Die neuen Regeln des Neuen Marktes greifen schon z
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 16.03.01 01:14 | ||||
Eröffnet am: | 16.03.01 01:14 | von: draki | Anzahl Beiträge: | 1 |
Neuester Beitrag: | 16.03.01 01:14 | von: draki | Leser gesamt: | 4.325 |
Forum: | Börse | Leser heute: | 2 | |
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Die mit verhaltenem Applaus aufgenommenen verschärften Regeln der Deutschen Börse für den Neuen Markt zeigen erste Resultate: Gemeldete Aktienverkäufe von Vorständen und Aufsichtsräten und weniger Werbung per kurzer Ad-Hoc-Mitteilung entfalten schon ihre Wirkung. Die Suche nach dem „Allheilmittel“ aber braucht noch Zeit.
Bei Intertainment hätte man mit mehr Widerstand des Anlegerpublikums gerechnet, denn die ersten Notmaßnahmen der Deutschen Börse brachten an den Tag, dass Rüdiger „Barry“ Baeres seit Anfang März Tag für Tag namhafte Aktienpakete verkauft. Brisant wird die Angelegenheit deshalb, weil besagter Baeres nicht weniger als der Vorstandsvorsitzende des angeschlagenen Medienunternehmens ist. Seit dem 1. März muss er die Verkäufe der Deutschen Börse melden.
Über die Intention, die Wertpapiere gerade zu Tiefstpreisen auf den Markt zu werfen, mag man spekulieren. Persönliche Gründe, die nichts mit dem Unternehmen zu tun haben, sollen der Anlass für den Verkauf von weniger als 1% der Aktien sein, die Baeres bis letzten Freitag in seinem Besitz hat. Die Gründe kann man glauben, man muss es aber nicht: Denn Intertainment befindet sich in einem Rechtsstreit mit seinem (bisher?) größten Geschäftspartner – es geht um immerhin über 70 Mio.$, um die sich die Münchner betrogen fühlen. Der Ausgang der Verhandlungen ist ungewiss; ein möglicher Prozessbeginn ist zurzeit ebenso wenig absehbar, wie dessen Ausgang sowie die Konsequenzen für den Filmproduzenten und -Händler.
Eine Meldepflicht vor den Vorkäufen, wie in Amerika üblich und hierzulande gefordert, greift anscheinend zu sehr in das Eigentumsrecht der Unternehmensinhaber ein. Wenn dies gewünscht ist, hilft nur eine freiwillige Verpflichtung.
Die Ad-Hocs sind etwas entschärft, doch manches rutscht noch durch die Maschen
Die Ad-Hoc-Flut der 338 Unternehmen am Neuen Markt ist deutlich eingedämmt. Es wird nicht mehr jeder Mini-Auftrag gefeiert, der bei Licht besehen 0,3% des eh schon geringen Jahresumsatzes ausmacht. Es zahlt sich aus, dass die Verbreitung der Nachrichten teurer wurde und Umfang und teilweise sogar Inhalt der Meldungen durch die Deutsche Börse kultiviert wurde.
So manche leichtfertig geschriebene Formulierung wie „Weltmarktführer“, wo der Markt erst am Anfang steht, ist gestrichen. Selbst bei den Kooperationen, als Name-Dropping sehr beliebt, ist man vorsichtiger geworden: Nicht jedes Start-Up, das mit einer kleinen GmbH der DaimlerChrylser AG Geschäfte macht, meldet jetzt die Kooperation mit dem Mega-Unternehmen.
Dabei ist die Chance, mit zweideutigen Formulierungen davon zu kommen, immer noch recht komfortabel: So meldet das für ausbleibende Umsätzen zuletzt abgestrafte Zukunftsunternehmen Tiscon den Einstieg in asiatisches Terrain – 15% des Gesamtumsatzes sollen bald dort erzielt werden.
Auf Nachfrage bezieht sich die Planung nur auf einen – allerdings wichtigen - Teilbereich; wer das gemeldete Potenzial des Geschäfts mit den bisherigen Planzahlen des Unternehmens ausrechnen wollte, liegt ungefähr 50% neben den nach Unternehmensangaben konservativen geplanten Zahlenspielen.
Der Neue Markt sollte Mut zu weiteren Schritten haben
Die Nasdaq hat immerhin bis heute 30 Jahre gebraucht um Mittel für einen gerechten Handel mit Aktien zu finden. Einer der wichtigsten Schritte, nämlich das Tilgen des Informationsvorsprungs zwischen institutionellen und privaten Anlegern, wurde erst kürzlich gewagt. Nach Ermittlungen der Financial Times Deutschland fliegen 20% der Nasdaq-Unternehmen pro Jahr aus verschiedenen Gründen aus dem Segment; im letzten Jahr waren es gut 700.
Und die bisherigen Maßnahmen der Deutschen Börse AG sagen etwas aus, was den Anlegern Mut machen sollte: „Wir haben verstanden!“ Betrug und Pleiten können die Regeln sowieso nicht verhindern.
Autor: Thomas Siedler, 19:08 15.03.01