Herr Löw bitte treten Sie zurück
Jetzt wird der Vertrag, der Ende August ausläuft, nicht verlängert. „In einer Stunde des Abschieds, so bitter und enttäuschend dieser auch sein mag, ist meine Hoffnung, dass sich 2014 der Traum vom WM-Titel erfüllt“, erklärte Stenger. Sein Nachfolger wird Jens Grittner (42).
HOMOPHOBIE-VORWURF GEGEN BVB-KEEPER
"Besonders widerwärtig"
Roman Weidenfeller beklagt, dass ihn Joachim Löw nicht ins DFB-Team einlädt. Vielleicht solle er "zierlicher" werden, so der Torwart. Nun gilt er als schwulenfeindlich. VON MARCUS BARK
Tja, nützt ihm nichts, dass er so lange Haare hat und so robust ist. Bild: dpa
DORTMUND taz | Bis zum Ferienende gilt bei Borussia Dortmund die Regelung, dass die Profis nur einmal in der Woche Autogramme nach dem Training schreiben. Am Dienstag verbrachte etwa Trainer Jürgen Klopp protokollierte 79 Minuten damit. Ganz traurig aber verließen auch am Mittwoch die vielen Kinder nicht das Übungsgelände im Dortmunder Vorort Brackel.
Roman Weidenfeller war außer der Reihe an die Bande gekommen und hatte seinen Namen auf Poster und Trikots gesetzt. Später sprach er dann über Wunschgegner für die Gruppenphase in der Champions League, die heute ausgelost wird. "Egal. Ich freue mich einfach auf geile Spiele und geile Stadien."
Eine andere Frage ließ Weidenfeller nicht zu. Er ist sichtlich genervt von einem Thema, das es auf bizarre Weise zu einem Thema geschafft hat. Der Weg zeigt, dass Fußballprofis wohl doch ganz gut beraten sind, nur klinisch rein gewaschene Statements über das nächste Spiel abzugeben, das natürlich das schwierigste sei, und den Gegner, der in keinem Fall unterschätzt werden würde.
Weidenfeller, 31, hatte sich am Samstag nach dem Bundesligaspiel gegen den 1. FC Nürnberg (2:0) darüber beschwert, dass er von Bundestrainer Joachim Löw wieder keine Einladung für die deutsche Nationalmannschaft erhalten wird. "Ich hatte früher schon mal einen Spruch auf den Lippen, der sehr böse ist. Aber den verkneife ich mir lieber. Vielleicht sollte ich mir einfach die Haare schneiden. Oder etwas zierlicher werden. Ich weiß es nicht", sagte Weidenfeller.
Die lokalen Zeitungen und auch der Spiegel berichteten online noch am Abend über den Ärger Weidenfellers, der mit seinen Äußerungen auf Ron-Robert Zieler zielte. Der 22 Jahre alte Torwart von Hannover 96, Kurzhaarfrisur und von der Statur eher schmächtig, wird die Einladung erhalten, die der Dortmunder gerne gehabt hätte. Als am Montagmorgen dann die Printausgaben der Zeitungen auf dem Markt waren, streute der Sport-Informationsdienst als Nachrichtenagentur die Zitate über das Land.
Wiederum ein Tag später veröffentlicht der Nachrichtensender n-tv einen Kommentar, in dem es heißt: "Roman Weidenfeller garniert seine Schimpftirade auf Joachim Löw mit schwulenfeindlichen Äußerungen, und keiner will's gemerkt haben." Weil Weidenfeller das Wort "Jugendcamp" erwähnt haben soll (der Verein bestreitet das), vermutet der Kommentator, dass es "bis zur kruden Verbindung von Homosexualität und Pädophilie (…) kein weiter Schritt mehr" gewesen sei.
Weidenfellers Vorgeschichte
Die Veröffentlichung löst eine Diskussionswelle im Internet aus. Auf Weidenfellers Facebook-Seite geht es heiß her. Ein User meint: "Löw nimmt vornehmlich die jungen und unverbrauchten Jungs. Und dreimal darf man raten, warum". Derweil wird Weidenfeller in Mails an den Verein beschimpft. "Auch deshalb haben wir nach Absprache mit Roman und seiner Anwältin mit einer Pressemitteilung reagiert", sagte BVB-Sprecher Josef Schneck am Mittwoch.
