unendliche weiten (das All)
Älter als Sonne und Planeten
Der Behälter mit dem Kometenstaub soll in der Wüste von Utah landen.
Nach sieben Jahren im All wird die Sonde Stardust erstmals Material von einem Kometen zur Erde bringen.
Von Daniel Bächtold
Kommenden Sonntag wird eine helle Leuchtspur gleich einer Sternschnuppe quer über den Nachthimmel des amerikanischen Westens ziehen. Zwei Jahre nachdem die US-Sonde Stardust vom Schweif des Kometen Wild 2 Proben eingefangen hat, kehrt sie nun mit einem feurigen Ritt durch die Atmosphäre zur Erde zurück.
Mit dem Kometenstaub von Wild 2 erhalten Forscher erstmals die Gelegenheit, die Grundmaterie, aus der unser Sonnensystem vor 4,6 Milliarden Jahren entstanden ist, im Labor zu untersuchen. Die Mission sei ein eigentliches Geschichtsprojekt, so Don Brownlee von der University of Washington, Chef-Wissenschafter von Stardust. «Das gesammelte Material ist älter als die Sonne und die Planeten.»
Bereits seit sieben Jahren ist Stardust in den Weiten des Alls unterwegs. Während ihrer 4,6 Milliarden Kilometer langen Reise umrundete sie die Sonne dreimal und holte sich während eines Vorbeiflugs bei der Erde zusätzlichen Schwung. Den Kometen Wild 2 traf sie am 2. Januar 2004.
Wild 2 wurde von den Verantwortlichen der Nasa als Ziel ausgewählt, weil er erst 1974 von der Anziehungskraft des Jupiters aus seiner Bahn weit draussen im Sonnensystem geworfen und ins Innere gedrängt wurde. Von der Erde aus war der Komet damit relativ leicht zu erreichen. Zudem hatte die Hitze der Sonne dem Himmelskörper noch kaum zugesetzt. Wild 2 dürfte sich deshalb noch in seinem ursprünglichen Zustand befinden.
Entdeckt am Himmel über Bern
Namensgeber des Kometen ist der heute emeritierte Astronom Paul Wild von der Universität Bern. Dieser hatte von der Sternwarte Zimmerwald aus im Januar 1978 den Kometen am Nachthimmel über Bern entdeckt und den Gepflogenheiten folgend ihm seinen Namen gegeben.
Beim Start von Stardust im Jahre 1999 war Wild noch in Cape Canaveral anwesend. Für die Landung südwestlich von Salt Lake City wird er allerdings nicht mehr in die USA reisen. «Schön wäre es aber», sagt der inzwischen 81-jährige Astronom, «wenn ich einmal Material von dem Kometen zu Gesicht bekäme.»
Bis der Behälter mit dem wertvollen Kometenstaub sicher gelandet ist, kann allerdings noch einiges schief gehen. So muss die Sonde Stardust im All den Behälter erst noch in eine genau vorausberechnete Flugbahn stossen. Ungebremst rast er dann Richtung Erde und trifft mit einer Geschwindigkeit von rund 46 000 Kilometer pro Stunde auf die obersten Luftschichten der Atmosphäre. Läuft alles nach Plan, stabilisiert ein kleiner Fallschirm ab einer Höhe von etwa 30 Kilometer das Geschoss. Drei Kilometer über dem Boden wird der Hauptfallschirm aktiviert, der die 80 Zentimeter grosse und 45 Kilogramm schwere Kapsel bis zur Landung weiter abbremst.
Die Experten werden den Behälter in einem Speziallabor des Johnson Space Center in Houston öffnen. Die von blossem Auge kaum sichtbaren Staubpartikel sind in einem so genannten Aerogel gefangen. Dieses glasartige Material hat mehr als 99 Prozent Hohlräume, ist deshalb äusserst leicht und hat eine extrem niedrige Dichte. Die Experten hoffen, dass beim Sammeln im All die winzigen Staubkörner im Aerogel sanft abgebremst und deshalb nicht beschädigt wurden.
Doch auch ohne den Ausgang des bevorstehenden Manövers zu kennen, ziehen die Forscher bereits heute eine positive Zwischenbilanz. «Ausser kleineren Problemen am Anfang ist die Mission planmässig und sehr erfolgreich verlaufen», erklärt Jochen Kissel, der bis vor kurzem am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung im deutschen Katlenburg-Lindau tätig war.
Kissel und seine Kollegen analysierten mit einem Massenspektrometer an Bord der Sonde bereits während des Flugs Staubpartikel im interstellaren Raum und solche aus dem Kometenschweif. Beide waren reich an organischem Material. Im Kometenmaterial fehlten Spuren von Wassereis und Aminosäuren. Im interstellaren Raum, den schier unendlichen Weiten unseres Sonnensystems, fanden die Wissenschafter Chinon-Derivate, organische Verbindungen, die in der einen oder anderen Form praktisch in allen Lebewesen vorkommen.
Diese organischen Verbindungen entstanden unter dem Einfluss von kosmischer Strahlung auf der Oberfläche von mineralischen Staubpartikeln und gelangten mit Kometen wahrscheinlich auch auf die Ur-Erde. Kissel glaubt deshalb, dass auf diese Weise jene organischen Verbindungen auf die Erde kamen, aus denen im Laufe der Jahrmillionen Leben entstand. «Mit den Kometen kam nicht Leben auf die Erde, sondern nur die dafür erforderliche Chemie», ist Kissel überzeugt.
Gravitation kaum von Bedeutung
Auch über den Aufbau von Wild 2 haben die Forscher bislang Unbekanntes erfahren. So fotografierten sie den Kometen aus lediglich 236 Kilometer Entfernung. Auf den Aufnahmen sind Krater und bis zu 100 Meter hohe Erhebungen erkennbar. Warum die Oberfläche des fünf Kilometer langen und vier Kilometer breiten Kometen derart strukturiert ist, wo doch dauernd Material abgetragen wird, wenn er sich der Sonne nähert, ist noch umstritten.
Die Krater würden aber deutlich machen, dass das flüchtige Material des Kometen nicht alleine durch die Gravitation zusammengehalten werde, schrieb Harold Weaver von der John Hopkins University kürzlich in der Fachzeitschrift «Science». Welche Kräfte aber am Werk sind, ist noch nicht endgültig geklärt.
Mit der europäischen Sonde Rosetta, die sich gegenwärtig auf dem Weg zum Kometen Churyumow-Gerasimenko befindet und auf diesem im Jahre 2014 landen soll, wollen die Forscher diese und andere Fragen klären. So stellt beispielsweise der Ursprung der Staubfontänen, die von der Oberfläche von Kometen mehrere Kilometer weit ins All schiessen, noch immer ein Rätsel dar.
Noch denken die Wissenschafter nicht so weit, sondern fiebern dem kommenden Sonntag mit Spannung entgegen. Denn dass der Behälter auch wirklich an einem Fallschirm sanft zu Boden gleitet, ist keineswegs gesichert. Bei der vergleichbaren Raumsonde Genesis, die Spuren des Sonnenwindes zur Erde hätte bringen sollen, versagte der Fallschirm. Sie stürzte Anfang September 2004 über Utah ab.
Die Verantwortlichen der Nasa versichern indes, die Lehre aus dem Absturz von Genesis gezogen zu haben. Sie geben sich denn auch zuversichtlich, dass dem Behälter mit dem wertvollen Kometenstaub deren Schicksal erspart bleiben werde.
TA 14.1.2005
Morgen könnte der Lebenstraum von Kometenforscher Paul Wild (81) in Erfüllung gehen. Eine Kapsel soll Material seines Kometen auf die Erde bringen.
Sternenforscher Wild: 7 Kometen entdeckt.
Kometenstaub zur Erde gebracht
Nasa-Sonde «Stardust» mit wichtigen Proben an Bord gelandet
Eine Computersimulation von «Stardust». (Bild key) |
Nach sieben Jahren im All ist die Transportkapsel der Nasa-Raumsonde «Stardust» in der Wüste von Utah gelandet. Zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten brachte damit ein Raumfahrzeug wieder Material aus dem Weltall zur Erde: An Bord befindet sich Staub aus der Gashülle eines rund 4,5 Milliarden Jahre alten Kometen und andere Partikel aus den Tiefen des Alls, die älter sind als unser Sonnensystem.
(sda/ap) Die Transportkapsel hatte sich am späten Samstagabend von der Sonde gelöst, um den Kometenstaub zur Erde zu bringen. Dabei erreichte sie eine Geschwindigkeit von 46'660 Kilometern in der Stunde, bevor sie in der Wüste landete. «Stardust» selbst soll weiter um die Sonne kreisen.
Der Staub, der wohl zumeist nur unter dem Mikroskop zu analysieren ist, stammt vom Kometen «Wild 2». Er wurde 2004 mit einem tennisschlägergrossen Gerät gesammelt und in dem Aluminiumbehälter gelagert, der jetzt zur Erde zurückkehrte. Zusammen mit dem Kometenstaub sammelte «Stardust» auch interstellare Kleinteile. Das letzte Material, dass aus dem All zur Erde gebracht wurde, stammte vom Mond.
Erkenntnisse über Ursprung des Sonnensystems
Der Behälter soll nach der Bergung zunächst in einen «Reinraum» auf dem Testgelände und später in das Raumfahrtzentrum Johnson in Houston gebracht werden, wo die Kapsel von Forschern geöffnet wird. Da sich die Kometen zur Zeit der Entstehung des Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren bildeten, hoffen die Forscher auf neue Erkenntnisse zur Entstehung des Planetensystems.
Früherer Versuch misslang
Damit glückte bei «Stardust» etwas, was den Forschern beim Projekt «Genesis» misslang. Diese Sonde, die Partikel des Sonnenwinds zur Erde bringen sollte, zerschellte im September 2004 auf dem gleichen Testgelände in der Wüste von Utah, in der in Kapsel von «Stardust» landete, weil sich der Fallschirm nicht geöffnet hatte.
Wild hatte am 6. Januar 1978 den Kometen entdeckt. Zu Beginn der «Stardust»-Mission 1997 sandte er dem Projektteam der Nasa einen Brief, in dem er der Mission viel Erfolg wünschte und hoffte, die Rückkehr von «Stardust» noch erleben zu dürfen.
