Antizykliker-Thread - v2.0
Du bist ja nicht wirklich bullisch, sondern willst lediglich nicht in 'manipulierten' Bullmärkten Selbstmord begehen. Was ansich ja schon mal vernünfftig ist. Später, wenn das Wort 'Krise' eingetauscht sein wird gegen 'verhaltenen Optimismus', wirst du vielleicht wirklich bullisch drauf kommen. Und Dich schon wieder über die Antizykliker ärgern, weil die sich bereits auf den nächsten grossen Bearmarket vorbereiten...
Bankaktien werder hier ja öfter als az Idee gehandelt. Kann sein, persönlich fasse ich die aber nicht an. Die Renditen #vor Lehman' werden sicher a' la long nicht mehr erreichbar sein...
Fill
Wenn ein Banker oder CEO 10 Millionen Euro p.a. verdient, dann sich das 50 sehr gute Ingenieursgehälter inklusive aller Arbeitgeberanteile.
Verdient einer dieser Finanzmanager 100 Millionen Euro (und das gibt es), dann sind das 500 sehr gute Ingenieursgehälter inklusive aller Arbeitgeberanteile.
"Gerechtferigt" wurde/wird das durch einen "Gewinn", der auf Kursteigerungen beruht. Operativ oder produktionsbezogen wurde und wird da nie etwas "gewonnen".
Fill
Auch meine Forderung an Nehmerländer die Psychologie der Geberländer zu berücksichtigen als die Hoffnung auf den Finalen Default zu interpretieren zeugt eher von der hier immer noch vorherrschenden banal-kausalen Vorstellung der Bären gespeist zu sein.
Definierst Du Bullisch sein als fundamentale Sichtweise, hast Du Recht mit deiner Vermutung, dass ich nicht wirklich Bullisch bin.
Die Krone der Argumentationskette ist dann der Glaube und die immerwährende Unterstellung, dass ein Bär im Gegensatz zu den Antizyklikern immer falsch liegen wird.
Das hat im AZ schon fast religiöse Züge angenommen! Der Mensch braucht den Glauben!
Antizyklik: Wer mit dem breiten Sentiment spekuliert liegt grundsätzlich und immer falsch - im grossen Bild natürlich. Eine Ausnahme bilden lediglich hartgesottene Permas in beide Richtungen, die logischerweise periodisch Recht bekommen...
Fill.
alles hier im Link..... http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/...bsfaehiger-a-847043.html
Ohne die Billionen Geldspritzen in den Markt wäre Bullenland schon längst abgebrannt. Man kann Manipulation auch durch Intervention ersetzten, falls es genehm ist.
Man könnte ja auch an Rüstungsausgaben sparen, doch anscheinend gibt es Mechanismen die dies gekonnt verhindern. Wir Deutsche verdienen gut daran, und haben vielleicht auch deshalb ein schlechtes Gewissen, dass die Haushaltslage Griechenlands so eine eklatante Schieflage angenommen hat. Deshalb die seltsam anumutenden Solidaritätsbekundungen der Volks- und Regierungsparteien die um diesen Umstand wissen?
Mittlerweile haben wir erfolgreich eine ganze Generation ausgebildet, die diesen Business-School-Unsinn unreflektiert nachplappert ... und immer noch denkt, sie könnte weiter schmarotzen.
Börsen steigen nicht aufgrund überzeugender Kennzahlen, sondern in der scheinbar grundlosen Hoffnung auf Besserung. Sie dreht, wenn diese Besserung eingetreten ist...
Fill
'Der ehemalige Bundesbanker Sarrazin hat den "Tabubruch", die öffentliche Artikulierung der an deutschen Stammtischen gepflegten Ressentiments, zu seiner Geschäftsgrundlage gemacht. Sarrazin sagt in aller Öffentlichkeit das, was insgeheim "alle denken". Eine ähnliche Funktion im öffentlichen Diskurs nehmen noch weitere Figuren aus der Funktionselite der Bundesrepublik ein, wie etwa der Ökonomieprofessor Hans Werner Sinn und der ehemalige BDI-Präsident Hans Olaf Henkel. Zumeist wendet sich dieses in der Mitte der Gesellschaft ausgebrütete und kommerziell äußerst erfolgreiche "Denken" gegen Minderheiten und Menschengruppen, die insbesondere in Krisenzeiten als Belastungen und unnütze Kostenfaktoren für den "Wirtschaftsstandort Deutschland" stigmatisiert werden – seien es nun Türken, Arbeitslose oder Südeuropäer.
