München verbietet "KÖRPERWELTEN"
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 06.04.18 13:36 | ||||
Eröffnet am: | 31.01.03 12:22 | von: Sahne | Anzahl Beiträge: | 22 |
Neuester Beitrag: | 06.04.18 13:36 | von: Rubbel | Leser gesamt: | 8.314 |
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Von Michael Franck
Die Stadt München verbietet die Ausstellung "Körperwelten" - nachdem sie in Deutschland bereits vier Millionen Besucher gesehen haben. Die Schau verstoße gegen die Menschenwürde, argumentieren die Stadträte. Nicht alle scheinen allerdings zu wissen, worum es überhaupt geht.
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Ein Glück, dass die Münchner Stadträte von SPD und CSU wohl nicht allzu oft in die Kirche gehen, sonst hätten sie die Märtyrerleiche der heiligen Munditia, seit 1677 aufgebahrt in St. Peter unweit des Münchner Rathauses, sicher längst zwangsbestatten lassen. Denn öffentlich zur Schau gestellte Leichen, die dazu noch verkleidet oder in einer unnatürlichen Pose, etwa als Reiter oder Denker, öffentlich dargestellt werden, haben in München eigentlich keine Chance.
Am späten Mittwoch Abend hat der Stadtrat der bayerischen Landeshauptstadt mit nur wenigen Gegenstimmen aus Teilen der FDP und Grünen sowie von kleinen Parteien ein Verbot der Ausstellung "Körperwelten" verfügt, die ab Ende Februar in einer ehemaligen Reithalle in München-Schwabing zu sehen sein sollte. Innerhalb und außerhalb der Stadtgrenzen wurde diese Entscheidung mit einiger Verblüffung aufgenommen.
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Denn der Stadtrat, in dem Rot-Grün seit zwölf Jahren die Mehrheit hat, folgte in seiner Entscheidung einem juristischen Gutachten des Kreisverwaltungsreferats, demzufolge die "Körperwelten" zum einen gegen das bayerische Bestattungsgesetz, aber auch gegen das Grundgesetz verstoße. Die in der Ausstellung gezeigten Leichen verletzten demnach "die Würde der Verstorbenen und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit".
Das hatte die Stadt Mannheim vor fünf Jahren noch anderes beurteilt. Als dort mehrere Anzeigen gegen die "Körperwelten" eingingen, befand man, dass es sich bei den Exponaten durch die aufwändige Behandlung nicht mehr um Leichen, sondern um wissenschaftliche Präparate handle - also um Sachen. Diese Interpretation scheint nun aber ebenso umstritten wie es die ethische und wissenschaftliche Bewertung der Ausstellung seit ihrer ersten Station in Japan 1996 war.
Zuletzt hatte Gunther von Hagens, Initiator der "Körperwelten", für Aufsehen gesorgt, als er im November 2002 in London eine Leiche öffentlich sezierte - gegen den Willen der Behörden. Als er solch eine Autopsie auch für München ankündigte, kündigte die Stadt sofort an, dagegen vorzugehen - und kam dadurch erst auf den Gedanken, die ganze Ausstellung überprüfen zu lassen. Schnell wandte sich die Stimmung gegen die Leichen-Show und Mitte Januar geißelte Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) die Veranstaltung als "abscheuliches Spektakel", deren "mit Schaulust und Sensationsgier begründeter Tabubruch" klar die Menschenwürde missachte.
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Auch andere Kommunalpolitiker erweckten nicht eben den Anschein, als wüssten sie, worum es überhaupt geht. So verwechselte der CSU-Fraktionschef Klaus Podiuk offensichtlich Bierleichen und Plastinate, als er gegen den "Oktoberfestcharakter" der Veranstaltung wetterte. Der SPD-Stadtrat Josef Assal brachte zur entscheidenden Sitzung stolz das anatomische Plastikmodell eines Oberkörpers mit und verkündete, damit sei wohl bewiesen, dass es keine Leichen brauche, um die Funktionen des menschlichen Körpers zu veranschaulichen. Tatsächlich aber zeigte der Plastiktorso aus dem Anfängerkurs für Medizinstudenten gerade nicht die Hautschichten, Muskelstränge und Nervenbahnen, die man in den "Körperwelten" bestaunen kann und hätte somit allenfalls als Plädoyer für den wissenschaftlichen Wert der Ausstellung dienen können.