Seine schöne Handschrift sei den Nasa-Verantwortlichen aufgefallen, schreibt die Universität Bern. Der Brief wurde auf einen Mikrochip gebannt und machte die ganze Reise mit «Stardust» mit.
Die Mission zu «seinem» Kometen mache Wild «schon ein bisschen stolz», schreibt die Universität Bern. Eine so grosse Bedeutung seiner Entdeckung habe er anfänglich nicht erwartet.
Wild war beim Start dabei
«Von den sieben Kometen, die ich entdeckte, war «Wild-2» der unscheinbarste und war am schwierigsten zu erkennen». Er stellte sich jedoch als wiederkehrender Komet heraus, der sich wegen seiner Nähe zur Erde besonders gut für die geplante Mission eignete.Beim Abschuss der «Stardust»-Sonde 1999 in Cape Canaveral war Wild noch dabei, die Landung konnte er jedoch nicht live mitverfolgen: Sie fand auf militärischem Sperrgebiet statt.
Dennoch ging seine im Brief geäusserte Hoffnung in Erfüllung: Im 81. Lebensjahr durfte er den Abschluss der Mission bei guter Gesundheit miterleben. (mu/sda)
Die Quelle ist doch dabei
sda und der Schreiberling. sda = Schweizerische Depeschenagentur.
Gruss
quantas
http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,394672,00.html
Surfer sollen Kometenstaub finden
Die "Stardust"-Raumsonde bringt am Wochenende Staub eines Kometen zur Erde zurück. Den Forschern der Nasa graut es aber offenbar davor, 1,5 Millionen Fotos auswerten zu müssen. Die Lösung: Die Bilder sollen ins Internet gestellt und von Freiwilligen analysiert werden.
§Hinter dem Ereignis-Horizont
Forscher weisen nach, dass Schwarze Löcher Materie einfach verschlucken
Schwarze Löcher verschlingen bekanntlich alles, was ihnen in die Quere kommt, sogar Licht. Da sie keine feste Oberfläche besitzen, ließ sich der Punkt, von dem an kein Entkommen mehr möglich ist – der so genannte Ereignis-Horizont – bislang nicht nachweisen. Das gelang Forschern um Ron Remillard vom Massachusetts Institute of Technology jetzt auf indirektem Weg, wie sie auf der Tagung der American Astronomical Society in Washington berichteten.
Die Forscher beobachteten insgesamt 13 Himmelskörper, die Astronomen für Neutronensterne halten, und 18 mutmaßliche Schwarze Löcher mit dem Nasa-Röntgenteleskop Rossi X-ray Timing Explorer. Während der neun Jahre dauernden Beobachtungsperiode registrierten die Froscher 135 Röntgenblitze, die etwa eine Minute lang dauerten. Diese Röntgenblitze sind auf thermonukleare Explosionen auf der Oberfläche von Neutronensternen zurückzuführen.
Neutronensterne, die mit einem normalen Stern ein Doppelsystem bilden, saugen häufig Materie von ihrem Partner an. Sammelt sich eine gewisse Menge Gas auf der Oberfläche eines Neutronensterns, kommt es zu einer Explosion, bei der die charakteristischen Röntgenblitze entstehen.
Auch Schwarze Löcher sind manchmal Partner in Doppelsternen. Das Gas, das sie verschlingen, verschwindet allerdings ohne Todesschrei, stellten Remillard und seine Kollegen fest: Bei keinem der mutmaßlichen Schwarzen Löcher registrierten die Forscher einen charakteristischen Röntgenblitz. "Es ist schwierig, die Existenz eines Ereignishorizonts nachzuweisen, schließlich ist er per Definition unsichtbar", sagte Remillard. "Indem wir uns die dichten Objekte genauer anschauen, können wir feststellen, ob das Gas auf eine feste Oberfläche trifft oder ob es still im Nirwana verschwindet."
Ute Kehse
Q: http://www.wissenschaft.de/wissen/news/261011.html
Gr.
dpa HEIDELBERG. Die Milchstraße ist gefräßig: Unsere Heimatgalaxie saugt noch heute Sterne und Materie aus ihrer Umgebung auf. Forscher des Heidelberger Max-Planck-Instituts für Astronomie haben Spuren dieses „galaktischen Kannibalismus“ entdeckt, wie das Wissenschaftsmagazin „Maxplanckforschung“ in seiner jüngsten Ausgabe schreibt.
Bisher waren Astronomen davon ausgegangen, dass sich Galaxien seit Jahrmilliarden nur aus ihrer eigenen Substanz wandeln und entwickeln.
Die Suche nach der verschlungenen Materie ist mühsam. Unter vielen Mill. Sternen müssen Astronomen die Himmelskörper identifizieren, die einst von einer Satellitengalaxie abgezogen wurden. Die „Neuzugänge“ verraten sich etwa durch eine ungewöhnliche chemische Zusammensetzung, ihre Bewegung und Geschwindigkeit oder ein abweichendes Alter.
Vor rund zehn Jahren hatten Astronomen erstmals einen Strom von Sternen gefunden, der von einem kleinen Nachbarn der Milchstraße stammt, der Sagittarius-Zwerggalaxie - und sich nun komplett um das Zentrum der Milchstraße windet. Heidelberger Forscher sind auf einen ringförmigen Sternstrom gestoßen, dessen Ursprung vermutlich eine Zwerggalaxie in der Konstellation Großer Hund (Canis Major) ist; heute erstreckt sich der Strom um das Sternbild Einhorn (Monoceros).
Und der Kugelsternhaufen Palomar 5, einer der masseärmsten seiner Art, hat beim Durchqueren der Milchstraßen-Ebene in rund zehn Mrd. Jahren etwa das Zehnfache seiner heutigen Restmasse verloren. „Beim nächsten Durchtritt durch die Milchstraße, in 110 Mill. Jahren, trifft er in nur 23 000 Lichtjahren Entfernung vom galaktischen Zentrum in ein Gebiet hoher Sterndichte - und wird dann vermutlich vollständig aufgerieben und von der Milchstraße aufgesogen“, sagen die Wissenschaftler voraus.
Q: http://www.handelsblatt.com/pshb?fn=tt&sfn=go&id=1179211
Gr.
Erstes Farbbild von "Meteosat 9": Der Zwei-Tonnen-Flugkörper soll Wetterdaten schneller liefern
WETTERSATELLIT
"Meteosat 9" schießt erstes Foto
Der europäische Satellit "Meteosat 9" hat eine erste Kostprobe seiner Fähigkeiten gegeben. Der künstliche Trabant lieferte ein erstes gestochen scharfes Bild von der Erde.
"Meteosat 9" ist das zweite Exemplar der neuen europäischen Wettersatelliten-Generation - und wird deshalb auch als "MSG-2" bezeichnet. Der zwei Tonnen schwere künstliche Trabant soll künftig Daten für Wettervorhersagen in Europa und Afrika schneller und präziser liefern.
Das erste Exemplar der neuen Baureihe war 2002 gestartet worden. Die neuen Flugkörper können alle 15 Minuten Wetterdaten aus 15 Spektralkanälen zur Erde senden, früher ging das nur alle 30 Minuten auf drei Kanälen. Außerdem stellen die Satelliten Informationen für Klimaforschung, Landwirtschaft und bei Umweltkatastrophen zur Verfügung.
Der 154 Millionen Euro teure "Meteosat 9" soll in einer geostationären Umlaufbahn in 36.000 Kilometern Höhe arbeiten. Die europäische Organisation für meteorologische Satelliten (Eumetsat) beziffert die Kosten des MSG-Programms auf rund zwei Milliarden Euro, von denen die Organisation selbst 1,7 Milliarden und die Esa 300 Millionen Euro trage.
Q:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,397663,00.html
Beeindruckend das Bild!
Gr.
Wer nur den Diercke-Schulatlas im Kopf hat mit seinem Eurozentrismus nach "Mercator" - wie ich - , ist immer wieder überrascht.
URL dieses Artikels: http://www.netzeitung.de/spezial/weltraum/379345.html |
MEHR IN DER NETZEITUNG Schwarze Löcher wachsen in Kaulquappen-Galaxien http://www.netzeitung.de/spezial/weltraum/376993.html Sonnensystem hatte Geburtshelfer http://www.netzeitung.de/spezial/weltraum/374782.html <!-- portlet internal links end -->
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URL: http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,397669,00.html
Zwei Millionen km/h
Schwarzes Loch schleudert Sterne ins All
Forscher haben zwei neue Ausreißer aus der Milchstraße entdeckt. Die Sterne wurden mit einer derartigen Wucht aus unserer Galaxie geschleudert, dass sie auf Nimmerwiedersehen in die Tiefen des Alls rasen.
Mit bis zu zwei Millionen Kilometern pro Stunde jagen die beiden neu gefundenen Ausreißersterne davon - schnell genug, um unsere Galaxie auf immer zu verlassen. Sie gesellen sich zu den drei bisher entdeckten Milchstraßen-Flüchtlingen, so dass diese Hochgeschwindigkeitssterne (Hypervelocity Stars, kurz HVS) nun eine eigene Klasse astronomischer Objekte bilden.
Ruth Bazinet, CfAAusreißerstern (Zeichnung): Mit über zwei Millionen km/h unterwegs |
Insgesamt fanden die Forscher auf der durchmusterten Fläche vom 8000-Fachen der Vollmondscheibe 79 Kandidaten. Nur zwei Sterne mit der rund vierfachen Sonnenmasse und Fluchtgeschwindigkeiten von 2 bis 2,5 Millionen Kilometern pro Stunde gingen dabei ins Netz.
Solche hohen Geschwindigkeiten können die Sterne nur erreichen, wenn sie vom Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße beschleunigt und quasi aus der Galaxie geschleudert werden. Die Reise vom Galaxiezentrum bis in den intergalaktischen Raum dauert allerdings viele Millionen Jahre.
