Kaum Papst und schon gibts Prügel von der Presse
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 20.04.05 12:23 | ||||
Eröffnet am: | 20.04.05 11:38 | von: EinsamerSam. | Anzahl Beiträge: | 7 |
Neuester Beitrag: | 20.04.05 12:23 | von: kiiwii | Leser gesamt: | 927 |
Forum: | Talk | Leser heute: | 1 | |
Bewertet mit: | ||||
Benedikt XVI. weht ein scharfer Wind entgegen
In den ersten Stunden nach seiner Wahl zum Papst konnte sich Joseph Ratzinger vor Glückwünschen nicht retten. Die anfängliche Euphorie hat sich gelegt. Nun kommen die Kritiker.
HB BERLIN/ROM/ISTANBUL. Die Türkische Presse sieht im neuen Papst einen „Türkei-Gegner“. Die Meinung zieht sich quer durch den Blätterwald. Als Beleg ziehen die Zeitungen Äußerungen von Joseph Ratzinger heran, wonach der Platz der Türkei nicht in der Europäischen Union, sondern in der arabischen und islamischen Welt sei.
Der Deutsche - gerne auch „Panzer-Kardinal“ oder „Rottweiler Gottes“ genannt - sei aus Sicht der Türkei „die letzte Wahl“ gewesen, schrieb die Zeitung „Radikal“. Regierungschef Recep Tayyip Erdogan habe sich nach dem Tod von Johannes Paul II. einen Italiener gewünscht, behauptet das Blatt „Milliyet“. Die Zeitung „Sabah“ bezeichnete Ratzinger sogar als „ehemaligen Nazi“. Auch andere Zeitungen wiesen darauf hin, dass der Deutsche in jungen Jahren zur Hitlerjugend gehört habe.
Israelische Kommentatoren debattierten ebenfalls über die Rolle Ratzingers in der Hitler-Jugend. Die britische Zeitung „Sunday Times“ hatte vor der Papstwahl berichtet, dass Ratzinger am Ende des Zweiten Weltkriegs kurzzeitig in der Hitler-Jugend gewesen sei. In seinen Memoiren hatte Ratzinger dies allerdings schon selbst eingeräumt, aber betont, er habe gemusst.
Aus der israelischen Politik hingegen kamen wohlwollende Worte. Der israelische Außenminister Silwan Schalom zählt im Kamf gegen Antisemitismus auf Benedikt XVI. „Israel ist hoffnungsvoll, dass wir während der Amtszeit des neuen Papstes in den Beziehungen zwischen dem Vatikan und Israel weiter vorankommen, und vor dem Hintergrund des neuen Papstes bin ich sicher, dass er wie sein Vorgänger eine mächtige Stimme gegen alle Formen des Antisemitismus ist“, teilte Schalom mit.
In Lateinamerika, der größten katholisch geprägten Region der Erde, überwog Enttäuschung und Skepsis. Die Wahl sei von weiten Teilen der Gesellschaft bedauert worden, räumte sogar die konservative argentinische Zeitung „La Nación“ ein. Befürchtet werde vor allem, dass der „Exodus“ der Gläubigen verstärkt werde.
Ratzinger könne den sozialen Bewegungen großen Schaden zufügen, warnte der Dominikanerpater Frei Betto, bis vor kurzem einer der engsten Berater des brasilianischen Präsidenten Luiz Lula da Silva. „Dass ein Mann an der Kirchenspitze steht, der der heutigen Welt so sehr misstraut, ist Besorgnis erregend“, klagte er. Der Papst müsse anerkennen, dass Armutsbekämpfung ein Recht der Notleidenden sei.
Der bekannteste Vertreter der umstrittenen Befreiungstheologie in Brasilien, der Ex-Franziskanerpater Leonardo Boff, sagte: „Es wird schwer sein, diesen Papst zu lieben.“ Der „Winter der Kirche“ gehe weiter. In Kolumbien prohezeite der angesehene Soziologe Fabian Sanabria gar eine „Teilung der katholischen Kirche vor allem in den USA und Europa“ voraus.
Die Politik hielt sich mit Kritik zurück. Präsident Vicente Fox lud Ratzinger nach Mexiko ein. Argentiniens Staatschef Néstor Kirchner sprach die Hoffnung aus, dass „der neue Papst ein guter“ wird. Lula, der sich mehrfach für einen Lateinamerikaner als Papst ausgesprochen hatte, schrieb, er sei sicher, dass der neue Pontifex „beharrlich den Frieden und die soziale Gerechtigkeit fördern“ und „die geistigen und moralischen Werte der Kirche wiederbeleben“ werde.
