Immobilien - Blase
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 30.05.03 03:49 | ||||
Eröffnet am: | 29.05.03 23:03 | von: balragh | Anzahl Beiträge: | 4 |
Neuester Beitrag: | 30.05.03 03:49 | von: QADSAN | Leser gesamt: | 1.655 |
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Neue Gefahr für die Finanzmärkte: In vielen Ländern sind die Immobilienpreise ins Unermessliche gestiegen, nun droht die Blase zu platzen. Ein Preissturz könnte mehr Schaden anrichten als die Aktienbaisse und Staaten mit kränkelnder Wirtschaft tief in die Rezession drücken.
London/Frankfurt am Main - Von Deutschland und Japan abgesehen, hat es in den vergangenen Jahren in fast allen Ländern einen Boom für Hauspreise gegeben, berichtet das britische Wirtschaftsmagazin "The Economist" in seiner am Freitag erscheinenden Ausgabe. Der Immobilienboom habe Blasen geschaffen - um mehr als 50 Prozent seien die Hauspreise seit Mitte der neunziger Jahre in Australien, Großbritannien, Irland, den Niederlanden, Spanien und Schweden gestiegen, in den USA um 30 Prozent.
Das Platzen dieser Blasen im Laufe des nächsten Jahres sei sehr wahrscheinlich, so der "Economist". Um 15 bis 20 Prozent würden die Hauspreise in den USA dann stürzen, um 30 Prozent und mehr in anderen Ländern. Bei insgesamt niedriger Inflation sei der Wertverlust besonders drastisch. In Städten wie London, New York und Amsterdam gäbe es bereits Anzeichen für einen schnell abkühlenden Immobilienmarkt.
In den USA sind die Preise für Eigenheime seit 1995 um 27 Prozent gestiegen - doppelt so stark wie in den Boomjahren Ende der siebziger und achtziger Jahre. In den Großstädten ist der Anstieg sogar noch größer: In New York sind die Preise um 47 Prozent, in San Francisco um 70 Prozent, in London sogar um 136 Prozent gestiegen. In Deutschland und Japan dagegen sind die nominellen und die realen Preise im gleichen Zeitraum deutlich gesunken. Ein Haus in Tokio kostet heute nur die Hälfte des Preises von 1991.
Eigenheime repräsentieren 15 Prozent des BIP
Das Platzen der Immobilienblase wird mehr Schaden anrichten als das Platzen der Aktienblase, sagt "The Economist" voraus. Die Zeitschrift sieht dafür drei Gründe: Steigende Hauspreise haben einen positiven Einfluss auf die Konsumausgaben, weil mehr Menschen Eigenheime besitzen als Aktien und mit steigenden Hauspreisen mehr Geld ausgeben. Für den Kauf eines Hause leihen sich Menschen eher Geld als für den Kauf von Aktien. Fallende Immobilienpreise führen zu notleidenden Darlehen bei Banken, denn für viele Hausbesitzer sind die Kosten für den Erwerb eines Eigenheims höher als der tatsächliche Wert.
Auf rund 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beläuft sich der Immobilienmarkt in reicheren Ländern nach Schätzungen von des "Economist". Dazu gehörten Bau, Kauf und Verkauf sowie Vermietung und kalkulatorische Zinsen für Nutzer-Eigentümer von Immobilien. Rund zwei Drittel des Sachvermögens machen Immobilien in den meisten Volkswirtschaften aus. Immobilien seien weltweit die größte Form der Einzelanlage. Investoren hätten mehr Geld in Immobilien angelegt als in Aktien oder Anleihen.
Deutschland sei das einzige Land unter den entwickelten Volkswirtschaften, in dem weniger als die Hälfte der Haushalte Hausbesitzer seien. In den meisten europäischen Ländern und in Australien mache Wohnen 40 bis 60 Prozent des privaten Haushaltsvermögens aus, in Nordamerika rund 30 Prozent. Selbst in den USA ist sechsmal mehr Vermögen eines typischen Haushalts in Wohneigentum gebunden als in Aktien.
Die Erträge aus Hauskäufen hätten in den vergangenen zehn Jahren in den meisten Ländern die Erträge aus Aktien deutlich überstiegen. Für Immobilien müsse die gleiche Wertanalyse angelegt werden wie für Aktien. Denn: Blasen bildeten sich, wenn der Preis für eine Anlage in keinem Verhältnis mehr zu seinem eigentlich Wert stehe. Die Kosten für den Erwerb von Eigenbesitz sollten die zukünftigen Entwicklungen widerspiegeln. Die Tatsache, daß in den meisten Ländern die Preise für Eigenheime und Bürogebäude viel schneller gewachsen sind als die Mietpreise, ist nach Ansicht von "The Economist" alarmierend.
100 Quadratmeter kosten in London 800.000 Dollar
Weil übergreifende Vergleichsdaten nicht zur Verfügung stehen, hat das Blatt im vergangenen Jahr Hauspreis-Indizes zusammengestellt, die vierteljährlich aktualisiert werden. Die Hauspreise hätten sich seit 1995 in Irland verdreifacht, in den Niederlanden und Großbritannien verdoppelt und sind um zwei Drittel in Australien, Spanien und Schweden angewachsen. Bei Berücksichtigung der Inflationsraten sind die Hauspreise in allen Ländern real um 25 Prozent gewachsen - ausgenommen Deutschland, Japan, Kanada und Italien. In Deutschland dagegen sind die Preise in den vergangenen sieben Jahren nominal um 5 Prozent und real - nach Abzug der Inflation - um 13 Prozent gesunken.
Zwar gäbe es einen Weltmarkt für den Handel mit Anleihen, Aktien und Devisen, aber nichts Vergleichbares für Wohnungen. Die Preise für Immobilien und die Regeln für den Kauf und Verkauf wichen weltweit stark voneinander ab. Der Preis für eine Zweizimmer-Wohnung mit rund 100 Quadratmetern im Stadtzentrum ist am teuersten in London, New York und Tokio mit mehr als 800.000 Dollar, liegt in Frankfurt bei unter 400.000 Dollar und in Brüssel bei unter 200.000 Dollar.
Nach Ansicht des "Economist" können weder niedrige Zinssätze noch Bevölkerungswachstum den Boom der Hauspreise rechtfertigen. Die Aktien-Blase habe gezeigt, daß der Grundwert einer Anlage nicht vernachlässigt werden dürfe. Zwei Wege sieht die Zeitschrift für die Bewertung von Hauspreisen: das Kurs-Gewinn-Verhältnis und das Verhältnis von Hauspreis und Einkommen. Der Wert jeder Anlage sollte seine zukünftigen Einkünfte widerspiegeln. So wie der Wert einer Aktie dem Wert der zukünftigen Dividenden entsprechen sollte, sollte der Wert eines Hauses die zukünftigen Leistungen des Eigentums widerspiegeln - entweder die Mieteinnahmen oder die eingesparte Miete für einen Eigentümer-Nutzer.
Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,250785,00.html