Von welchem Wert die Körperwelten nun aber sind und ob sie gegen die Menschenwürde verstoßen oder nicht - das wird nun das Verwaltungsgericht klären müssen, denn das Heidelberger Ausstellungsbüro hat angekündigt, gegen das Verbot Klage einzureichen. Vom Erfolg sind die "Körperwelten"-Macher überzeugt. Nachdem es in der Schwabinger Reithalle Schwierigkeiten mit Umbau und Mietvertrag gab, wollen sie die Schau nun ab Ende März im - erheblich größeren - früheren Radstadion auf dem Olympiagelände zeigen.
Bis dahin werden sie wohl auch noch die drängende Frage vieler Stadträte beantworten müssen, woher denn die ausgestellten Leichen genau stammen. Gunther von Hagens versicherte schon mal, dass es sich ausschließlich um Körperspender handle, die vor ihrem Tod einer Verwendung zu wissenschaftlichen Zwecken ausdrücklich zugestimmt hätten. Ganz im Gegensatz zur heiligen Munditia.
Glasnost
Habe die Ausstellung zweimal gesehen und war beeindruckt, jedoch nachdem ich gesehen habe wie der Typ mit dem Hut seine Show in Englend aufgezogen hat, hätte ich k..... können.
Demnächst setzt er bestimmt das sezieren eines menschlichen Körpers als Extremsportart durch, und versucht damit bei Olympia anzutreten. Ein richtiger Sjowman eben, wie unser Gerd! Ach ja, übrigens nicht versäumen, der gibt übrigens am Montag nach der Wahl sein okay zum Angriffskrieg im Irak
Bevor ich mir 100 Webseiten anschauen muss um zu wissen was läuft,
finde ich die Zusammenfassung bei Ariva echt klasse.
Jeder findet andere Dinge im Netz und bei Ariva gibts das Zeug dann in komprimierter Form. Die Mühe sollte hin und wieder mit "Grün" belohnt werden.
regards
Meine grünen verdanke ich ausschließlich dem Spiegel und einigen fleißigen Mailkumples
was in nördlichen Gefielden leider zu Wünschen übrig lässt.
Was an einer Ausstellung die Leichen zeigt schön sein soll, würde mich interessieren. Achja, wir haben ja eine Gaffergesellschaft...jetzt verstehe ich.
Nicht alles was ich ich hier poste ist gleichzeitig meine Meinung.
Manchmal stelle ich auch nur die Gegenposition rein damit man sich sich ein besseres Bild machen kann.
@ymehl: Ich hab nix gegen Bayern (ich hab sogar Verwandte dort)
Die Austellung fand ich aber Klasse (in Mannheim)
Schönes Wochenende zusammen!
Diese Ausstellung dient (natürlich) keinem wissenschaftlichen Zweck, sondern befriedigt private Neugier und sorgt für Hallodri und Juchhu! Da sie darüberhinaus Eintritt kostet und Gewinn produziert, darf man wohl schlußfolgern, dass den Verstorbenen der Status eines "Wertes" zukommt, so wie es bei einem Wirtschaftsgut der Fall ist. Und da haben wir das ethische Problem: der Mensch hat nämlich keinen Wert, sondern eine Würde. Doch: wer denkt schon über so etwas nach...
Ich persönlich finde die Ausstellung unbeschreiblich ekelhaft - vorweggenommene Antwort auf eine Frage, die niemand stellt.
Sind es Ekel und Angst, die - ähnlich wie beim Anschauen eines Horrorfilmes - die Faszination ausmachen ?
Sorry, aber in meinen Augen weist Hr. Prof. Dr. von Hagens eindeutig nekrophile Tendenzen auf.
Eines muss man ihm jedoch zu Gute halten: er hat den Bogen raus, wie man unter dem Deckmantel der "Wissenschaft" sogar mit so etwas jede Menge Kohle machen kann.
und außerdem warum regt ihr euch auf?wem`s nicht paßt geht eben nicht hin.
so einfach ist das.hab mir die ausstellung auch angesehen.ist zwar gewöhnungs-
bedürftig aber interressant.
Außerdem empfehle ich, gelegentlich nachzulesen, was "Moral" eigentlich bedeutet. Vielleicht gibt's dann auch eine Erklärung für "scheinheilige" Moral.
Wie kommt es wohl, dass unsere Gesellschaft so eine Ausstellung akzeptiert. Läßt unangenehme Rückschlüsse zu.
