Hat die Schweiz durch Schiebereien den Krieg


Seite 1 von 2
Neuester Beitrag: 14.04.05 09:33
Eröffnet am:19.12.04 15:21von: satyrAnzahl Beiträge:43
Neuester Beitrag:14.04.05 09:33von: AbsoluterNe.Leser gesamt:5.516
Forum:Talk Leser heute:2
Bewertet mit:
1


 
Seite: <
| 2 >  

42128 Postings, 9258 Tage satyrHat die Schweiz durch Schiebereien den Krieg

 
  
    #1
1
19.12.04 15:21

unnötig verlängert?

 

Schweizerische Aussenwirtschaftspolitik 1930–1948:
Strukturen – Verhandlungen – Funktionen

Martin Meier, Stefan Frech, Thomas Gees, Blaise Kropf

Zusammenfassung

Diese Studie untersucht die schweizerische Aussenwirtschaftspolitik in den dreissiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Die hohe wirtschaftliche Verflechtung der schweizerischen Volkswirtschaft mit dem «Dritten Reich» wirft unter anderen die Frage auf, ob die Schweiz nicht eine einseitige Aussenwirtschaftspolitik zugunsten der nationalsozialistischen Kriegspartei verfolgt habe. Auf nationaler Ebene wird deshalb die Rolle der Behörden, Wirtschaftsvertreter, Unterhändler, Diplomaten und Politiker untersucht. Ergänzend wird die Aussenperspektive analysiert, indem das Verhalten der wichtigsten ausländischen Regierungs- und Behördenvertreter in bezug auf die Schweiz in der Periode des Nationalsozialismus, vorab aber während der Kriegsjahre zwischen 1939 und 1945, in die Untersuchung einbezogen wird.

Die «kleine offene Volkswirtschaft» Schweiz war traditionell stark in die europäischen und weltweiten Märkte integriert. Der Mangel an Rohstoffen und der kleine Binnenmarkt förderten die Bereitschaft, Handel über die Landesgrenzen hinaus zu treiben und Kapital zu exportieren. Da die Schweiz mehr Waren importierte als exportierte, resultierte in der Regel ein Handelsbilanzdefizit. Dieses wurde in der Zahlungsbilanz mit Einnahmenüberschüssen aus dem Dienstleistungssektor (Versicherungen, Tourismus) und mit den Erträgen aus Kapitalanlagen im Ausland gedeckt. Die für die schweizerische Volkswirtschaft wichtige Aussenorientierung erlitt in den dreissiger Jahren wegen der weltweiten Wirtschaftskrise starke Rückschläge, welche durch eine auf Deutschland und Osteuropa lastenden Schuldenkrise noch verstärkt wurde. Kaum hatten sich die Waren- und Finanzmärkte nach 1936 wieder einigermassen erholt, verschärften sich die politischen Spannungen: Mussolinis Abessinienfeldzug und Hitlers Machtpolitik gegenüber Österreich und Tschechoslowakei bedrohten die Versailler Friedensordnung. Um den Krisenerscheinungen zu begegnen, setzte sich der Staat unterstützend für die Belange der schweizerischen Exportwirtschaft ein: Damit wurde der Staat in Absprache mit den Wirtschaftsverbänden zu einem wichtigen aussenhandelspolitischen Akteur, indem er in der Folge der Weltwirtschaftskrise und erst recht nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs die Handels- und Finanzströme aktiv zu beeinflussen suchte. Die Aussenhandelspolitik wurde somit während der Epoche des Nationalsozialismus zu einem Mittel der Aussen- und Sicherheitspolitik.

Dass es sich beim untersuchten Zeitraum zwischen 1930 und 1948 um eine – in wirtschaftlicher Hinsicht – ausserordentliche Periode handelt, macht eine quantitative Analyse der weltwirtschaftlichen Verflechtung der Schweiz sichtbar: im Sog der Weltwirtschaftskrise wurden die schweizerischen Exportmöglichkeiten in der ersten Hälfte der dreissiger Jahre stark eingeschränkt (Kapitel 2). Im Jahr 1930 sank der Anteil der Exporte am schweizerischen Nettosozialprodukt erstmals unter 20 Prozent; erst im Jahr 1949 lag er wieder über diesem Wert. (Ein ähnlicher Rückgang ist auch bei den Einfuhren zu verzeichnen, siehe Abbildung 2.) Somit handelt es sich um eine Periode anhaltend gestörter aussenwirtschaftlicher Verhältnisse. Lagen die Gründe für diese Verschlechterung in den dreissiger Jahren noch bei der rückläufigen Nachfrage, so waren es während der vierziger Jahre die kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa, welche weitreichende Auswirkungen auf die internationalen Wirtschaftsbeziehungen hatten. Die Achsenmächte und die Alliierten lieferten sich einen intensiven Wirtschaftskrieg, in den wiederum auch die neutralen Länder einbezogen wurden. Auf die wirtschaftliche Kriegführung der Alliierten (economic warfare) reagierte das nationalsozialistische Deutschland mit dem totalen Krieg – besonders nach dem gescheiterten Feldzug gegen die Sowjetunion. Der damit verbundene Handelskrieg hatte somit weitreichende Auswirkungen auch auf die Gesellschaften in jenen Staaten, welche sich aus dem Krieg herauszuhalten versuchten.

Innerhalb der exportierenden Industriebranchen gab es erhebliche Unterschiede. Insbesondere die Textilindustrie litt unter Krise und Krieg, während die Exportprodukte der Chemie-, der Maschinen-, Uhren- und Instrumentenindustrie im Krieg stark nachgefragt wurden (Abbildung 9). In den Jahren zwischen 1940 und 1943 herrschte in diesen Branchen eine eigentliche Hochkonjunktur. Die Gewährung von Bundeskrediten an Deutschland und Italien im Wert von rund 1,5 Milliarden Franken förderte, wie die UEK-Studie über den gebundenen Zahlungsverkehr (Clearing) detailliert aufzeigt, die Bereitschaft der Unternehmer, verlorengegangene Absatzmärkte in Grossbritannien, den USA und Frankreich mit Mehrausfuhren nach dem «Dritten Reich» und nach Italien zu kompensieren. Der gemeinsame Anteil Deutschlands und Italiens an der schweizerischen Einfuhr betrug vor dem Krieg gut 30%, bei der Ausfuhr gut 20%. In den Jahren 1941 und 1942 betrug die Einfuhr aus diesen Ländern gut 40%, die Ausfuhren gingen sogar zu über 50% in diese Länder (Abbildungen 14, 16, 23 und 24). Diese beiden Jahre waren der Höhepunkt der nationalsozialistischen Machtentfaltung, und in diesen Jahren häuften sich auch die deutschen und italienischen Schulden im Clearing mit der Schweiz an. Nach der Kriegswende bei Stalingrad und dem verstärkten alliierten Druck wurden die Behörden und Unternehmer ab 1943 vorsichtiger, und gemeinsam versuchten sie, die Lieferungen nach Deutschland abzubauen. Vorübergehend erlangten die europäischen Neutralen (Schweden, Spanien, Portugal und die Türkei) eine gewisse Bedeutung (ca. 20% der Ausfuhren zwischen 1940 und 1944), wobei auch hier die Aus- und Zufuhren auf Handelsrestriktionen der kriegführenden Parteien stiessen (alliierte Blockade und deutsche Gegenblockade, siehe Abbildungen 27, 28 und 31).

Die mit Aussenwirtschaftsfragen beauftragte Handelsabteilung versuchte bereits in der Folge der Wirtschaftskrise zusammen mit der Diplomatie und dem Schweizerischen Handels- und Industrieverein (Vorort), über zwischenstaatliche Verhandlungen optimale Zu- und Ausfuhrbedingungen zu erreichen (Kapitel 3.1). Dabei bildete sich eine in der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik gut eingespielte Zusammenarbeit zwischen staatlichen und privaten Akteuren, welche auf dem Verständigungsweg breit abgestützte Lösungen erarbeitete. Diese bestanden darin, dass die Behörden in die Aussenwirtschaft – vorwiegend aber in den Aussenhandel – intervenieren konnten, allerdings die konkrete Umsetzung dieser Politik weitgehend den privatrechtlich organisierten Verbänden überliessen. Der Verbandsstaat festigte sich demzufolge – auch über den Zweiten Weltkrieg hinaus –, indem ein «liberaler Korporatismus» dazu beitrug, die Grenzen zwischen privatem und staatlichem Sektor zu verwischen (Kapitel 3.3). Nach diesem Modell wurde auch die kriegswirtschaftliche Organisation zur Reallokation knapper Ressourcen in Kriegszeiten aufgebaut, indem zahlreiche Repräsentanten aus der Wirtschaft die neugeschaffenen, aber dem Volkswirtschaftsdepartement unterstellten Kriegswirtschaftsämter leiteten (Kapitel 3.2).

Nach Kriegsausbruch strebte das mit seiner Blitzkriegstrategie vorerst erfolgreiche Deutschland eine wirtschaftliche Neuordnung Europas an. Es gab eine Reihe von Konzepten, mit welchen sich Deutschland von der britischen Blockadepolitik wirtschaftspolitisch zu befreien versuchte. In der Schweiz wurden diese in der Regel skeptisch bis ablehnend beurteilt. Die Behörden und Wirtschaftsverbände versuchten vielmehr eine pragmatische Annäherung an die neuen Bedingungen zu erreichen (Kapitel 4.1). Die Vision eines einheitlichen «Europäischen Wirtschaftsraumes» unter der Führung NS-Deutschlands konkretisierte sich am ehesten in der Umsetzung des multilateralen Clearings, an dem auch die Schweiz partizipierte. Die Schweizer Behörden und Wirtschaftsverbände waren sich bewusst, dass dieses von Berlin kontrollierte Zahlungsverkehrssystem machtpolitisch motiviert war. Auch die Alliierten entwickelten wirtschaftliche Nachkriegskonzepte: sie propagierten eine Neuregelung der Weltwirtschaft auf der Basis des Meistbegünstigungsprinzips, des weltweiten Zollabbaus und der Dollarwährung. Dass die Finanzkonferenz der Alliierten vom Sommer 1944 in Bretton Woods ohne die Neutralen stattfand, bestätigte die Schweizer Behörden und Wirtschaftsvertreter in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einer von den USA dominierten neuen Weltwirtschafts- und Finanzordnung (Kapitel 4.2). Dennoch verfolgten die Behörden ab 1943 nur noch die Nachkriegskonzepte der Alliierten ernsthaft.

Während der Kriegsjahre versuchte man mit zwischenstaatlichen Verhandlungen nach allen Seiten, die wirtschaftliche Verflechtung aufrechtzuerhalten (Kapitel 5). Da die Alliierten nach Kriegsausbruch sofort dazu übergegangen waren, Deutschland mit einer Blockade zu belegen, reagierten die Schweizer Behörden mit einer staatlichen Überwachung der Aus- und Einfuhren. Kurz nachdem mit den Westmächten Frankreich und Grossbritannien im Frühjahr 1940 eine Blockaderegelung gefunden worden war, fiel Frankreich als Vertragspartner dieser Lösung weg (Kapitel 5.1). Die Schweiz war mit der Ausnahme eines winzigen Schlupflochs am Genfersee nun einseitig von den Achsenmächten umringt. Deutschland zog seinerseits ein System der Gegenblockade auf. Damit politisierten sich die Aussenwirtschaftskontakte für die schweizerischen Unternehmen vollends. Insbesondere die Kriegswirtschaftsministerien in Grossbritannien und den USA versuchten über eine Blacklisting-Politik auch schweizerische Unternehmen dazu zu bewegen, keine Waren an die Achsenmächte zu liefern. Die Wirtschaftsverbände und der Bundesrat lehnten solche Einmischungen allerdings ab, und im November 1943 verbot der Bundesrat ausdrücklich schweizerischen Unternehmen, solche Vereinbarungen – sogenannte Undertakings – zu unterzeichnen (Kapitel 5.4).

