eben so gut wie konkurrenzlos sind.