BÖRSEN: Alarmsignale einer tiefgreifenden Krise
Seite 1 von 1 Neuester Beitrag: 14.08.02 11:48 | ||||
Eröffnet am: | 29.07.02 06:23 | von: Happy End | Anzahl Beiträge: | 25 |
Neuester Beitrag: | 14.08.02 11:48 | von: Happy End | Leser gesamt: | 6.398 |
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"Hier herrscht Panik, blanke Panik", rief ein Reporter des Nachrichtensenders N-tv am vergangenen Mittwoch in sein Mikrofon. Er hatte die hektische Stimme eines Kriegsreporters, der ganz vorn an der Front steht - direkt auf dem Parkett der Frankfurter Börse.
Zeugen des Absturzes: AOL-Händler an der Börse von Chicago sehen den Kurs des Konzerns fallen
Zwei Tage zuvor hatte der amerikanische Telekommunikationsriese WorldCom Konkurs angemeldet. Durch die bislang größte Pleite der Wirtschaftsgeschichte wurden 120 Milliarden Dollar vernichtet. Aus den USA wehte zudem das Gerücht heran, die US-Notenbank könne zu einer Notsitzung zusammenkommen. In Deutschland sorgten Hausdurchsuchungen bei dem Finanzdienstleister MLP ebenso für Aufruhr wie angebliche Preisabsprachen bei Versicherungen, die wie Banken prompt in den allgemeinen Abwärtsstrudel gerieten. Aktienhändler sprachen von einem "mittleren Blutbad".
An einem solchen Tag kann es angeraten sein, mit Experten wie Eckhardt Wohlers zu reden. Der Konjunkturforscher beim Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA) erklärt mit ruhiger Stimme, der Crash an den Börsen, der in Deutschland allein in der vergangenen Woche Kapital in Höhe von über 50 Milliarden Euro verpuffen ließ, werde für die Wirtschaftsentwicklung "keine großen Folgen" haben. Wohlers fürchtet keine Rezession. Allenfalls werde sich der Aufschwung, der für das zweite Halbjahr erwartet wurde, etwas verschieben.
In der Zwischenzeit brachen die Aktien der HypoVereinsbank um bis zu 20 Prozent ein, die der Commerzbank um über 13 und die der Deutschen Bank um fast 10. "Atmen Sie erst einmal durch", riet der N-tv-Moderator seinen Zuschauern, "wir sind gleich wieder für Sie da." Nach der Werbepause ging es weiter - abwärts.
Der Dax, der im März des Jahres 2000 noch bei über 8000 Punkten lag, notierte am vergangenen Freitag nur noch bei 3580. Der US-Index Dow Jones schmierte im gleichen Zeitraum von 11 100 auf gut 8000 Punkte ab. Und all diese Beben sollen keine Auswirkungen auf Wachstum, Investitionen und Arbeitsplätze haben?
In solchen Momenten kann es auch beruhigend wirken, mit Wolfgang Wiegard zu reden, Chef jenes Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der sich "Die fünf Weisen" nennen lässt. "Die Auswirkungen der Aktienmärkte auf die reale Wirtschaft schätze ich gegenwärtig eher gering ein", sagt Wiegard. Die Gefahr, dass der Kurssturz gar eine neue Rezession einleiten könnte, sieht er "zurzeit ganz und gar nicht".
Ratlosigkeit: Selten hat der Handel an den Börsen solche Ausschläge verzeichnet wie vergangene Woche
Seine Erklärung wie auch die vieler seiner Kollegen: Die Entwicklung an der Börse habe sich von der wirtschaftlichen Realität abgekoppelt. Während die Aktienkurse noch abstürzten, vor allem weil die Anleger nach den Skandalen um Enron und Co. das Vertrauen in Bilanzen und Unternehmensführer verloren haben, gebe es genügend Aufschwungsignale wie das stabile Wachstum in den USA. Auf Dauer setze sich die reale Wirtschaft gegen die kurzfristigen Trends der Börsen durch.
Doch mit jedem Tag, an dem die Kurse weiter sinken, wachsen die Zweifel, ob Konjunkturforscher wie Wohlers und Wiegard mit ihren Analysen wirklich richtig liegen. Denn es scheint keineswegs zwingend, dass die bislang gute US-Konjunktur dafür sorgt, die Unternehmensgewinne und damit auch die Börsenkurse wieder nach oben zu ziehen. Möglich ist derzeit durchaus auch die umgekehrte Entwicklung: Die einstürzenden Börsenkurse könnten die gesamte Ökonomie mit in die Tiefe reißen.
- Sparer, die beim Spekulieren ihr Geld verloren haben, schränken schon jetzt ihren Konsum ein. Bei Herstellern von Unterhaltungselektronik, bei Autokonzernen, Kaufhäusern, Reiseveranstaltern und im Gast-Gewerbe sinken die Einnahmen drastisch.
- Banken bilden Rückstellungen für faule Kredite. Sie müssen ihre Kosten senken, streichen Tausende von Jobs und vergeben zunehmend widerwillig neue Kredite.
- Unternehmen können sich das Geld aber auch nicht mehr so leicht an der Börse besorgen. Sie senken ihre Investitionen. Firmengründer haben kaum noch eine Chance, frisches Kapital für weitere Expansionen an der Börse zu bekommen.
- Versicherungen können ihren Kunden die garantierte Dividende nicht mehr aus den erwirtschafteten Überschüssen bezahlen. Also müssen sie Aktienpakete verkaufen und beschleunigen damit nur weiter den Absturz der Papiere.
Eine schwer zu durchbrechende Abwärtsspirale, die Industrie wie Kleinsparer, Arbeitsplätze wie Altersversorgung gleichermaßen bedroht? Ein Horrorszenario? Gewiss. Aber es mehren sich die Alarmsignale.
Am vergangenen Donnerstag legte das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung einen wichtigen Frühindikator für die Konjunkturentwicklung vor, den so genannten Geschäftsklima-Index. Dafür befragen die Forscher 7000 Unternehmen nach ihren Geschäftserwartungen. Jüngstes Ergebnis: Die Firmen sind im Juli deutlich pessimistischer geworden. Wenn es im August so weitergeht, sagt Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn, müsse man davon ausgehen, dass der viel beschworene Aufschwung stockt.
Für Finanzminister Hans Eichel steht die Hauptursache fest: Die starken Kursverluste an den Weltbörsen, die ein "Gefährdungsfaktor" für die Konjunktur geworden seien - da solle man "gar nicht herumreden".
Die Folgen der Börsenbaisse lassen sich zuallererst bei den Banken beobachten. Und bei denen könnte es düsterer kaum aussehen. Albrecht Schmidt, Vorstandsvorsitzender der HypoVereinsbank, orakelt: "Wir bewegen uns im schwersten Bankenjahr seit Kriegsende." Die Kreditinstitute reagieren nach bekanntem Muster: Sie streichen Arbeitsplätze. Allein die vier privaten Großbanken haben den Abbau von 35.000 Jobs angekündigt.