Die wichtigsten Verhandlungen führten die Schweizer Unterhändler nach der Niederlage Frankreichs mit den Vertretern der deutschen Ministerien. Die beiden Abkommen vom August 1940 (Kapitel 5.2) und Juli 1941 (Kapitel 5.3) waren die Bausteine eines geregelten Verhältnisses, das bis Ende 1942 andauern sollte. Der Bundesrat gewährte 1940 im schweizerisch-deutschen Clearingabkommen eine Kreditlimite von 150 Mio. Franken, welche er 1941 auf 850 Mio. erhöhte. (Auch diese erhöhte Limite wurde später von Deutschland überzogen.) Mit der Bereitschaft, Deutschland staatliche Mittel zur Verfügung zu stellen, zahlten die Schweizer ihren Beitrag an die deutsche Kriegsmaschinerie. Die deutschen Unterhändler sprachen von einem Solidaritätsbeitrag im europäischen Krieg gegen den Bolschewismus. Bestürmt von Wirtschaftskreisen und unterstützt von den Gewerkschaften, verfolgten die Direktoren des Vororts (Homberger) und der Handelsabteilung (Hotz) eine Strategie zur weitgehenden Integration ins nationalsozialistisch dominierte Kontinentaleuropa. Der Preis war für damalige Verhältnisse bereits sehr hoch, es sprachen allerdings neben aussenpolitischen auch wirtschaftspolitische Gründe dafür, die Exportindustrie staatlich zu unterstützen: die Auslastung der Unternehmen sollte die Schweizer Wirtschaft für eine wie auch immer geartete «Nachkriegszeit» wettbewerbsfähig halten. Dazu brauchte es auch ein funktionierendes Zusammenspiel zwischen den zivilen und militärischen Behörden. Die Teildemobilisierung von 450 000 auf 150 000 Mann zwischen Juli und Herbst 1940 und die gleichzeitigen Wirtschaftsverhandlungen, welche im Sommer zum ersten Clearingkredit an das «Deutsche Reich» führten, ebneten den Weg für die Réduit-Strategie. Die Soldaten konnten an ihre zivilen Arbeitsplätze zurückkehren (Kapitel 7.2.).

Neben dem finanziellen Preis für die wirtschaftliche Integration musste die Schweiz einen Imageverlust bei der andern Kriegspartei hinnehmen, der mit zunehmender Kriegsdauer immer grösser wurde. Nach dem Wegfall Frankreichs aus dem Westbündnis kämpfte Grossbritannien vorerst allein gegen Deutschland. Da allerdings die USA über die Lend-Lease-Verträge Grossbritannien wirtschaftlich unterstützten, konnten die Briten den Wegfall schweizerischer Lieferungen ohne Probleme hinnehmen. Nachdem die USA am 8. Dezember 1941 auf der Seite Grossbritanniens in den Krieg eingetreten waren und auch die wirtschaftliche Kriegführung gegen die schweizerischen Unternehmen übernommen hatten, verlangten die Alliierten ab 1943 von den Neutralen, den antinazistischen Kampf zu unterstützen. Die USA waren nicht mehr bereit, ein Land wie die Schweiz mit Nahrungsmitteln zu beliefern, welches weitgehend für die deutsche Kriegswirtschaft produzierte. Ab 1943 erhöhte sich somit der wirtschaftsdiplomatische Druck auf die Behörden, die Ausfuhren nach Deutschland zu reduzieren und keine neuen Clearingkredite mehr zu gewähren (Kapitel 5.4). Insbesondere der alliierte Druck half letztlich den Schweizer Unterhändlern, den deutschen Forderungen entgegenzutreten. Der Ende 1942 ausgelaufene Wirtschaftsvertrag mit Deutschland wurde vorerst nicht erneuert und später nur noch kurzfristig verlängert. Ab 1943 versuchten die Behörden – teilweise hatten auch die Unternehmen sich bereits auf Nachkriegslieferungen an die Alliierten reorientiert – zu einer ausgewogenen Politik zurückzufinden. Wenn es dabei den Unterhändlern gelang, trotz bisweilen harten rhetorischen Auseinandersetzungen weder mit der einen noch mit der andern Seite einen Bruch zu provozieren, so lag im Falle der Schweiz dieses Sowohl-als-Auch oft ausserhalb des schweizerischen Einflusses – ja ausserhalb des Wirtschaftlichen – begründet. Die ausgewerteten Dokumente zeigen, dass die Schweiz grundsätzlich in den Aussenministerien in Washington und London über einen beträchtlichen politischen Kredit verfügte, gerade auch deshalb, weil sie als neutraler Staat nützliche Leistungen zugunsten der Alliierten erfüllen konnte (Schutzmachttätigkeit, Betreuung von Kriegsgefangenen, Ort für Geheimdienstaktivitäten). Die alliierten Kriegswirtschaftsbehörden und später auch das US-Finanzministerium hingegen traten für ein unnachgiebiges Vorgehen gegenüber der Schweiz ein: die wirtschaftliche Kooperation mit Deutschland auf dem Gebiet des Warenhandels, der Elektrizitätsausfuhren, des Gütertransits und der Vermögensverschiebungen wirkten aus deren Perspektive kriegsverlängernd. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen den USA und der Schweiz wurde allerdings das Problem deutscher Vermögensverschiebungen ins neutrale Ausland zur Kardinalfrage anlässlich der «Currie-Verhandlungen» Anfang 1945: unter dem massiven Druck der Alliierten sperrte der Bundesrat am 16. Februar 1945 die deutschen Vermögen in der Schweiz (Kapitel 5.5). Chefunterhändler Walter Stucki liess gleichzeitig – ohne Rücksprache mit dem Bundesrat – ein erneutes Wirtschaftsabkommen mit einer deutschen Verhandlungsdelegation platzen. Beide Massnahmen ebneten den Weg für eine Verständigung – aber noch keine Normalisierung – im Verhältnis der Schweiz zu den «Machthabern von morgen». Eine antiamerikanische Einstellung in den schweizerischen Eliten von Wirtschaft, Politik und Diplomatie sowie Befürchtungen, dass die Alliierten bei der Umstellung von der Kriegs- auf die Friedensproduktion die schweizerische Konkurrenz zu verdrängen versuchen würden, waren die Hauptgründe, warum sich die Schweiz lange schwer tat, die neuen (Macht-)Verhältnisse zu akzeptieren.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass im Bereich der kriegswichtigen Güter – ein dehnbarer Begriff in Zeiten des Krieges – die deutschen Behörden der schweizerischen Industrie ein zunehmendes Interesse entgegenbrachten (Kapitel 6). Als die Blitzkriegerfolge mit dem gescheiterten Angriffskrieg gegen die Sowjetunion nachgelassen hatten, war Deutschland dringend auf Wareneinfuhren jeglicher Art angewiesen. Es waren vor allem die besetzten westeuropäischen Länder, welche quantitativ einen weit höheren Beitrag an das deutsche Wirtschaftspotential leisteten als die Schweiz. Das primäre Interesse an der Schweiz lag jedoch weniger im industriellen Bereich als im finanziellen. Denn im Sommer 1941 fiel der US-Dollar als international akzeptiertes Zahlungsmittel weg, weshalb sich die deutsche Aufmerksamkeit auf den Schweizer Franken konzentrierte. Vorwiegend über die «freie Devisenspitze» und über Transaktionen von Raubgold verschaffte sich das «Dritte Reich» Devisen, welche es auf Drittmärkten (Schweden, Spanien, Portugal, Rumänien) für dringend benötigte Rohstoffkäufe und Dienstleistungen aufwenden musste. In diesem Bereich war die Schweiz mit ihrem flexiblen Finanzplatz und ihrer international konvertiblen Währung besonders nützlich für die deutsche Kriegswirtschaft. Daneben stellte die Schweiz auf dem Warensektor kriegswichtige, aber kaum kriegsentscheidende Leistungen zur Verfügung: Grundstoffe wie Elektrizität oder Aluminium und Fertigprodukte wie Waffen, Maschinen, Werkzeuge oder Uhren. Diese Produkte wurden in Deutschland oder in den verbündeten und besetzten Ländern ebenfalls hergestellt, die deutsche Abhängigkeit war somit nur relativ gegeben. Im Bereich der Uhrenindustrie – insbesondere für die Zünderproduktion – und in der Werkzeugmaschinenindustrie konnten die schweizerischen Lieferungen die deutschen Rüstungsprogramme empfindlich beeinflussen, so dass hier von einer hohen deutschen Abhängigkeit auszugehen ist. Kriegsmaterial im engeren Sinn (Waffen und Munition) gelangte vorwiegend in den Jahren 1941 und 1942 aus der Schweiz nach Deutschland, danach konnte Deutschland den Bedarf selber decken.

Die schweizerische Aussenwirtschaftspolitik während des Zweiten Weltkriegs war innenpolitisch breit abgestützt. Wegen einer bereits in den dreissiger Jahren erfolgten Kompetenzverlagerung vom Parlament zur Regierung und zur Verwaltung fand kaum eine breite Debatte über den eingeschlagenen Kurs statt. Dennoch regte sich vereinzelt Kritik – insbesondere nach dem Abkommen mit Deutschland vom Sommer 1941. Auch fühlten sich die Parlamentarier bisweilen schlecht informiert oder kritisierten offen den einseitigen und deshalb neutralitätspolitisch fragwürdigen Kurs des Volkswirtschaftsdepartements und des Bundesrates (Kapitel 7.2). Gegen Ende des Krieges verstummte hingegen die ohnehin selten geäusserte Kritik an der Aussenwirtschaftspolitik vollends – vielmehr äusserte sich der Unmut der Linken an der ihrer Meinung nach verfehlten Aussen- und Aussenwirtschaftspolitik gegenüber der Sowjetunion (Kapitel 7.3). Grundsätzlich kann aber festgehalten werden, dass sich die grossen politischen Lager hinter den Bundesrat stellten und die intensiven Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland und Italien akzeptierten. Gegenüber dem behördlichen Hinweis auf die Vollbeschäftigung und auf die weitgehende Auslastung der zivilen Wirtschaft zugunsten einer bis Ende 1942 offenen Nachkriegsordnung fiel es zeitgenössischen Kritikern schwer, den Kurs ändern zu wollen, da die an beschäftigungspolitischen Kriterien gemessene Aussenwirtschaftspolitik ja weitgehend eine Erfolgsgeschichte war. Die wirtschaftliche Anpassung bewahrte die Politik gerade davor, weitere aussenpolitische Zugeständnisse zu machen. Wo das «Wirtschaftliche» aufhörte und das «Politische» einsetzte, wurde dennoch in der spärlichen zeitgenössischen Auseinandersetzung kontrovers beurteilt.

Abschliessend können wir festhalten, dass die Aussenwirtschaftsbeziehungen sich während des Zweiten Weltkriegs in einem stark politisierten Rahmen abspielten. Die schweizerische Konzeption setzte jedoch mit Erfolg alles daran, diese Aussenwirtschaftsbeziehungen so unpolitisch wie möglich darzustellen. Im wirtschaftlichen Bereich forderte der Bundesrat von den Kriegführenden ebenso die Respektierung der Neutralität wie im politischen und militärischen Bereich. Diese theoretische Konzeption war in der Praxis allerdings kaum durchsetzbar, gerade weil der Staat selber zum Financier der Exportindustrie wurde, welche einseitig auf Deutschland ausgerichtet war. Somit kann die Geschichte der schweizerischen Aussenwirtschaftsbeziehungen im Zweiten Weltkrieg nicht primär als Neutralitätsgeschichte verstanden werden, sondern als ein komplexes und in jeder Phase von spezifisch gelagerten Interessen und wechselnden Machtkonstellationen geprägtes «Geben und Nehmen» zweier Kriegsallianzen und deren Strategien gegenüber einem Land, welches für die einen wirtschaftlich, für die andern politisch nützlich, aus beider Perspektiven aber zu unbedeutend war angesichts der immensen militärischen, ideologischen und finanziellen Auseinandersetzung andernorts in der Welt.

 

5698 Postings, 8174 Tage bilanzJa sicher

 
  
    #2
19.12.04 15:26

 

Die Schweiz hat ja auch den National-Sozialismus erfunden, den Krieg begonnen und andere Länder okupiert und besetzt!

 

2621 Postings, 7475 Tage Nostra2Satyr

 
  
    #3
19.12.04 15:29
wieso nennst Du Dich nicht
SATAN,würde besser zu Dir passen.

      Gruss Nostra2

 

42128 Postings, 9258 Tage satyrBilanz was in dem Posting steht schreiben

 
  
    #4
19.12.04 15:30
Schweizer und nicht etwa ich oder die Deutschen.  

129861 Postings, 7680 Tage kiiwiiWieder mal nix los in Pfurzheim, oder?

 
  
    #5
19.12.04 15:44
MfG
kiiwii


 

34698 Postings, 8854 Tage DarkKnightDie Schweizer Garde des Papstes ist ja

 
  
    #6
19.12.04 15:45
bekanntlich die erste Elitetruppe der Welt, das nannte man zwischendurch mal Lanzelot, SS und neuerdings Marines.

Aber daß die Schweiz kriegsentscheidend war, ist mir neu. Außer daß die Schweitzer im Jahre 1941 in der Lage gewesen wären, von heute auf morgen Winterausrüstung für zwei Millionen Soldaten zu liefern.

Wenn in der Schweiz ein Stück Appenzeller gegen 50 Grad Minus als Winterausrüstung angesehen wird, dann war die Schweiz selbstredend kriegsentscheidend.

PS: schon mal recherchiert, warum die Schweiz nie besetzt wurde?

Googelt mal unter dem Begriff "Canaris" ...  

