Kolumne: Verwirrung pur(sehr interesant)
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Eröffnet am: | 16.02.01 12:05 | von: dombi | Anzahl Beiträge: | 3 |
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Die GoingPublic-Kolumne: Verwirrung pur
WOLFRATSHAUSEN (GoingPublic) - Schlechte Nachrichten sorgen für Zinssenkungsphantasien, gute Nachrichten für Verängstigung. Doch nichts ist so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht. Das neue Börsenjahr hat schwach begonnen, setzte dann mit einer Art Zwischenrallye fort und mündete schließlich wieder genau dort, wo wir schon vor sechs Wochen gestartet waren: am Anfang. Ist das vielleicht schon eine Folge von zu intensivem Fleischverzehr? Nein, hoffentlich nicht. Aber vielen Börsianern scheint in letzter Zeit völlig die Orientierung abhanden gekommen zu sein. Wenn nichts hilft, dann bleibt nur Onkel Alan. Kaum hatte er die Börse mit einer weiteren Zinssenkung um 50 Basispunkte reichlich beschenkt, hieß es auch schon: "Danke. Aber worauf sollen wir uns jetzt noch freuen?". Bis zum nächsten Meeting der US-Notenbank Ende März ist noch einige Zeit hin. Da kommt es nur gelegen, daß der Magier der Märkte ab und an Reden vor Ausschüssen hält. Daran kann man sich festhalten, so die einhellige Meinung. Doch auch bei der letzten Rede von Greenspan herrschte Verunsicherung in Reinkultur. Der Notenbankchef betonte, daß sich die US-Konjunktur zwar deutlich abkühle, das längerfristige Wachstum aber gänzlich intakt sei und er daher optimistisch in die Zukunft schaue. Entschuldigung, aber eine derartig positive und vor allem deutliche Einschätzung hatte man vom guten Onkel in seiner 14jährigen Amtszeit bislang so gut wie noch nie gehört. Das legt nur eines nahe: Es handelte sich nicht wirklich um seine eigene Meinung, sondern um eine Beschwichtigungsformel für die Massen. Aha. Wenn also die Aussagen Greenspans nicht mehr seine eigene Meinung wiedergeben, wem oder was darf man dann noch Glauben schenken? Fakten, Fakten, Fakten, und immer an die Zukunft denken. Doch auch das hilft nicht zwangsläufig. Die Baisse an den Börsen wurde eingeleitet, als sich die Zinsstruktur umkehrte. Wer die ersten Gewinnwarnungen von Unternehmen als Ausnahmen abtat und nicht sofort auf die veränderten Rahmenbedingungen reagierte, wird es inzwischen sicherlich bereut haben. Ein weiteres Problem in der derzeitigen Situation sind die Analysten selbst. Die Prognosen für die Unternehmensgewinne in den ersten beiden Quartalen oder sogar ersten drei Quartalen sind noch immer viel zu hoch. Das ist ein Umstand, der sich nicht mit einer Wirtschaft mit nahezu Null-Wachstum (in den USA) im ersten Halbjahr zur Deckung bringen läßt. Analysten reagieren gemeinhin zu zaghaft und zu zögerlich, wenn sich die Rahmenbedingungen verändern - und sie schreiben voneinander ab. So führen sich rasch verändernde Parameter sehr schnell zu einer fatalen Fehlermultiplikation. Das Bedürfnis, in "aussagekräftigen" und "richtungsweisenden" Wirtschaftsdaten Zuflucht zu finden, hat derzeit wieder Hochkonjunktur. Die Verunsicherung ist dann maximal, wenn man den Worten des US-Notenbankchefs nicht mehr glauben kann - er wußte ohnehin schon immer mehr, als er öffentlich preisgibt. Daher bleibt nur eine Folgerung übrig: Wenn eigentlich schlechte Nachrichten positiv sein sollen (Zinssenkungen gefällig?) und gute Nachrichten negativ (Konjunktur doch noch zu robust?), dann sind schlechte Nachrichten vielleicht doch einfach nur schlecht... Die GoingPublic-Kolumne ist ein Service des GoingPublic Magazins, Deutschlands führendem Börsenmagazin zu Neuemissionen und Neuer Markt. Bezogen werden kann das Magazin unter www.goingpublic-online.de. GoingPublic ist allein für die Inhalte der Kolumne verantwortlich. Informationen zu einzelnen Unternehmen stellen keine Aufforderung zum Kauf bzw. Verkauf von Aktien dar. Die Kolumne erscheint in Zusammenarbeit mit dpa-AFX. NEU!!! GoingPublic-TV auf www.goingpublic-online.de