Besonders stark auf Geschäfte rund um die Börse hat die Deutsche Bank gesetzt. Die Kreditvergabe an den Mittelstand hat sie zurückgefahren, weil das Geschäft als wenig lukrativ gilt. Stattdessen wurden Unternehmensführer wie WorldCom-Gründer Bernie Ebbers oder der französische Vivendi-Chef Jean-Marie Messier mit großzügigen Kreditlinien hofiert.
Die Bank benutzte die Kredite wie ein Eintrittsgeld, um mit solchen Konzernen dann ins lukrative Geschäft der Unternehmensübernahmen oder der Emission von Anleihen zu kommen. Doch der Preis ist, wie die Deutsche Bank jetzt zu spüren bekommt, viel höher als erwartet. Sie muss ihre Risikovorsorge für Kredite, die möglicherweise nie zurückgezahlt werden, um mehrere hundert Millionen Euro aufstocken. Allein bei WorldCom war Deutschlands größte Bank mit 241 Millionen Dollar engagiert.
Die Krise der Finanzindustrie wirft dunkle Schatten auch auf die übrige Wirtschaft und gefährdet Arbeitsplätze in ganz anderen Industriezweigen wie dem Maschinenbau oder der Software-Industrie. Unternehmer, die auf frisches Geld zum Ausbau ihres Geschäfts angewiesen sind, geraten immer weiter ins Trudeln. "Der Kapitalmarkt ist tot", sagt ein Investmentbanker.
Bis zu 60 Neuemissionen sollte es nach einer Prognose von Sal. Oppenheim dieses Jahr in Deutschland geben. Den Sprung aufs Parkett geschafft haben bislang aber nur fünf Firmen. Etliche andere Unternehmen wie beispielsweise der Weilheimer Solarzellenhersteller SES 21 mussten ihren Börsengang kurzfristig wieder absagen.
Die Börse fällt als Risikokapitalgeber also bis auf weiteres aus. Gleichzeitig aber kappen viele Banken die Kreditlinien. Der Stuttgarter Wirtschaftsanwalt Brun-Hagen Hennerkes, der im Aufsichtsrat größerer Mittelständler sitzt, diagnostiziert: "Viele Hausbanken lassen ihre Mittelstandskunden im Regen stehen."
Schwer getroffen werden von der Börsenbaisse aber auch die Lebensversicherungsgesellschaften. Sie sind gesetzlich gezwungen, ihren Kunden eine Verzinsung von 3,25 Prozent zu garantieren. In den Jahren des Aktienbooms haben auch deutsche Versicherungen immer mehr Kapital in Aktien angelegt. Bei fallenden Kursen müssen sie jetzt verkaufen, um überhaupt die Garantieverzinsung zahlen zu können. Dies war, wie Börsenhändler berichten, einer der rationalen Gründe, warum die Kurse jüngst so stark absackten. Hinzu kommt ein fast noch wichtigerer Faktor: die Furcht.
Ein Großteil des Geschehens an den Börsen lässt sich nur noch mit dem Instrumentarium der Psychologie erklären. Da meldete Siemens am vergangenen Mittwoch hervorragende Quartalszahlen, hat schon in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahrs mehr verdient, als der Konzern für das gesamte Jahr prognostizierte - und wie reagierte der Kurs? Er sackte teilweise um mehr als neun Prozent ab.
Aktienhändler begründeten das Debakel damit, dass bei Siemens der Auftragseingang fürs vierte Quartal gesunken sei. Psychologen nennen derlei selektive Wahrnehmung.
Positive Nachrichten werden nicht mehr zur Kenntnis genommen. Jedes Gerücht aber, das einer Bank gestiegenen Abschreibungsbedarf unterstellt oder einem Unternehmen geschönte Bilanzen, wird gierig aufgegriffen und führt zu Einbrüchen nicht nur bei den vermeintlich betroffenen Firmen. Abgestraft werden meist auch andere Unternehmen, die in der gleichen Branche aktiv sind. Als der US-Pharmakonzern Merck wegen Bilanztricks ins Gerede kam, rutschte der Kurs des gleichnamigen deutschen Unternehmens im Gleichklang ab - obwohl die beiden Konzerne keinerlei Berührungspunkte haben.
Und wenn sich später herausstellt, dass ein Gerücht nur ein Gerücht war, steigen die Kurse selten auf das alte Niveau. Es könnte ja doch etwas dran sein.
Das blinde Vertrauen, das die meisten Anleger während des Booms Ende der neunziger Jahre in Bilanzen und Prognosen der Konzerne hatten, hat sich ins Gegenteil verkehrt: ein ebenso blindes Misstrauen. Entsprechend heftig sind die Kursausschläge an den Börsen, an denen vor allem ein Wort Konjunktur hat: Angst.
Nur eine Spezies von Wirtschaftsprofis lässt sich davon nicht anstecken, die der Konjunkturforscher. Die Auguren verweisen gebetsmühlenartig darauf, dass der Börsencrash in Deutschland schon deshalb keine großen Auswirkungen haben dürfte, weil hier zu Lande nur gut 18 Prozent der Bevölkerung Aktien besitzen. Fallende Kurse dürften kaum zu einer sinkenden Konsumnachfrage führen. Ganz anders in den USA, wo die Aktienkultur viel tiefer verwurzelt sei - und nun Millionen Senioren um die Altersvorsorge ihrer Pensionsfonds fürchten.
Aber was geschieht, wenn auch die kauffreudigsten Verbraucher der Welt, die US-Amerikaner, ihr Geld lieber sparen? Dann, so gestehen auch Konjunkturforscher, drohe tatsächlich Gefahr, auch für Europa.
Das Szenario ist schnell skizziert: Der Kurs des Dollar würde stärker sinken, der des Euro steigen. Deutsche Maschinenbauer, Chemiefirmen und Autohersteller könnten kaum noch so viel in die USA exportieren. Und weil diese Ausfuhren bislang eine der wichtigsten Stützen der deutschen Wirtschaft sind, drohten dann auch hier Rezession, noch mehr Pleiten und ein noch mieseres Konsumklima, das wiederum die Aktienmärkte mit sich reißen würde.
Gegensteuern könnten vor allem Wirtschaftspolitiker und Notenbanken. Sie können, ganz traditionell, die Leitzinsen senken. Aber auch völlig ungewöhnliche Vorschläge werden diskutiert. Die Schweizer Investmentbank Credit Suisse First Boston präsentiert in einer Studie die Idee, dass die Notenbanken an der Börse Aktien kaufen könnten. Der Vorschlag klingt abenteuerlich. Aber er zeigt, wie dramatisch die Entwicklung von einigen Experten mittlerweile eingeschätzt wird.
Angesichts solcher Äußerungen fällt es zunehmend schwer, sich von den eher unspektakulären Analysen der Wirtschaftswissenschaftler beruhigen zu lassen. Nur wenn die Kurse noch kräftig weiter absacken und dauerhaft unten bleiben, sieht Konjunkturforscher Wohlers vom HWWA echte Gefahren.
