VW: Geheimniskrämerei um Aktienrückkauf
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Eröffnet am: | 07.06.01 17:51 | von: schnee | Anzahl Beiträge: | 1 |
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Von Annette Entreß, Hamburg
Volkswagen-Chef Ferdinand Piech musste sich auf der Hauptversammlung in Hamburg viel Kritik anhören. Auf wichtige Fragen bekamen die Aktionäre auch diesmal keine Antwort.
Ferdinand Piech
Auf der Hauptversammlung am Donnerstag in Hamburg sollten die Aktionäre einem Aktienrückkaufprogramm zustimmen, das in den vergangenen Tagen heftig in die Kritik geraten war. VW wollte sich den Rückkauf von zehn Prozent eigener Anteile genehmigen lassen. Schon im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen Stammaktien zurückgekauft. Bisher hüllen sich die Unternehmenslenker aber darüber in Schweigen, was sie mit den Papieren anfangen wollen, die sie beispielsweise als Akquisitionswährung einsetzen könnten.
Kritik an Vorzugsaktien
Aktionäre sowie Vertreter von Fonds und Banken forderten Klarheit darüber, was das Management mit den Anteilsscheinen vor hat. Außerdem kritisierten viele Redner, dass VW an den stimmrechtslosen Vorzugsaktien festhalte. Diese sollten endgültig abgeschafft werden, verlangten mehrere Aktionäre. Auch der niedrige Aktienkurs erregte die Gemüter. In Hamburg war die Furcht, Volkswagen könnte eines Tages Ziel einer feindlichen Übernahme werden, deutlich zu spüren. Bislang bietet das umstrittene VW-Gesetz Schutz vor unliebsamen Käufern. Ulrich Hocker von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz forderte den VW-Vorstand auf, "Sehen Sie zu, dass die Aktie auf ein Kursniveau kommt, das eine Übernahme unmöglich macht". Vorstandschef Piech will den Wert des Unternehmens in den kommenden Jahren stark steigern, damit es auch dann unabhängig bleiben kann, sollte das VW-Gesetz eines Tages fallen.
Kein Wort zum Kursverfall
Den niedrigen Kurs der VW-Aktie erwähnte Piech in seiner Eingangsrede mit keinem Wort. Die Papiere hatten sich zwar in den vergangenen Monaten erholt, sind aber von ihren Höchstständen vom Juli 1998 meilenweit entfernt. Damals standen VW-Stämme bei 100,73 Euro, die Vorzüge bei 71,50. Am Donnerstag gab der Kurs der VW-Stämme 1,8 Prozent auf 58,61 Euro nach.
Sparen, sparen, sparen
Piech, dessen Amtszeit aus Vorstandschef im Dezember 2002 ausläuft, will nach dem 2000er-Rekordergebnis auch in diesem Jahr Absatz, Umsatz und Ergebnis noch einmal steigern, bekräftigte er - trotz der schwächeren Autokonjunktur. Dafür hat der besonnen wirkende Österreicher ein Rezept: sparen, sparen, sparen. Neben dem florierenden Absatz im Ausland sollen das Kostensenkungsprogramm und die Modulstrategie für gute Geschäfte sorgen. Bei der Modulstrategie kommen standardisierte Teile in verschiedenen Modellen zum Einsatz - ein Passat und ein Golf haben beispielsweise das gleiche Bremssystem. Wie viel Geld Piech damit einsparen will, sagte er nicht. Außerdem betonte er, dass die Arbeitskosten sinken müssen. Volkswagen plant flexible Arbeitszeitmodelle, wie etwa das Projekt "5000 mal 5000", das 5000 neue Stellen in Wolfsburg und Hannover schaffen soll. Die Mitarbeiter sollen 5000 DM brutto im Monat verdienen und keine Zuschläge bekommen.
Neue Modelle
Der Vorstandschef kündigte ein "Modellfeuerwerk" an, das VW in den kommenden Jahren zünden werde. Die VW-Luxuslimousine aus der gläsernen Fabrik in Dresden werde ab dem dritten Quartal produziert. Das Auto mit dem Arbeitstitel D1 werde im März 2002 auf dem Genfer Autosalon der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Im September auf der IAA wird der neue Polo präsentiert.
Scania zu teuer
Zu einem möglichen Kauf von weiteren Anteilen am skandinavischen Lkw-Hersteller Scania sagte Piech, dieser sei derzeit zu teuer. Die Wolfsburger halten an Scania 18 Prozent des Kapitals und 34 Prozent der Stimmrechte. Volvo muss aus kartellrechtlichen Gründen seinen Mehrheitsanteil bis Ende 2003 abgeben.
Nachteil für Vorzüge
Michael Gierse von der Union Invest, der Fondsgesellschaft der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken, kritisierte das Aktienrückkaufprogramm des vergangenen Jahres. Besitzer von Vorzugsaktien seien benachteiligt worden, denn VW habe ausschließlich die teureren Stämme zurückgekauft. Dies sei viel zu kostspielig gewesen und habe außerdem nur für Kursfantasie bei den Stämmen gesorgt. Gierse forderte Volkswagen auf, die "anachronistischen" stimmrechtslosen Vorzugsaktien abzuschaffen. Außerdem solle sich VW dafür einsetzen, dass die Sonderrechte des Landes Niedersachsen abgeschafft werden. Das Land hält einen Anteil von 18,6 Prozent an dem Autohersteller. Durch das VW-Gesetz wird festgeschrieben, dass kein Aktionär mehr als 20 Prozent der Stimmrechte hat, auch wenn er mehr Aktien besitzt. Das Gesetz schützt VW vor feindlichen Übernahmen - wird aber auch als ein Grund für den niedrigen Aktienkurs gesehen.
VW denkt aber nicht daran, die Vorzüge umzuwandeln. Strategievorstand Jens Neumann sagte, das Unternehmen werde an dieser "anerkannten Aktiengattung" festhalten. Außerdem könne sich das VW-Management nicht für die Abschaffung der Sonderrechte des Landes Niedersachsen einsetzen. Dies müsse der Gesetzgeber tun.
Auf der Hauptversammlung, bei der Niedersachsen über mehr als die Hälfte der vertretenen Stimmen verfügte, sollten die Aktionäre einer Kapitalerhöhung um 130 Mio. Euro zustimmen. Mit dem Geld könnte VW Unternehmensbeteiligungen erwerben.
Daneben stand eine Umbesetzung des Aufsichtsrats an. Michael Frenzel, Vorstandschef des Touristik-Konzerns Preussag, soll Günther Saßmannshausen ersetzen, der turnusgemäß im kommenden Jahr seinen Posten aufgibt.