Die europäische Stahlindustrie
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Eröffnet am: | 25.04.02 20:53 | von: Überzieher | Anzahl Beiträge: | 6 |
Neuester Beitrag: | 25.04.02 21:44 | von: HB_Männche. | Leser gesamt: | 1.939 |
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Der Schutzzoll an sich ist für Europa kein Grund zur Sorge
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Die europäische Stahlindustrie
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Der gegenwärtige Wandel der amerikanischen Zollpolitik gefährdet natürlich direkt die Welthandelsorganisation WTO und die Maastrichter Verträge in ihrer jetzigen Form. Dieser Wandel in der Zollpolitik mit seinen nunmehr offensichtlichen kurzfristigen Auswirkungen hat aber ungefähr zu dieser Zeit mehr oder weniger unausweichlich kommen müssen, jede gegenteilige Annahme wäre eine fatale Illusion. Alles in allem wird daraus wahrscheinlich bald der weitreichendste systemverändernde Wandel in der weltweiten Wirtschaftspolitik seit 30 Jahren erwachsen.
Da ich eine politische Institution in den USA und gleichzeitig der nachweislich erfolgreichste langfristige Wirtschaftsprognostiker der letzten Jahrzehnte bin, ist es meine Pflicht, mich in dieser Situation mit offenen Worten an die relevanten Kreise in meinem eigenen Land ebenso wie in Europa und anderswo zu wenden. Ich frage Sie: Worin liegt die eigentliche, systemische Bedeutung der jüngsten Entscheidung des amerikanischen Präsidenten, mit der implizit mehr als drei Jahrzehnte Politik des "freien Handels" abrupt beendet und durch ein Verfahren - wie Senatsführer Daschle treffend sagte - "fairen Handels" ersetzt werden?
Wie aus einem Gespräch des CNN-Interviewers mit den Senatoren Daschle und Lott deutlich hervorging, ist die Entscheidung bei Stahl ein Vorbote ganz ähnlicher Entscheidungen auf vielen Gebieten des Handels und verwandter Bereiche. Überall auf der Welt und in den USA selbst muß man erkennen, daß die USA entweder in die Richtung gehen, wie Daschle es mit seiner Umschreibung der jüngste Wende in der Wirtschaftspolitik der Regierung andeutete, oder andernfalls den wirtschaftlichen Niedergang seit 1965 in den allgemeinen Ruin fortsetzen. Sie alle, in den USA wie anderswo, sollten diesen Wendepunkt der politischen Entscheidungen im Lichte des unabwendbaren Zusammenbruchs der Blase der Finanzderivate mit Enron im Mittelpunkt betrachten.
Die USA könnten nicht lange überleben, wenn sie den sich zuletzt beschleunigenden Trend fortsetzten, ihre lebenswichtigen strategischen Wirtschaftsbereiche der Industrie und Landwirtschaft den Auswirkungen der allgegenwärtigen Globalisierung und ruinösen Herrschaft gigantischer Finanzblasen à la John Law zu opfern. Der Stahlbereich war erst der Anfang. Niemand in den USA oder in Europa kann diesen Geist wieder in die Flasche der "Globalisierung" zurückstopfen.
Nun zu den wichtigsten Erwägungen, die alle verantwortlichen Kreise inner- und außerhalb der USA im Zusammenhang mit dieser Frage der Rückkehr zu einer protektionistischen Politik des "fairen Handels" berücksichtigen sollten.
Die europäische Stahlindustrie
Um einige Fragen, die vom Kern der Sache ablenken, in den richtigen Zusammenhang zu stellen, betrachten wir nun, ob Bushs neue Politik die europäische Stahlindustrie gefährdet. Wird der höhere Einfuhrzoll auf Stahl einen Einbruch der europäischen Stahlexporte in die USA zur Folge haben? An und für sich lautet die Antwort: "Nein, diese Gefahr besteht nicht." Seien wir realistisch: Wie ist die Sachlage?