Und der oberste Wirtschaftsweise, Professor Wiegard, ist weiterhin überzeugt: "Der Aufschwung kommt, wenn auch vielleicht etwas später als erwartet."
spiegel.de
Börse als Bremsklotz
Die Weltwirtschaft klettert mühsam aus dem Tal, doch die Börse geht ihre eigenen Wege. Die Indizes haben sich vom Konjunkturverlauf gelöst und drücken nun auf das Vertrauen der Verbraucher. Wie groß ist die Gefahr, dass die Wall Street nun auch die "Real Street" mit sich reißt?
Einst eilte die Börse der Konjunktur voraus. Nun droht sie die Wirtschaft zu lähmen.
Damals, in den alten Zeiten, gab es noch Anhaltspunkte. Da reagierte die Börse noch auf Veränderungen der globalen Konjunktur. Wie ein Seismograf schlug sie auf wichtige Frühindikatoren an und eilte der Entwicklung der Wirtschaft um sechs bis acht Monate voraus. Auch damals ließen sich keine Kurse vorhersagen, doch auf lange Sicht verliefen die Indizes zeitversetzt, aber im Einklang mit der Konjunkturkurve. In den alten Zeiten.
Inzwischen ist die Welt komplizierter geworden. Nach Ansicht der Volkswirte hat die Konjunktur in den USA bereits vor sieben Monaten ihre Talsohle durchschritten, doch die Indizes markieren fast jede Woche neue Tiefs. Die Wirtschaft scheint sich langsam zu berappeln, aber die Finanzmärkte marschieren konsequent in die andere Richtung. Von Erholung keine Spur: Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg waren die Börsen in einem vergleichbar robusten Konjunkturumfeld so schwach wie heute, bemerken die Volkswirte von Goldman Sachs. Bilanzskandale und die tiefe Verunsicherung der Aktionäre sorgen dafür, dass Auftragseingänge und Wirtschaftswachstum beinahe ungehört verhallen.
Das Kursbarometer an der Wall Street hat sich nicht nur von der "Real Street" gelöst – nun droht das Pendel auch auf die reale Wirtschaftsentwicklung zurückzuschlagen.
Der Aktiencrash könnte die zaghafte Konjunkturerholung wieder ersticken: Nach Ansicht von Stephen Roach, Chefvolkswirt bei Morgan Stanley, droht durch die extrem schwachen Märkte ein "double dip", ein Rückschlag in die Rezession.
Selbst der bedächtige Bundesbank-Präsident Ernst Welteke sorgt sich darüber, dass sich "die Unsicherheiten an den Finanzmärkten auf die Realwirtschaft auswirken". Die Baisse hat enormes Kapital vernichtet, Löcher in Konzernportfolios und Privatschatullen gerissen und für Unsicherheit bei Firmenchefs wie bei Verbrauchern gesorgt. Einiges spricht dafür, dass die Börsenkurve nun auch die Konjunkturkurve erneut nach unten drückt.
Konsum gerät ins Wanken
Mit Bangen blicken Börsianer auf den Verbraucher in den USA. Bislang hat dieser kräftig weiter eingekauft, als sei es nur eine Frage der Zeit, bis die Verluste in den Depots wieder ausgeglichen sind. Die niedrigen Zinsen haben die Konsumlust auch nach den Attentaten im September stimuliert: Viele US-Bürger schuldeten ihr Darlehen für das Haus auf einen niedrigeren Zinssatz um und gingen mit dem gesparten Geld erneut auf Einkaufstour. Die günstigen Finanzierungs- und teilweise Nullzins-Angebote der Auto- und Konsumartikelhersteller waren ja auch verlockend. Zusätzlich floss viel ausländisches Kapital ins Land, was das Leben auf Pump erleichterte.
Doch mit den US-Bilanzskandalen ebbt dieser Geldstrom ab, und das Vertrauen der Amerikaner, das beste Finanzsystem der Welt werde alles richten, ist angeknackst. Hinzu kommt die Sorge, auf Grund des Streichkonzerts der Konzerne bald selbst ohne Job zu sein, und die tiefe Enttäuschung beim Blick auf das eigene Depot. Das Vermögen der privaten Haushalte in den USA ist seit März 2000 um rund 4000 Milliarden Dollar geschrumpft – nach Schätzungen der US-Notenbank könnte dies eine Konsumeinschränkung von 180 Milliarden Dollar bedeuten, wenn die Verbraucher aus der Geldvernichtung Konsequenzen ziehen und das Sparen entdecken.
Zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts der USA entfallen auf den privaten Verbrauch und der US-Einzelhandel verbuchte zuletzt bereits leicht rückläufige Umsätze, und das Vertrauen der US-Verbraucher ist im Juli auf den tiefsten Stand seit September gefallen. Hält dieser Trend an, dürften die Prognosen für das Wirtschaftswachstum in den USA hinfällig sein.
Geschäftsklima in Deutschland abgekühlt
Der Wertverlust der Aktien schmälert auch die Pensionen der US-Rentner. Aktien spielen in der privaten Altersvorsorge in den USA eine wichtige Rolle, und in vielen US-Pensionsfonds sind Aktien gegenüber Rentenpapieren viel stärker gewichtet als in vergleichbaren europäischen Fonds. Neben den Alltagsausgaben sollten häufig auch die Schulden aus den Gewinnen der Aktienfonds abbezahlt werden. Nun müssen viele Ruheständler knapper kalkulieren.
In Deutschland gibt es nicht so viele Aktiensparer wie in den USA, so dass ein weiterer Kursverfall nicht ganz so stark auf privates Vermögen und Konsum durchschlagen dürfte. Nur etwa jeder fünfte Deutsche hält Wertpapiere, während in den USA Aktien bereits ein fester Bestandteil der privaten Altersvorsorge sind. Dennoch hat der Kursrutsch in den Jahren 2000 und 2001 auch hierzulande rund 160 Milliarden Euro vernichtet, und der private Konsum ist mit 50 Prozent des Bruttosozialproduktes die entscheidende Stütze der Wirtschaft.
Die Teuro-Diskussion und wachsende Sorge um den Arbeitsplatz haben dazu geführt, dass die Konsumenten in Deutschland bereits seit Frühjahr deutlich zurückhaltender sind als in den USA: Einzelhändler beklagen einen "Käuferstreik". Entsprechend schwach fiel auch der Ifo-Geschäftsklimaindex für Juli aus. "Der Konsum ist noch nicht in Schwung gekommen, und die Unternehmen halten sich nach wie vor zurück", sagt Ifo-Chefökonom Gernot Nerb. "Damit bringen die Triebkräfte der Konjunktur noch nicht das, was man von ihnen erwartet."
Teure Kredite, zaghafte Investitionen
Unternehmen haben ihre Investitionen zurückgefahren, da ihre Umsatz- und Gewinnprognosen nur noch auf tönernen Füßen stehen. Gleichzeitig wird es für sie schwieriger, sich für neue Projekte Geld zu beschaffen: Ein Börsengang oder eine Kapitalerhöhung kommt im aktuell schwachen Marktumfeld kaum in Frage. Auch die Banken stellen höhere Hürden auf: Die Kredite werden teurer, da die Finanzinstitute auf Grund der zahlreichen Firmenpleiten höhere Rückstellungen bilden müssen. Dies drückt besonders den Mittelstand.