Auch Südafrikas anglikanischer Erzbischof Desmond Tutu hat sich enttäuscht über die Wahl von Kardinal Joseph Ratzinger zum neuen Papst geäußert. Das neue Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche sei streng konservativ und habe keinen Bezug zur Gegenwart, sagte der Friedensnobelpreisträger am Mittwoch im südafrikanischen Rundfunk. Mit Blick auf die Haltung des Vatikan zur Aids-Bekämpfung und der Rolle der Frau sagte er: „Wir hatten auf jemanden gehofft, der jüngsten Entwicklungen in der Welt offener gegenübersteht.“
Die Tatsache, dass mit Benedikt XVI. ein Europäer Papst geworden sei, sei von geringerer Bedeutung als dessen konservative Einstellung, sagte Tutu, der sich für ein Kirchenoberhaupt aus Afrika oder Lateinamerika ausgesprochen hatte.
Bei all der Kritik dürfte es Benedikt XVI. freuen, dass aus der Heimat seines Vorgängers nur Gutes kam. Die Polen heißen den neuen Papst trotz ihrer Trauer um Johannes Paul II. willkommen. Theologen und Vertreter der polnischen Bischöfe wiesen auf die enge Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen dem alten und dem neuen Papst hin. „Willkommen, Vater!“ titelte die Boulevardzeitung „Super Express“ am Mittwoch.
Benedikt XVI. steht nach Ansicht vieler Polen für die Kontinuität des Pontifikates von Johannes Paul II. - dass der „Neue“ ausgerechnet ein Deutscher ist, schreckte nur die Nationalisten. Studenten im südpolnischen Krakau, der einstigen Bischofsstadt von Johannes Paul II., schrieben noch am Dienstagabend einen Brief an den deutschen Papst und luden ihn nach Krakau ein. „Stell Dich ans päpstliche Fenster und sprich zu uns!“, baten sie in Anspielung auf das Fenster des Krakauer Bischofspalastes, von dem aus Johannes Paul II. bei seinen Besuchen zur Jugend gesprochen hatte. Unter dem selben Fenster beteten die Krakauer nach dessen Tod für den alten Papst - und am Dienstag für den neuen.
Der polnische Staatspräsident Aleksander Kwasniewski drückte in seinem Glückwunschschreiben seine Hoffnung auf Kontinuität des Werkes von Johannes Paul II. aus. „Es weckt in uns Vertrauen und Hoffnung, dass ein Vertreter des deutschen Volkes zum Hirten der katholischen Kirche gewählt wurde, unseres Nachbarn, mit dem wir eine historische Aussöhnung erreichten und gemeinsam Europa bauen“, schrieb Kwasniewski.
Selbst die chinesische Regierung gratulierte dem neuen Papst, nannte aber zugleich Bedingungen für eine Verbesserung der beiderseitigen Beziehungen. Der Vatikan müsse Peking als einzig rechtmäßige Regierung Chinas anerkennen und Taiwan damit als einen untrennbaren Teil der Volksrepublik akzeptieren. Eine Drohung kam gleich hinterher: Der Vatikan solle sich „nicht unter dem Deckmantel der Religion in innere Angelegenheiten Chinas einmischen“.
Nach der kommunistischen Machtübernahme 1949 hatte Peking die Beziehungen zum Vatikan abgebrochen und erlaubt den chinesischen Katholiken heute nur, ihren Glauben in der staatlichen „patriotischen“ Kirche auszuüben, die den Papst nicht anerkennt. Die Warnung vor Einmischung bezieht sich auf die Ernennung von Bischöfen in China und den Einfluss auf die Kirchenstrukturen.
Der Vatikan seinerseits sieht mit großer Sorge die Verfolgung von Katholiken in China, die weiter loyal zum Papst stehen und im Untergrund ihrem Glauben nachgehen. Wie problematisch das Verhältnis ist, zeigte sich auch in der Verärgerung Pekings über die Teilnahme von Taiwans Präsident Chen Shui-bian neben anderen Staatsoberhäuptern an der Trauerfeier für Papst Johannes Paul II. Der Vatikan ist der einzige europäische Staat, der die von Peking nur als abtrünnige Provinz betrachtete demokratische Inselrepublik diplomatisch anerkennt.
Quelle: HANDELSBLATT, Mittwoch, 20. April 2005, 11:12 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
soll sie vorher die Moslems fragen ?
Ein Hoch auf PapaRatzi!