Werden die USA wegen dieses Zolles weniger Stahl verbrauchen? Nicht wegen des Zolls an sich! Die USA müssen Stahl von dort, wo er verfügbar ist, importieren und sich dabei im wesentlichen auf die traditionellen Lieferwege verlassen. An und für sich genommen bedeutet die Veränderung nur, daß der amerikanische Verbraucher einen höheren Durchschnittspreis für Stahlerzeugnisse bezahlen wird. Dieser höhere Preis für einheimische Stahl- und verwandte Erzeugnisse führt zu einer höheren Konzentration von Kaufkraft im güterproduzierenden Sektor, auf Kosten des ominösen "Geldsektors". Und dies bedeutet tendenziell auch eine höhere Kapitalakkumulation im "harten" güterproduzierenden Sektor in Europa.
Die Gefahr droht nicht von hier, ebensowenig wie von den anderen Schutzzöllen, die wahrscheinlich noch folgen werden. Die Gefahr besteht darin, daß die ganze Welt von einem allgemeinen Zusammenbruch des gegenwärtigen Währungs- und Finanzsystems erfaßt ist. Die Realwirtschaft, wo physische Güter erzeugt und verbraucht werden, wird von den enormen Kosten des Erhalts eines inhärent systemisch bankrotten Währungssystems der "freien Wechselkurse" der Zeit seit 1971 bis aufs Mark aufgezehrt.
Wie in der Diskussion zwischen Daschle, Lott und dem Interviewer richtig betont wurde, geht es nicht um Zölle an sich. Es geht um den schockierenden, aber unvermeidlichen Übergang von einer globalistischen Währungspolitik des "freien Handels" zurück zu der Politik des "fairen Handels", wie sie den Wiederaufbau der Nachkriegszeit in den Amerikas, Westeuropa und Japan von 1945-1964 kennzeichnete. Die Welt ist seit mehr als drei Jahrzehnten den Weg des utopischen "Freihandels" gegangen. Sie hat die illusorische Brücke über die Schlucht erreicht, um festzustellen, daß diese Brücke nie existiert hat. Sie hat also die Wahl, entweder zu versuchen, die "Brücke" trotzdem zu überqueren, oder sich wieder der realen Welt zuzuwenden.
Für einen typischen medienbewußten Politiker wie Senator Daschle ist die Sache klar. Denken Sie an die sprichwörtliche "Zwickmühle": Mit Worten verteidigt Daschle immer noch den "freien Handel", aber mit Taten wendet er sich der praktischen Politik des "fairen Handels" zu. Die betreffenden amerikanischen Politiker haben ihre Weltanschauung nicht geändert - das tut die Realität für sie. Enron war nicht die Ursache dieser Veränderung; Enron hat sich nur als der mehr oder weniger letzte sprichwörtliche "Tropfen" erwiesen, der das Faß überlaufen ließ.
Man sollte die Probleme, die sich durch die neue amerikanische Zollpolitik stellen, nicht als Interessenkonflikt zwischen Amerika und Europa auffassen. Vielmehr sollte man darin ein Signal für den unausweichlich notwendigen Aufbruch aus der törichten "Konsumgesellschaft" zurück zur "Produktionsgesellschaft" erkennen. Statt sich um die allerletzten Bröckchen der weltweit schwindenden Wirtschaftsaktivität zu streiten, sollten die USA, Europa und andere darüber nachdenken, wie man am schnellsten und am besten zu der Politik zurückkehrt, für die Präsident Charles de Gaulle in Frankreich und allgemein in Europa stand, als er eng mit Kanzler Adenauer und beide gemeinsam mit Präsident Kennedy zusammenarbeiteten.
Im übrigen war dieser Wandel in der Politik der USA für niemanden, der die Entwicklung der wirtschaftlichen Realitäten im Laufe des letzten Jahrzehnts aufmerksam verfolgt hat, eine große Überraschung. Die Wirklichkeit der amerikanischen und Weltwirtschaft hat in alle anderen Bereiche nationaler und internationaler politischer Entscheidungen eingegriffen. Die Ökonomie hat laut verkündet: "Platz da! Jetzt entscheide ich!"