Falls die Anleger ihr Geld weiter vom Kapitalmarkt abziehen, sinkt zudem das Eigenkapital der Big Player im Vergleich zu ihren Schulden – Herabstufungen der Ratingagenturen und teurere Kredite sind die Folge. "In vielen Unternehmen sind Unternehmen eigentlich überfällig", sagt Ifo-Volkswirt Nerb. Doch bei einer weiteren Verknappung von Kapital werden die Finanzierungsbedingungen immer schwieriger. Für die dringend benötigten Investitionen ist dies Gift.
Folgen der fetten Jahre – Gespenst Japan geht um
Besonders die Wachstumsunternehmen leiden noch heute unter den Folgen der fetten Börsenjahre seit Mitte der neunziger Jahre. Umsatz- und Gewinnerwartungen schienen keine Grenzen zu kennen, die Märkte erwarteten pro Quartal abenteuerliche Wachstumsraten.
In diesem Wachstumsrausch haben viele Firmen riesige Überkapazitäten geschaffen, die zum Teil bis heute noch nicht abgebaut sind. Ein großes Güterangebot stößt auf geringe Nachfrage. Dies sorgt für einen anhaltenden Preisverfall. Schon geht die Angst vor japanischen Verhältnissen um: Dort war die Spekulationsblase Ende der achtziger Jahre geplatzt, und das Land hat sich bis heute nicht erholt.
Experten betonen jedoch, dass die US-Notenbank durch ihre aggressiven Zinssenkungen die richtige Abwehrstrategie gewählt hat. Durch eine frühere, stimulierende Geldpolitik hätte die Deflation in Japan vielleicht vermieden werden können, so eine Studie der Fed. Allerdings sind auch in den USA die Zinsen auf einem sehr niedrigen Niveau angekommen. Sollten die Aktienmärkte weiter einbrechen, hat auch die Notenbank kaum noch Spielraum, mit Zinssenkungen zu reagieren.
Nach Ansicht von Marktbeobachtern könnte selbst eine weitere Zinssenkung in der allgemeinen Nervosität verpuffen – und dann bleibt kaum noch Luft nach unten. Die Europäische Zentralbank (EZB) nimmt in ihren Zinsentscheidungen traditionsgemäß weniger Rücksicht auf die Kapitalmärkte als die US-Notenbank und achtet stärker auf Inflationsrisiken. Volkswirte befürchten, eine Zinserhöhung der EZB im Herbst könnte den ohnehin stotternden Konjunkturmotor drosseln.
Euro in dünner Höhenluft
Die Nervosität an der Wall Street und der Vertrauensverlust gegenüber Corporate America bewegen viele Investoren dazu, von Dollar auf Euro umzuschichten. Der Aufschwung des Euro, der zum Wochenende erneut über der Dollar-Parität notierte, vollzieht sich jedoch in einem volkswirtschaftlich eher ungesunden Tempo.
Falls Herdentrieb und "irrational exuberance" der Anleger die Gemeinschaftswährung weiter nach oben treiben, sieht die europäische Exportwirtschaft schweren Zeiten entgegen. Nach Berechnungen der Investmentbank Morgan Stanley würde ein Euro-Anstieg auf 1,15 Dollar die Exporte der europäischen Unternehmen um sechs Prozent verringern.
Doch nach jeder "irrationalen Übertreibung" folgt auch wieder eine Beruhigung, argumentieren Optimisten. Ebenso wie in den Boomjahren 1999/2000 die Risiken ignoriert worden seien, würden jetzt trotz vergleichsweise robuster Konjunktur die Gefahren überschätzt. Zu diesen Optimisten zählt auch Notenbankchef Alan Greenspan: Die Konjunkturentwicklung sei auf dem richtigen Weg und im nächsten Jahr sei wieder mit einem Wirtschaftswachstum von rund 3,75 Prozent zu rechnen.
Nimmt man wie in den alten Zeiten die Börse als Vorläufer der Wirtschaftsentwicklung ernst, müsste die globale Wirtschaft schon bald in eine tiefe Rezession stürzen. Sieht man die niedrige Inflation und die niedrigen Zinsen jedoch als Voraussetzung dafür, dass sich die Konjunktur langsam aus dem Tal herauskämpft, bleibt eine andere Schlussfolgerung: Aktien sind derzeit günstig zu haben – oder sie folgen inzwischen anderen Gesetzen.
mm.de
"Europa zeigt erschreckende Parallelen zu Japan"
Die US-Notenbank hat in der Krise die richtige Strategie gewählt, sagt Ulrich Beckmann, Leiter Global Markets Research bei der Deutschen Bank. In Euroland drohten dagegen eher japanische Verhältnisse mit sinkenden Preisen und geringem Wachstum.
mm.de: Immer mehr Beobachter befürchten, dass die schwachen Aktienmärkte auf die Konjunktur zurückschlagen werden. Vor allem der US-Verbraucher, die wichtigste Stütze der amerikanischen Wirtschaft, werde auf Grund der Vermögensverluste an den Börsen weniger konsumieren und die Unternehmen weniger investieren. Teilen Sie dieses Szenario?
Ulrich Beckmann, Leiter Global Markets Research bei der Deutschen Bank
Beckmann: Schwache Aktienbörsen sind kein gutes Umfeld für die Unternehmen. Die Konzerne werden vermutlich ihre Investitionspläne überdenken, zumal die Möglichkeiten der Finanzierung abnehmen. Ähnlich ist die Situation bei den Konsumenten. Insbesondere wer Aktien hält, spürt natürlich die Auswirkungen der Baisse. Die Verbraucher könnten ihre Kaufentscheidungen aufschieben. Möglicherweise wird sich die Sparquote weiter erhöhen; und aktuell ist das schlecht für die Wirtschaft.
mm.de: Wie stark schätzen Sie die Wechselwirkung zwischen schwachen Finanzmärkten und Realwirtschaft für Europa und insbesondere Deutschland ein?
Beckmann: Bei uns gibt es weniger Menschen als in den USA, die Aktien direkt oder indirekt halten. Deshalb wird der so genannte Wealth Effect hier deutlich niedriger zu veranschlagen sein als in den USA. Gleichwohl sehe ich die Gefahr, dass die spürbar schlechte Stimmung übergreift und die Zweifel am Wirtschaftsaufschwung wachsen. Das Risiko, dass schwache Aktienmärkte auf die Realwirtschaft durchschlagen, ist auch in Deutschland gegeben.
mm.de: Hier finanzieren sich die Konzerne allerdings weniger über die Börse als in den USA. Sollte das die Lage nicht entspannen?
Beckmann: Sie tun es, wenn auch in geringerem Ausmaß, etwa über neue Aktien und Anleihen. So wie ich die Stimmung einschätze, besteht derzeit aber nur geringe Bereitschaft, auf diesen beiden Kanälen vom Markt Geld zu verlangen oder auch welches zu geben. Der Preis stimmt einfach nicht. Bei der Kreditvergabe werden in unsicheren Zeiten auch strengere Maßstäbe angelegt werden.
mm.de: Der Ruf nach einer konzertierten Aktion der Notenbanken zur Belebung der Aktienmärkte wird lauter. Doch zumindest der Fed sind angesichts eines historisch niedrigen Zinsniveaus die Hände gebunden. Halten Sie eine Zinssenkung zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt für sinnvoll?