Das Modell der Astronomen besagt zunächst, dass nahe des Zentrums der Milchstraße Doppelsternsysteme in den Materiestrudel rund um das Schwarze Loch geraten. Das Gravitationsmonster beschleunigt die Sterne und zerstört die gemeinsame Bahn. Vermutlich wird einer der Partner verschluckt, der andere jedoch mit extremer Wucht herausgeschleudert.
Von den Hochgeschwindigkeitssternen erhoffen sich die Forscher neue Erkenntnisse über die Struktur der Milchstraße. "Wenn wir ihre Fortbewegung messen, können wir mehr über die Gestalt der Milchstraße lernen, insbesondere über die mysteriöse Dunkle Materie", erklärt Brown. Die Dunkle Materie ist nicht direkt nachweisbar, sondern verrät sich nur über ihre Schwerkraftwirkung auf die Bewegung der Sterne. Die aber ist so groß, dass die Dunkle Materie nach derzeitigen Theorien über 80 Prozent der Gesamtmasse des Universums ausmacht.
Aber noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts glaubten Astronomen, unsere Sonne müsse sich nahe dem Zentrum eines kosmischen Nebels befinden, jenseits dessen sich nur unermeßliche Leere dehnt. Doch auch hier hatte das weniger mit menschlichem Mittelpunktsdünkel zu tun als damit, was die Menschen sehen konnten: Das leuchtende Band der Milchstraße, das rings über beide Hemisphären des Himmels läuft.
Zusammengequetschte Masse
Erst im Fernrohr zeigt sich, daß es sich dabei um Myriaden von Sternen handelt (siehe Die Elsheimer-Galaxis). Und sie scheinen eine scheibenförmige Wolke rings um unsere kosmische Heimat zu bilden. Daß die Sterne in der einen oder anderen Richtung etwas dichter stehen, etwa im Sternbild Schütze, erklärte der große Astronom William Herschel im späten 18. Jahrhundert damit, daß die Sternenwolke eben etwas ausgefranst ist. Da die Wolke aber nach allen Seiten zu sehen ist, stand für ihn fest: Wir sind mittendrin.
Zum Glück sind wir es nicht, sondern sichere 25.000 Lichtjahre vom wahren Zentrum unserer Heimatgalaxie entfernt. Denn dieses Zentrum ist ein unheimlicher Ort. Wie unheimlich, das ist den Astronomen erst in den letzten Jahrzehnten klargeworden. Und in den letzten Jahren wurde es immer gewisser, daß sich dort etwas Ungeheuerliches verbirgt: Die Masse von Millionen Sonnen zusammengequetscht auf ein Volumen, dessen Durchmesser kleiner ist als der der Bahn der Erde um die Sonne.
Ein fettes Schwarzes Loch
Wird Materie dermaßen komprimiert, läßt sich ihr Zustand durch keine bekannten Naturgesetze mehr beschreiben, und ihr Schwerefeld wird so stark, daß es dort einen sogenannten Ereignishorizont gibt. Er markiert eine Zone, aus der noch nicht einmal Licht entfliehen kann. Im Nabel der Milchstraße lauert ein ziemlich fettes Schwarzes Loch.
Einer, dem wir diese Erkenntnis maßgeblich mitverdanken, ist Reinhard Genzel, Direktor am Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik (MPE) in Garching und Professor an der University of California in Berkeley. „Wir leben in einer aufregenden Zeit”, freute er sich, als er im November auf einer Tagung in München den Forschungsstand präsentierte. Tatsächlich lüftet sich jetzt der Schleier, mit dem sich das galaktische Zentrum lange umgab.
Wettlauf um intime Details
Mit immer besseren Instrumenten liefern sich mehrere Forschergruppen einen Wettlauf um immer neue intime Details aus Zonen in der Nähe des zentralen Schwarzen Lochs (siehe Tanz ums Schwarze Loch). Eine zunehmend wichtigere Rolle spielt für die galaktischen Paparazzi die gleichzeitige Beobachtung bei verschiedenen Wellenlängen des elektromagnetischen Spektrums. In der Fachzeitschrift Astronomy&Astrophysics erscheint demnächst eine Arbeit von Forschern um Andreas Eckart von der Universität Köln. Darin beschreiben sie gleichzeitige Ausbrüche von Infrarot- und Röntgenstrahlung, die mehrmals täglich in der unmittelbaren Umgebung des Loches aufflackern.
„Der Fortschritt wird von der Technik getrieben”, sagt Stefan Gillessen vom MPE. „Es kommt vor allem darauf an, wer die bessere Kamera baut.” Tatsächlich hatte es schlicht technische Gründe, warum das galaktische Zentrum so lange verborgen blieb. Die Sonne ist zwar tatsächlich Teil einer riesigen spiralförmigen Wolke, doch die besteht mitnichten nur aus leuchtenden Sternen, sondern auch aus jeder Menge Gas und Staub, der sichtbares Licht verschluckt und uns nach vielen Richtungen die Sicht versperrt - insbesondere auf die Nabe der Spirale.
Zentrum im Sternbild Schütze
Erst präzise Beobachtungen der Bewegung der Sterne, genauer der sogenannten Kugelsternhaufen, ermöglichten es dem Amerikaner Harlow Shapely im Jahre 1918, das wahre Zentrum der Milchstraße zu ermitteln. Es liegt genau hinter einer Dunkelwolke, im Sternbild Schütze. Mehr erfuhr man damals nicht über diesen Ort, außer daß er sicher nicht besonders gemütlich ist. Da die Sterne dort sehr dicht zusammenstehen, ist die lebensfeindliche kosmische Strahlung intensiver, und eventuelle Planeten hätten kaum Platz, um ungestört ihre Kreise zu ziehen.
Dann aber lernten die Astronomen, den Himmel bei anderen als den sichtbaren Wellenlängen zu beobachten. Dank der Radartechnik, die der Zweite Weltkrieg befördert hatte, gelang das zuerst bei den langen Wellen der Radiostrahlung. Für diese sind die Dunkelwolken durchlässig - und siehe da: Im Radiobereich ist das galaktische Zentrum ein hell gleißendes Objekt. Die Astronomen nennen es „Sagittarius A” (oder kurz „Sgr A”), nach dem lateinischen Namen des Sternbildes Schütze (siehe Milchstraße: Ins innerste Zentrum).
Schnelle Elektronen
Bei den Radiowellen muß es sich um sogenannte Synchrotronstrahlung handeln. Sie entsteht immer dann, wenn geladene Teilchen gezwungen werden, um die Kurve zu fliegen. Im Kosmos wird sie meist von sehr schnellen Elektronen emittiert, die von Magnetfeldern auf Spiralbahnen gezwungen werden. Da die Elektronen ihre Energie schnell verlieren, müssen für ein dauerhaftes Radioleuchten ständig neue nachgeliefert oder neu beschleunigt werden.
Synchrotron-Emissionen sind daher stets ein Hinweis auf starke Energiequellen. Normale Sterne können sich hinter dem galaktischen Radiosender also nicht verbergen. Auf Bildern bei Zentimeter-Wellenlängen erscheint Sgr A noch als ein lichtjahredicker diffuser Klumpen. Doch das liegt auch daran, daß ionisierte Gasschwaden in der Sichtlinie den Lauf der Radiowellen stören - ganz ähnlich wie Luftunruhen in der Erdatmosphäre das Sternenlicht funkeln lassen.
Ein komplexes Gebilde
Dieser Störeffekt wird um so geringer, je kleiner die Wellenlänge ist, bei der man beobachtet. Tatsächlich entpuppt sich Sagittarius A bei kleineren Wellenlängen als ein komplexes Gebilde: eine Wolke, in der Gasmassen in Form einer dreiarmigen Spirale kreisen. Mittendrin ein heller Punkt. Das ist „Sgr A*” - sprich „Sagittarius A Stern”.
Im Jahr 2004 gelang es einem Team um Geoffrey Bower aus Berkeley und Heino Falcke von der Universität Nijmegen und dem MPI für Radioastronomie in Bonn, dieses Objekt mit zusammengeschalteten Radioteleskopen in ganz Nordamerika bei einer Wellenlänge von nur 7 Millimetern zu beobachten und damit die Größe des Gebietes zu bestimmen, aus dem diese Radiostrahlung kommt: Es ist nur etwa 24 mal größer, als der Ereignishorizont eines statischen Schwarzen Loches mit drei Millionen Sonnenmassen. Würde man mit derselben Technik bei noch kleineren Wellenlängen beobachten, sähe man vermutlich den Ereignishorizont selber.
Teleskop mit „Leitstern” im Blick
Im Jahr 2004 glaubte allerdings schon niemand mehr, daß sich hinter Sgr A* etwas anderes verbirgt als ein Schwarzes Loch. Über zehn Jahre hinweg hatten Reinhard Genzel und seine Truppe die Gegend um das galaktische Zentrum im Infrarotlicht studiert. Diese Strahlung dringt ebenfalls durch die Dunkelwolken und ist bei bestimmten Wellenlängen auch mit hoch gelegenen optischen Teleskopen beobachtbar, etwa dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile.
Genzels Gruppe hatte dafür nicht nur geeignete Infrarotkameras konstruiert, sondern auch die neue Technik der adaptiven Optik ausgenutzt. Dabei behält das Teleskop ständig einen hellen „Leitstern” im Blick, registriert dessen Bildverzerrung in Folge von Luftunruhen und gleicht diese durch aktive Veränderung des Strahlengangs aus.
3,4 Millionen Sonnenmassen
Auf den so entstandenen Infrarotaufnahmen ist Sgr A* kaum zu sehen - erst 2003 veröffentlichten Genzel und Kollegen Messungen, die an dieser Stelle ein schwaches infrarotes Flackern zeigen. Dafür glühen dort Gaswolken, die offenbar etwas mit der dreiarmigen Spirale auf den Radiobildern zu tun haben - und ein ganzer Haufen von Sternen, die um die Position von Sgr A* herumtanzen.
Damit lassen sich ihre Bahnen bestimmen und daraus das Gravitationsfeld, das sie tanzen läßt. Wie sich herausstellt, ist es zu konzentriert, als daß es sich um eine Ansammlung von schwach leuchtenden Sternen handeln könnte. Selbst Cluster aus superdichten Neutronensternen oder Bälle hypothetischer Elementarteilchen sind mittlerweile ausgeschlossen. Nein, es kann eigentlich nichts anderes sein als ein Schwarzes Loch von etwa 3,4 Millionen Sonnenmassen.
