Anti-Vir-Biota o. T.
Nach 1,7 Tagen fast wieder gesund
Das Humane Rhinovirus (HRV) ist einer der „hinterhältigsten“ Krankheitserreger. Es ist kleiner als die meisten anderen Viren, verbreitet sich rasend schnell, hat eine äußerst kurze Inkubationszeit und verändert konstant seine Gestalt. Die Konsequenz kennt jeder: Verkühlung. Behandelt werden konnten bisher nur die Symptome. Das hat sich nun jedoch geändert.
Das australische Pharmaunternehmen Biota gab diese Woche bekannt, dass man die Phase IIb der klinischen Tests mit dem Wirkstoff BTA798/Vapendavir erfolgreich abgeschlossen habe. In anderen Worten: Erstmals wurde Medizin gegen Verkühlung in Tablettenform an 300 Patienten in 48 US-Spitälern verabreicht - und die Resultate zeigten, dass das Präparat wirkt. In Medienberichten wurde daraufhin schon der bevorstehende „Tod der Verkühlung“ gefeiert.
Weniger starke Symptome, schnellere Genesung
Die Resultate der Doppelblindstudie ergaben, dass sich die Symptome der behandelten Patienten nie zu einer wirklich schweren Verkühlung auswuchsen und im Schnitt nach 1,7 Tagen rasch besserten. Bei einer mit Placebos behandelten Vergleichsgruppe setzte die Genesung erst nach 2,5 Tagen ein und brauchte wesentlich länger. In fünf Jahren könnte das Medikament auf dem Markt sein, schätzt man bei der Pharmafirma aus Victoria, die auf antivirale Präparate spezialisiert ist.
Gedacht ist das Medikament jedoch vor allem für Asthmatiker. Ausschließlich an solchermaßen vorbelasteten verkühlten Patienten wurde es nun auch getestet - mit gutem Grund: Während eine Verkühlung für den Großteil der Menschheit vor allem unangenehm ist, können sich die Symptome bei Asthmakranken in Summe zu einer gefährlichen und allenfalls sogar lebensbedrohlichen Belastung der Atemwege auswachsen.
„Normale Verkühlung rechtfertigt Behandlung nicht“
Biota-Chef Peter Cook sagte denn auch gegenüber der „Brisbane Times“, das Medikament werde sich für „ansonsten gesunde Patienten nicht auszahlen“, da eine „normale Verkühlung“ die antivirale Behandlung nicht rechtfertige. Tatsächlich scheint ausgeschlossen, dass Gesundheitsversorger und Sozialversicherungen einen flächendeckenden Einsatz des Präparats unterstützen werden und die gewöhnliche Verkühlung damit tatsächlich bald Geschichte sein könnte.
Es geht letztlich schlicht um die Kostenabwägung, was billiger ist: antivirale Therapien für erkrankte Arbeitnehmer oder der wirtschaftliche Schaden durch ein paar Krankenstandstage. Während man bei Biota selbst in dieser Hinsicht vorsichtig ist, zeigte sich etwa der australische Virologe Robert Stirling gegenüber der „Herald Sun“ überzeugt, dass man über kurz oder lang erkennen werde, dass „die wirtschaftlichen Vorteile die Behandlungskosten aufwiegen“ würden.
Vermarktet für Asthmatiker, erhältlich für alle?
Der Mittelweg könnte sein, dass die Entscheidung zur Behandlung - und auch die Kosten dafür - den Erkrankten selbst umgehängt werden. Nicht umsonst betonte Scott Power, Chefanalyst des australischen Brokerhauses RBS Morgans, das Medikament werde wohl als Asthmatikerpräparat vermarktet werden, aber für jedermann erhältlich sein. Die Kombination aus Sehnsucht auf Linderung und dem Druck, am Arbeitsplatz nicht allzu lange auszufallen, soll die Erkrankten demnach von allein in die Apotheken treiben.
Biota hat jedenfalls Erfahrung mit dieser Taktik. Sie steht hinter dem GlaxoSmithKline-Präparat Relenza, das vor allem - abseits der eigentlichen Zielgruppe - während der Schweinegrippe-Verunsicherung vor rund zwei Jahren reißenden Absatz fand und Biota damals annähernd eine Verdoppelung des Aktienkurses einbrachte. Auf die nunmehrige Bekanntgabe der Vapendavir-Testresultate reagierten die Aktienkurse von Biota mit einem Anstieg von sieben Prozent innerhalb eines Tages.