42128 Postings, 9258 Tage satyrDK Du kannst alles unter

 
  
    #7
19.12.04 16:21

Unabhängige Expertenkommission
Schweiz – Zweiter Weltkrieg (UEK)

http://www.uek.ch/

Nachlesen Die Organisation die Mitglieder die Ergebnisse auch warum die Schweiz

von den Deutschen nicht erobert wurde,

 

2621 Postings, 7475 Tage Nostra2Naja satyr

 
  
    #8
19.12.04 16:33
hab da grad mal reingeschaut,ist
schon was dran,aber der Bilanz kann nichts
dafür,Du wirst ja für die Nazi Verbrechen
auch nicht belangt.
P>      Gruss Nostra2

 

42128 Postings, 9258 Tage satyrKeiner will Bilanz für die Verflechtung von Nazi

 
  
    #9
1
19.12.04 16:43
Deutschland und der Schweiz verantwortlich machen.

Nur wer hier die saubere Schweiz präsentiert und sich damit brüstet wie
ein eitler Pfau sollte selbst mal nachschauen woher der Wohlstand kommt.

Nach dem Krieg hat die Schweiz genauso weitergemacht,du kannst selbst mal
googeln wieviel blutiges Geld von Diktaturen in der Schweiz gelandet ist.  

34698 Postings, 8854 Tage DarkKnightMal was kurzes zur Peinlichkeit der Schweiz

 
  
    #10
19.12.04 16:59
unlängst kam eine Sendung, als der selbsternannte Künstler aus der Band "Yello" Brian Ferry nach Zürich eingeladen hatte.

Dortselbst (in dieser Sendung) konnten wir die Weltläufigkeit der Schweiz erleben: Brian Ferry wurde genötigt, sich drei Stunden einen Monolog über die Käseproduktion anzuhören, dann wurde er in einen original Schweitzer anzug gesteckt, der wirklich zum Heulen aussah. At the end of the day wurde er in die Widder-Bar entführt, wo ein besoffener Architekt über die Tragfähigkeit von polymergeschäumten Stützschrauben philosophierte.

Jajaja ... das ist Zürich, das ist die Schweiz. New York, London, Paris ist ein Scheißdreck gegen Schweizer Käse, man konnte es im Gesicht von Brian Ferry ablesen: hier geht die Post ab. Und keiner kriegt es mit.


*ggg*


Mennos, das war so peinlich ......  

69033 Postings, 7693 Tage BarCodeIch belehre dich ungern, DK

 
  
    #11
19.12.04 17:13
aber hinsichtlich Bri(y)an Ferry muss ich eine Ausnahme machen: Der kann eigentlich nix mit Yello zu tun haben. Er war der Sänger von Roxy Music, eine der wenigen Bands, die in den 70ern richtig geile Musik gemacht haben...

Gruß BarCode  

129861 Postings, 7680 Tage kiiwiiJa, und wenn´s jetzt keine Schweiz (mehr) gäbe,

 
  
    #12
19.12.04 17:18
gäbe es dann auch keine Diktatoren mehr?
Oder wie muß man eigentlich das "Gemäre" hier verstehen?

MfG
kiiwii


 

5698 Postings, 8174 Tage bilanzHitler, der Westen und die Schweiz

 
  
    #13
19.12.04 17:24
 

 Artikel 11: Zeit-Fragen Nr. 12 vom 18. 3. 2002

 «Hitler, der Westen und die Schweiz»

Das Buch «Hitler, der Westen und die Schweiz, 1936-1945» enthält die selbständigen Arbeiten der Historiker Walther Hofer und Herbert R. Reginbogin. Beide sind ausgewiesene Kenner des 20. Jahrhunderts. Prof. Dr. Hofer hat mit Büchern wie «Der Nationalsozialismus. Dokumente 1933-1945» und mit «Die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges» Standardwerke geschaffen, die in keiner Bibliothek fehlen dürfen. Herbert R. Reginbogin war Dozent an der West Coast University in Los Angeles und ist heute in Forschung und Lehre für Institutionen beidseits des Atlantiks tätig. In einer Vorbemerkung weisen die beiden Autoren darauf hin, dass jeder in eigener Verantwortung seinen Beitrag verfasst habe, doch liegt ihren Darstellungen eine gemeinsame Überzeugung zugrunde, nämlich «dass das Verhalten der Schweiz in jener schlimmsten Epoche ihrer neueren Geschichte nur historisch gerecht beurteilt werden kann unter Berücksichtigung des damaligen historischen Umfeldes». Dabei üben die beiden Autoren gelegentlich harte Kritik am Verhalten jener Staaten bzw. ihrer Regierungen, die es versäumt haben, der Aggressionspolitik des NS-Regimes rechtzeitig Einhalt zu gebieten und damit das Schlimmste zu verhindern. Hofer und Reginbogin liefern mit ihren seriösen Beiträgen ein absolut notwendiges Korrektiv zu den unwissenschaftlichen, tendenziösen Arbeiten der Bergier-Kommission. Wird deshalb dieses wichtige Buch in den Medien so gut wie totgeschwiegen?

ro. Prof. Dr. Walther Hofer hält in seinem Buchteil «Die Schweiz zwischen deutscher Aggression und westlichem Appeasement, 1936-1939» klar fest, dass die Schweiz damals unverschuldet in eine missliche Lage geriet. Die politischen Ereignisse, auf deren Verlauf die Schweiz nicht den geringsten Einfluss nehmen konnte, bestimmten ausschliesslich die grossen Mächte. Nur so ist es möglich, das Verhalten der Schweiz während des Krieges in den richtigen Proportionen zu sehen und eine einigermassen gerechte historische Einschätzung abzugeben.

Hofer geht nicht der Frage nach, wie sich die Schweiz während des Krieges verhalten hat, «sondern wie das Land in eine Lage hineingeraten ist, in der es gezwungen war, eine Politik und Strategie des Überlebens zu betreiben, die in den vergangenen Jahren auf derart heftige Kritik gestossen ist». Wie konnte es überhaupt zur Katastrophe eines neuen grossen Krieges kommen? «Wir setzen dort ein, wo die Entwicklung durch das Verhalten aggressiver Mächte eine verhängnisvolle Richtung einzuschlagen beginnt. Wo aber gleichzeitig sichtbar wird, dass es den für die Erhaltung des Friedens eintretenden Staaten bzw. Regierungen an Mut, Entschlossenheit und Weitsicht fehlt, um dem sich anbahnenden Unheil rechtzeitig Einhalt zu gebieten. Dies ist ab Mitte der 1930er Jahre der Fall.»

Hofer begnügt sich nicht, bereits bekannte Tatbestände wiederzugeben, sondern stützt sich auf die internationale, vor allem neuere Literatur ab und bringt mit bislang nicht ausgewerteten Dokumenten auch neue Gesichtspunkte ein. So erweitert er die Debatte um eine äusserst wichtige historische Dimension, die bis anhin innerhalb und ausserhalb der Schweiz systematisch ausgeblendet wurde: «Die Frage nach allenfalls schuldhaftem Verhalten während des Krieges kann indessen nicht schlüssig beantwortet werden, ohne Schuld und Verantwortung für die Entstehung dieses Krieges festzustellen.» Die Schuld des Diktators Hitler und seiner Helfershelfer wird dadurch keineswegs geschmälert, doch wird deutlich, dass die westlichen Demokratien genug Gelegenheit gehabt hätten, sich dem Treiben Hitlers entschlossen entgegenzustellen.

Politik der Versäumnisse und faulen Kompromisse

In drei längeren Kapiteln beschreibt Hofer minutiös das Verhalten der westlichen Demokratien, die im Zuge der Rheinlandkrise 1936 (Kap. 1), während des österreichischen Untergangs 1938 (Kap. 2) und bei der Preisgabe der Tschechoslowakei (Kap. 3) eine unglaubliche Politik der Versäumnisse und faulen Kompromisse betrieben.

So hielten in Frankreich die verantwortlichen Politiker und Militärs während der Rheinlandkrise an einer unseligen Defensivdoktrin fest und schätzten die Lage völlig falsch ein. Frankreich selbst war eine zutiefst gespaltene Nation, von unversöhnlichen parteipolitischen Gegensätzen und sozialpolitischen Konflikten zerrissen. Diese geschwächte Position nutzte Hitler aus, um seine Ziele zu erreichen.

Genauso wie England und Frankreich den Untergang Österreichs ohne den geringsten Widerstand hinnahmen, gab man auch die Tschechoslowakei preis. Bei Neville Chamberlain, dem damaligen britischen Premierminister, kommt gelegentlich ein geradezu erschütternder Dilettantismus in praktisch allen Europa betreffenden Fragen zum Vorschein. So sagte Chamberlain zum Beispiel von der Krise um die Tschechoslowakei, es sei «a quarrel in a far-away country between people of whom we know nothing». (Dabei kommen einem heutige Aussagen von amerikanischen Regierungs- und Militärstellen, beispielsweise über Afghanistan, in den Sinn). Trotzdem wollte aber Chamberlain diesen «Streit in einem fernen Land», von dem er nichts wusste, zum Prüfstein seiner Politik machen und in seinem Sinne regeln.

Schweiz sah Katastrophe kommen

Hitler fiel es angesichts solch einer verfehlten Politik nicht schwer, den stets von ihm beabsichtigten Krieg zu entfesseln. Eingebettet in diese schwierige unmittelbare Vorkriegszeit zeigt Hofer auch das Verhalten des Kleinstaates Schweiz auf und kommt immer wieder zu einem sehr interessanten Schluss: «Dabei zeigt sich in beeindruckender Weise, wie in dem kleinen neutralen Staat die Entwicklung der internationalen Lage viel zutreffender beurteilt und die bösen Zeichen der herannahenden Katastrophe viel früher erkannt worden sind als in den grossen Demokratien des Westens.» Die zahlreichen ausgewerteten Quellen bestätigen die Vermutung, dass der Krieg hätte vermieden werden können, hätten die westlichen Staaten ebenso hellsichtig wie die Schweiz die Zeichen der Zeit erkannt. Man stelle sich vor: Der Krieg mit seinen Millionen von Opfern und Kriegsgeschädigten!

Die damals führenden Politiker Europas waren keine Persönlichkeiten, die «mit den historisch gewachsenen und durch die Geschichte auch belastenden Strukturen und Probleme des alten Kontinents» vertraut waren. Sie marschierten, nur die eigenen Interessen vor Augen oder mit ideologischen Scheuklappen, in einen neuen grossen Krieg. Und wie sieht es in unseren Tagen aus? Zeigen heute die führenden Politiker Europas angesichts neuer Kriegshetze Mut und Verstand?

USA und Grossbritannien haben den Zweiten Weltkrieg verlängert

ts. Herbert R. Reginbogin gab seiner Studie den Titel «Enemies and Friends. Eine Analyse der finanzwirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den kriegführenden und neutralen Ländern 1938-1945.» Wie der amerikanische Forscher in seiner Einleitung schreibt, ist es ihm ein Anliegen, «ein besseres Verständnis für die Proportionalität der Ereignisse und die Ursachen des Zweiten Weltkrieges zu vermitteln.» (S. 439) Dies in bewusstem Gegensatz zur Darstellung im Eizenstat-Bericht vom Mai 1997.

Man erinnert sich: Der damalige Undersecretary of State in der Clinton-Administration, Stuart Eizenstat, hatte in seinem berüchtigten Bericht die Schweiz beschuldigt, zur Verlängerung des Zweiten Weltkrieges beigetragen zu haben. Dass dessen Anschuldigungen an die Adresse der Schweiz jenseits jeder Proportion und absolut unverhältnismässig waren, wird dem Leser nach der Lektüre der fundierten Recherchen Reginbogins nur allzu klar. Der Historiker selber: «Mit Sicherheit kann gesagt werden, dass dieser Vorwurf [der Kriegsverlängerung, ts.] auf die USA und Grossbritannien zutrifft.» (S. 439) Und effektiv ist es erschütternd, was der Leser über die wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen zwischen den kriegführenden und neutralen Staaten Grossbritannien, Deutschland, den USA, Schweden und der Schweiz in den Jahren 1938 bis 1945 erfährt.