Was flackert da?
„Daran ist kein vernünftiger Zweifel mehr möglich”, sagt Reinhard Genzel, dessen Resultate inzwischen auch von seiner amerikanischen Konkurrentin Andrea Ghez und ihrer Gruppe bestätigt wurden. Auch das Flackern von Sgr A* im infraroten und im Röntgenlicht, das die Astrophysiker im Augenblick stark beschäftigt, ist ein Indiz: Dabei ändert sich die Helligkeit innerhalb von Minuten. Das wäre nicht möglich, wenn das flackernde Raumgebiet größer wäre als die Strecke, die das Licht in einigen Minuten zurücklegt.
Die Frage ist nun, was da flackert. Und vor allem: warum nur so schwach? Denn an sich würde man von einem Schwarzen Loch etwas anderes erwarten. In kleinerem Format entstehen diese Objekte, wenn überschwere Sterne unter ihrem Gewicht kollabieren. Schon solchen stellaren Schwarzen Löchern möchte man nicht zu nahe kommen - vor allem wegen der Gase, die sie aus ihrer Nachbarschaft ansaugen oder akkretieren, wie die Astronomen sagen.
Todgeweihte Materie
Vor ihrem Verschwinden sammelt sich die todgeweihte Materie in einer sogenannten Akkretionsscheibe um den Äquator des Loches. Die sieht dann ähnlich aus wie der Ring um den Planeten Saturn, ist allerdings irrwitzig heiß. Komplexe Prozesse können außerdem dazu führen, daß ein Teil der angesaugten Materie dem Loch entgeht, und statt dessen senkrecht zur Scheibe in zwei dünnen Strahlen, sogenannten Jets, herausspritzt.
Eher selten fällt ein Stern ins Schwarze Loch. In so mancher anderen Galaxie wurden solche Jets beobachtet - und nicht selten sind sie größer als die ganze Galaxie (siehe Galaxien: Das All steckt voller Ungeheuer). Nicht so bei der Milchstraße. Dabei gibt es auch in ihrem Zentrum allerhand Gaswolken und Sternwinde, die eine solche Aktivität wenigstens im Miniaturmaßstab füttern könnten. „Wenn das alles normal akkretiert würde, wäre Sgr A* gut eine Million Male heller”, sagt Andreas Eckart. Irgendwie scheint ein großer Teil der Masse ohne viel Aufhebens im Loch zu verschwinden.
Weitere Beobachtungen nötig
Möglicherweise hat sich keine große Akkretionsscheibe mit hoher innerer Reibung ausgebildet. Eine kleine scheint es aber zu geben, denn in den Strahlungsausbrüchen erkennt man einen Takt von 17 Minuten - als ob die Strahlung von einem Fleck auf der Scheibe kommt, der das Schwarze Loch umkreist. Und wenn das stimmt, dann muß sich auch das Schwarze Loch selber recht schnell um die eigene Achse drehen.
Womit noch nicht geklärt wäre, was den Fleck selber flackern läßt. „Manche Theoretiker meinen, was wir da sehen, sei nichts als das Wetter auf der Akkretionsscheibe” sagt Stefan Gillessen.
Es könnte sich um Instabilitäten und magnetische Verzwirbelungen handeln, entfernt vergleichbar mit den Ausbrüchen auf unserer Sonne. Doch eben das gilt es durch weitere Beobachtungen zu erhärten. So könnte man durch Zusammenschalten von mehreren VLT-Teleskopen, also durch sogenannte Interferometrie, die Auflösung im Infraroten schließlich so weit steigern, daß sich die Bewegung der Flecken um das Schwarze Loch verfolgen ließe. Damit müßte sich dann eigentlich die Frage beantworten lassen, warum das galaktische Zentrum trotz seines Schwarzen Loches so ruhig ist - zumindest im Moment.
Spektakuläres Feuerwerk
Viele Forscher glauben, daß auch der Kern der Milchstraße in seiner Vergangenheit aktiver als heute war. Und er könnte das wieder werden. Mindestens dürfte hin und wieder ein ganzer Stern in das Schwarze Loch fallen. „So etwas passiert vielleicht alle 10.000 Jahre”, sagt Andreas Eckart, „es wäre ein sehr helles Ereignis.”
Das arme Gestirn würde erst zu Gasschwaden zermahlen und dann eingesaugt. Die Infrarot-, Radio- und Röntgenteleskope würden ein spektakuläres Feuerwerk registrieren. Obwohl kaum etwas mit bloßem Auge Sichtbares durch die Dunkelwolken dränge, wären wir dabei. Aber Gott sei Dank nicht mittendrin.
FAZ
Der Name Aldebaran ist aus dem arabischen Wort „ad dabaran”, was soviel wie „der Nachfolgende” bedeutet, abgeleitet. Gemeint ist damit, daß Aldebaran dem auffälligen Sternhaufen der Plejaden, einer für die frühen Kulturen wichtigen Orientierungs- und Zeitmarke am Himmel, nachfolgt. Die Plejaden oder das Siebengestirn sind bei den meisten Völkern bekannt und so volkstümlich, daß sie Gegenstand zahlreicher Märchen und Sagen sind. Die alten Griechen sahen in den Plejaden die sieben Töchter des Riesen Atlas, welcher das Himmelsgewölbe trägt, und der Meeresnymphe Pleione. Zeus soll die Atlastöchter an den Himmel versetzt haben, um sie vor Nachstellungen des Orion zu retten.
Riesensterne mit enormer Leuchtkraft
Bei der Betrachtung dieses hübschen Sternhaufens wird man im allgemeinen nur sechs Sterne erkennen. Die Griechen erklären dies auf folgende Weise: Elektra, eines der sieben Mädchen, sei über das schwere Schicksal ihres Vaters, auf dessen Schultern ja das ganze Gewicht der Himmelskugel lastet, so betrübt gewesen, daß sie ihre strahlenden Augen mit den Händen bedeckte, so daß sie für uns Erdenbewohner unsichtbar wurde. Bei besten Sichtbedingungen und guten Augen kann es gelingen, bis zu neun Plejadensterne zu erspähen. Und mit Hilfe eines Fernglases ist es sogar möglich, mehr als zwei Dutzend Mitgliedssterne zu erkennen. Die tatsächliche Zahl der Haufensterne beträgt allerdings mindestens 300.
Schon im 18. Jahrhundert versuchte der Astronom Michell, die Entfernung der Plejaden zu bestimmen. Unter der Voraussetzung, daß die gemeinsame Bewegung der Plejadensterne der unserer Sonne gleicht, ermittelte er die Entfernung des Sternhaufens der Plejaden zu 320 Lichtjahren. Dieser Wert stimmt mit der modernen Entfernungsbestimmung von 400 Lichtjahren recht gut überein. Die dem bloßen Auge zugänglichen Plejadensterne sind heiße Riesensterne von der fünfhundert- bis fünfzehnhundertfachen Leuchtkraft unserer Sonne, welche allesamt hohe Rotationsgeschwindigkeiten von 150 bis 300 Kilometer pro Sekunde aufweisen. Demgegenüber rotiert unsere Sonne mit einer Geschwindigkeit von zwei Kilometern pro Sekunde direkt gemächlich. Die Rotation dieser Sterne ist ausreichend, um Gas von der Sternoberfläche auszuschleudern. Und tatsächlich wurden um die meisten der hellen Plejadensterne ausgedehnte Gashüllen gefunden. Um die Monatsmitte stattet der Planet Mars diesem reizvollen Sternhaufen einen Besuch ab. Am Abend des 16. Februar finden wir den roten Planeten in weniger als drei Grad Abstand südlich der Plejaden.
In der Nähe eines hellen Sternhaufens
Die restlichen hellen Wintersternbilder, Zwillinge sowie Großer und Kleiner Hund, halten sich noch östlich der Südlinie auf. Meist werden die beiden Hunde als Jagdbegleiter des Orion angesehen und die unter dem Orion befindlichen Bilder Hase und Taube als das Jagdwild des großen Himmelsjägers. Es gibt aber auch eine andere Deutung. Darin stellt der Große Hund den Höllenhund Kerberos dar. Kerberos wird als dreiköpfiges Ungeheuer beschrieben mit einem stachligen Schwanz, den er wie eine Peitsche bewegen konnte. Er war der Wächter der Unterwelt, und seine Aufgabe bestand darin, jeden, der aus dem Schattenreich zu entkommen suchte, zu verschlingen. Der Kleine Hund wird in diesem Mythos als der zweiköpfige Bruder Orthros des Höllenhundes Kerberos angesehen.
Im Osten hat sich jetzt das erste Frühlingssternbild, der Löwe, schon von der Horizontlinie abgesetzt. Die Verbindung zwischen ihm und den Zwillingen, also zwischen den Frühlings- und den Wintersternbildern, wird durch das kleine und unscheinbare Tierkreisbild Krebs hergestellt. In ihm hält sich gegenwärtig der Planet Saturn auf. Wie der Mars steht auch der Saturn im Augenblick in der Nähe eines hellen Sternhaufens, der Praesepe (M44).
Verschwundene Fische
Unterhalb von Krebs und Löwe ist der westliche Teil der Wasserschlange oder Hydra bereits aufgegangen. Außer dem hellen Hauptstern Alphard besteht diese Konstellation aber nur aus recht lichtschwachen Sternen. Im Nordosten hat sich der Große Wagen auf seiner Reise Richtung Zenit wieder ein Stück nach oben geschoben, wobei der Wagenkasten bereits die Höhe des Polarsterns erreicht hat.
Am Westhimmel ist das Tierkreisbild Fische nahezu verschwunden, während der nachfolgende Widder noch gut zu erkennen ist. Auch das große Herbstviereck des Pegasus steht noch komplett über dem Horizont, obwohl sein südwestlicher Eckstern schon beinahe Horizontberührung hat. Der sonnennahe Merkur gibt von der Monatsmitte an ein kurzes Gastspiel am Abendhimmel. Knapp zwei Wochen lang kann er dann tief im Südwesten in der Abenddämmerung erspäht werden.