Es gibt übrigens auch Lampenschirme aus Menschenhaut! Wäre das nicht eine feine Wanderausstellung! Und so interressant (sic).
Leichen dürfen in München nicht mehr reiten
Die umstrittene Anatomieausstellung "Körperwelten" darf unter Gerichtsauflagen nun doch gezeigt werden
MÜNCHEN taz Dies ist die richtige Zeit und der richtige Ort, um einmal mit den ganzen Vorurteilen aufzuräumen. Gunther von Hagen steht freudestrahlend in der "München Arena", wo zur feierlichen Eröffnung seiner Ausstellung "Körperwelten" Kanapees und Prosecco gereicht werden. Dabei hatte es bis vor ein paar Stunden an diesem Freitagabend nicht danach ausgesehen, als wenn es hier etwas zu feiern geben sollte.
Denn die Stadt München hatte die "Körperwelten" Ende Januar verboten. Die Stadträte befanden, dass die plastinierten Leichen, die in den Körperwelten in verschiedenen Posen in Szene gesetzt werden, "die Würde der Verstorbenen und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit verletzen". Am Freitagmittag hob der bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) das Verbot auf - 20 Stunden vor der geplanten Eröffnung. Deshalb strahlt Gunther von Hagen jetzt, auch wenn er es "falsch findet, in Triumphgeheul auszubrechen".
Aber die Vorurteile müssen einfach weg. Erstens: "Ich bin kein Beuys-Verschnitt, ich trage einen ganzen anderen Hut." Zweitens: "Ich bin auch kein Eiferer und kein Guru." Dafür aber ein "Demokrat". Und als solcher akzeptiert der Heidelberger Anatom die Auflagen des Gerichts, das sechs seiner Leichen aus der Ausstellung verbannt hat, weil sie didaktisch und wissenschaftlich anspruchslos seien. Außerdem untersagten die Richter den Verkauf von Merchandising-Artikeln wie Uhren, Mouse-Pads und T-Shirts, weil "diese Form der Kommerzialisierung die guten Sitten und die Pietät missachte". Warum nun ein Pferd samt Reiter oder ein Fechter nicht gezeigt werden dürfen, dafür aber Leichen, die als Schachspieler oder Radfahrer drapiert worden sind, ist unverständlich und zeigt, auf welchem unsicheren Grat das Gericht sich bei seinen Interpretationen der Exponate bewegt hat.
Deshalb dürfte es von Hagen auch Sorgen bereiten, dass der VGH in seinem Spruch die Plastinate im juristischen Sinne nicht als Ausstellungsobjekte, sondern als menschliche Körper definierte. Damit bleibt die Debatte um die Menschenwürde erhalten, zumindest bis zur Hauptverhandlung. Dort, so hofft von Hagens Anwalt Holger Schmitz, werde man endgültig belegen können, dass es sich bei den Plastinaten "um neue Präsentationsformen postmortaler Darstellungen" handelt. Die wären dann etwa menschlichen Skeletten vergleichbar, wie man sie aus Anatomiekursen kennt. Und die, so von Hagen, "bezeichnet auch niemand als Leiche".
Ob Leichen oder nicht, die ersten Besucher am Wochenende betrachten die Exponate mit gemischten Gefühlen. Es herrscht kein großer Andrang, aber manche begeisterten Eltern haben gleich ihre kleinen Kinder mitgebracht, "man bekommt den Körper doch sonst nie so anschaulich zu sehen". Andere gehen kopfschüttelnd durch den Saal und schimpfen dann im Gästebuch über die "menschenverachtende Inszenierung". Solche Reaktionen, sagt von Hagen, kämen auch durch die sensationsgierige Berichterstattung in der Presse zustande, und deshalb "liegt mir viel an einer Versachlichung der Diskussion".
Deshalb hat er auch eine Fotostrecke mit seinen Leichen an prominenten Münchner Plätzen im Lifesyle-Magazin Max platziert, deshalb hat er Münchens größtes Boulevardblatt, die Abendzeitung, als Präsentator gewonnen. Keine Frage, wie deren Berichterstattung während des Streits um die Ausstellung ausfiel. Gunther von Hagen sagt noch bedauernd, er sei "einfach nicht mediengewandt". Man kann das glauben.
Ein Glück, daß Schröder regiert. Da weiß man, was man hat. Schröder ist verläßlich und gut.
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