Business as usual - auch mit den Nazis

In seinem Fazit schreibt Reginbogin: «Das wirtschaftliche und finanzielle Beziehungsgeflecht britischer, amerikanischer und deutscher Schlüsselindustrien und Banken vor und während des Zweiten Weltkrieges hatte als oberstes Gebot «Business As Usual». Dieses Gebot wurde unbeirrt und unter Missachtung der politischen Entwicklungen verfolgt mit dem einzigen Ziel der Erhaltung oder gar des weiteren Ausbaues von wirtschaftlichem Einfluss vor und während des Krieges wie auch im Hinblick auf die Nachkriegszeit.» (S. 623)

Zur bereits zitierten unhaltbaren Position des Eizenstat-Berichts heisst es: «Wenn heute amerikanische Politiker, Journalisten, oder sogenannte ÐHistorikerð europäische neutrale Länder bezichtigen, durch ihre Profitgier während des Zweiten Weltkrieges zu einer Kriegsverlängerung beigetragen zu haben, so muss es erlaubt sein, die Handlungen amerikanischer Wirtschaftsführer sowie ihrer Banken und Schlüsselindustrien dagegenzuhalten. Das Ausmass von Geschäften zwischen amerikanischen Industriellen und Finanziers mit Hitler-Deutschland hat dazu beigetragen, das Rüstungspotential Deutschlands zu erhöhen und strategische Vorteile sowohl vor als auch noch während des Krieges zu erringen.» (S. 623)

Die finstere Rolle der Rockefellers, DuPonts und Fords

Beispiele gefällig? Reginbogin listet sie zur Genüge auf:

«l. Die von General Motors und Standard Oil of New Jersey gemeinsam geleistete technische Unterstützung durch Know-how-Transfer für die Herstellung von synthetischem Benzin und Lieferung von speziell verarbeitetem Benzin (lead tetraethyl) für die deutsche Luftwaffe.

2. Investitionen und Kapitalerhöhungen für die Ford-Fabriken und GM-Werke in Deutschland bis zum Ausbruch des pazifischen Krieges Ende 1941, die in grossem Ausmass zur Motorisierung und Panzerung der Wehrmacht beigetragen haben.

3. ITT leistete Hilfe bei der Modernisierung amtlicher Fernmeldesysteme von Gestapo, Heer, Luftwaffe und Marine in Hitler Deutschland.» (S. 623f)

Diese Beispiele würden «nur einen kleinen Ausschnitt des Umfangs von Investitionen der Rockefellers, DuPonts und Fords» belegen, so Reginbogin. (S. 623f)

Insbesondere findet auch die Chase National Bank Erwähnung: «Die von der Familie Rockefeller beherrschte Bank leistete zusammen mit der Henry Schroder Bank Mithilfe bei der deutschen Aufrüstung und bei der Finanzierung deutscher Nachrichtendienste in Nord- und Südamerika. Die Chase Bank in Paris tätigte während des ganzen Krieges Geschäfte mit der deutschen Besatzungsmacht und der Gestapo. Die amerikanischen Direktoren der Bank wurden nach Kriegsende gerichtlich verfolgt, es kam aber nie zu einer Verurteilung.» (S. 607)

Wohl aber zu Verurteilungen der Schweizer Banken und zur pauschalen Verunglimpfung des ganzen Schweizer Volkes. Man wartet also gespannt auf die Wiederaufnahme der Prozesse gegen diese US-Bankers und die oben genannten Konzerne …

Seine diesbezüglichen Recherchen stellte Reginbogin in den «National Archives» in Washington und im «Sonderarchiv» in Moskau an.

General Motors lieferte Hitler den Treibstoff ...

In den drei Kapiteln des Buchteils von Reginbogin wird der Leser zudem mit dem Begriff des «Economic Appeasement» und der zweifelhaften Rolle der BIZ, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, bekanntgemacht, nimmt staunend die Existenz deutsch-britischer Kartelle zur Kenntnis und vollzieht die widersprüchliche Politik der USA mit ihren globalen Verflechtungen nach und erfährt, dass Amerikas Neutralität die Expansion der aggressiven Staaten begünstigte und dass Albert Speer 1977 äusserte, dass Hitler ohne die von General Motors erhaltene Treibstoff-Technologie niemals einen Angriff auf Polen hätte durchführen können. Und der «Führer-Stellvertreter» weiter: «Für die Kriegsmaschine der Nazis war General Motors weitaus wichtiger als die Schweiz». (S. 589)

Gesellschaft mit eigener Moral

Abschliessend betont Reginbogin, es sei nun mal leider eine Tatsache, dass gewisse amerikanische Firmen und Banken für beide Seiten gearbeitet und ausschliesslich einen Kurs zur Sicherung der eigenen Interessen verfolgt hätten. «Man bewegte sich in einer Gesellschaft mit einer eigenen Moral, einer Ðclass of its ownð. In den Nürnberger Prozessen wurden nur die deutschen Nazi-Industriellen des Verbrechens gegen die Humanität angeklagt. Die Kollaborateure in den Familien Ford, DuPont und Rockefeller und verschiedene andere wurden nicht zur Rechenschaft gezogen.» (S. 624)

Sicher warten wir alle gespannt darauf, dass in nächster Zeit auch dieses dunkle Kapitel aufgearbeitet und öffentlich über diese «class of its own» diskutiert wird. Ob die wohl heute immer noch existiert? Und an welch dunklen Machenschaften sie dann wohl auch heute beteiligt wäre? Eher im Ölgeschäft? Oder in der Schürung von globalen Kriegen? Oder der Übernahme der Uno für ihre Zwecke? Oder ...?

Insbesondere mag auch erstaunen, auf wie wenig Widerhall Reginbogins Studie gerade bei Schweizer Linken gestossen ist. Ob das wohl am derzeitigen schmutzigen Deal der Hochfinanz mit der Trotzkistischen Internationale liegt? An schlichter Leseunfähigkeit wohl kaum!

 

Artikel 11: Zeit-Fragen Nr.12 vom 18.3.2002, letzte Änderung am 18.3. 2002

Zum Artikel-Anfang: auf den roten Balken klicken!
© Zeit-Fragen 2001, Redaktion und Verlag, Postfach, CH-8044 Zürich, Tel. +41-1-350 65 50, Fax +41-1-350 65 51 http://www.zeit-fragen.ch

 

34698 Postings, 8854 Tage DarkKnight@BarCode: Du wirst es nicht glauben:

 
  
    #14
19.12.04 17:36
neben der Mao-Bibel kenne ich sogar Roxy Music.

Der Maier von Yello wollte einfach Geschäfte machen mit Brian und hat dabei gleich nen Dokumentarfilm daraus gemacht.

Peinlich, peinlich ....  

5698 Postings, 8174 Tage bilanzHat die Schweiz den Krieg verlängert

 
  
    #15
19.12.04 17:45



Hat die Schweiz den Krieg verlängert ?

"Der an die Schweiz gerichtete Vorwurf, sie habe zur Verlängerung des Kriegs und der daraus erwachsenden Leiden beigetragen, war hoch emotional. Er wurde bereits während des Kriegs erhoben ... Die These, wonach die von der Schweiz erbrachten Dienstleistungen, Exporte und Kredite den Kriegsverlauf auf bedeutsame Weise beeinflussten, konnte nicht erhärtet werden. Dies hängt weniger mit einer generellen «Unwichtigkeit» der schweizerischen Exportlieferungen und Finanzplatzdienstleistungen als mit der gigantischen wirtschaftlichen Dimension dieses Kriegs sowie mit den vielfältigen Faktoren, welche die Kriegswirtschaft und den Frontverlauf bestimmten, zusammen. Strategische Bombardierung, Kampftaktik der militärischen Protagonisten, Kommunikationssysteme und Informationskrieg sind wichtige Faktoren, auf welche die Schweiz nicht oder zumindest nicht direkt und relevant einwirken konnte. Weder Waffenlieferungen noch die Finanzierung strategischer Rohstoffe hatten damit einen nachweisbaren Effekt auf die Dauer des Kriegs. Die Kommission fand keine Hinweise, die in diese Richtung wiesen. In einzelnen Bereichen wurden die bisher vermuteten Effekte der Unterstützung an Deutschland widerlegt. So waren schweizerische Kugellagerproduzenten zwar eifrige Lieferanten, doch konnten sie die durch den alliierten Bombenkrieg verursachten Ausfälle in keiner Weise kompensieren. Auch kann man angesichts der noch bestehenden deutschen Reserven in der Wirtschaft sowie in Anbetracht der deutschen Entschlossenheit, bis zum bitteren Ende zu kämpfen, nicht den Schluss ziehen, dass der Krieg ohne die Schweiz ein früheres Ende genommen hätte. " Ein deutsches Memorandum hielt im Juni 1943 fest, "die Kriegsmateriallieferungen aus der Schweiz betrügen nur gerade fünf Promille der deutschen Produktion." (UEK, Schlussbericht, a.a.O., S. 543f. Der Text stammt wörtlich von der UEK, ich habe mir aber erlaubt, die wichtigen Sätze daraus durch Fettdruck hevorzuheben)

Prof. Jean-François Bergier über Stuart Eizenstat, den unverbesserlichsten Verfechter der Kriegsverlängerungsthese:
"Offenbar hat er trotz allem überhaupt nichts begriffen. In einem Interview wiederholt er sogar den Vorwurf der Kriegsverlängerung aus seinem ersten Bericht aus dem Jahre 1997. Eizenstat sagt heute: Das stimme zwar faktisch immer noch, sei aber undiplomatisch gewesen. Unsere Kommission hat bekanntlich nichts gefunden, was seine These stützt. ... Offenbar ist unsere Arbeit für ihn gar nicht relevant. Vielleicht ging sie in eine andere Richtung als er sich erhofft hatte." ... Diese Entgleisung "gehört in die Kategorie ähnlicher Pamphlete, vor allem aus dem Jahre 1997. Ich denke an den umstrittenen BBC-Fernsehfilm «Nazigold - Bankgeschäfte mit Mord», in dem praktisch nichts stimmte." (
Blick, 16. 12. 2002, S. 3)



Anprangern oder Nachdenken

Die Fragen nach der Rolle der Schweiz waren sicher berechtigt und auch nötig. Hingegen ging bei der Art und Weise, wie in der öffentlichen Diskussion die Versäumnisse und Fehler der Schweizer Behörden und Wirtschaft isoliert in den Vordergrund gerückt wurden, der Blick auf das internationale politsche Umfeld weit gehend verloren. Ebenso wenig wurde klar unterschieden zwischen den einzelnen Verantwortlichen und der grossen Masse des Volkes. Deshalb fühlten sich viele Schweizer, die den Krieg aus einer ganz anderen Sicht erlebt hatten, nicht ernst genommen und zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Mitte Dezember 2002 stellte Prof. Bergier die Sache in einem Interview mit der Boulevardzeitung "Blick" dann doch noch klar:
Frage: "Ihre Kommission ging teilweise hart ins Gericht mit dieser Generation.
Bergier: «Das sehen Sie falsch. Wir haben nicht die Schweizer Bevölkerung in dieser schwierigen Zeit kritisiert. Sie war erstaunlich resistent gegen den Nazi-Bazillus. Wir haben die Behörden kritisiert: Sie haben Fehler gemacht. Beispielsweise hat die Nationalbank Fehler bei den Goldgeschäften mit Hitler-Deutschland gemacht. Aber deswegen waren die Verantwortlichen der Nationalbank noch lange keine Nazis.»" (
Blick, 16. 12. 2002, S. 3)

Das geschmacklose Titelbild des Buches "Imperfect Justice" des amerikanischen Ex-Unterstaatssekretärs Stuart Eizenstat (ein Hakenkreuz = Nazi-Symbol aus Goldbarren ist über die Schweizer Fahne gelegt) setzte einer breiten Öffentlichkeit Mitte Dezember 2002 medienwirksam wieder die ebenso plumpe wie falsche Aussage "Schweizer = Nazis" vor und löste damit einen Sturm der Entrüstung aus. Prof. Bergier sah sich zu klaren Worten genötigt: "Das Hakenkreuz ist das Symbol für die Schreckensherrschaft der Nazis, für den Holocaust, den totalen Krieg und die gnadenlose Unterdrückung Andersdenkender. Eizenstat bringt es in Verbindung mit dem Schweizerkreuz. Dieser Link suggeriert, dass die Schweiz im Zweiten Weltkrieg die Komplizin der Nazis war. Das ist nicht nur vollkommen falsch, sondern schlicht und einfach eine Ungeheuerlichkeit." (Bergier im Blick, 16. 12. 2002, S. 3) und: "Die Fahne ist ein Symbol für das Volk. Und das Volk hat mit den Geschäften der Nationalbank nichts zu tun." (Bergier im Tages-Anzeiger, 16. 12. 2002)

Da half es auch nichts mehr, wenn Prof. Georg Kreis, ebenfalls Mitglied der Bergier-Kommission, in der gleichen Ausgabe meinte: "Statt sich über den Deckel eines Buches zu ärgern, das noch niemand gelesen hat, sollte man darüber nachdenken, dass unsere Nationalbank (...) bedenkenlos Nazi-Gold gewaschen hat." Ein grosser Teil des Schweizer Volkes hatte bereits reagiert und sich - wenn auch nicht so offen emotional und nicht so geschlossen wie die USA nach dem berühmten 11. 9. 2001 - hinter seine Fahne geschart. Das zeigte eine online-Umfrage auf www.20min.ch: Die Frage "Darf das Buch so erscheinen?" wurde von der Online-Community mit 77 % Nein beantwortet (Stand 17. 12. 2002 / 11.00 Uhr)

Durch die Mediengeilheit und Provokationslust einzelner Personen, denen es mehr um die eigene Profilierung als um die Wahrheit geht, wurde das berechtigte Anliegen nach Aufarbeitung der Geschichte in der breiten Bevölkerung in den Hintergrund gedrängt. Das Ganze verkam zu einem oberflächlichen Showdown zwischen "Anklägern" und "Verteidigern" der Schweiz, die Positionen verhärteten sich, selbst innerhalb der Bergier-Kommission taten sich Gräben auf - und auf der Strecke blieb der unvoreingenommene, nüchterne Blick auf die geschichtliche Wirklichkeit, die nicht einem einfachen "gut - böse" - Schema entspricht. (Ich mag die Dutzenden von Internet-Seiten, die in gehässigem Ton über die Bergier-Kommission herfallen und die Rolle der Schweiz beschönigen, hier nicht einmal als Belege für diese Aussage verlinken.)