Beckmann: Das ist schwierig zu beurteilen. In den USA sind die Zinsen bereits so niedrig, dass eine weitere Absenkung die Märkte durchaus verunsichern könnte. Die Fed hätte dann auch nicht mehr viel Spielraum, erneut zu reagieren. Ich denke, die US-Notenbank sollte ihr Pulver weiter trocken halten. Für Europa wiederum sehe ich es noch nicht als ausgemacht an, dass der nächste Zinsschritt eine Zinserhöhung sein wird.
mm.de: Mit Blick auf die USA drängen sich manchen Ökonomen Parallelen zur Krise in Japan auf. Aktienbaisse, Deflation und Rezession bilden dabei die Argumentationskette. Lassen sich die Entwicklungen so ohne weiteres vergleichen?
Beckmann: Nein, in den USA haben sich die Aktienmärkte zwar ähnlich schwach entwickelt. Bei den Immobilienmärkten ist dies aber nicht der Fall. Die Investitionen wiederum gehen deutlicher zurück als seinerzeit in Japan. Gleiches gilt für das Wachstum. Der flexible Arbeitsmarkt in den USA hat es andererseits ermöglicht, dass sich die Firmen relativ rasch von ihren Mitarbeitern trennten. Daraufhin hat die Notenbank in den Vereinigten Staaten naturgemäß schneller gehandelt - anders als in Japan, wo man die Zinsen nicht rechtzeitig gesenkt hatte. Auch auf fiskalpolitischer Seite reagierten die US-Politiker zwei Jahre eher als in Japan. Ich denke, es gibt zwar ein paar Gemeinsamkeiten. Doch die Unterschiede zwischen Japan und den USA sind größer als jene zwischen Japan und Euroland.
mm.de: Sie schließen eine Rezession in den USA eher aus?
Beckmann: Natürlich besteht die Gefahr. Keiner weiß genau, wie lange die Aktienkurse noch fallen oder sie auf einem niedrigen Niveau verharren. Damit verbindet sich natürlich ein gewisses Risiko für die Konjunktur. Ich denke aber, dass sowohl Notenbank als auch US-Regierung die richtige Absicherungsstrategie gewählt haben. Sie reagierten rasch und nicht halbherzig. Von daher besteht gute Hoffnung, dass die USA von einer Entwicklung wie in Japan verschont bleiben.
mm.de: Wie schätzen Sie die Risiken für Europa ein?
Beckmann: Betrachten wir einzelne Indikatoren wie Aktien- und Arbeitsmarkt, Kreditexpansion oder Wirtschaftswachstum - da gibt es eine ganze Reihe erschreckender Parallelen zur Entwicklung in Japan Anfang der neunziger Jahre. Die muss man ernst nehmen. Nicht zu vergessen, die Inflation in Deutschland tendiert – unter Einbeziehung des Messfehlers – schon gegen Null. Wir dürfen nicht in ein Fahrwasser geraten, wie sich dies in Japan mit einem geringen Wirtschaftswachstum über Jahre sowie einem sinkenden Preisniveau ergab.
mm.de: Zurück zu den Aktienmärkten. Ab dem 14. August müssen US-Konzernchefs die Richtigkeit ihrer Bilanzen quasi beeiden. Könnte dies einen Wendepunkt für die Wall Street darstellen?
Beckmann: Das lässt sich nicht sicher beantworten. Der Investor dürfte danach den Unternehmenszahlen mehr Vertrauen schenken. Die Wirtschaftsprüfer werden jedoch in Zukunft genauer hinschauen als sie es jemals zuvor taten. Man wird sicherlich auch vorsichtiger bilanzieren als in der Vergangenheit. Entscheidend für die Aktienmärkte ist also, wie die Unternehmensergebnisse dann ausfallen, und ob sie einen Aufwärtstrend dann auch widerspiegeln.
Die Welt schleicht zum Abgrund
Spätestens die jüngsten Tiefstände an den Aktienmärkten drohen den Aufschwung zu kippen. Es wäre fahrlässig, darauf nur mit guten Worten zu reagieren.
Der Absturz wird zur Routine. Seit Mitte März haben die meisten der großen Aktienbörsen der Welt zwischen einem Viertel und mehr als einem Drittel an Wert verloren. Mittlerweile braucht es wie am Mittwoch schon tägliche Kursverluste von zeitweise mehr als fünf Prozent, um das Desaster wieder präsent werden zu lassen. Und das zu Recht: Denn die Gefahr ist groß, dass die Verluste jetzt ein Niveau erreichen, das für die Realwirtschaft herbe Folgen mit sich bringt.
Noch demonstrieren die Notenbanker und Finanzpolitiker wacker Zuversicht. Und auch die meisten Volkswirte setzen bislang noch auf fast ungestörtes wirtschaftliches Wachstum. Zum Teil steckt hinter solchen Versprechen allerdings das zweifelhafte Selbstverständnis, bloß keine zusätzliche Panik stiften zu wollen. Die Frage ist, ob das sinnvoll ist - oder ob es nicht vielmehr dazu führt, dass die Verantwortlichen den richtigen Moment verpassen, um in den nächsten Wochen wirtschaftspolitisch einzugreifen.
Schlechtere Vorzeichen als 1987
Noch ist schwer vorhersehbar, wohin das Börsendesaster realwirtschaftlich führen wird. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass es in der jüngeren Geschichte zwei höchst unterschiedliche Präzedenzfälle dafür gibt: den globalen Crash von Oktober 1987, der fast ohne Folgen für das Wirtschaftswachstum blieb, und die bis heute anhaltende und weit folgenschwerere Baisse in Japan seit Anfang der 90er Jahre.
Gegen das japanische Szenario mag sprechen, dass sich die konjunkturelle Lage diesmal seit Monaten eher bessert als verschlechtert und dass der Aufschwung zumindest in den USA sowohl von drastisch gesunkenen Zinsen als auch von einer großzügigeren Finanzpolitik gestützt wird. In Japan hatte die Notenbank Anfang der 90er Jahre dagegen zunächst auf restriktiven Kurs gesetzt. Die Investmentbank Morgan Stanley erwartet, dass die Gewinne der wichtigsten US-Firmen im zweiten Quartal erstmals wieder deutlich gestiegen sind. Der Auftragseingang deutet zudem auf steigende Investitionen.