Darin weist der Torwart zurück, sich schwulenfeindlich geäußert zu haben. Den Gegenbeweis anzutreten, ist aufgrund der vorhandenen Zitate unmöglich. Gerade daraus leitet die Initiative "Fußballfans gegen Homophobie" jedoch Schwulenfeindlichkeit ab. "Die Äußerungen von Weidenfeller sind, gerade weil sie sich in Andeutungen ergehen, besonders widerwärtig", schreibt sie.
Im Gespräch mit der taz äußerte sich Sprecher Christian Rudolph vorsichtiger: "Nach der Vorgeschichte Weidenfellers kann man diese Äußerungen mit Homophobie in Verbindung bringen." Die Vorgeschichte: Der Torwart soll einmal den dunkelhäutigen Gerald Asamoah als "schwarze" oder "schwule Sau" beschimpft haben. Er wurde wegen Beleidigung gesperrt, akzeptierte die Strafe. Was er gesagt hatte, wurde nie geklärt.
»HYMNEN-DISKUSSION ERMÜDET MICH!
Jogi macht sich Luft!
Bei der heutigen Pressekonferenz zum Argentinien-Spiel (Mittwoch, Anpfiff 20:45 Uhr, live im ZDF) rechnete unser Bundestrainer Joachim Löw (52) mit der Berichterstattung nach dem EM-Aus ab.
Jogi: „Nach dem Spiel gegen Italien, gab es vielerlei Kritik. In verschiedenster Form. Die sportliche Kritik nehme ich an. Aber Teile dieser Kritik halte ich nicht für zielführend. Teile dieser Kritik ermüden mich.“
Dann wird er genau: „Punkt 1: Die Leitwolf-Diskussion. Mit diesen Führungsspielern haben wir enorme Fortschritte gemacht. Philipp Lahm, Bastian Scheinsteiger und Miroslav Klose haben das, was ich erwartet habe, hervorragend gemacht. Heute haben wir einen anderen Typus von Fußballer, von Führungsspieler. Deswegen halte ich diese Diskussion nicht für in Ordnung. Und ich werde sie in Zukunft nicht mehr führen. Sie glauben doch nicht, dass Millionen von Leute vor dem Fernseher sitzen oder beim Public Viewing sind, wenn da keine Siegertypen auf dem Platz sind!“
Klartext-Jogi!
Löw spricht laut und deutlich. Nicht wütend, aber sehr entschieden.
Jogi weiter: „Zweitens: Ich habe gelesen, Spieler mit Migrationshintergrund singen die Hymne nicht und kämpfen dann nicht. Was ich fatal finde: Der unterschwellige Vorwurf, dass sie keine guten Deutschen sind. Das finde ich schlecht. Die Hymne zu singen, das ist schön, wunderschön, aber das ist lange kein Beleg für die Qualität einer Mannschaft und schon gar nicht ein Grund, nicht zu kämpfen.“
Vor unserem Halbfinal-Spiel bei der EM (1:2) sangen die Italiener ihre Hymne inbrünstig und als verschworene Einheit. Während bei uns teilweise nur geflüstert wurde. Die damalige Kritik daran kann Jogi nicht nachvollziehen: „Unsere Spieler identifizieren sich mit dieser Mannschaft. Das haben Özil, Khedira und viele andere oft genug bewiesen.“
Dann kommt Jogi zum dritten Punkt: „Ein anderer Vorwurf: Die Spieler seien verwöhnt. Wir erwarten von jedem Spieler Spitzenleistungen. Wir alle beim DFB hier haben andere Aufgaben. Und die müssen genau so perfekt ausgeführt werden. Wir müssen die Voraussetzungen schaffen. Auch die Spanier haben einen eigenen Koch und kochen nicht selber und fahren nicht immer mit dem Bus.“
Jogi macht sich Luft nach der EM-Kritik. Das zeigt: Unser Bundestrainer ist weiterhin mit Feuer und Leidenschaft dabei. Nur so klappt es dann vielleicht auch mit einer erfolgreichen WM 2014 in Brasilien.