Das Problem ist allerdings nur zum Teil der Bergier-Kommission selbst anzulasten, denn deren Schlussbericht ist ausserordentlich differenziert. Hingegen fehlt eindeutig eine mit vernünftigem Aufwand lesbare Kurzform des Berichtes. Auf immerhin 551 Seiten hätte die Kommission auch Platz für eine klare Schilderung des geschichtlichen Rahmens finden sollen, in den die im Detail untersuchten Vorkommnisse einzuordnen sind.



Schlusswort

Die internationale Staatengemeinschaft als Ganzes und ihre Repräsentanten haben vor und während dem Zweiten Weltkrieg nicht völlig, aber in wichtigen Punkten versagt. Die Schweiz bildete dabei keine Ausnahme. Dies kann als geschichtlich gesicherte Aussage gelten. Im Rückblick darf man allerdings nicht übersehen, dass das Empfinden für Recht und Unrecht erst durch die Gräuel des Zweiten Weltkriegs entscheidend geschärft wurde.

 


 

9279 Postings, 7624 Tage Happydepotich falle vom glauben ab wenn ich das lese... o. T.

 
  
    #16
19.12.04 17:52

5698 Postings, 8174 Tage bilanzHandel mit dem Feind

 
  
    #17
2
19.12.04 17:59
.............

Dokumentation «Schweiz – 2. Weltkrieg»

Unveröffentlichte Texte
. Color

HANDEL MIT DEM FEIND
von Shraga Elam

 

Mit der Londoner Goldkonferenz zeichnet sich eine interessante Entwicklung ab. Endlich merkt eine breitere Öffentlichkeit, dass die westlichen Alliierten - vor allem die Amerikaner - über den Umfang und die Details der Gold-Transaktionen, welche über die Schweiz mit Nazi-Deutschland liefen, sehr gut informiert waren.
Diese Situation, die übrigens nicht nur den Goldhandel, sondern auch andere, nicht weniger umfangreiche Deutschlandgeschäfte betraf, wirft zwangsläufig mindestens zwei grosse Fragen auf:

  • Wie kamen die Amerikaner zu dieser Information?
  • Warum wurde diese Information während des Krieges und hauptsächlich danach nicht verwendet, um diese Geschäfte zu unterbinden bzw. die entsprechenden Reparationen zu verlangen?

Eine interessante Erklärung, die beide Fragen beantworten kann, ist der Aussage [vor der Kommission des Senators Harley M. Kilgore 1945] Russel Nixons, des Vertreters der USA in der Alliierten-Kommission zur Untersuchung der Frage der deutschen Vermögenswerte im Ausland, zu entnehmen:
«Ausserdem erhebe ich gegen gewisse Elemente in den Aussenministerien der Vereinigten Staaten, Englands und Frankreichs die Anschuldigung, dass sie eine Beteiligung aller vier Mächte an den Nachforschungen nach deutschen Vermögenswerten in neutralen Ländern bewusst zu verhindern suchen, weil sich dabei der faschistische oder reaktionäre Charakter der Regierungen in Ländern wie Spanien, Portugal, der Schweiz, Schweden und Argentinien herausstellen würde, und alle Einzelheiten der Zusammenarbeit bestimmter Interessengruppen in den alliierten Ländern mit diesen Regierungen [fett von mir -se] zutage kämen. Eine Aktion, an der wirklich alle vier Mächte beteiligt wären, würde die Kompromisspläne hinsichtlich der deutschen Vermögenswerte im Ausland zunichte machen, die der Wahrung gewisser Geschäftsinteressen dienen [fett von mir -se] und die Entwicklung allzu radikaler Systeme verhindern sollen.»

In dieser Aussage wird eigentlich auf Geschäftsverbindungen - die aufrecht erhalten werden sollten - zwischen US-amerikanischen und deutschen Grossunternehmungen, welche über die 'neutralen' Länder liefen, hingewiesen. Diese Kontakte sollten also zusammen mit antikommunistischen Argumenten hinter der Politik des State Departements stehen.

Um welche konreten Verbindungen handelt es sich hier?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zurück zur Pariser Friedenskonferenz nach dem Ersten Weltkrieg gehen. Mit dabei war damals ein unbedeutender Rechtsberater für die amerikanische Delegation in Sachen Reparationen namens John Foster Dulles. Aus diesen Verhandlungen ging er auf der amerikanischen Seite als wichtigster Unterhändler hervor, und wurde deshalb Drehscheibe der meisten nachfolgenden Geschäfte. Das Hauptanliegen Dulles' und der amerikanischen Delegation war die Wiederherstellung des normalen Welthandels. Dazu war der Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft bitter nötig. Angesichts der grossen Reparationsforderungen von Frankreich und Grossbritannien war Dulles entscheidend bei der Entwicklung eines genialen Kompromisses: Deutschland sollte zwar über die nächsten 30 Jahre 25-30 Milliarden Dollar bezahlen, aber das Geld sollte von amerikanischen Banken kommen. Mit den so erhaltenen Reparationen sollten die Briten und Franzosen ihrerseits ihre Kriegsschulden in den USA begleichen. Es wurde also ein Schuldenkarussell kreiert, welches den Namen Dawes-Plan erhielt. Auf diesem Hintergrund wurde Deutschland zu einem sehr attraktiven Investitionsstandort für die aufkommende US-Grossindustrie. Der Umfang des US-deutschen Kapitalflusses wurde bis heute noch nicht vollständig eruiert, aber nur schon ein Teil dieser Investitionen, die in der zweiten Hälfte der Zwanziger Jahre getätigt wurde, belief sich auf die - für damalige Zeiten - phantastische Summe von ca. 1,5 Milliarden Dollar (ohne Dawes-Plan-Kredite).

Im Konkreten hiess es, dass sich US-Firmen auf einen Einkaufsbummel zum lukrativen deutschen Markt begaben. So kaufte ITT Ende der Zwanziger, Anfang Dreissiger Jahre ein halbes Dutzend deutscher Hersteller von Telekommunikationsausrüstungen. 1929 übernahm General Motors Adam Opel, während Ford eine gigantische Fabrik in Köln aufbaute. Es gab auch einige Joint Ventures, wie etwa jene zwischen IG Farben und Standard Oil of New Jersey, oder General Electric, welche substantielle Beteiligungen an AEG und Siemens erwarb und danach gemeinsame Unternehmungen gründete.

Von diesem Boom profitierten auch eine Reihe von Banken, Anwaltsbüros und Handelsgesellschaften. Drehangel der Transaktionen - sozusagen der Einkaufstouristenführer - war John Foster Dulles, der 1926 seinen jüngeren Bruder Allen aus dem State Department ins Anwaltsbüro Sullivan & Cromwell holte, um die Flut der Aufträge zu bewältigen.

Der Umfang der Geschäfte war enorm und die Dulles-Brüder und ihr Büro - die beiden waren inzwischen Teilinhaber - kassierten zwei bis drei Prozent des Transaktionenswerts. Leider wurden die Unterlagen über diese Aktivitäten entweder vernichtet oder gesperrt. Immerhin konnte jedoch John Fosters Biograph, Ronald Pruessen, anhand dessen Agenda die Liste seiner Privatklienten rekonstruieren.

Die Machtergreifung Hitlers schwächte diese US-deutschen Geschäftsbeziehungen gar nicht. Laut den amerikanischen Buchautoren, Daniel Yergin und Christopher Simpson (siehe Literaturliste) prägten die Befürworter dieses Handels die amerikanische Politik, vor allem durch ihren markanten Einfluss auf das State Department. Yergin nennt diese Lobby Riga-Gruppe, die eine klare anti-sowjetische Haltung propagierte und in Hitler ein Bollwerk gegen den fortschreitenden Bolschewismus in Europa sehen wollte. Der prominenteste Sprecher dieser Gruppe war niemand anders als unser 'Einkaufsreiseleiter' Dulles.

Für den ehemaligen New-York-Times-Korrespondenten Charles Higham besteht auch die Möglichkeit, dass man die guten Beziehungen, die diese Gruppe zu Nazi-Deutschland pflegte, und ihre Begeisterung für Hitler auch als Versuch, ihre Investitionen in Deutschland zu verteidigen, verstehen kann. Die Verflechtungen zwischen den deutschen und amerikanischen Wirtschaftseliten werden nicht nur aus der politischen Perspektive von pro oder kontra Nationalsozialismus, sondern primär als Handelstätigkeiten betrachtet. Higham bevorzugt eine verschwörerische Bezeichnung für die Gruppe, nämlich "Die Fraternität". Auch Simpson weiss zu schreiben, dass diese US-deutschen 'Referenz- oder Linkage-Gruppen", wie sie von den Soziologen genannt werden, im Endeffekt den Nationalsozialismus als vorübergehendes Phänomen betrachteten. Zentral waren ihre Interessen auf den Weltmarkt gerichtet, und sich selber sahen sie als Vorboten einer neuen Generation, der sogenannten Manager-Revolution.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs spielte diese "Fraternität" ein seltsames Doppelspiel. Allen Dulles trat als lautester Sprecher dieser Gruppe für eine militärische Aktion gegen Deutschland und die Unterstützung der Kriegsbemühungen der Briten auf. Auf der anderen Seite wurde nach wie vor ein reger Handel mit den Nazis betrieben. Diese Geschäfte beinhalteten auch Lieferungen von wichtigen Kriegsmaterialen wie Öl, Lastwagen, Kommunikationskomponenten usw. Diese Haltung änderte sich auch nicht nach Pearl Harbor, also nach dem amerikanischen Kriegseintritt.

Standard Oil z.B. lieferte über ihre Londoner Niederlassung 500 Tonnen des wichtigen Flugzeugbenzinzusatzes Tetraäthyl an die Deutschen. Dies geschah bereits nach der Besetzung der Tschechoslowakei und während der Vorbereitung des Blitzkrieges gegen Polen. Ein Jahr später wurde eine zweite Lieferung, diesmal im Wert von 15 Millionen Dollar, über den gleichen Weg gesandt. Higham schreibt, dass Hitlers Luftwaffe dadurch in der Lage war, London zu bombardieren.

Mitte 1941 zahlte Reichsmarschal Hermann Göring Standard Oil 11 Millionen Dollar für die Nutzungsrechte (Leasing) an den Ölfeldern in Rumänien. Im Juli 1941 wollte Standard Oil ihre ungarische Niederlassung an die IG Farben verkaufen, und nur die Intervention des amerikanischen Finanzministeriums konnte diese Transaktion verhindern.

Im selben Monat wurde Nelson Rockefeller, der Hauptaktionär von Standard Oil, Mitglied eines Komitees, welches eine 'schwarze Liste' (Proclaimed List) verbotener Handelspartner zusammenstellen sollte. Gleichzeitig wusste der amerikanische Militärnachrichtendienst zu berichten, dass Rockefellers Gesellschaft von Aruba (holländisches Westindien) aus Öl über Spanien nach Deutschland verschiffte. Diese Lieferungen wurden durch die amerikanischen Aussen- und Finanzministerien abgesegnet und zwar auch nach Kriegseintritt der USA.

Ein Störenfried aber, der US-Innenminister Harold Ickes, wollte diese Kriegshilfe durch das am 13.12.1941 verabschiedete 'Trading with the Enemy Act' (Handel-mit-dem-Feind-Verbot) unterbinden, wurde jedoch von Standard Oil, dem State Departement und sogar von Präsident Roosevelt regelrecht fertiggemacht.

In Herbst wurde immer klarer, dass Deutschland in eine gravierende Ölknappheit geriet. Die Standard Oil-Vertreter in Bern wandten sich an die amerikanische Botschaft und verlangten eine Bewilligung zur Fortsetzung der Öllieferungen an die Nazis aus den gepachteten rumänischen Feldern. Diese Sendungen sollten dann über die Schweiz erfolgen. Der Handelsattaché, Daniel Reagan, setzte sich massiv für das Anliegen der Standard Oil ein, obwohl er zum gleichen Zeitpunkt deutsche Angebote zum Freikauf von Juden abblockte. Gegenüber den jüdischen Aktivisten argumentierte er, dass solche Zahlungen an die Deutschen ein Verstoss gegen das 'Trade with the Enemy Act' wären.

