Quelle:news@orf.at
Der Kampf um die Bankkunden.... Wie sieht die Bankfiliale der Zukunft aus? Regelmäßige Berichte über Filialschließungen und Stellenkürzungen offenbaren das schwierige Umfeld, in dem heimische Banken derzeit arbeiten. Druck seitens der Direktbanken einerseits und die Verlegung vieler Transaktionen ins Internet andererseits machen den klassischen Bankschalter zunehmend obsolet. Ganz überflüssig werde dieser aber nie sein, ist man bei Bank Austria, Erste und Raiffeisenbank überzeugt, wie eine Recherche von ORF.at zeigt. Obwohl die Not so manche Bank kreativ macht, scheint um Einsparungen dennoch niemand herumzukommen. Bei der Bank Austria werden bis 2015 rund 100 Filialen geschlossen.
Verleugnen können die Banken nicht, dass es nicht so gut läuft, wie man sich das wünscht. Direktbanken mit besseren Konditionen und die Abwanderung ins Onlinebanking lassen die Filialen der klassischen Großbanken zusehends verwaisen. Stellenabbau und Filialschließungen stehen für viele Kredithäuser an der Tagesordnung. Die Bank Austria macht damit den Anfang.
„Wenn jemand davon ausgeht, dass die Zahl der Arbeitsplätze im Bankenbereich in Österreich auf dem aktuellen Niveau bleiben wird, dann liegt er nicht richtig“, brachte Bank-Austria-Chef Willibald Cernko die missliche Lage gegenüber dem „WirtschaftsBlatt“ kürzlich auf den Punkt. Abgänge werden nur zum Teil nachbesetzt - eine Devise, die in der heimischen Bankenlandschaft offenbar weit verbreitet ist, wie ein Rundruf von ORF.at zeigt.
BA: Reale und virtuelle Filiale gleichwertig
Entmutigen lassen will man sich davon nicht: Bei der Bank Austria geht man davon aus, dass reale und virtuelle Filialen in Zukunft „gleichberechtigt“ sein werden. Die Bank baue derzeit einen vollwertigen Beratungskanal über neue Medien auf, so Helmut Bernkopf, Bank-Austria-Vorstand für Privat- und Firmenkunden, gegenüber ORF.at. Der Kunde werde, wenn er es wolle, via E-Mail, Telefon, SMS, E-Banking-Plattform und - seit kurzem auch - Videotelefonie beraten. Dieses „SmartBanking“ wolle man zu einem „vollwertigen Beratungskanal, zu einer gleichwertigen Alternative zur klassischen Filiale“ ausbauen.
Filiale nur noch ein Weg, Kunden zu erreichen
Die Institute haben in den vergangenen Jahren viel Energie in den Ausbau „virtueller“ Bankstellen investiert - die Basisgeschäfte wie Überweisungen und Kontoabfragen werden immer häufiger nur noch via Onlinebanking oder spezielle Apps erledigt. Dass das Internet den Weg zur Bank irgendwann ganz überflüssig macht, ist aber unwahrscheinlich. Bei den befragten Banken ist man sich einig, dass das Match zwischen Bankfiliale und Internet keine Frage des „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“ ist.
Verdrängen werde das Internet den Bankberater „natürlich“ nicht, aber es verändere das Bankgeschäft, ist man sich bei der Raiffeisenbank sicher. „Die Bankstelle wird immer mehr zur Beratungsstelle“, sagt Walter Mösenbacher, einer der Geschäftsführer der auf die Internetaktivitäten der Raiffeisenbank spezialisierten Tochter e-force, gegenüber ORF.at.
Raiffeisen sieht sich als „Direktbank mit Gesicht“
Man sehe sich als so etwas wie eine „Direktbank mit Gesicht“, so Mösenbacher: Überweisungen, Wertpapierkäufe und Kontoabfragen via Internet, Beratungen zum Thema Finanzierung und Pensionsvorsorge in der Bankfiliale. Was sich in dem Fall jedoch geändert hat, ist, dass sich der Kunde vor dem Gespräch mit seinem Bankberater bereits im Internet über mögliche Produkte informiere und Angebote vergleiche. Erst dann folge der Weg in die Bankfiliale.
Doch auch die Nutzung am PC sei schon nicht mehr zeitgemäß: „Grundsätzlich haben sich die Basisbankgeschäfte in die Hosen- und Handtaschen der Kunden verlagert“, erklärt Erste-Bank-Vorstand Peter Bosek das geänderte Verhalten der Bankkunden. Demnach bewegen sich die Zuwachsraten bei der Netbanking-Nutzung via Smartphones und Tablets im zweistelligen Bereich. Der Schwerpunkt in den Filialen seien das Gespräch und der Kundenkontakt.