Das Paradox der US-Stahlzölle
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Die eigene Zukunft verbaut
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Die Nachricht, daß die Vereinigten Staaten bei den Stahlpreisen zum "fairen Handel" zurückkehren, droht rund um die Welt zahllose Geschädigte aus der "Babyboomer-" oder "68er-Generation" hoffnungslos in den Wahnsinn zu treiben.
Die eigentliche Neuigkeit ist, daß der Stahlpreis als solcher gar nicht die Ursache dieser akuten Angstzustände ist. Die Erklärung für dieses psychiatrische Problem, das man u.a. bei fast allen bekannten Zeitungskommentatoren Amerikas beobachten kann, ist der Umstand, daß die meisten "Babyboomer" und viele ihrer inzwischen hochschulreifen Kinder sich weigern, sich überhaupt auch nur mit irgendeinem Paradox auseinanderzusetzen, einfach weil es ein Paradox ist.
Der neue Stahlschutzzoll ist ein klassisches ontologisches Paradox, wie aus dem Lehrbuch. Es läßt sich folgendermaßen zusammenfassen.
Irgendein Kerl spricht das übliche Mantra aus: ",Freihandel' ist gut für die Wirtschaft, und wir müssen uns auch weiterhin an diese Politik halten." Aber der gleiche Kerl sagt: "Die Wirtschaft braucht auch Stahl, und die Stahlindustrie wird ohne ,fairen Handel' nicht überleben." Einige Leute in den USA und auch anderswo verwandeln sich, wenn sie dieses Paradox hören, von scheinbar besonnenen Bürgern in Wesen aus einer anderen Welt, die sich wie Tollwütige im Karneval aufführen.
Warum diese psychopathologische Reaktion? Es ist wie der Mann, der die Scheinwerfer seines Autos zertrümmert, weil "das Ding nicht anspringen will!"
Die Mehrheit des US-Kongresses und der Präsident reagierten auf den Umstand, daß die weitere Existenz der amerikanischen Stahlindustrie eine vorrangige Frage der nationalen Sicherheit ist, sowohl für die Wirtschaft als solche als auch für die Landesverteidigung. Aber die typischen "68er" und gewisse Zeitungsschreiber werden wütend, wenn sie daran erinnert werden, daß eine Wirklichkeit existiert. So wie der kopflose Automechaniker wutentbrannt die Scheinwerfer zerschlägt, weil der Wagen, den er "gerade repariert hat, nicht anspringen will", schlagen sie auf die Welt um sich herum ein, weil diese Welt von ihnen mit Nachdruck rationales Verhalten fordert.
Die Protestierenden hassen Paradoxe. Deswegen haben viele in den USA und Europa auf die Nachricht der Stahlzölle so extrem gereizt reagiert. Man muß geradezu befürchten, daß harmlose Hühner, die ihnen zufällig zu nahe kommen, plötzlich ein schreckliches Ende finden.
Es ist wie bei jedem echten ontologischen Paradox: Das Paradox zwingt den Geist, ein universelles physikalisches oder qualitativ vergleichbares Prinzip zu entdecken - so wie im Fall von Johannes Keplers Entdeckung der universellen Schwerkraft - , welches das Paradox auflöst und damit praktisch aus der Welt schafft.
Die eigene Zukunft verbaut
Mehr als 35 Jahre lang wurden zwei Generationen von Amerikanern - die jungen Menschen von damals und ihre Kinder von heute - darauf konditioniert, sich für die sogenannte "nachindustrielle Gesellschaft" zu begeistern. Seit damals haben die Bildungseinrichtungen, die Massenmedien und die Beschäftigungspolitik mit vereinten Kräften einen Großteil dieser Generationen dazu gehirngewaschen, an eine wissenschaftsfeindliche Welt zu glauben, in der die "Verbraucher" wie moderne Maschinenstürmer über die verhaßten "Produzenten" triumphieren.