Über ein anderes 'neutrales' Land - Spanien - liefen während der ganzen Zeit grössere Ölsendungen, die - mit voller Kenntnis des State Departments - nach Deutschland umgeleitet wurden. Diese Transaktionen konnten ungestört getätigt werden, bis es dem unermüdlichen Harold Ickes im Januar 1944 gelang, mit genügend Beweismaterial bis zu Roosevelt vorzudringen. Ab Mai 1944 aber begann das amerikanische Öl in grossen Mengen (48'000 Tonnen pro Monat) wieder nach Deutschland zu fliessen.

Nicht viel anders sah das Bild bei der ITT aus. Laut Higham handelte es sich bei einem ihrer Direktoren um niemand anderen als den Chef des SS-Nachrichtendienstes, Walter Schellenberg. Unter den Leistungen an die deutsche Kriegsmaschinerie erwähnt Higham eine Vielfalt von Lieferungen: vom einfachen Schalter, über Telefonapparate bis hin zu Flugzeugen (Focke Wulf) und raffinierteren Kommunikationssystemen, die an die deutsche Armee verkauft wurden. An einer Aktionärsversammlung vom 21.4.1943 in New York gab der ITT-Chef bekannt, dass 13 Prozent der Geschäfte der Gesellschaft im Feindesgebiet abgewickelt würden.
Ford ihrerseits versorgte Deutschland mit Flugzeugmotoren, Lastwagen für die Armee und anderen Autos. Die Chase National Bank (später Chase Manhattan) der Rockefellers tätigte im besetzten Paris Geschäfte für die Nazis in Millionen Höhe. Die Aufzählung der Leistungen der amerikanischen 'Fraternität' ist damit bei weitem nicht erschöpft.

Der aktive amerikanische Beitrag zur Kriegsverlängerung ist damit nicht zu übersehen. Henry Ford verriet 1941 ein mögliches Motiv dafür. Er sagte, dass die USA England und Deutschland aufeinanderhetzen sollten, bis beide zusammenbrechen würden.

Durch den Umstand, dass Allen Dulles ab Ende 1942 im Auftrag des Geheimdienstes OSS in Bern stationiert war - so argumentieren der ex-amerikanische Justizminsteriumsmitarbeiter John Loftus und der Journalist Marc Aarons -, konnte dieser die Verbindungen zwischen den deutschen und amerikanischen Grossunternehmungen auch während des Krieges aufrechterhalten. Dabei spielten seine Beziehungen zu Kreisen der Bank für Internationalen Zahlungenausgleich (BIZ) eine zentrale Rolle. Seine engen Kontakte mit den deutschen Repräsentanten gingen auf 1930 zurück, und der amerikanische BIZ-Präsident, Thomas McKittrik, war Dulles Informant. Dementsprechend musste Dulles auch ganz genau im Bild über die Goldgeschäfte der BIZ sein.

Es tönt heute fast wie ein Witz, dass ausgerechnet er zentral für die amerikanische 'Safehaven'- Operation sein sollte. Diese diente dazu, deutsche Vermögen in den neutralen Ländern aufzuspüren. Dabei scheint die tatsächliche Arbeit Dulles genau das Gegenteil zu bezwecken, nämlich die Vermögen seiner deutschen Kunden vor einem Zugriff zu schützen, damit nach dem Krieg eine erneute offene Zusammenarbeit mit ihnen möglich sein würde.

Auf diesem Hintergrund begannen im März 1946 in Washington die Verhandlungen zwischen der Schweiz und den westlichen Alliierten über die deutschen Vermögen in der Schweiz. Die Schweiz genoss dabei viel Spielraum, was weder den formellen Machtverhältnissen noch der starken Beweislage, die die Alliierten bezüglich Fluchtort Schweiz besassen, entsprach. Es liegt eigentlich auf der Hand, dass die Schweizer Delegation direkte Unterstützung der amerikanischen 'Fraternität' erhielt, die den Druck des amerikanischen Finanzministeriums einmal mehr zu neutralisieren verstand. Mit dem sich anbahnenden Kalten Krieg, war es auch ziemlich einfach für die 'Fraternität' die Gegener als Kommunisten zu titulieren und damit zu diskreditieren. Es darf nicht vergessen werden, dass die Schweizer Delegation offen mit den guten Diensten von John Foster und Allen Dulles als Berater rechnen konnte. Diese Verhandlungen mündeten im sogenannten 'Washingtoner Abkommen' vom 25. Mai 1946.

Beispielhaft für die Washingtoner Verhandlungen ist die Raubgoldfrage. Hier besassen die US-Amerikaner sehr präzise Angaben - was jetzt wieder publik gemacht wurde -, denn sie konnten sich auf deutsche mündliche und schriftliche Quellen - hauptsächlich von Vize-Reichsbankpräsident Emil Puhl stützen. Am 10.3.1997 war in einer AP-Meldung zu lesen, dass die Dokumente der Kilgore Hearings klare Beweise dafür lieferten, dass die US-Armee peinlichst genau über die Raubgoldgeschäfte der Reichsbank informiert war.

Angesichts der dargelegten Fakten rutschte dem SNB-Vertreter Alfred Hirs aus lauter Verlegenheit der doppelte Goldwert-Betrag heraus, also 500 statt 250 Mio. Schweizer Franken, die von der Schweizer Delegation bis dahin zugegeben wurde. Die Situation war für die Schweiz höchst peinlich und die Verhandlungen standen vor dem Zusammenbruch. Trotzdem wusste jemand hinter den Kulissen zu helfen und die schweizerischen Zahlen wurden doch akzeptiert.

Der «Safehaven»-Vorreiter, Senator Harley Kilgore, protestierte bei Präsident Harry S. Truman heftig dagegen: Seiner Meinung nach verletzte dies «in Geist und Buchstaben das Versprechen der Alliierten, den Nazismus und das deutsche Kriegspotenzial auszurotten. (...) Gerechtigkeit, Anstand und nur schon der gesunde Menschenverstand verlangen, dass die Alliierten die Schweiz für die gesamten 300 Millionen Dollar Raubgold zur Verantwortung ziehen.» Die Schweizer Offerte von schäbigen 20 Prozent dieser Summe sei abzulehnen (Brief vom 24. Mai 1946).

Doch Truman war offenbar weder imstande, diese Sache zu beurteilen, noch war er daran besonders interessiert. So blieben Kilgore und seine Kommission nur eine Archivquelle für die jetzige Diskussion.

Was für einen Einfluss diese Schilderung auf die Frage der neuen Verhandlungen des Washingtoner Abkommens hat, ist eine schwierige Frage, die juristisch gesehen keine einfache Antwort hat. Von der moralischen Seite her sieht es hier stark danach aus, dass das Abkommen auf einem faulen Deal beruhte. Hinzu können wir auch die Aussage des ehemaligen Task Force-Manns und heutigen Sekretärs der Bergier-Kommission, Linus von Castelmurs, zitieren:
"Paradoxerweise ist nämlich die Geschichte der Durchführung des Abkommens von Washington zuallererst die Geschichte seiner Nichtdurchführung. Nur ein Teil der ins Auge gefassten Regelungen wurde wie vorgesehen implementiert... "( von Castelmur S. 14).

Die Beantwortung der Frage der Neuverhandlungen benötigt aber auch die Offenlegung der relevanten Akten auf der amerikanischen Seite, denn laut dem Eizenstat-Bericht (Mai 1997) beigelegten Findmittel heisst es:
« Von den total 6,800 Kubik Fuss [OSS-] Dokumenten sind immer noch rund zwei Prozent gesperrt. Diese Dokumente beinhalten entweder empfindliche Quelleninformationen oder eine Information, die wegen Abkommen mit fremden Regierungen geschützt werden muss.» (Greg Bradsher, Finding Aid p. 4).

Eine konsequente Aufdeckung des amerikanischen Materials tut also dringend Not.

Dezember 1997 (unveröffentlicht)

      --------------------------------------------------

      Literaturliste
      Charles Higham Trading with The Enemy - An Exposé of The Nazi-American Money Plot 1933-1949, Delacorte Press, New York, 1983
      Charles Higham, American Swastika, Doubleday & Company, Garden City, New York, 1985.
      Linus von Castelmur, Schweizerisch-alliierte Finanzbeziehungen im Übergang vom Zweiten Weltkrieg zum Kalten Krieg - Die deutschen Guthaben in der Schweiz zwischen Zwangsliquidierung und Freigabe (1945-1952), Chronos, Zürich, 1992
      John Loftus & Marc Aarons , The Secret War against the Jews - How Western Espionage betrayed the Jewish People, St. Martin's Press, New York, 1994
      Christopher Simpson, The Splendid Blond Beast: Money, Law and Genocide in the Twentieth Century, New York, Grove Press, 1993
      Daniel Yergin, Shattered Peace. The Origins of the Cold War and the National Security State, Boston, Houghton Mifflin, 1977.

 

5698 Postings, 8174 Tage bilanzStuart E. Eizenstat

 
  
    #18
19.12.04 18:16
     
 
 

Interview
«Die Schweiz kam in den USA zu schlecht weg» Cash, 24. April 2001


Stuart E. Eizenstat rang den Schweizer Banken 1,25 Milliarden Dollar Wiedergutmachung für ihre Rolle im Zweiten Weltkrieg ab. In seinem Bericht warf er der Schweiz Kriegsverlängerung vor, was auf heftige Kritik stiess. «Dass die Schweiz dachte, wir beschuldigten nur sie, ist ein Missverständnis. I am sorry».

Von Peter Hossli

Stuart Eizenstat, 59, diente unter Präsident Bill Clinton als Unterstaats-sekretär im Aussenministerium, als stellvertretender Finanzminister sowie als Unterst aatssekretär im Handelsministerium. Bereits in den sechziger Jahren trat der Jurist in den Staatsdienst und wirkte für Präsident Lyndon B. Johnson. In den siebziger Jahren war der treue Demokrat nationaler Chefberater von Jimmy Carter. Unter Clinton wirkte Eizenstat Vermittler zwischen den Schweizer Banken und den jüdischen Organisationen. 1997 verfasste er den Eizenstat-Bericht, worin er schrieb, die Schweizer Neutralität hätte zur Verlängerung des Zweiten Weltkrieges beigetragen. Demnächst tritt Eizenstat der renommierten Anwaltskanzlei Covington & Burling bei.

Mister Eizenstat, welches Amt hätte Ihnen Präsident Al Gore anvertraut?
Stuart Eizenstat: (lacht) Es gibt keine Regierung Al Gore. Also habe ich kein Amt.

Statt dessen schieden Sie aus dem Staatsdienst aus und heuern bei der prestigeträchtigen Anwaltskanzlei Covington & Burling an. Was machen Sie dort?
Eizenstat: Erst ab Juli leite ich deren internationale Handelsabteilung. Vorerst wirke ich am Woodrow Wilson Center als politischer Wissenschaftler und schreibe über die Holocaust-Verhandlungen, die ich mit der Schweiz, Frankrech Österreich und Deutschland geführt habe.

Fällt Ihnen der Wechsel in die rauhere Privatwirtschaft schwer?
Eizenstat: Es ist bereits mein dritter Wechsel von öffentlichen in private Ämter. Zuvor verliess ich mit Lyndon Johnson und Jimmy Carter den Staatsdienst. Veränderungen sind stets schwierg, zumal Regierungen komplett anders funktionieren als Privatfirmen.

Was bevorzugen Sie?
Eizenstat: Politische Posten sind zeitlich beschränkt, darauf muss man sich einstellen. Politische Entscheide sind schwieriger und nervenaufreibender. Im Privatsektor setzt man sich mit dem Kunden an einen Tisch, diskutiert eine Strategie und setzt sie um. Das ist einfacher.

Dann freuen Sie sich aufs simplere Leben im Privatsektor?
Eizenstat: Meine künftigen Aufgaben werden juristisch komplex sein. Aber ich habe die Kontrolle und treibe die Entscheide voran, nicht ein grosser staatlicher Apparat.

Warum wählten Sie ausgerechnet Covington & Burling?
Eizenstat: Es ist eine harmonische Ehe. Die Firma gehört zu den besten Anwaltskanzleien der USA – und sie verfügt über einen weitreichenden internationalen Kundenstamm mit zusätzlichen Büros in London und Brüssel.

Die Firma ist dort stark, wo sich private und öffentliche Interessen schneiden.
Eizenstat: Das war bei meiner Jobwahl ausschlaggebend. Ich stehe an der Gabelung von Recht, Wirtschaft und Staat. Dort, wo gesetzliche, juristische und regulative Probleme aufeinandertreffen. Braucht eine Firma die Zusage einer Regierung, drohen Sanktionen oder Handelsprobleme, helfe ich. Ebenso, wenn ausländische Unternehmen in den USA investieren wollen, oder amerikanische im Ausland.