Der extremistische Ökonomismus
Der Tabubruch gleicht einem Zivilisationsbruch, bei dem erneut eine Ungleichwertigkeit von Menschen öffentlich propagiert wird. Diese postulierte Minderwertigkeit bestimmter Bevölkerungsgruppen wird aber mit explizit ökonomischen Argumentationsmustern legitimiert. Die ökonomische Leistungsfähigkeit eines Menschen bestimmt in dieser Ideologie dessen Wert. Sobald Menschen aus der kapitalistischen Arbeitsgesellschaft herausfallen, wird ihnen die Anerkennung verweigert, ...
Spätestens seit dieser berüchtigten Sarrazin-Debatte im Sommer 2010 konnte sich ein entsprechender öffentlicher Diskurs durchsetzen, der von einem totalitären Ökonomismus geprägt ist. Hierbei werden alle Gesellschaftsbereiche und Bevölkerungsschichten auf ihre ökonomische Verwertbarkeit überprüft. Dieses Amok laufende Rentabilitätsdenken greift erst dann auf Rassismus oder Sozialdarwinismus zurück, wenn es Erklärungen für Krisenphänomene liefern soll – etwa für das Aufkommen einer Unterschicht in der BRD oder für die Schuldenkrise in Südeuropa. Die Nation wird zusehends als eine "Leistungsgemeinschaft" wahrgenommen, die gegen "unproduktive" Elemente und "Kostenfaktoren" vorgehen müsse: von den renitenten Griechen über faule Arbeitslose bis zu den arabischen Migranten...
...Die Propagandisten des totalitären Ökonomismus kommen tatsächlich in der Maske des Demokraten daher, die sich besorgt über politisch korrekte "Denkverbote" geben und "unbequeme Wahrheiten" auszusprechen vorgeben, die unter Bezugnahme auf Halbwahrheiten und einseitig ausgewertetem statistischen Material auch noch mit wissenschaftlichem Anspruch "bewiesen" werden solle
'..Inzwischen ist dieses Denken im öffentlichen Diskurs längst hegemonial geworden. Wenn ein Markus Söder fordert, an Griechenland "ein Exempel" zu statuieren, dann kann er die Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands auf seiner Seite wissen. Ähnlich argumentierte auch FDP-Chef Rösler, der den Ausschluss Griechenlands aus der EU herbeireden will. Ein ganzes Land wird hier von der deutschen Politkaste "abgeschrieben", zur Desintegration freigegeben, die den sozioökonomischen Zusammenbruch Griechenlands vollenden wird, der durch den von Berlin und Brüssel oktroyierten Sparterror eingeleitet wurde – und wir können uns sicher sein, dass dieser Reflex des Ausschlusses ganzer Volkswirtschaften auch in Bezug auf die anderen südeuropäischen EU-Staaten in der deutschen Öffentlichkeit überhandnehmen wird, sobald der Krisenprozess auch bei diesen Ländern weiter voranschreitet...
...Dieser extremistische Ökonomismus stellt somit eine Krisenideologie dar, die eine "reaktionäre Reaktion" der verängstigten Mittelschichten auf die Krisendynamik bildet. Dabei ist der ideologische Mechanismus der Personifizierung von Krisenursachen entscheidend, der die Krisenopfer zu den Verursachern der Krise halluziniert. In vielen abstiegsbedrohten Bevölkerungsgruppen greift eine Art "Bunkermentalität" um sich, bei der die eigene soziale Stellung dadurch behauptet werden soll, dass die Krisenopfer für die Krise verantwortlich gemacht werden, um vermittels dieser Personifizierung der Krisenursachen die daraus folgenden Maßnahmen der Marginalisierung und Abstrafung der Krisenverlierer zu legitimieren.
Die unproduktiven Kostenfaktoren (wie Griechen, Arbeitslose, Alte, Kranke), deren bloße Existenz die nationale Leistungsgemeinschaft belastet, sollen weg. Dies ist letztendlich ein absurdes, mörderisches und ins Magische tendierende Denken, das die Krisenursachen zu Eigenschaften von Menschen halluziniert. Die objektiv aus dem Krisenprozess resultierende Exklusion immer größerer "überflüssiger" Teile der Menschheit aus der Arbeitsgesellschaft findet ihre ideologische Legitimierung in den entsprechenden extremistischen Diskursen, die den Arbeitslosen und Bewohnern der betroffenen Länder eine rassistisch oder kulturalistisch grundierte Minderwertigkeit andichten. Ohne Krise gäbe es somit Sarrazin als politisches Phänomen nicht. Sarrazin verleiht all den dumpfen Krisenängsten Ausdruck, die Deutschlands penibel gepflegte Reihenhaussiedlungen erfasst haben...
