Kursrallye bringt Skeptiker unter Zugzwang
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 18.11.01 22:07 | ||||
Eröffnet am: | 18.11.01 21:51 | von: 9745400lopi | Anzahl Beiträge: | 2 |
Neuester Beitrag: | 18.11.01 22:07 | von: maxperforma. | Leser gesamt: | 3.900 |
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Die Experten rechnen trotz eines wachsenden Unbehagens mit einem weiterem Dax-Anstieg. Die Rückschlagsgefahr jedoch steigt
Hektisches Treiben an der Frankfurter Wertpapierbörse wird auch in dieser Woche das Geschehen bestimmen
"The trend is your friend." Nach diesem Motto trieben Anleger die Kurse in der vergangenen Woche weiter nach oben. Da störte es wenig, dass von den Dax-Unternehmen eher katastrophale Nachrichten auf den Markt einprasselten. Ein optimistischer Zukunftsausblick an den Börsen führte dazu, dass frische Liquidität in die Aktien floss.
Auch die herben Kursverluste am Rentenmarkt zeigen, dass viele Anleger hastig ihre Gelder von Anleihen in Dividendenpapiere umschichten. Seit dem Tiefpunkt am 21. September haben deutsche Aktien mittlerweile gut 40 Prozent zugelegt. "Es nützt nichts, mit Verweis auf das weiter schlechte Umfeld dem Markt fernzubleiben. Man muss einfach dabei sein", beschreibt Nils Becker, Händler bei der WestLB die Marktdynamik. "Bei einigen Titeln ist eine regelrechte Kaufpanik ausgebrochen", erklärt er die heftigen Kursbewegungen bei Siemens oder Lufthansa, die sich binnen kurzer Zeit verdoppelten.
Und Experten erwarten, dass dieser Performance-Sog noch weitere liquide Mittel in den Markt saugen und damit den Fortgang der Rallye speisen wird. "Kein Fondsmanager darf in diesem Umfeld Cash-Positionen aufweisen, will er nicht dokumentieren, dass er die Aufwärtsbewegung verpasst hat", sagt Rolf Stegemann, Händler bei der BHF-Bank. Er erwartet in dieser Woche zunächst einen kleinen Rücksetzer, um "Kraft für neue Höhen zu schöpfen". "Bei 5280 Punkten dürfte erst einmal Schluss sein", sagt er mit Verweis auf eine massive Widerstandslinie. "Wird diese aber durchbrochen, ist sogar Platz bis 5500 Zähler."
Selbst einige Strategen, die dem munteren Börsentreiben allerdings mehrheitlich noch skeptisch zuschauen, beugen sich angesichts des Optimismus der normativen Kraft des Faktischen. "Die scheinbar paradoxe Marktreaktion auf schlechte Unternehmensmeldungen mag man als Verdrängung oder Weitsicht ansehen, als Zeichen für eine veränderte Anlegerstimmung ist sie aber in jedem Fall zur Kenntnis zu nehmen", sagt Heinz Weyershäuser von der DZ Bank. "Offenbar sind die Anleger an den Aktienmärkten derzeit bereit, über das trübe Konjunktur- und Ertragsumfeld hinwegzusehen und den nächsten Wirtschafts- und Gewinnaufschwung zu antizipieren." Er hat sein Dax-Kursziel leicht angehoben und erwartet auch für die kommende Woche weiter steigende Notierungen.
Inwieweit der neue Optimismus auch fundamental gerechtfertigt ist, spielt für Börsianer momentan keine Rolle. Dabei wächst mit jedem weiteren Indexanstieg die Gefahr, dass sich der Markt völlig von den Rahmendaten löst. "Investoren preisen jetzt schon ein, dass der Wirtschaftsaufschwung hinter der nächsten Ecke beginnt", warnt Peter Sullivan, Stratege von Goldman Sachs. "Die Gefahr eines kräftigen Rückschlags liegt mittlerweile bei über 50 Prozent." Noch deutlicher wird Kevin Branton, Stratege bei ABN Amro. "Die Marktteilnehmer sind schlichtweg naiv." Zwar rechnet auch Branton mit einer Wirtschaftserholung im kommenden Jahr, jedoch würden die Unternehmensgewinne anders als vom Markt vorweggenommen nicht um 16 Prozent, sondern lediglich einstellig klettern.
Wie fundiert die Kursrallye wirklich ist, werden auch die Termine der kommenden Woche nicht klären. Denn im Dax-Bereich werden schlechte Zahlen von Epcos und MAN weitgehend erwartet, RWE sollte nach den guten Daten des Konkurrenten Eon kaum enttäuschen. Mit größerer Spannung wartet der Markt auf die Veröffentlichung des Ifo-Geschäftsklimaindexes am Mittwoch. Hier rechnen Analysten im Schnitt mit einem unveränderten Niveau von 85,0 Punkten. Nach dem überraschend scharfen Einbruch im September könnte es nach Ansicht der WestLB aber auch zu einer leichten Verbesserung auf 86,5 Zähler geben. Gleich einen Tag später stehen dann Zahlen zum deutschen Bruttoinlandsprodukt auf der Tagesordnung sowie die Sitzung des EZB-Rates. Wichtige Daten aus den USA sind die für Dienstag angekündigten Frühindikatoren sowie am Donnerstag die endgültigen Zahlen zum Konsumentenvertrauen.