Wer hat wen gefunden? Sie die Firma, oder die Firma Sie?
Eizenstat: Weder ich noch die Firma waren ja schwierig zu finden. Covington & Burling ist ein juristisches Wahrzeichen in Washington und den USA. Ein guter Freund – Al Moses, der unter Clinton US-Botschafter in Rumänien war – hat mir von der Firma erzählt. Dann gings schnell.

Bis vor kurzem haben Sie noch auf der Gegenseite der UBS gestanden. Nun arbeiten Sie für eine Anwaltskanzlei, die die Grossbank vertritt. Ist das nicht ein komischer Wechsel?
Eizenstat: Überhaupt nicht. Covington & Burling unterhält eine grosse und erfahrene international ausgerichtete Banken-Abteilung. Als international tätige Bank nutzt die UBS dieses Know-how. In den Holocaust-Angelegenheiten hat Covington & Burling die UBS übrigens nicht vertreten.

Werden Sie für UBS arbeiten?
Eizenstat: Natürlich nicht.

Wenn Regierungsvertreter in den Privatsektor wechseln, verdienen sie meist viel mehr. Es besteht die Gefahr, dass sie Ihre Kontakte missbräuchlich nutzen. Wie vermeiden Sie solchen Filz?
Eizenstat: Präsident Clinton hat ein Gesetz ausser Kraft gesetzt, welches es jedem Regierungsmitglied bis zum Lebensende untersagt hätte, eine ausländische Regierung als deren Anwalt zu vertreten. Dieselbe Regelung hätte es uns überdies untersagt, fünf Jahre lang mit unserem ehemaligen Ministerium zu verhandeln.

Ein Gesetz, das Korruption unterbinden sollte, ist jetzt also ausser Kraft?
Eizenstat: Alle waren der Meinung, dass diese Regelung stark übertrieben war.

Demnach ist jetzt alles erlaubt?
Eizenstat: Nicht doch. Wir sind strikten Regelungen ausgesetzt. Ein Jahr lang nach Amtsaustritt dürfen wir mit unserem ehemaligen Arbeitgeber keine geschäftlichen Beziehungen eingehen. Es gibt viele zusätzliche Einschränkungen.

Dennoch kommts wiederholt zu Filz.
Eizenstat: Die US-Regelungen sind streng genug, wenn nicht gar zu streng. Es gibt kein anderes Land, das seine Regierungsmitglieder so unerbittlich kontrolliert.

Dann wars schwierig, die US-Regierung zu verlassen?
Eizenstat: Es war schon schwierig einzutreten. Unter Clinton bekleidete ich vier Ämter. Der Senat bestätigte mich viermal. Das FBI überprüfte mich viermal so gründlich als hätten sie mich noch nie überprüft. Um Interessenskonflikte zu vermeiden, musste ich zahlreiche Aktien abstossen.

Vermissen Sie die Regierungsarbeit?
Eizenstat: Mit einem Bein bin ich noch drin. Präsident George W. Bush hat mich gebeten, weiterhin als Vermittler in Holocaust-Angelegenheiten zu amten.

Bei den meisten Klagen hat man sich doch geeinigt. Was bleibt da noch zu tun?
Eizenstat: Ich versuche, die Einigungen in den deutschen, französischen und österreichischen Fällen in Kraft zu setzen.

Der deutsche Zwangsarbeiterfall verzögert sich. Unlängst hat die New Yorker Bundesrichterin Shirley Kram weitere Sammelklagen gegen deutsche Banken zugelassen.
Eizenstat: Das ist einer der Hauptgründe, warum ich nach wie vor dabei bin. Der Entscheid beunruhigt mich. Ich setze alles daran, ihn umzukehren. Zwei von drei Richtern haben die Klagen abgelehnt, Richterin Kram nicht.

Sind Sie optimistisch?
Eizenstat: Ja.

Bis wann gelingt Ihnen Umkehrung?
Eizenstat: Das Appellationsgericht hat unserer Forderung stattgegeben, die Angelegenheit als Notfall zu behandeln. Bis Ende Woche müssen alle Papiere eingereicht sein. Ich hoffe, Ende April oder Anfang Mai einen Entscheid zu haben. Es ist mir enorm wichtig. Die Opfer, die von der deutschen Industrie Geld zu gute haben, sterben rasch, monatlich ein Prozent. Umso unglücklicher war deshalb der Entscheid von Richterin Kram. Er verzögert die Auszahlung an die Opfer.

Deutschland hätte sich viel früher mit Zwangsarbeitern befassen müssen. Warum passierte so lange nichts?
Eizenstat: Zuerst einmal verdienen die Deutschen grosses Lob. Sie haben seit den fünfziger Jahren 60 Milliarden Dollar Reparationszahlungen geleistet.

Um die Sklavenarbeit haben sie sich aber lange Zeit gedrückt.
Eizenstat: Die Klagen gegen die Schweiz hatten Sammelklagen gegen die deutsche Industrie evoziert. Nachdem sie eingereicht waren, reagierten die deutsche Regierung und die deutsche Industrie recht schnell.

Es brauchte den Druck dieser Klagen?
Eizenstat: Man muss mit Deutschland fair sein. Die Sozialdemokraten und die Grünen haben schon 1998 in ihrem Wahlkampf versprochen, sie würden Zwangsarbeiter kompensieren. Kanzler Helmut Kohls Partei, die CDU, hat das Thema allerdings stets stiefmütterlich behandelt. Sie hatte Angst vor der Kontroverse. Ausserdem steht die Wählerbasis der CDU der deutschen Industrie näher.

Reparationen an Holocaust-Opfer waren ein zentrales aussenpolitisches Anliegen der Regierung Clintons. Wie wichtig ist das Thema für George W. Bush?
Eizenstat: Es ist wichtig. Aussenminister Colin Powell liess sich von mir persönlich unterrichten. Unlängst traf sich Powells Stellvertreter mit dem deutschen Unterhändler Otto Graf Lambsdorff. Er hat ihm juristischen Frieden für deutsche Firmen garantiert. Powell hat im Übrigen Joschka Fischer brieflich zugesichert, die Bush-Regierung würde fortführen, was wir begonnen haben.

Sie arbeiten an einem Buch. Worüber schreiben Sie?
Eizenstat: Es wird ein persönliches Buch über die Geschichte der vergangenen fünf Jahre, in Kontext mit dem, was nach dem Zweiten Krieg mit den Flüchtlingen geschah. Sie wurden rasch ihrem Schicksal überlassen. Abgesehen von den Deutschen tat niemand etwas für sie. Fragen zu deren Bankkonten, Kunst, Immobilien oder zu Sklavenarbeitern blieben viel zu lange unbeantwortet. Ich untersuche, wie sich die Welt veränderte, als diese Themen nach fünfzig Jahren Schweigen plötzlich an die Oberfläche kamen.


Wie konnten sie die Übersicht bewahren über das komplexe Thema?
Eizenstat: Ich legte mir ein zweites Leben zu. Schliesslich hatte ich schon einen 100-Prozent-Jobs. Nun musste zusätzliche 120 Prozent finden.

Wie haben Sie das ausgehalten?
Eizenstat: Es war eine enorme physische, mentale und emotionale Belastung. Gleichzeitig war es eine nie dagewesene Herausforderung und eine Möglichkeit, etwas Wichtiges und Positives für alte Menschen zu tun. Die meisten davon sind übrigens nichtjüdisch. Im deutschen Fall geht 80 Prozent des Geldes an Nichtjuden in Zentraleuropa.

Was hat der Job mit Ihnen gemacht?
Eizenstat: Heute spüre ich eine enorme Genugtuung, gepaart mit Energieverlust. Der Job war sehr schwierig. Die Verhandlungen waren sehr schwierig, zeitaufwändig und emotionsgeladen. Sie waren politisch enorm aufgeladen. Die Parteien sprangen einander ja dauernd an die Kehle.

In der Schweizer Presse wurden Sie oft mit heftigen Worten angegriffen. Haben Sie das überhaupt beachtet?
Eizenstat: Natürlich. Es gab viel zu viel Megafon-Diplomatie, auf beiden Seiten. Wir standen mittendrin und haben versucht, Frieden zu stiften zwischen jüdischen Organisationen, Klägern und Schweizer Banken. Es war immer unser Ziel, Sanktionen zu verhindern. Wir versuchten, die UBS-Bankverein-Fusion durchzubringen. Friedenstifter haben eine unglückliche Position. Sie werden von beiden Seiten beschossen. Niemand schätzt ihre Arbeit.

Vor allem nach dem ersten Eizenstat-Report fielen harsche Worte. Hat Sie das persönlich getroffen?
Eizenstat: Ich gab stets mein Bestes, moderat zu beleiben. Senator D’Amato war laut genug. Ich sah mich als Katalysator für eine Einigung. Es lag mir daran, die positiven Dinge zu betonen, die die Schweiz während und nach dem Krieg unternommen hatte. Die Schweiz liess im Zweiten Weltkrieg ja mehr Flüchtlinge ins Land als die USA.

Sie griffen die Schweiz aber an, deren Neutralität hätte den Krieg verlängert.
Eizenstat: Ich wollte ehrlich sein und auch die problematischen Aspekte ansprechen. Unser Bericht erzeugte Bestürzung, weil die Schweiz sich selbst als Land sah, dessen Neutralität den Alliierten half.

Und das war nicht so?
Eizenstat: In diesem speziellen Fall kam es zu einem Kollision zwischen historischer Neutralität und dem, was die Alliierten vorschlugen. Wir verstehen – und haben das auch gesagt –, dass die Schweiz umgeben war von Nazideutschland. Sie hatte wenige Möglichkeiten. Das Problem kam gegen Ende des Krieges, als die Transaktionen mit Deutschland weiter gingen, obwohl von Deutschland keine Gefahr mehr ausging. Nach dem Krieg hat die Schweiz dann bloss einen kleinen Teil der Gelder herausgerückt.

Sie tönen heute moderater.
Eizenstat: Ich habe es immer bedauert, dass Teile meines Berichts missverstanden wurden. Ich wollte Fakten anhäufen, nicht anklagen. Später hat der Bergier-Bericht alles verifiziert, was wir über das Gold sagten.

Der Vorwurf, die Schweiz hätte den Krieg verlängert, stiess besonders auf.
Eizenstat: Wir haben ja bloss amerikanische Offizielle aus jener Zeit zitiert, zum Beispiel, was der Aussenminister sagte. Wir haben nie gesagt, die Schweiz trüge alleine die Schuld. Es war die Kombination aller neutraler Staaten. Wir wiederholten Warnungen, die schon während des Krieges fielen. Dass die Schweizer dachten, wir beschuldigten ausschliesslich sie, war ein grosses Missverständnis. Das bedauere ich. I’m sorry.

Das sorry kommt spät. Sie haben die Schweiz für immer verändert.
Eizenstat: Es ist schmerzlich, sich mit der Vergangenheit zu befassen. Die Deutschen hattens bereits gemacht. Die Schweiz bis dahin nicht. In Deutschland lösten wir keinen, in der Schweiz einen riesigen Schock aus.

Wie beurteilen Sie rückblickend Ihre schweizerischen Verhandlungspartner?
Eizenstat: Die Schweiz kann sich sehr glücklich schätzen, Botschafter Alfred Defago in Washington gehabt zu haben. Er hat Erstaunliches geleistet. Er versteht Amerika. Er versteht die jüdische Gemeinschaft und er weiss, was für sie der Holocaust bedeutet. Gleichzeitig hat er sich stark für die Schweizer Interessen eingesetzt. Defagos Leistung war hervorragend.

Dann sind Sie mit der Schweiz zufrieden?
Eizenstat: Enttäuscht bin ich über die Schweizer Regierung. Sie hatte sich weit weniger engagiert als die deutsche, österreichische oder französische Regierung. Diese Länder haben wichtige politische und finanzielle Beiträge zum Erfolg der Verhandlungen geleistet. Die Position der Schweizer Regierung hingegen war zurückhaltend. Sie überliess die Verteidigung den Banken. Abgesehen von den rund 100 Millionen Dollar, die die Nationalbank in den humanitären Fond einzahlte, gab es kein echtes Engagement. Ich habe mehrmals versucht, die Regierung direkter zu involvieren.

Warum waren Sie erfolglos?
Eizenstat: Weil in der Schweiz die öffentliche Meinung so negativ war.

Die USA waren nicht unschuldig.
Eizenstat: Wäre die Temperatur auf dieser Seite des Atlantiks niedriger gewesen wäre, wäre sie in der Schweiz viel niedriger gewesen. Wenn wir nur die Volcker-Kommission und meinen Bericht gehabt hätten, nicht aber die Sammelklagen sowie die Vorwürfe und Gegenvorwürfe und Kommentare im Kongress, wäre alles viel ruhiger gewesen. Anderseits bezweifle ich, ob wir ohne Sammelklagen denselben Betrag hätten sicherstellen können.