Eine der psychologischen Waffen in dieser Massengehirnwäsche an zwei ganzen Generationen war das immer und immer wieder eingehämmerte Mantra: "Wir brauchen den freien Handel!" Protektionismus, Produktion, Technik, Naturwissenschaft, Industrie und Landwirte wurden als "out" abgestempelt, als etwas, was nur noch für die Unterschicht taugt - möglichst Billigarbeitskräfte aus dem Ausland. Immer wieder und wieder wurde erklärt "Die Preise müssen so weit 'runter, wie es irgend geht", selbst wenn das bedeutete, im eigenen Land die Bauernhöfe und Industriebetriebe zu schließen.
Ergänzt wurden diese Mantras durch die Kampagne zur Abschaffung des Nationalstaates über wirtschaftlichen Wahnsinn wie den Nordamerikanischen Freihandelsmarkt (NAFTA), die "Globalisierung" und die Errichtung eines "Weltrechtsstaates" ("world rule of law") als Waffe zur Zerstörung aller souveränen Nationalstaaten (die USA eingeschlossen).
Etwa seit 1995 kam zu diesem Wahnsinn wie NAFTA noch erschwerend der psychotische Traum von der "New Economy" hinzu, die kürzlich weltweit unterging. Man pries die "New Economy" als die Alternative zu Industrie und Landwirtschaft, die in Verbindung mit "Outsourcing" alles Gute, das Amerika einmal zu bieten hatte, von uns nehmen würde. Jetzt ist die "New Economy" mit einem großen Knall geplatzt, so wie es alle vernünftigen und intelligenten Leute immer schon vorhergesehen hatten, und wir erkennen plötzlich, wie die Zuschauer bei der Vorführung des Kaisers neuer Kleider, daß auch wir, genauso wie der Kaiser, fast nackt sind!
Wie der unschuldige kindliche Held jener Geschichte sagte Senator Daschle sinngemäß: "Ich liebe den Freihandel über alles, aber um die Stahlindustrie zu retten, brauchen wir fairen Handel." Diese paradoxe Äußerung und die entsprechenden Taten des Präsidenten der USA haben Gottseidank plötzlich die ganze Welt verändert. Der Grundpfeiler des ganzen wirtschaftlichen Irrsinns, der seit 35 Jahren immer mehr auf dieser Welt geherrscht hatte, ist gerade mit großem Getöse eingestürzt. Vielen in den beiden Generationen, die der Gehirnwäsche in "nachindustrieller" Ideologie unterzogen wurden, muß es so vorgekommen sein, als sei die Fantasiewelt in ihrem Kopf plötzlich komplett untergegangen.
Alle vernünftigen Leute und alle Verrückten, die wieder normal werden, werden aus diesem wahren Paradox die richtigen Schlußfolgerungen ziehen. Auch wenn es den Mantras des Konsumerismus widerspricht, es gibt morgen nur den Reichtum, den wir heute produzieren. Wenn die Welt überleben soll, muß sie den kürzesten Weg zurück zum Protektionismus nehmen. Es war allerhöchste Zeit!
Es war nur natürlich, daß die Leute, die so lange gehirngewaschen wurden, mehr als nur ein bißchen überschnappten. Seien Sie vorsichtig! Der Typ mit dem seltsamen Blick könnte im nächsten Moment die Scheinwerfer Ihres geparkten Wagens zertrümmern.
von Lyndon LaRouche
Ohne Insiderwissen kannste heute keinen Blumentopf mehr gewinnen!
gruss
mako
Die Stahlpreissituation z.Zt. ist von Subventionen an die Gewinner des finalen Verdrängungskampfes geprägt.
Es gibt z.B. gerade rostfreien Stahl billiger als normalen Kohlenstoffstahl, das war noch nie da!
HB