In ihrem Kern (Die Krise kurz erklärt) handelt es sich bei den gegenwärtig
''..In ihrem Kern (Die Krise kurz erklärt) handelt es sich bei den gegenwärtigen Verwerfungen um eine Krise der kapitalistischen Arbeitsgesellschaft, die durch die dritte industrielle Revolution in Mikroelektronik und Informationstechnologien ausgelöst wurde. Letzten Endes ist der Kapitalismus schlicht zu produktiv für sich selbst geworden. Dieses System stößt an eine "innere Schranke" (Robert Kurz) seiner Entwicklung. Die immer schneller um sich greifende Rationalisierung und Automatisierung führen dazu, dass immer mehr Waren in immer kürzerer Zeit durch immer weniger Arbeitskräfte hergestellt werden können.
Die aufgrund dieser zunehmenden kapitalistischen Krisendynamik aus der Kapitalverwertung herausgefallenen, "überflüssigen" Menschen werden für die hieraus resultierenden, sozialen Desintegrationserscheinungen verantwortlich gemacht. Die bloße Existenz dieser auf soziale Transferleistungen angewiesenen Menschen wird so zum Problem, zur Ursache der gegenwärtigen Krisenerscheinungen erklärt – diese Krisenverlierer waren schlicht nicht "leistungswillig", so das Mantra von Professor Hans-Werner Sinn, Sarrazin, Henkel, Rösler, Söder und Co....'
ganz telepolis
Diese Möglichkeit hatte ich in meinem beitrag gewissermaßen unterschlagen.
Es gibt natürlich 2 Möglichkeiten, die Währung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit anzupassen und damit wieder wettbewerbsfähig zu werden.
Eine nominal Abwertung - diese Möglichkeit steht den einzelnen Staaten innerhalb des Euros aber nunmal nicht zur Verfügung - aber eben auch eine reale Abwertung- dazu müssten dann die Löhne, aber auch die Preise entspreched gesenkt werden.
Bei Griechenland gehen verschieden Experten davon aus, dass wenigsten Lohnsenkungen von 30% - 40% notwendig wären. Ausserdem müssten sich diese Lohnsenkungen dann auch entsprechend durch niedrigere Preise an die Konsumenten wiedergegebne werden.
Wenn ich mir was aussuchen dürfte, dann würde ich den Weg von weitgehenden Schuldenschnitten und anschließenden Lohnsenkungen klar bevorzugen.
Was Du m.M. nach ganz richtig siehst, Fill, wird das praktisch aber kaum durchsetzbar sein -zumindest nicht auf friedlichem Wege.
Wenn man diesen europäischen Monsterstaat schaffen möchte, um den Südländern eben diesen Weg aufzuoktroieren, dann sollte man sich m.M. nach schwer davor hüten. Das hätte im übrigen schon totalitäre Züge
Das kann nicht gutgehen.
Wenn man dies aber bleiben ließe und stattdessen einen Schuldensozialismus schüfe, so würde sich das Dilemma von Handelsbilanzdefiziten, hoher Verschuldung fehlender Wettbewerbsfähigkeit und strukturellen Problemen zu Lasten aller immer weiter fortsetzen.
Was ausserdem eher früher als später zwangsläufig zu einer Überforderung der Kernländer führte und diese selbst in große Bedrängnis brächte.
Deswegen brauchen die schwachen Südländer unbedingt eine eigene Währung.
P.S. Auf Deine Interessante Frage zu der Funktionsfähigkeit von großen Währungsräumen wie den U.S.A, China oder Brasilien antworte ich noch dezidiert.
Das wird aber glaube ich eher was am Wochenende. Sehr interessante Frage, aber recht aufwändig zu beantworten ich will es versuchen.
Als ersten Hinweis, schau Dir mal die regional recht starken Lohnunterschiede an.
In Brasilien beträgt der Mindestlohn bspw. umgerechnet 236 Euro, das ist weniger als das was bei uns im Rahmen von hartz4 als sogen. Existenzminimum gilt.
Schau dir mal die wenig entwickelten staatlichen Sozial- Renten- und Gesundheitssysteme und die Rolle der Gewerkschaften in diesen Ländern an.
In Brasilien, U.S.A und China werden die einzelnen Bundesstaaten bzw. Provinzen dabei finanziell nur wenig durch den Bundesdistrikt unterstützt.
In Brasilien untersagt das "Gesetz zur Finanzpolitischen Verantwortung" der Zentralregierung eine Kreditvergabe an die einzelnen Bundesstaaten sogar vollends und nimmt die Gouverneure auf juristischer und finanzieller Ebene stark in die Verantwortung.