Sie persönlich sind verantwortlich, dass sich die Öffentlichkeit nochmals mit dem Holocaust befasst hatte. Warum war es so lange ruhig?
Eizenstat: Wir fokussierten auf die Sowjetunion und den Kalten Krieg. Erst nach dessen Ende richtete sich unsere Energie auf die unfertigen Geschäfte des Zweiten Weltkrieges. Überdies waren endlich vorher klassifizierte Dokumente zugänglich. Leute aus Zentraleuropa konnten in den Westen reisen und Forderungen stellen. Nachdem die Überlebenden fünfzig Jahre damit verbrachten, ihre Leben neu zu ordnen, wollten sie nun ihre Grundstücke und Bankkonten zurück. Hinzu kommt noch der Millennium-Faktor. Wir wollten das Jahrtausend abschliessen und mussten dessen schlimmste Aspekte regeln.

Inwiefern beeinflusste die Schweiz den Prozess?
Eizenstat: Kasper Villigers emotionsgeladene Rede von 1995 über den J-Stempel im Pass hatte einen auslösenden Charakter, die Geschichte des Zweiten Weltkriegs nochmals zu betrachten. Ein anderer Auslöser war das Buch von Jacques Picard «Die Schweiz und die Juden 1933-1945».

Verdient die Schweiz die Anklagen?
Eizenstat: Das Schweizer Verhalten während des Zweiten Weltkriegs war nicht makellos. Aber die Schweiz kam deswegen in den USA zu schlecht weg. Die positiven Dinge, die die Schweiz während des Krieges geleistet hatte, wurden zu wenig gewürdigt.

Was war denn positiv?
Eizenstat: Die Schweiz war während des Zweiten Weltkrieges die einzige Demokratie Europas. Sicher: Es ist tragisch, die Schweiz hatte Zehntausende von Flüchtlingen abgewiesen. Aber: Die Schweiz hatte auch Zehntausende von Flüchtlingen aufgenommen, zu einem Zeitpunkt, als die USA und Kanada strikte Quoten hatten. Der Krieg war nicht schwarz und weiss. Neutralität war ebenfalls nicht schwarz und weiss. Sie war nicht unangefochten gut. Und sie war nicht unangefochten schlecht. Das zu akzeptieren, war für die Schweiz wohl schwierig.

Warum übernahmen Sie den Job?
Eizenstat: Lassen Sie mich dazu etwas sagen: Ich bin ein jüdischer Amerikaner und ich habe mich stets bemüht, fair und objektiv zu sein. Dabei handelte ich als Mitglied der US-Regierung. Ich habe immer deren Linie vertreten, nicht meine eigene, vom religiösen Hintergrund bestimmten Linie.

Wie umgingen Sie da persönliche Konflikte?
Eizenstat: Es gab nur einen Zielkonflikt: Wir wollten, dass alle Opfer zu ihrem Recht kommen. Andererseits wollten wir gute Beziehungen beibehalten zur Schweiz, Deutschland, Frankreich und Österreich. Das erzeugte eine schwierige Atmosphäre. Es lag an mir, die Balance zu halten.

Haben Sie im Nachhinen Verständnis für die heftigen Schweizer Reaktionen?
Eizenstat: Plötzlich lagen die Schweiz und Nazideutschland in einem Topf. Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt als das.

Wo liegt denn die Wahrheit?
Eizenstat: Hat die Schweiz durch den Kauf von Gold und den Transfer harter Währung den Nazis geholfen? Ja, unter schwierigen Umständen. Bei den Goldtransaktionen hatte die Neutralität echte Konsequenzen. Deshalb hatten die Alliierten ab 1943 gesagt: handelt nicht mit diesem Gold, es ist gestohlen, es hilft den Deutschen. Ich weiss: Das lässt sich aus mehreren Tausend Meilen Entfernung einfacher sagen. Die Schweiz stand unter enormen Druck. Sie hat versucht, die Türen für die Flüchtlinge offen zu behalten, zumindest zeitweise. Unglücklicherweise hat sie später die Türen geschlossen. Es ist wichtig, dass man bei der Beurteilung die Balance hält. Das Pendel schlug zu stark gegen die Schweiz aus.

Wie konnte das passieren?
Eizenstat: In den USA galt die Schweiz bis vor kurzem als Land der niedlichen Bernhardiner, verschneiter Alpenwipfel und makelloser Demokratie. Als das Bild davon abwich, kams zu einem enormen Schock.

Sie waren als US-Unterhändler in Kyoto und haben mitgeholfen, das Klimaabkommen ausgearbeitet. Wie reagieren Sie auf den Entscheid von Präsident Bush, Kyoto nicht zu ratifizieren?
Eizenstat: Es beunruhigt mich sehr. Sicher, das Kyoto-Abkommen ist nicht perfekt. Aber es war der beste Prozess, den wir hatten. Die Kombination aus Kyoto-Nein und Bushs Umkehr bei den CO2-Standards ist extrem unglücklich.

Sie haben als EU-Botschafter der USA gedient und kennen Europa gut. Bushs Umweltpolitik löste einige Spannungen zwischen den USA und Europa aus.
Eizenstat: Mehr als «einige Spannungen». Es ist schade, dass wir den Kyoto-Prozess abbrechen. Wir sind übrigens nicht die einzigen. Kein einziges europäisches Land hat Kyoto bisher ratifiziert. Es wird dort viel gesprochen und wenig gehandelt.

Ist Kyoto tot?
Eizenstat: Unter der jetzigen US-Regierung? Ja. Die Frage ist, ob eine zukünftige Regierung den Prozess wieder beleben kann. Es hängt davon ab, wieviel Schaden angerichtet wird. Bei den nächsten US-Wahlen wird die Umweltpolitik bestimmt ausschlaggebend sein.

Wahrscheinlich zum Nachteil der Republikaner. Sie arbeiten erstmals für einen republikanischen Präsident.
Eizenstat: (lacht) … Ein Leben lang wählte ich demokratisch. Ich habe stets versucht, so überparteilich wie möglich zu wirken.

Verraten Sie nicht Ihre Partei, wenn Sie jetzt den Republikaner dienen?
Eizenstat: Sich für Holocaust-Überlebende einzusetzen, kennt keine Parteigrenzen. Ich bin stolz, für diese Regierung zu arbeiten, für diesen speziellen Bereich.

Ein republikanischer Parlamentarier nannte sie einst den «besten Beamten des Jahrhunderts», im «Economist» wurden Sie als «nationalen Schatz» gerühmt. Haben Sie das verdient?
Eizenstat: Ich sage nicht, ich hätte es verdient.

Immerhin arbeiten Sie mittlerweile für den vierten US-Präsidenten.
Eizenstat: Ich versuche stets, den bestmöglichen Job zu machen. Ich arbeite hart und bin fair zu Republikanern wie Demokraten. Am Morgen bin ich als Erster hier und am Abend gehe ich als Letzter. Ich bin froh, wirklichen Herausforderungen begegnet zu sein, nicht nur Kyoto. Da waren die Iran-Sanktionen, das Helms-Burton-Gesetz, die Holocaust-Fragen.

Sie haben Skandale vermieden und kommen mit allen zurecht. Wie geht das?
Eizenstat: In Washington kommt weit, wer fair und nie dogmatisch ist, zuhört und nicht negativ über andere spricht.

Nicht einfach in einer Stadt, wo alle so erpicht sind, im Rampenlicht zu stehen.
Eizenstat: Wer die Öffentlichkeit nicht sucht, gerät eher in die Schlagzeilen. Mir sind Leistung wichtiger als Medienpräsenz. Wer in Washington den Kopf zu sehr aus dem Graben steckt, auf den wird geschossen.






 

13393 Postings, 7667 Tage danjelshakeläufst langsam warm was??

 
  
    #19
19.12.04 18:18
;o)
die länge der postings nimmt ja langsam proxische eigenschaften an!

mfg ds  

5698 Postings, 8174 Tage bilanzJa danjelshake

 
  
    #20
19.12.04 18:25
Schau wer solche Threads immer eröffnet?

Druck erzeugt Gegendruck.

Wenn man die Schweiz als die Kriegsverbrecher-Nation hinstellen will muss mit solchen Reaktionen gerechnet werden.

Bis jetzt hatte ich keinen Thread über die wirklich wahren Kriegsverbrecher eröffnet.

Gruss bilanz  

5698 Postings, 8174 Tage bilanzStaatliche Geschichtsschreibung...

 
  
    #21
19.12.04 18:28
 

 Artikel 2: Zeit-Fragen Nr. 13 vom 25. 3. 2002

Bergier-Bericht

Staatliche Geschichtsschreibung gescheitert!

Laut dem Bundesrat habe die Bergier-Kommission (UEK) die schweren Vorwürfe gegen die Schweiz (Kriegsverlängerung, Deportiertenzüge, Bankerfolge dank Hinterlassenschaft von Nazi-Opfern) ausräumen können. Abgesehen davon, dass dies keine neuen historischen Erkenntnisse sind, kommen diese Ergebnisse der UEK reichlich spät! Andrerseits hält die UEK anscheinend nach wie vor an der vom «Beobachter» in die Welt gesetzten J-Stempel-Lüge fest, obwohl sie «Der Beobachter» offiziell als Falschmeldung berichtigt hat. Auch die von der UEK behauptete Anzahl der Abgewiesenen ist historisch nicht erhärtet und wird von unabhängigen Experten als zu hoch (Mehrfachzählungen) eingestuft.

Erinnern wir uns: Die politisch einseitig zusammgesetzte (auch Zeitzeugen wurden nicht berücksichtigt) sogenannte Bergier-Kommission hat mit ihren wissenschaftlich fragwürdigen Vorabberichten ab 1997 nicht unwesentlich dazu beigetragen hat, dass die Schweizer Banken 1,8 Milliarden Franken an jüdisch-amerikanische Organisationen abliefern mussten. Sogar die amerikanischen Professoren Codevilla und Finkelstein sprechen von klarer Erpressung mit Beteiligung der amerikanischen Regierung.

Sollten die 25 Millionen Franken, die der Bergier-Bericht den Steuerzahler kostet, nicht vergebens sein, muss der Bundesrat nun die 1,8 Milliarden Franken, die aufgrund unhaltbarer Vorwürfe erpresst wurden, wieder zurückfordern, da dieses Geld der schweizerischen Volkswirtschaft entzogen wurde (entgangene Dividenden- und Steuereinkommen). Dass die kleine Schweiz trotz schwierigster Situation 300000 Flüchtlinge, das sind mehr als die USA und Grossbritannien zusammen (270000), aufgenommen hat, ist wohl Grund genug, die 1,8 Milliarden Franken zurückzufordern.

Die Problematik staatlicher Geschichtsschreibung zur Beeinflussung des Stimmbürgers im Vorfeld von Abstimmungen (Uno, EU, Nato, Armee XXI, Neutralitätsdiskussion usw.) ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Dazu ein Zitat von alt Bundesrat Feldmann: «Wer ein Volk unterjochen, sein Selbstgefühl als Nation vernichten will, der nimmt ihm seine Geschichte und verfälscht sie, der raubt ihm gleichsam sein Gedächtnis, um es einem fremden Willen gefügig zu machen.»

P. Aebersold, Zürich

Artikel 2: Zeit-Fragen Nr.13 vom 25.3.2002, letzte Änderung am 25.3. 2002
 

69033 Postings, 7693 Tage BarCodeMuss nochmal stören: DK

 
  
    #22
19.12.04 18:38
Nehem alle Belehrungen zurück. War 'n Missverständnis meinerseits. Hatte das posting von dir so gelesen, als würde gesagt, Brian Ferry sei der "sogenannte Künstler von Yello".

Gruß BarCode  

12850 Postings, 8357 Tage Immobilienhaimuahahah, bilanz macht sich mal wieder total

 
  
    #23
19.12.04 18:47
lächerlich. anstatt mal größe zu zeigen und einfach zu schweigen, reitet er sich mit seinen absolut peinlichen versuchen hier das image der sauber-schweiz aufrecht zu erhalten , total in die scheiße.  

129861 Postings, 7680 Tage kiiwiiSchön wär´s, wenn Du wenigstens einen Bruchteil

 
  
    #24
19.12.04 19:14
soviel über Dein Land wissen würdest, wie Bilanz über die Schweiz (und deren Geschichte) weiß.  Statt hier infantiles Geblöke abzulassen.

Aber soo isses halt: "Bildung makes the difference."


MfG
kiiwii


 

12850 Postings, 8357 Tage Immobilienhaiach ja, der große alleswisser kiwi wieder

 
  
    #25
19.12.04 19:35
keine ahnung aber maul aufreissen....irgendwie typisch für frankfurt...  

Seite: <
| 2 >  
   Antwort einfügen - nach oben