Interessanter Mars
Mars und Saturn sind aber, zumindest in der ersten Nachthälfte, die weitaus interessanteren Planeten. Mars verliert allerdings im Verlauf des Monats etwas an Helligkeit. Auch seine Untergänge verschiebt der rote Planet um 30 Minuten Richtung Mitternacht und geht am Monatsletzten bereits gegen zwei Uhr unter. Am 5. Februar hält sich der zunehmende Halbmond in den Abendstunden in Marsnähe auf.
Der Ringplanet Saturn ist nahezu die gesamte Nacht über beobachtbar. Am 11. des Monats erhält der beringte Wandelstern Besuch vom Mond. Venus und Jupiter, die beiden hellsten Planeten, sind Objekte der zweiten Nachthälfte. Die Venus kann mehr als eine Stunde lang in der Morgendämmerung, tief am Südosthorizont, aufgespürt werden.
Jupiter verlagert seine Aufgänge im Februarverlauf um eineinhalb Stunden Richtung Mitternacht und geht am letzten Februartag bereits um 0.20 Uhr auf. In den Morgenstunden des 20. Februar gesellt sich der abnehmende Mond zu dem Riesenplaneten. Uranus und Neptun bleiben im Februar sonnennah und somit unbeobachtbar.
Sonne: 1. Februar, Sonnenaufgang 8Uhr; Sonnenuntergang 17.19 Uhr; 28.Februar, Sonnenaufgang 7.11Uhr; Sonnenuntergang 18.05Uhr.
Mond: 5.Februar, 7.29Uhr: erstes Viertel; 13.Februar, 5.44Uhr: Vollmond; 21.Februar, 8.17Uhr: letztes Viertel; 28.Februar, 1.31Uhr: Neumond.
Text: F.A.Z., 01.02.2006
Erste Eckdaten der dunklen Materie gefunden
Dunkle Materie macht vier Fünftel der Masse des Universums aus - konnte aber bisher noch nie direkt nachgewiesen werden. Forscher glauben nun, erste Eckdaten der geheimnisvollen Substanz zu besitzen - nachdem sie zwölf Galaxien gewogen haben.
Milchstraße (Zeichnung): Heimat der Erde und größte Galaxie der lokalen Gruppe
Ihre Teilchen sind viel beweglicher als vermutet. Sie kommt in minimal 1000 Lichtjahre durchmessenden Blasen vor. Und viel heißer als gedacht ist der geheimnisvolle Bestandteil des Universums auch noch, folgern Forscher aus ihren Messungen.
Es ist das erste Mal, dass Astronomen Kenngrößen der dunklen Materie berechnet haben. Der bisherige Wissensstand der Forschergemeinde war schlicht, dass es sie geben muss: Bestünde das Universum bloß aus der sichtbare Materie, dann würden fundamentale physikalische Gleichungen nicht aufgehen. Zum Beispiel rotieren die Galaxien so schnell, dass sie auseinanderfliegen müssten - hielte sie nicht eine große, unbekannte Kraft zusammen: die der dunklen Materie.
Andromeda: Galt bislang als größte Galaxie in der Nachbarschaft
Dass sie rund 80 bis 85 Prozent der Masse im Universum ausmachen muss, haben Astrophysiker aus den Missverhältnissen abgeleitet, die sie im sichtbaren Weltall beobachten konnten. Das war's bislang.
Gerard Gilmore, stellvertretender Direktor des Institute of Astronomy in Cambridge, und sieben Kollegen der Universitäten Basel, Cambridge und Honululu glauben nun, die Kosmologie einen Schritt voran gebracht zu haben. Eine detaillierte, bislang unveröffentlichte Studie über das interne Spiel der Kräfte in zwölf kleinen Spiralgalaxien der lokalen Gruppe ist die Grundlage ihrer Berechnungen.
"Wie wir hoffen, ist das ein nützlicher Hinweis bezüglich des am weitesten verbreiteten Materietyps im Universum", sagte Gilmore zu SPIEGEL ONLINE. "Ein Schritt in Richtung eines Verständnisses der Realität. Nur ein kleiner natürlich, aber ein Schritt."
Gewicht der Galaxien enthüllt dunkle Kräfte
Mit mehreren 8-Meter-Teleskopen auf dem Gipfel des chilenischen Berges Paranal beobachteten die Forscher insgesamt 23 Nächte lang die Galaxien in unserer Nachbarschaft. Aus 7000 Einzelmessungen erstellten sie dreidimensionale Rechenmodelle. Weil diese auch die Bewegung der einzelnen Sterne enthielten, kann man daraus auch den Einfluss der im Verborgenen wirkenden dunklen Materie berechnen: welches Gewicht sie haben muss, um die Galaxien zusammen zu halten.
Die Ergebnisse fordern teilweise die bislang geltenden Vermutungen über die dunkle Materie heraus oder widersprechen ihr gar: Dunkle Materie kommt demnach in einer Art kleinster möglicher Menge vor. Und die ist ziemlich groß. Die Autoren sprechen von Blasen mit rund 1000 Lichtjahren Durchmesser. Kleiner lasse sich eine Ansammlung dieses Stoffs nicht komprimieren.
Zudem sei die dunkle Materie viel heißer als gedacht, denn die Teilchen bewegen sich der Studie zufolge viel schneller als bisher vermutet und erzeugen dadurch Wärme. Anhand der maximalen Kompression der Blasen konnten Gilmore und Kollegen berechnen, dass die Partikel neun Kilometer pro Sekunde zurücklegen können. Diese überraschend hohe Geschwindigkeit würde einer Temperatur im Bereich von 10.000 Grad Celsius oder mehr entsprechen. Nicht zu verwechseln ist das mit jener Hitze, die von der sichtbaren Materie bekannt ist und die sich durch Infrarotstrahlung bemerkbar macht.
Hinweise zur Detektion der unsichtbaren Masse
"Diese Ergebnisse werden uns natürlich helfen, direkte Detektions-Experimente zu verfeinern, die nach jedweder Interaktion zwischen dunkler und normaler Materie fahnden", sagte Gilmore.
Die BBC zitierte Bob Nichol, Professor für Gravitation und Kosmologie in Portsmouth, mit der Einschätzung, die Arbeit habe "große Bedeutung" für die Suche nach den mysteriösen Partikeln. "Falls diese 'Temperatur' für die dunkle Masse korrekt ist", schränkte er jedoch ein.
Denn der Aufsatz der Astronomen, dessen Vorabversion SPIEGEL ONLINE vorliegt, wurde bislang bei keinem Fachjournal und damit auch bei keiner Gutachterkommission zur fachlichen Überprüfung eingereicht. Gilmore gab an, dass die Gruppe in wenigen Wochen eine Endfassung bei einem führenden Fachmagazin vorlegen werde. Doch bis zu einer Prüfung und der anschließenden Veröffentlichung müssen die Ergebnisse und die Folgerungen als vorläufig gelten, unabhängig von den wohlklingenden Namen der Autoren.
Eine gänzlich unerwartete Erkenntnis über die aus normaler Materie bestehende Welt lieferte das Projekt nebenher: Unsere Milchstraße ist die schwerste Galaxie der lokalen Gruppe. Bislang galt Andromeda als Schwerste in der näheren Nachbarschaft. Die präzise Gewichtsmessung zeigte nun: Unsere Heimatspirale bringt mehr auf die Waage.
Stefan Schmitt
Q:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,399385,00.html
Gr.
URL: http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,401320,00.html
Neutronensterne
Seltsame Radiosignale verblüffen Forscher
Mit einem Radioteleskop haben Astronomen einen bislang unbekannten Typ von Sternen entdeckt. Die Neutronensterne senden wie Pulsare Radiowellen ins All - allerdings in unregelmäßigen Abständen.
Derartig bizarre Radiosignale waren Astronomen noch nicht untergekommen: Nach einem nur maximal 30 tausendstel Sekunden kurzen Impuls herrscht für mehrere Minuten bis zu drei Stunden lang Ruhe, bis wieder das nächste Signal ausgesandt wird. Wie das Phänomen entsteht und worum es sich bei diesen Sternen handelt, ist unklar. Bislang seien elf derartige Quellen entdeckt worden, schreiben Dick Manchester vom Australia Telescope National Facility und seine Kollegen im Fachmagazin "Nature" (Bd. 439, S. 817).
Russell Kightley MediaPulsar (Zeichnung): Wie ein Leuchtturm mit unregelmäßigen Stromausfällen |
Eingehüllt werden die Neutronensterne von einem Gasnebel aus geladenen Teilchen. Da diese Sterne ein eigenes Magnetfeld besitzen, kommt es bei dieser Drehung zu Wechselwirkungen zwischen Magnetfeld und der Gaswolke - dabei werden Radiowellen emittiert. Wie der bewegte Lichtstrahl eines Leuchtturms sendet der Pulsar dann rundum wechselnd elektromagnetische Strahlung ins All.
Als Astronomen vor mehr als 30 Jahren zum ersten Mal ein solches Radiosignal auffangen konnten, glaubten sie zunächst an eine außerirdische Intelligenz. Erst später erkannten sie hinter der pulsierenden Regelmäßigkeit die konstante Drehung eines Himmelskörpers.
Ganz anders als diese Pulsare verhalten sich die nun beobachteten RRATs: Ihre Radioimpulse sind mit einer Länge von teilweise nur zwei tausendstel Sekunden extrem kurz, und die Pausen zwischen den Signalen sind unregelmäßig und teilweise viele Minuten lang.
Dennoch haben die Wissenschaftler bei den meisten der beobachteten RRATS eine gewisse Regelmäßigkeit der Signale beobachtet, die jedoch immer wieder durch Unterbrechungen gestört ist. Die Signale erschienen wie das Licht eines Leuchtturms, der immer wieder von unregelmäßigen Stromausfällen betroffen sei, erklären die Astronomen.