Als verfrüht droht sich dennoch die Hoffnung zu erweisen, dass die Börsenverluste ähnlich spurlos an der Wirtschaft vorbeigehen wie nach dem Crash 1987. Der Unterschied liegt zum einen in Art und Ausmaß der Aktienbaisse. Vor 15 Jahren sank etwa der US-Aktienindex S&P 500 kurz und abrupt. Binnen weniger Tage fielen die Kurse um knapp ein Drittel, um wenig später bereits die Aufholjagd wieder anzutreten: Die Verluste waren nach knapp eineinhalb Jahren wettgemacht. Diesmal setzt sich mit den jüngsten Rückgängen ein Trend fort, der seit März 2000 anhält. Alles in allem hat der S&P seitdem gut 45 Prozent verloren, der deutsche Index Dax sogar um mehr als die Hälfte.
Was die heutige Lage brenzliger machen könnte als jene von 1987 ist zudem die Vermutung, dass die jüngsten Bilanzskandale bei Enron, Worldcom und anderen nur Auslöser und nicht Ursache für den Absturz der Aktienkurse war. Die Anpassung der Bewertungen an den Finanzmärkten hätte nach dem Überschwang Ende der 90er Jahre ohnehin stattfinden müssen - die jüngsten Kursstürze zeigen lediglich, dass sich der Prozess nun schneller und mithin schmerzhafter vollzieht, als es viele erhofft hatten. Darin wiederum ähnelt die heutige Lage eher jener Japans Anfang der 90er Jahre.
Mit jedem weiteren Einbruch an den Aktienmärkten steigt seit Wochen die Wahrscheinlichkeit, dass die Verbraucher - zumindest im Aktienland USA - ihre Ausgaben bald einschränken werden. Empirische Studien deuten darauf, dass Vermögensverluste mit ein paar Jahren Verzögerung die Konsumlust spürbar verringern. Die Vertrauenskrise nach den Bilanzskandalen droht dazu zu führen, dass es Unternehmen jetzt schwerer haben an Kapital zu kommen. Spätestens damit geriete der US-Aufschwung in Gefahr - und auch die Konjunkturerholung in Europa.
Gefährliche Spirale nach unten
Noch ist der Rückfall in die Rezession nur ein mögliches Szenario. Es könnte allerdings schon in Kürze das wahrscheinlichste werden. Um so besser wäre es, wenn die Geld- und Finanzpolitiker der führenden Industrienationen sich schon jetzt auf den konjunkturellen Ernstfall vorbereiten würden.
Klar: Es wäre weder sinnvoll noch Erfolg versprechend, weitere Aktienkursverluste verhindern zu wollen, solange diese noch Teil einer Korrektur früherer Exzesse sind - auch wenn dies realwirtschaftlich spürbare Folgen hätte. Letztere wären dann nur der Preis für das entsprechend überhöhte Wachstum der Wirtschaft im vorangegangenen Boom. Nach aller Erfahrung ist das Risiko jetzt aber groß, dass sich die Abwärtsbewegung an den Aktienmärkten verselbstständigt. Und zumindest das sollten Notenbanker und Regierungsvertreter zu verhindern versuchen.
Woran es derzeit mangelt, sind Finanzminister, die sich an den Märkten Respekt und Gehör verschaffen. Dazu haben weder die Vertreter Deutschlands oder Frankreichs noch Amerikas Paul O’Neill das Format. Um so hilfreicher wäre es, wenn unter den Geldpolitikern neben US-Mann Alan Greenspan auch Europas Wim Duisenberg den Finanzmarktakteuren signalisierte, dass er bereit wäre auf die erwarteten Zinserhöhungen vorerst zu verzichten - statt nach Inflationsgefahren zu suchen, die es nicht gibt. In Deutschland sind die Preise von Juni auf Juli gefallen.
Kein Börsencrash gleicht dem anderen
Die Rahmenbedingungen der Crashs an den Aktienmärkten sind unterschiedlich, doch die Grundmuster ähneln sich. Experten sehen große Parallelen zur Japan-Krise 1990.
Die aktuelle Baisse an den Aktienmärkten ist einzigartig, schon weil sie sich stufenweise verstärkt hat. In der Vergangenheit finden sich dagegen vor allem Beispiele, die mit einem "großen Knall" begonnen haben. Zwar zeigen sich im Verlauf früherer Crashs grundsätzliche Parallelen zur heutigen Situation, die unterschiedlichen Rahmenbedingungen führen aber zu Abweichungen.
Die Börsen der Industrieländer sind in den vergangenen 28 Monaten auf immer neue Tiefs gefallen. Beispiel Dax: Von 8000 Indexpunkten im März 2000 wurde er mittlerweile auf rund 3600 zurechtgestutzt. Man muss schon bis 1929 in die Geschichte zurückgehen, um eine Abschwungphase zu finden, die länger gedauert hat. Nach den Crashs von 1972, 1987 und 1998 setzte die Erholung nach maximal zwei Jahren wieder ein. Die große Depression nach 1929 dauerte allerdings gleich 25 Jahre, bis im November 1954 die Indexstände der Vorkrisenzeit wieder erreicht wurden.
"Was wir heute erleben, ist mit 1929 nicht zu vergleichen", sagt Christoph Kaserer, Professor für internationale Kapitalmärkte an der Uni München. Die Fundamentaldaten sind heute anders, von einem Zusammenbruch der Realwirtschaft ist nichts zu spüren. In den vier Jahren nach 1929 sackte die Produktion weltweit um fast die Hälfte ab. Die Politik der Geldverknappung durch die Zentralbank spielte damals eine große Rolle. Erschwerend kam die Einschränkung des freien Welthandels hinzu. "Nichts davon sehen wir heute", sagt Kaserer.
Anleger folgen dem Herdentrieb
Verstärkt werden Krisen heutzutage nach Ansicht Kaserers durch das Herdenverhalten der institutionellen Anleger. Sie müssen sich immer mehr an führenden Indizes (Benchmarks) orientieren und können immer weniger eigene Akzente in der Anlagepolitik setzen.
Am Anfang des Abschwungs haben dabei häufig externe Schocks eine Rolle gespielt, der Zusammenbruch des Hedge Funds LTCM 1998 oder die Ölkrise 1972. Olaf Stotz vom Institut für Asset Management an der Uni Aachen weist auf einen weiteren Unterschied hin: den gegenwärtigen Vertrauensverlust in das Finanzsystem nach zahlreichen Bilanz- und Analystenskandalen.
Ihm scheint die aktuelle Situation mit dem Crash in Japan 1990 vergleichbar. Auch die Deutsche Bank sieht in einer Studie Gemeinsamkeiten zu heute: "Aktienmärkte, BIP-Wachstum, Investitionen, Inflation und Verlangsamung des Kreditwachstums - alles dies entwickelt sich ähnlich wie seinerzeit in Japan."
Gier geht dem Absturz voraus
Abstürze an den Märkten sind keine Erscheinung des 20. Jahrhunderts. Als erster Crash gilt die Tulpenkrise in den Niederlanden 1636. Es folgten der Eisenbahn-Crash in Großbritannien ab 1845, oder der Absturz nach dem Gründerboom in Deutschland 1873. Häufig führt eine neue Technologie - vor 1845 die Eisenbahn, vor 1929 das Automobil, vor 2000 das Internet - zu einem kräftigen Wachstum, das bald in Übertreibung umschlägt. "Letztendlich ist die Gier der Anleger die Erklärung", sagt Stotz.
