Brüssel - Deutschland ist Wachstumsprimus in Europa. Nach einer neuen Prognose der Europäischen Kommission wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr mit 3,4 Prozent fast doppelt so stark wachsen wie der Durchschnitt der 27 EU-Mitgliedsländer (1,8 Prozent). Vor allem in anderen großen europäischen Volkswirtschaften, wie Frankreich (1,6 Prozent), Großbritannien (1,7 Prozent) und Spanien (0,3 Prozent) fällt das Wachstum deutlich schwächer aus als in Deutschland. Nur Polen wächst im laufenden Jahr genauso stark. EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn hält die großen Wachstumsunterschiede innerhalb der Union für problematisch: "Das macht mir seit meinem ersten Arbeitstag an Sorgen." Erst im Mai hatte die EU-Kommission für Deutschland lediglich ein Wachstum von 1,2 Prozent erwartet.
Rehn zeigte sich mit Blick auf die europäische Konjunktur vorsichtig optimistisch: "Wir haben wieder festen Boden unter den Füssen. Aber wir dürfen noch nicht wieder in die Hände klatschen, wir müssen wachsam bleiben." Eine erneute Rezession erwartet Brüssel nicht, wohl aber im zweiten Halbjahr ein niedrigeres Wachstum als in der ersten Jahreshälfte. Grund dafür sind ein langsameres Weltwirtschaftswachstum und das Auslaufen der Konjunkturpakte, die die Europäer im Kampf gegen die Wirtschaftskrise auf den Weg gebracht hatten. Belastend wirke auch die Situation auf den Finanzmärkten. Schließlich gebe es noch Sanierungsbedarf bei den Banken, erklärte Rehn. Die Kreditvergabe an die Unternehmen komme langsamer in Gang als erwartet. Nach dem Wachstumsplus von 1,0 Prozent im zweiten Quartal prognostiziert die Kommission für die EU im dritten Quartal nur noch einen Anstieg von 0,5 Prozent und im vierten Quartal von 0,3 Prozent. Noch deutlicher fallen die Wachstumsunterschiede in Deutschland aus. Hierzulande erwartet die Brüsseler Behörde im zweiten Quartal ein Wachstum von 2,2 Prozent und im vierten Quartal von nur noch 0,4 Prozent.
Die Inflationsrate für die gesamte EU wird in diesem Jahr laut Prognose bei 1,8 Prozent liegen, in der Eurozone bei 1,4 Prozent. Die gedämpfte Konjunktur und geringe Lohnzuwächse würden den Preisanstieg bei Energiekosten und Nahrungsmitteln im Zaum halten.