Da die RRATs wegen der Kürze der Signale und den langen Pausen dazwischen nur schwer auszumachen seien, habe man die seltsamen kosmischen Signalgeber wohl bislang übersehen, schreiben die Forscher. Sie vermuten, dass sich in der Milchstraße mindestens 400.000 RRATs tummeln. Dagegen gibt es nur etwa 100.000 gewöhnliche Pulsare.
hda/ddp
Falschfarben-Bild: Eine Galaxie (blaue Wolke) erzeugt eine Schockwelle, die im Licht von Wasserstoffmolekülen grün leuchtet. (Bild: Nasa/JPL-Caltech)
Weltraumteleskop erspäht gigantische Schockwelle
Mit dem Nasa-Infrarotteleskop Spitzer haben Astronomen in einer Galaxiengruppe eine gigantische Schockwelle aufgespürt. Die "Stephans Quintett" genannte Galaxiengruppe ist Schauplatz einer gewaltigen kosmischen Kollision.
Das Team aus deutschen, amerikanischen, australischen und chinesischen Forschern hat mit dem Infrarot-Spektrometer des Weltraumteleskops die Galaxie NGC 7318b unter die Lupe genommen. Die Galaxie rast auf die anderen Galaxien der Fünfergruppe zu und erzeugt auf ihrem Weg durch das intergalaktische Gas eine gigantische Schockwelle mit mehr als 100.000 Lichtjahren Durchmesser.
Die Schockwelle verriet sich durch eine starke Infrarotstrahlung. Sie stammt von Wasserstoffmolekülen, die bei der Kollision von Materie zum Leuchten angeregt werden. "Die Stärke der Strahlung und die Tatsache, dass das Gas derart durcheinander gewirbelt wird, war für uns eine große Überraschung", sagt Gruppenleiter Philip Appleton vom California Institute of Technology in Pasadena.
Die Forscher hatten erwartet, Staubkörnchen zu sehen, fanden aber nichts außer einem Spektrum von Wasserstoffmolekülen. "So etwas haben wir in einem Galaxiensystem noch nie zuvor beobachtet", wird Appleton in einer Mitteilung der Max-Planck-Gesellschaft zitiert.
Die Wissenschaftler fanden in dem aufgenommenen Spektrum eine ungewöhnlich verschmierte Linie. Sie schließen daraus, dass sich das Gas mit einer Geschwindigkeit von 870 Kilometern pro Sekunde bewegt - rund hundertmal schneller als der Schall in Luft. "Anscheinend entstehen Wasserstoffmoleküle entweder in der Schockwelle oder hinter ihr, ähnlich Wassertropfen, die sich hinter einem Flugzeug bilden, das die Schallmauer durchbricht", sagt Richard Tuffs von der Astrophysik-Abteilung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg. In Stephans Quintett passiere das in kosmischen Dimensionen und bei einer Geschwindigkeit von Mach 100 oder mehr.
Die Beobachtungen geben Einblick in die Vergangenheit des Alls. Damals kollidierten und verschmolzen die Galaxien häufiger als in der Gegenwart. "So bietet uns eine benachbarte Galaxiengruppe, die von einer dichten Gaswolke verhüllt ist, ein Modell des Universums, wie es vor zehn Milliarden Jahren ausgesehen hat", sagt Cristina Popescu, die andere Autorin aus dem Heidelberger Max-Planck-Institut. Zu dieser Zeit waren bereits die ersten Galaxien entstanden, ihre Dichte und die des Weltraums waren allerdings viel höher als heute.
Die neuen Ergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass die helle Infrarotstrahlung weit entfernter Galaxien nicht nur von den Sternen ausgeht, sondern auch von gewaltigen Schockwellen im Gas kollidierender Galaxien erzeugt wird.
(N24.de, Netzeitung)
Q: http://www.n24.de/boulevard/wissen-und-technik/...2006030315002900002
Gr.
URL: http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,407836,00.html
"Orbiter"-Mission
Nasa-Sonde fotografiert Kanäle auf dem Mars
Die Nasa-Sonde "Orbiter" hat erste, beeindruckende Schwarz-Weiß-Fotos vom Mars geschickt. Darauf sind tief eingeschnittene Kanäle zu sehen, die vermutlich durch Wasser geformt wurden. Die Frage ist nun: Reichten diese Wasserspuren, um Leben zu ermöglichen?
Washington - Die aktuellen Fotos wurden aus einer Höhe von knapp 2500 Kilometer aufgenommen. Die Sonde hat vor zwei Wochen die Umlaufbahn des Mars erreicht und soll sich bis zum offiziellen Beginn ihres wissenschaftlichen Programms im November bis auf gut 300 Kilometer an den Planeten annähern. Ihre Spezialkameras können dann Objekte in der Größe eines Tisches aufnehmen. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa will herausfinden, ob es auf dem Roten Planeten genug Wasser für die Entstehung von Leben gab.
ORBITER-MISSION: BESTECHENDE BILDER VOM NACHBARN DER ERDE Klicken Sie auf ein Bild, um die Fotostrecke zu starten (7 Bilder). |
"Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir eine Vorstellung davon, dass es in Form von Eis wahrscheinlich reichlich Wasser auf dem Planeten gibt", sagte Alfred McEwen, ein Wissenschaftler des Nasa-Projekts. "Nun geht es darum herauszufinden, welchen Einfluss es auf den Klimawandel hat."
Neben ihren drei Kameras hat die Sonde eine Reihe von Instrumenten an Bord, die zur Erforschung der Bodenschätze auf dem Mars dienen, die Atmosphäre des Planeten untersuchen und Wasservorräte unterhalb der Oberfläche entdecken können. Die Sonde soll zudem Landeplätze für zwei weitere Nasa-Raumfahrtzeuge finden, die von 2008 und 2009 an Bodenproben nehmen und geologische Forschungen betreiben sollen.
In den kommenden sieben Monaten wird die Sonde durch die Reibung in der oberen Mars-Atmosphäre abgebremst und sich langsam an den Planeten annähern.
itz/Reuters
Stärkster Magnet im Universum
Es sind die stärksten magnetischen Kräfte im Universum: Wenn Neutronensterne kollidieren, erzeugen sie vermutlich Felder, die eine Billiarde mal stärker sind als das der Erde. Astronomen hoffen, mit ihnen die heftigsten Explosionen seit dem Urknall erklären zu können.
Die massereichen Winzlinge umkreisen sich in Zeitlupe und scheinen farbige Schweife hinter sich herzuziehen, die miteinander verschmelzen und einen Wirbel mit zwei Spiralarmen bilden. So stellt der Supercomputer der International University Bremen (IUB) die Kollision zweier Neutronensterne und das Magnetfeld dar, das sie dabei erzeugen - es wird hier durch Farben symbolisiert.
Video: http://www.spiegel.de/videoplayer/0,6298,10772,00.html
Gelb steht für die größte Stärke, 1015 Gauß, Blau zeigt Bereiche von 109 Gauß. "Das sind die stärksten Magnetfelder, die wir im Universum kennen", sagt Stephan Rosswog zu SPIEGEL ONLINE. Sie seien rund eine Billiarde mal stärker als das Erdmagnetfeld, berichtet der Astrophysiker der IUB im Fachblatt "Science" (Online-Vorabveröffentlichung).
Was Rosswog zusammen mit seinem Kollegen Daniel Price von der University of Exeter errechnet hat, entspricht weniger als einem Augenblinzeln: Die Computeranimation stellt die ersten 11 Millisekunden der Kollision dar. Die ungeheuren Kräfte der dabei entstehenden Magnetfelder könnten eine Erklärung für die sogenannten Gamma-Ray-Bursts (GRB) liefern.
Dabei handelt es sich um die stärksten kosmischen Explosionen seit dem Urknall. Seit dem vergangenen Jahr gelingt es Wissenschaftlern vermehrt, das Nachleuchten dieser GRBs zu beobachten. Eine einzige dieser Explosionen setzt mitunter mehr Energie frei als die Sonne während ihrer gesamten bisherigen Existenz von 4,6 Milliarden Jahren. In kosmischen Jets werden hier Partikel weit ins All hinausgeschleudert.
"Bei Gamma-Ray-Bursts haben wir es mit Materie zu tun, die beinahe Lichtgeschwindigkeit hat", sagt Rosswog. Nur, fragten sich die Physiker, wo kommt die Energie für diese Beschleunigung her? Magnetfelder galten da als plausible Kandidaten: Sie können schnell viel Kraft auf relativ wenig Materie ausüben - daher waren sie die Hauptverdächtigen für die Beschleunigung hinter den Gammablitzen.
Mit mehreren Jahren Vorlaufzeit und intensiver Arbeit in den vergangenen zwei Jahren entwickelten Price und Rosswog ein Rechenmodell für die auftretenden physikalischen Parameter beim Zusammenprall zweier Neutronensterne: Anziehungskräfte, Kernphysik, Hydrodynamik - "wir saßen einige Wochen praktisch Tag und Nacht am Computer, bis wir endlich einen Lösungsalgorithmus gefunden hatten. Die tatsächlichen Rechnungen liefen dann noch einmal fast einen Monat", sagt Daniel Price.
Rosswog ist zuversichtlich, dass die Computersimulation nahe an echte Kollisionen herankommt. "Momentan sind acht Systeme mit sich umkreisenden Neutronen-Doppelsternen bekannt. Sie alle haben fast exakt die 1,4-fache Masse der Sonne." Der Computer habe einen Zusammenprall mit "Standardmassen" simuliert. Das Resultat - blitzschnell entstehende, mächtige Magnetfelder - falle aber auch bei Sternen anderer Größe ähnlich aus.
Neutronensterne entstehen nach Supernovä von Sternen einer bestimmten Größe. Sie stellen in mehrfacher Hinsicht ein Extrem im Universum dar: Eine ähnlich große Masse wie die unserer Sonne wird in einem Neutronenstern auf eine Kugel von nur zehn Kilometern Durchmesser komprimiert. Sie ist damit 70.000 Mal kleiner als die Sonne. Diese extreme Dichte wird durch eng gepackte Neutronen erreicht. Manche von ihnen existieren in der kollisionsträchtigen Doppelsternkonstellation.