Typisch seien ein Gründerboom, kräftig wachsender privater Konsum und Korruption, erläutert der Wissenschaftler Charles Kindleberger. Darüber hinaus setze sich das Gefühl durch, eine neue Ära sei angebrochen. Regeln zur Dauer einer Krise bietet die Geschichte nicht. Fest steht nur, dass eine Bankenkrise im Anschluss an den Börsenabsturz die Probleme verschärft. Sollte jetzt ein großes Finanzinstitut zusammenbrechen, "wird das psychologisch sehr schwierig", sagt Kaserer.
Aus dem Verlauf früherer Crashs Rückschlüsse auf die heutige Situation abzuleiten, hält Joachim Goldberg für fragwürdig. Seine Firma Cognitrend hat sich auf die Untersuchung des Anlegerverhaltens spezialisiert. Grundsätzliche Muster ähnelten sich, doch die Rahmenbedingungen seien immer wieder andere. "Blasen sind schon häufig geplatzt, aber jeder Fall ist doch singulär", sagt Goldberg. Dass dennoch immer wieder Vergleiche angestellt werden, "liegt in der menschlichen Psyche begründet". "Wir suchen Erklärungen, um die Lage unter Kontrolle zu halten."
ftd.de
Gruß
Happy End
New York - "Up, up, up", jubilierte die Schlagzeile auf CNBC am Mittwoch um vier Uhr. Der Dow Jones hatte soeben den zweitbesten Tag seiner Geschichte hingelegt, ein Gewinn von 489 Punkten, und die Wall Street hatte nach langer Depression mal wieder Grund zur Freude. CNBC-Ansagerin Maria Bartiromo tauschte die Sorgenfalten gegen ein Lächeln, Reporter und Börsianer waren sich einig: What a day!
Die Rallye konnte zumindest für drei Tage den Abwärtstrend brechen, der den Amerikanern den Sommer verdorben hat. Der Dow Jones schloss zum Wochenende drei Prozent im Plus - zum ersten Mal seit zehn Wochen. An der Nasdaq ging das Schlachtfest allerdings weiter, der Composite-Index verlor 4,3 Prozent.
Trotz der Atempause ist die Gefahr noch nicht gebannt. Beobachter fürchten, dass sich die Rallye als klassische Bullenfalle entpuppt - und dass die Talfahrt weitergeht. Der Dow notiert schließlich immer noch 14 Prozent unter dem Stand vom 9. Juli, als Bush seine "Corporate Responsibility"-Rede hielt. "Die Qualen der Anleger sind noch nicht zuende", warnt Chef-Volkswirt Peter Hopper von der Deutschen Bank in New York.
Auch die Anleger selbst glauben nicht an die Wende: Die Verkaufspanik hat sich vergangene Woche noch verstärkt, laut AMG Data Services flossen 12,2 Milliarden Dollar aus Aktien-Fonds ab. Das war mehr als im gesamten Monat Juni.
Die bange Frage lautet nun: Wird der Börsencrash die Konjunktur abwürgen? Seit Jahresbeginn haben amerikanische Anleger vier Milliarden Dollar verloren, irgendwann, so die Logik, muss das auf den Konsum durchschlagen.
Noch ist dieser "negative Wohlstandseffekt" nicht zu erkennen, aber die Kassandras werden lauter: Hopper schätzt, dass der Börsencrash in den kommenden Quartalen das Nachfragewachstum um ein bis zwei Prozentpunkte verlangsamen wird.
Das wäre ein harter Schlag, denn die Verbraucher, die zwei Drittel zum Wirtschaftswachstum beitragen, sind der einzige verbleibende Motor der US-Konjunktur.
Der andere Motor (die Unternehmen) ist längst ausgefallen. Die Hoffnung auf ein Anziehen der Investitionen hat sich vergangene Woche erneut zerschlagen. Die Auftragseingänge für langlebige Güter sind im Juni um 3,8 Prozent gefallen. Ökonomen waren geschockt, sie hatten fest mit einem Zuwachs gerechnet.
Darum warten Börsianer diese Woche mit Spannung auf einen ganzen Schwung neuer Konjunkturdaten. Optimisten wie Pessimisten werden neue Argumente finden.
Besonders folgenschwer ist am Mittwochmorgen die Bekanntgabe des Wirtschaftswachstums im zweiten Quartal. Ökonomen erwarten schwache 2,3 Prozent (nach 6,1 Prozent im ersten Quartal). Die Zahl wird entscheiden, wie weit die Ökonomen ihre Prognosen für die zweite Jahreshälfte nach unten anpassen. Bisher waren die meisten von vier und mehr Prozent Wachstum ausgegangen. Am Ende werden es wohl eher zwischen zwei und drei Prozent sein.
Die brennendste Frage (Wie geht es dem amerikanischen Verbraucher?) wird erst am Freitagmorgen beantwortet. Dann werden Arbeitslosenrate und Neueinstellungen für den Juli bekanntgegeben. Beide sollen positiv ausfallen: Während die Arbeitslosenrate voraussichtlich wieder bei 5,9 Prozent landen wird, hat die US-Wirtschaft zum dritten Mal in Folge neue Jobs geschaffen, 80.000 diesmal.
Ebenfalls am Freitag werden Zahlen zu Einkommensentwicklung und Ausgabeverhalten veröffentlicht. Die Einkommen der Amerikaner sind im Juni voraussichtlich leicht gestiegen. Auch der Konsum der Haushalte hat weiter zugelegt, um 0,6 Prozent. Vor allem Autos kaufen die Amerikaner weiterhin - irgendwo muss das Geld, das aus den Aktienfonds abgezogen wird, ja angelegt werden.
Pessimisten hingegen werden auf das voraussichtlich erneut gesunkene Verbrauchervertrauen hinweisen. Den Index für Juli gibt das Conference Board am Dienstag bekannt. Vergangene Woche hatte bereits der andere Vertrauens-Index von der University of Michigan einen Knacks in der amerikanischen Psyche festgestellt.
Von den Märkten selbst ist weiterhin keine klare Marschroute zu erwarten. Selbst wenn das Tief am vergangenen Dienstag der "Boden" gewesen sein sollte: Alle sind sich einig, dass es aufwärts sehr viel langsamer gehen wird als abwärts. Und jeder weitere Unternehmensskandal kann den erneuten Absturz auslösen.
Die Deutsche Bank hat deshalb bereits die "Rückkehr der Anleihen" ausgerufen. Für die nächsten zehn Jahre, rechnet Chef-Volkswirt Hopper vor, werden Anleihen mehr Rendite abwerfen als Aktien. Die Wahrscheinlichkeit, dass Aktien doch gewinnen: Schlappe 42 Prozent.
spiegel.de
Größter Investmentboom in der US-Geschichte, solides Wachstum der Wirtschaft, Amerika investiert in die Zukunft: So hat es jahrelang geklungen. So stand es in allen Zeitungen; so ist es schon zum Frühstück über das Fernsehen gekommen.