Die U.S. Bundesstaaten finanzieren sich ebenfalls recht eigenständig. Sie können dafür Komunalanleihen geben. Transferzahlungen des Bundes gibt es nur zweckgebunden.
Im Grunde ist das System mit unseren EU-Fördergeldern gar nicht so unähnlich.
Der Bund kann dabei diese Zahlungen theoretisch jederzeit einstellen, was gelegentlich auch passiert. Kommunen die insolvent werden, werden dort NICHT aufgefangen.
Letzte Woche ist dort gerade die 43. Kommune pleite gegangen.
Auch kleinere regionale Banken werden dort übrigens nicht aufgefangen. Seit Lehmann sind dort sang- und klanglos über 250 Banken Pleite geagangen!
Doch gab es das schon einmal: die lateinische Münzunion von 1865 bis 1927 mit 10 Staaten:
http://www.welt.de/finanzen/article108413049/...iechen-beim-Geld.html
"Obwohl die Union nie funktionierte, vegetierte sie mehr als sechzig Jahre lang vor sich hin. Sie überstand die große Depression der 1870er-Jahre und die Baring-Krise von 1890. Erst die Katastrophe des Ersten Weltkriegs und der nachfolgende wirtschaftliche Kollaps führten mit ein paar Jahren Verspätung zum Ende im Jahr 1927. Eine nicht funktionierende Währungsunion kann erstaunlich langlebig sein."
Nur noch als Gedankensplitter, weil ich gleich weg muss: Legitimität wie die historische Durchsetzungskraft des Kapitalismus hängen nicht, wie vielleicht gemutmasst, am 'pursuit of happiness', sondern an der sozialen Flankierung seiner unvermeidlichen Härten. Also in Sozial-Transfers in irgendeiner Form. Ein radikaler Kapitalismus a'la Austrians ff Ron Paul, der sich diese sozialen Kosten ersparen will, ruiniert hingegen seine eigene Grundlage - nämlich der freiwilligen Integration der de facto chancenlosen Mehrheit. ..
Fill
Zeitpunkt: 01.08.12 09:35
Aktion: Löschung des Beitrages
Kommentar: Löschung auf Wunsch des Verfassers
Fill
Empathie habe ich durchaus, Verständnis und bessere Alternativen leider nicht. Wer glaubt, langfristig nur die Rosinen picken zu können, darf sich nicht wundern, am Ende eine Monsterkröte schlucken zu müssen. Kapitalismus ist kein Waldorf-Kindergarten. Da gehören Bruchlandungen betrunkener Piloten nun eben dazu. Man kann den Absturz in gewissem Maße abfedern, verhindern kann man ihn nicht. Wir verschwenden unsere Energie auf letzteres und erreichen am Ende nicht mal ersteres.
Tja, und jetzt sitzt die Monsterkröte auf der Akropolis und alle Griechen fragen: Was, die sollen wir schlucken? Die "schlechten Europäer" antworten: Ja, tut uns leid. Die "guten Europäer" aber sagen: Nö, lasst mal, die verschwindet schon wieder und bis dahin übernehmen wir die Rechnung. Für mich gibt's nur 2 Möglichkeiten: Entweder den "guten Europäern" geht's zu gut oder sie sind schlicht und ergreifend sackdoof.
Bei Spanien wird's ja noch dreister. Da wird nicht mehr monatelang diskutiert, da werden die Pakete quasi im Wochentakt beschlossen. Ich möchte mal daran erinnern, dass das ganze nicht nur Spielgeld ist. Irgendwann muss das Geld auch fließen und einer muss zahlen. Ich nehme jetzt mal nicht die Bilanzsummen von EFSF und ESM sondern nur die beschlossenen Hilfspakete und Schuldenschnitte für GR und ES. Das sind 480 Milliarden Euro. Bei einer Bevölkerungszahl der zahlungsfähigen Staaten von - wohlwollend gerechnet - ca. 240 Millionen bedeutet das 2.000 Euro pro Kopf oder 8.000 Euro für eine vierköpfige Familie. Da Geringverdiener sicher anders belastet würden als Besserverdienende, bedeutet dies locker 20.000 Euro für einen gestandenen Akademiker. Die zahlungsfähigen Staaten nicht so wohlwollend angesetzt und die Bilanzsummen von EFSF sowie ESM verwendend (1 Billion), landet man hier sehr schnell bei 100.000 EUR. Und das ist nur das, was bereits beschlossen wurde. Aufstände hin, Appelle an die Empathie her, das ist nicht alternativlos sondern verantwortungslos.