"Pro Tag gibt es mindestens eine solche Kollision irgendwo im Universum. So etwas kann man recht oft beobachten", sagt Stephan Rosswog. Dabei lässt sich allerdings nicht das Magnetfeld selbst messen, sondern nur sein mutmaßlicher Effekt beobachten. Eines hält Astrophysiker Rosswog für sicher: "Die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas in unserer kosmischen Umgebung passiert, ist verschwindend gering. Aber ich weiß auch nicht, ob wir das in der Nähe haben wollten."
stx
Q: http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,408846,00.html
Gr.
Tempel-1 kurz nach der Kollision (Foto: Nasa/JPL-Caltech/UMD) | |
Nasa-Projektil schlug Wasser aus Kometen
Der Einschlag eines Projektils der US-Weltraumsonde "Deep Impact" hat britischen Wissenschaftlern zufolge im vergangenen Jahr etwa 250.000 Tonnen Wasser aus dem Kometen Tempel 1 geschlagen.
"Die Beobachtung mit dem Satelliten Swift zeigen, dass dabei mehr Wasser über einen längeren Zeitraum freigesetzt wurde, als zunächst angenommen", berichtete der Leiter des Projektes, Dick Willingale von der Universität Leicester am Dienstag beim britischen Astronomie-Kongress an seiner Hochschule. Der Swift-Satellit ist mit einem Röntgen-Teleskop ausgestattet. Es wurde kurz vor der Kollision auf den Kometen gerichtet.
So konnten die Forscher beobachten, wie viel Wasser durch den Einschlag aufgewirbelt wurde. Die beobachtete Röntgenstrahlung entstand, als das Wasser in die den Kometen umgebende dünne Gaswolke aufstieg und vom Sonnenwind getroffen wurde. Dieser hochenergetische Teilchenstrom von der Sonne regte das Wasser zur Strahlung an.
Der Ausbruch der Strahlung habe insgesamt 12 Tage lang gedauert, berichteten die Astronomen nun. In den fünf bis zehn Tagen nach dem Einschlag habe der Himmelskörper täglich bis zu 40.000 Tonnen Wasser ins Weltall geschleudert.
Der gezielte Einschlag des Projektils der Nasa-Sonde "Deep Impact" geschah am 4. Juli 2005. Aus den Daten des Experiments, an dem neben britischen auch US-Wissenschaftler beteiligt sind, wollen die Astronomen Erkenntnisse zur Entstehung unseres Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren gewinnen. Viele Experten nehmen an, dass Kometen vor Milliarden von Jahren Wasser und organische Stoffe und damit die Grundbausteine des Lebens auf die Erde brachten.
(N24.de, Netzeitung)
<!--nachrichtentext ende -->Innenleben eines Kometen analysiert
Deep-Impact-Sonde kehrt zurück
Kometenbeschuss erzeugte Lichtblitz
Externe Links:
Nasa: Deep Impact
Nasa-JPL zur Mission
Die Vorstellung, im Weltraum wabere eine Alkoholwolke schier unvorstellbaren Ausmaßes, verführt zu Gedankenspielen. Was etwa hätte Captain Kirk gesagt, wenn er auf dem Bildschirm von "Raumschiff Enterprise" das Monstrum erspäht hätte? Und wäre Mr. Spock selbst unter solchen Umständen abermals nur ein trockenes "faszinierend" entfahren?
Die Entdeckung britischer Astronomen aber hat nichts mit Science-Fiction zu tun. Die Forscher des Jodrell Bank Observatory haben die Alkoholwolke als sehr reales Objekt in einem Teil der Milchstraße namens W3(OH) ausgemacht, einer wilden Region, in der Sterne durch die Zusammenballung von Gas und Staub entstehen.
Ob die Milchstraße nun umbenannt werden muss, lassen die Forscher offen. Eine Enttäuschung für durstige Weltraumreisende haben sie dennoch parat: "Es ist zwar aufregend, eine Alkoholwolke von fast 500 Milliarden Kilometern Durchmesser zu entdecken", sagte Forschungsleiterin Lisa Harvey-Smith. "Aber leider ist Methanol, anders als sein chemischer Cousin Ethanol, nicht für den Verzehr durch den Menschen geeignet." Gerade Astronomen sollten sich vor Methanol hüten: Die Alkoholsorte steht in dem Ruch, unvorsichtigen Trinkern das Augenlicht zu nehmen. Auch für einen Drink im All, etwa auf der Brücke eines Raumschiffs, sind das keine guten Voraussetzungen.
Die Astronomen jedenfalls erhoffen sich von der Entdeckung ein besseres Verständnis darüber, wie neue Sterne entstehen. Methanol war erstmals 2004 in einer scheibenförmigen Zusammenballung junger Sterne gesichtet worden. Die Entdeckung hatte die These in Frage gestellt, dass im interstellaren Raum keine komplexen Moleküle entstehen könnten, weil sie durch ultraviolette Strahlung und andere ungünstige Bedingungen zerstört würden.
Inzwischen aber haben Forscher 130 organische Moleküle im Weltraum gefunden. Die komplexen Moleküle, so vermutet man seither, könnten die Grundbausteine des Lebens auf die junge Erde gebracht haben. Alkohol schon in der frühesten Phase der Schöpfung - in bestimmten religiös denkenden Zirkeln könnte das für erhebliche Ernüchterung, wenn nicht gar für Katerstimmung sorgen.
mbe/AFP
Gigant könnte Milliarden Sterne fressen
In einem fernen Galaxienhaufen kreisen zwei Schwarze Löcher eng umschlungen umeinander - eng genug, um eines Tages miteinander zu verschmelzen. Dabei wird ein gewaltiges Schwarzes Loch entstehen, das Milliarden Sterne auffressen könnte.
Sie bilden ein Paar, dessen Schicksal Astronomen für besiegelt halten: Die beiden schwarzen Löcher haben sich in 325 Millionen Lichtjahren Entfernung von der Erde zusammengefunden - und sie werden miteinander verschmelzen. Das zumindest glauben Thomas Reiprich von der Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn und seine Kollegen.
Spur im All: Die beiden Schwarzen Löcher stoßen Gas aus, das durch Magnetfelder in zwei Richtungen gebündelt wird. Die Aufnahme des Radiotelekops zeigt die verformten Gasströme, sogenannte Lobes
Fotostrecke: 3 Bilder
http://www.spiegel.de/fotostrecke/...4-SUQ9MTMyNDkmbnI9MQ_3_3,00.html
Angezogen von ihren gigantischen Kräften seien die beiden Schwarzen Löcher unentrinnbar miteinander verbunden, erklärte Reiprich. Ihr Abstand werde sich immer mehr verringern. "Die beiden Schwarzen Löcher im Galaxienhaufen 'Abell 400' sind bereits seit geraumer Zeit wegen ihrer Radiowellen bekannt", sagte Reiprich. "Mit dem Röntgensatelliten 'Chandra' konnten wir jetzt endlich unsere Vermutung beweisen, dass sie durch die Schwerkraft aneinander gefesselt sind und irgendwann verschmelzen werden."
Craig Sarazin von der University of Virginia erklärte, die Frage sei gewesen, ob es sich um ein "verheiratetes Paar" Schwarzer Löcher handle oder um zwei Fremde, die einander zufällig begegnet seien. "Jetzt wissen wir, dass sie verbandelt sind - aber eher wie zwei Schwarze Witwen." Bei den Spinnen endet der Liebesakt oft tödlich für das Männchen: Es wird vom Weibchen verspeist.
Beziehungsdrama in drei Phasen
Der Verschmelzungsprozess der Schwarzen Löcher werde jedoch frühestens in einer Million Jahren stattfinden, schreiben die Forscher im Fachblatt "Astronomy & Astrophysics". Die beiden stünden erst am Anfang einer langen Beziehung, die aus drei Phasen besteht.
Zunächst geht bei der Rotation Energie verloren, und die beiden Schwarzen Löcher rücken näher zusammen. In der zweiten Phase, dem sogenannten "Drei-Körper-Prozess", werden einzelne Sterne, die dem Paar zu nahe kommen, angezogen. Dabei werden die Sterne auf eine hohe Geschwindigkeit beschleunigt und schließlich wieder "herausgekickt" - sie entziehen dem System dabei weitere Energie. Im dritten und letzten Kapitel des Beziehungsdramas schließlich kommen sich die beiden Schwarzen Löcher so nahe, dass starke Gravitationswellen frei werden. Dabei geht weitere Energie verloren und es kommt zur Verschmelzung.
Das Ergebnis wird ein supermassives Schwarzes Loch sein, dessen Masse so extrem groß ist, dass es nach Meinung der Forscher Milliarden Sterne auffressen könnte.
Mit Hilfe "Chandra"-Röntgenteleskops konnten die Wissenschaftler die Geschwindigkeit bestimmen, mit der sich die beiden Schwarzen Löcher durch den Galaxienhaufen bewegen: 1200 Kilometer pro Sekunde. Ein Galaxienhaufen besteht aus Galaxien und heißem Gas, das im Zentrum des Haufens am dichtesten ist. "'Chandra' misst mit einer bisher unerreichten räumlichen Auflösung die Röntgenstrahlung, die von dem Gas ausgeht", erklärte der US-Forscher Daniel Hudson. "Sie verrät uns Temperatur, Dichte und Druck des Gases."
Hudson konnte beweisen, dass die Schwarzen Löcher durch das Gas pflügen wie ein Schiff durchs Wasser und dabei Wellen schlagen - die Vielfraße bewegen sich also gemeinsam in eine Richtung. Direkt vor den Schwarzen Löchern befindet sich ein sogenannter Hot Spot; hier ist die Temperatur des Gases am höchsten. Das Gas werde von den dahinrasenden Schwarzen Löchern zusammengepresst, erklärte Reiprich. Aus dem Vergleich der Temperaturen im Hot Spot und in der sonstigen Umgebung könne die Geschwindigkeit der Massegiganten berechnet werden.
Holger Dambeck
Q: http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,410146,00.html
Gr.
von Norbert Lossau
Blick zurück: das Weltall vor 13 Milliarden Jahren
Foto: dpa
Der nächtliche Sternenhimmel hat die Menschen schon immer tief berührt und zum Nachdenken angeregt. Wie viele Sterne gibt es? Ist das Weltall unendlich groß? Diese Fragen drängen sich beim Blick in das unermeßlich scheinende Schwarz des mit funkelnden Sternen gesprenkelten Himmels geradezu auf. Doch weder ein unendliches All noch ein räumlich begrenztes Universum können wir uns so recht vorstellen.
"Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit", scherzte einmal Albert Einstein, "aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Und bis heute sind sich die Wissenschaftler in dieser Frage nicht ganz sicher. Akzeptiert man das Urknallmodell, dann kann sich das Weltall in den 13,7 Milliarden Jahren seiner bisherigen Existenz nur bis zu einer bestimmten Größe aufgeblasen haben. Der Radius des sichtbaren Weltalls beträgt demnach maximal 13,7 Milliarden Lichtjahre, und es wäre damit endlich. Jenseits dieses Volumens läge eine grundsätzlich unvorstellbare Terra incognita. Dennoch fragt der menschliche Geist weiter: Was liegt hinter dem Rand unseres Universums, wenn es endlich sein sollte?
Die meisten Astrophysiker sind derzeit davon überzeugt, daß sich das Universum immer weiter ausdehnt und es damit zumindest perspektivisch unendlich ist. Noch vor wenigen Jahren wurde eine andere Theorie diskutiert: Wenn die Masse im Weltall einen bestimmten Wert überschreiten sollte, dann würde die derzeit zu beobachtende Expansion des Universums aufgrund der Gravitationskräfte irgendwann zum Stillstand kommen. Anschließend könnte es gar wieder in sich zusammenstürzen. Die Entdeckung der sogenannten dunklen Materie und die ebenfalls recht frische Erkenntnis, daß Neutrinos - winzige Elementarteilchen, die überall in Sternen produziert werden - nicht massefrei sind, sprachen für diese Theorie eines "Zurück zum Urknall" und einer Endlichkeit des Alls. Diese Sicht der Dinge hatten Gelehrte bereits in der Antike vertreten - ganz ohne Teleskope und Forschungssatelliten. Aristoteles glaubte an ein endliches Universum, das allerdings von einer unendlichen Leere umgeben sein sollte.
Doch im Moment liegen die Astrophysiker wieder eher auf der Linie des Philosophen Immanuel Kant, der in seiner Königsberger Studierstube zu der Überzeugung gelangte, daß das Universum unendlich sei. Erst vor wenigen Jahren entdeckten Forscher die überaus mysteriöse "dunkle Energie", die gleichförmig im Weltall verteilt ist und wie eine Antigravitationskraft wirkt. Damit wird die Anziehungskraft der sichtbaren und unsichtbaren Materie überkompensiert: Das All dehnt sich unendlich aus. "Das ewige Schweigen dieser unendlichen Räume erschreckt mich", hatte schon im 17. Jahrhundert der französische Philosoph Blaise Pascal formuliert. Und Johann Wolfgang von Goethe erschauderte: "Wo faß ich dich, unendliche Natur."
Das ungezwungenste Verhältnis zum Unendlichen haben zweifelsohne die Mathematiker, die sich nicht einmal davor scheuen, in ihren Formeln ein Symbol für "unendlich" zu verwenden: . Vor genau 350 Jahren, also 1656, erfand der britische Mathematiker John Wallis dieses Zeichen. Möglicherweise hat er sich dabei von einem mythologischen Bild inspirieren lassen, das schon 1600 vor Christus bekannt war: eine zu einer Acht gewundene Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt.
In der Welt der Mathematik stößt man unweigerlich auf das Phänomen des Unendlichen. Man muß kein Gelehrter sein, um zu erkennen, daß die Folge der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, 4 ... offenbar nicht endet und man zu jeder Zahl n eine Zahl n+1 finden kann, die noch größer ist als n. Kurzum: Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen, und es bereitet den meisten kein Kopfzerbrechen, dies zu akzeptieren. Schwieriger einzusehen ist es schon, daß die Menge der natürlichen Zahlen nicht größer ist als die Menge der natürlichen, durch zwei teilbaren Zahlen 2, 4, 6, 8, ... Intuitiv könnte man vermuten, daß die eine Unendlichkeit doppelt so mächtig ist wie die andere. Doch zwei mal bleibt , ebenso wie zwei mal null unverändert null ist. Die Null und das Unendliche sind ohnehin eng miteinander verbandelt. Ein indischer Mathematiker erkannte bereits im Jahre 678, daß man auf das Unendliche stößt, wenn man eine beliebige Zahl durch null teilt. Deshalb ist es verboten, Zahlen durch null zu teilen. Probieren Sie das ruhig einmal mit Ihrem Taschenrechner. Er wir ihnen "Error" melden oder bestenfalls "" anzeigen.
Viele Bereiche der Mathematik sind von einer Aura des Unendlichen umgeben. Da werden Schwingungen jeder Art als Summe von unendlich vielen Sinuskurven dargestellt oder Grenzwerte von unendlich langen Zahlenfolgen berechnet. Und die berühmte Zahl zieht auch deshalb soviel Aufmerksamkeit auf sich, weil sie eine nicht endende, unendlich lange Folge von Dezimalstellen birgt. Neben dem unendlich Großen beherrschen die Mathematiker auch das unendlich Kleine, mit dem sie beispielsweise in der Differentialrechnung ebenso ungeniert umgehen. An den Berührungspunkten von unendlich klein und unendlich groß wird es dann besonders spannend. So stellt sich beispielsweise bei der schlichten Reihe 1 + 1/2 + 1/3 + 1/4 + 1/5 ... die Frage, ob das Ergebnis dieser unendlichen Rechenaufgabe eine bestimmte Zahl, ein sogenannter Grenzwert, ist oder ob die immer kleiner werdenden Summanden in ihrer unendlichen Folge schließlich doch noch den Sprung in die Unendlichkeit schaffen. Der französische Bischof Nikolaus von Oresme fand im Jahre 1350 als erster die Antwort: Diese Summe ist unendlich groß. Quadriert man jedoch die Nenner, so gelingt es den unendlich vielen Summanden 1 + 1/4 + 1/9 + 1/16 + ... nicht mehr, die Hürde zur Unendlichkeit zu überwinden. Die Summe ist dann erstaunlicherweise 1/6 2, wie Leonhard Euler (1707-1783) zeigen konnte.
Als Großmeister der Unendlichkeit gilt indes der Mathematiker Georg Cantor (1845-1918). Ihm gelang der Beweis, daß es verschiedene, unterschiedlich große Unendlichkeiten gibt. So gibt es zum einen "kleine" unendliche Mengen, die als "abzählbar unendlich" bezeichnet werden. Prototyp dafür sind die natürlichen Zahlen. Cantor zeigte jedoch, daß es auch unendliche Mengen gibt, die in einem prätzisierbaren Sinn "größer", also "überabzählbar unendlich" sind. Und er setzte noch eins drauf: Es gibt sogar unendlich viele "Größen" von Unendlichkeit. Zu jeder noch so großen Unendlichkeit gibt es also noch eine größere Unendlichkeit. Vorstellen kann man sich dies nicht mehr wirklich, aber wir dürfen dem Genie Cantor glauben, daß er damit recht hat.
"Keine andere Frage", so zeigte sich der berühmte Mathematiker David Hilbert (1862-1943) überzeugt, "hat den menschlichen Geist je so tief bewegt wie das Unendliche." Bei der Auseinandersetzung mit dem Unendlichen ist allerdings nicht immer unterschieden worden, daß dieser Begriff mindestens drei Bedeutungen hat: Das Unendliche in der Physik, das Unendliche in der Mathematik und schließlich die absolute Unendlichkeit, wie sie theologisch verstanden wird. Dabei ist es keineswegs ausgemacht, daß sich das Unendliche in der Physik überhaupt mit den Unendlichkeitskonzepten der Mathematik beschreiben läßt.
Tatsächlich versuchen Physiker, in ihren Theorien "Singularitäten" zu vermeiden, bei denen eine physikalische Größe den Wert annimmt. In der Schule haben wir gelernt, daß Elektronen punktförmige Elementarteilchen mit einer bestimmten Masse und elektrischen Ladung sind. Wenn das stimmt, dann wäre die Materiedichte und die Ladungsdichte im Elektron unendlich groß. Mathematiker haben damit kein Problem. Doch Physikern bereitet das Bauchschmerzen. Sie haben daher in den vergangenen Jahrzehnten Theorien entwickelt, die Elektronen und andere Elementarteilchen als räumlich ausgedehnte Objekte beschreiben - als sogenannte Strings.
Viele verbinden mit dem Begriff Unendlichkeit nicht so sehr Physik oder Mathematik, sondern mit Religiösem und Mythischem. "Der Mensch hat das tiefe Bedürfnis, in seinem Leben einen Sinn zu erkennen. Insofern ist offenbar die Sehnsucht nach dem Transzendenten und dem Unendlichen im spirituellen Sinne fest im menschlichen Gehirn verankert", erklärt der Bremer Hirnforscher Professor Gerhard Roth.
Die zeitliche Begrenztheit des menschlichen Lebens, verbunden mit dem Bewußtsein davon, spielt sehr wahrscheinlich eine große Rolle bei unserer Verführbarkeit für das Unendliche, Transzendente, Esoterische. Nach christlichem Glauben stößt das Osterfest ein Tor zur Unendlichkeit auf. Die Auferstehung Jesu Christi verheißt den Gläubigen das ewige, also unendlich lange Leben. "Die unzureichende Sinneswahrnehmung widerlegt die Unendlichkeit nicht", hatte einst der Mönch Giordano Bruno geschrieben, der für seine moderne Sicht des Universums auf dem Scheiterhaufen landete. Doch beweisen lassen wird sich mit den Methoden der Mathematik, Physik oder auch der Philosophie niemals, ob es das absolut Unendliche gibt. Das wird immer eine Frage des Glaubens bleiben. Gleichwohl hat das menschliche Gehirn offenbar die Fähigkeit, sich mit Unendlichkeit auseinanderzusetzen. Und auch Nicht-Christen werden möglicherweise Thomas von Aquin zustimmen, der vor rund 800 Jahren sagte: "Unser erkennender Geist spannt sich, in dem er etwas erkennt, ins Unendliche aus."
Q:
http://www.welt.de/data/2006/04/15/874170.html
Gr.