IT-Ausfälle werden zu teurem „Alptraum“
Die Zahl jener, die eine ausschließlich persönliche Beratung wünschen, wird jedenfalls kleiner. Laut Mösenbacher liegt sie bei mittlerweile 15 Prozent - die breite Masse kombiniere die Möglichkeiten, und etwa 20 Prozent wickelten ihre Bankgeschäfte ausschließlich im Internet ab. So praktisch das Onlinebanking sowohl für Kunden und Banken auch ist - die Technikabhängigkeit hat ihren Preis.
Eine Serie von Systemausfällen im Oktober und November letzten Jahres nach einer Softwareumstellung sowie im Februar dieses Jahres dürfte die Bank Austria teuer zu stehen gekommen sein. Der Ärger der Kunden war groß. Bankchef Cernko bezeichnete die Ausfälle als „Alptraum“ und bot allen 700.000 Onlinekunden eine Wiedergutmachung von 30 Euro. Auch bei der Ersten hatte man im Jänner mit IT-Problemen zu kämpfen.
Ausdünnen und „gesundschrumpfen“
Die Institute haben sich jedenfalls eine Schlankheitskur verpasst: Laut Bernkopf reduziert die Bank Austria ihre Mitarbeiterzahl in einem mehrjährigen Prozess bis 2015 um 800 Menschen. Bankchef Cernko konkretisierte am Donnerstagabend die Angaben: Man werde in den kommenden zwei, drei Jahren etwa ein Drittel der jetzigen Niederlassungen auflassen. Von den derzeit im Inland rund 350 Filialen werden bis 2015 mehr als 100 Niederlassungen geschlossen - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Ähnlich wird das bei der Erste Bank gesehen: Österreich habe eines der dichtesten Filialnetze in der gesamten Euro-Zone. Dadurch komme es im Laufe der Jahre zu Schließungen und Fusionen, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber ORF.at. An gut frequentierten Orten wolle man aber auch künftig neue Filialen öffnen. Im Personalbereich der Ersten würden schon seit 2008 natürliche Abgänge nur noch bedingt nachbesetzt.
Kreativität gefragt
Von Filialschließungen und Stellenabbau möchte man bei Raiffeisen nicht sprechen. Fakt ist jedoch, dass auch dort jährlich Fusionen zwischen eigenständigen Raiffeisenbanken stattfinden, wie Mösenbacher erklärt. In Kleindörfern habe man mittlerweile auch einen anderen Weg zum Kunden gefunden: Via Lkw besuche die „Raiffeisen auf Rädern“ ihre Kunden an beispielsweise zwei Tagen die Woche.
Aber auch der Schalter verändert sein Aussehen - so verfügen Banken mittlerweile auch über ausschließliche Selbstbedienungsbankstellen ohne Personal. Auch Kooperationen mit Partnerunternehmen werden eingegangen - die Erste Bank betreibt 180 Bankstellen bei den OMV-Tankstellen, wo Kunden Ein-, Auszahlungen und Überweisungen tätigen können.
Haben Kleine bessere Karten?
Es gibt aber auch den Trend in die andere Richtung - nicht mehr Selbstbedienungsbankstellen, sondern Ausbau der Beratungsleistungen. Bei der vergleichsweise kleinen Regionalbank Bank Burgenland, die neben dem Burgenland auch in Graz, Wien und Ungarn aktiv ist, zeigt man sich zufrieden mit dem Kundengeschäft. Zwar spüre man auch dort den Konditionendruck durch die Direktbanken, sagt Vorstandsmitglied Andrea Maller-Weiß. Als bewusst strategisch klein ausgerichtete Bank sei man den Kunden aber schon immer nähergestanden, und so sei der „typische Bank-Burgenland-Kunde“ auch kein Direktbankkunde. Einen Kundenabgang nehme man deshalb nicht wahr.
Außerdem tue man sich viel leichter bei Umstrukturierungen und könne besser auf Trends reagieren, so Sonja Stippich, Bank-Burgenland-Filialleiterin in Wien. Die Bank unterscheidet sich auch optisch von Großbanken: Statt einer Vielzahl an Kassenschaltern im Foyer findet der Kunde einen Empfangsbereich vor, in dem Kassageschäfte in minimalen Ausmaß abgewickelt werden. Hauptsächlich jedoch hält sich der Kunde in den Büros der Berater auf. Einen kleinen Seitenhieb auf die Großbanken kann sie sich nicht verkneifen: Erst habe man die Kunden aus den Filialen weghaben wollen, um Kosten zu sparen, und jetzt „muss man schauen, dass man sie wieder hereinbekommt“. |