So wurde es naiv geglaubt, führte zum Nachäffen jeden US-Management-Unfugs, und das alles ist noch immer Grund für wirtschaftliche Minderwertigkeitskomplexe in Deutschland. In Wahrheit ist es ein Riesenbluff und ein Meisterwerk der Zahlenschönung. Nicht nur Corporate America führt eine kreative Buchhaltung, auch Public America tut es.
Gemäß Zahlen der NIPA (National Income Product Accounts), die vom US-Department of Commerce veröffentlicht werden, stiegen die so genannten Nonresidential Fixed Investments von 1995 bis 2000 um real rund 533 Milliarden Dollar. Das sind stolze 65 Prozent. Während desselben Zeitraums stieg den offiziellen Zahlen zufolge das GDP (Gross Domestic Product) um 22,2 Prozent.
Wunderrezept für eine prosperierende Wirtschaft?
Kein Wunder, dass das zu euphorischen Berichten Anlass gab. Nirgends sonst auf der Welt wurden auch nur annähernd solche Zahlen erreicht. Amerika schien tatsächlich das Wunderrezept für eine anhaltend prosperierende Wirtschaft gefunden zu haben.
Einer der auch bei uns bekannten US-Ökonomen, MIT-Professor R. Dornbusch erklärte im "Wall Street Journal" im Juni 1998: "The U.S. economy likely will not see a recession for years to come. We don't want one, we don't need one, and, as we have the tools to keep the current expansion going, we won't have one. This expansion will run forever."
Die Zahlen sprechen eine andere Sprache
Amerika rechnet seit einiger Zeit in der nationalen Buchhaltung nicht mehr mit Netto-, sondern mit Bruttoinvestitionen. Wirtschaftlich relevant sind aber nur die Nettoziffern. Man weist die Investitionen somit um den Betrag der erforderlichen Abschreibungen zu hoch aus.
Außerdem werden seit 1995 durch das so genannte Hedonic Price Indexing sämtliche Zahlen systematisch geschönt. Das Ergebnis: Von 1995 bis 2000 stiegen die Computerinvestitionen in der US-Wirtschaft um rund 23 Milliarden Dollar auf 87 Milliarden Dollar.
Durch den Trick des Hedonic Price Indexing werden aus den eher bescheidenen 23 Milliarden Dollar aber stolze 240 Milliarden Dollar - allerdings nur statistisch, denn ökonomisch ist dadurch klarerweise nicht ein einziger Zusatz-Dollar Faktoreinkommen beziehungsweise Sozialprodukt entstanden. Hätten die Deutschen auch so gerechnet, hätten sich ihre IT-Investitionen von dürftigen sechs Prozent Zuwachs pro Jahr auf fast 30 Prozent jährlich gestellt - optisch also durch einen Rechentrick vom Entwicklungsland zum Mega-Hightech-Leader.
Des Weiteren hat man plötzlich die gerade in Zeiten sich überschlagenden technologischen Wandels besonders "weise" Entscheidung getroffen, Aufwendungen für Computersoftware nicht mehr als Aufwand zu behandeln, sondern sie zu kapitalisieren, was nochmals 110 Milliarden Scheinverbesserung ausmacht.
Eklatante Investitionsschwäche
Fasst man alles zusammen, ergibt sich folgendes Bild: Von 1995 bis 2000 wurden statt der ausgewiesenen 533 Milliarden Dollar Gesamtinvestitionen - umgerechnet pro Jahr also rund 106 Milliarden - lediglich insgesamt 110 Milliarden Euro investiert, also bescheidene 22 Milliarden pro Jahr. Das ist der niedrigste Stand der Nachkriegszeit.
Amerikas Problem ist seit langem eine eklatante Investitionsschwäche. Und das ist auch der entscheidende Grund für die miserablen Gewinnzahlen. Die Gewinnentwicklung hat bereits seit 1994 zu erodieren begonnen, aber das konnte man nur durch detaillierte Analyse der Zahlen erkennen, eine Knochenarbeit, die sich nur wenige antun wollten.
Im Jahr 2001 ist das ganze Debakel dann für jeden sichtbar geworden - aber für viele erscheint es noch immer als unerklärlich. Die Erklärung ist jedoch einfach: Man könnte sie als "Western-City-Syndrom" bezeichen - tolle Fassaden und dahinter nichts als Bruchbuden. Man könnte es aber noch einfacher statistische Korruption und Hochstapelei nennen.
Das Aktienvermögen der Deutschen war damit in einem Jahr auf 337 Mrd. Euro geschrumpft, teilte der Bundesverband deutscher Banken am Freitag mit. Erstmals seit Gründung der Bundesrepublik sei damit das Gesamtvermögen der Deutschen nur unwesentlich von 3,64 Billionen Euro im Jahr 2000 auf 3,65 Billionen Euro im vergangenen Jahr gestiegen.
Den Großteil ihres Vermögens, 1,26 Billionen Euro, halten die Deutschen in Bankguthaben und Bargeld. Deutlich erhöht hätten sich dem Bankenverband zufolge mit 930 Mrd. Euro die Anlagen bei Versicherungen. Sie lagen 2000 nur bei 868 Mrd. Euro. Sparen in Investmentfonds hätten mit 433 Mrd. Euro weiter zugenommen. In festverzinsliche Wertpapiere waren 358 Mrd. Euro angelegt worden.
Das Vertrauen in die Börse wird in einem allerdings langwierigen Prozess wieder zurrückkehren. Die Aktie ist die statistisch gesehen profitabelste langfristige Anlageform und dies wird auch in Zukunft so sein.
Ich glaube an die Selbstheilungskräfte des Marktes, der sich ohne grosse regulatorische Eingriffe selbst wieder aus seinem eigenen Schlamassel befreit.
Ein aktuelles Beispiel dafür dass der Markt zur Zeit unterbewertet ist und die negativen Meldungen eingepreist sind ist doch dass die Kennzahlen über das Verbrauchervertrauen gestern schlecht ausgefallen sind und der Markt trotzdem nicht negativ darauf reagiert hat und dass obwohl er die Tage zuvor deutlich nach oben ging und man deswegen zumindest mit einer technischen Gegenbewegung rechnen MUSSTE.
Was ich sowieso nicht verstehe ist, dass dieses Board hier aus Tradern besteht ob hauptberuflich oder nebenbei ist ja egal, diese Leute aber anscheinend zum grossen Teil gar kein Vertrauen mehr in die Aktie haben. Dann sollte man es doch besser bleiben lassen und sich was anderes suchen.
Ich bleibe jedenfalls was den Gesamtmarkt anbelangt für die weitere Zukunft absolut bullish. Gerade im DAX liegt zur Zeit das Geld auf der Strasse (Beispiel Lufthansa, Daimler, Banktitel usw.). Man sollte jetzt zugreifen!
Freundlichst
Ihr
Heiko Thieme-Pusherman aus New York
Die Konjunkturerholung der USA ist ungewiss. Steuert die weltweit größte Wirtschaftsmacht in die Rezession?
Washington - Das Wachstumstempo der US-Wirtschaft hat sich im zweiten Quartal vor allem wegen nachlassender Kauflust der Verbraucher deutlicher als erwartet verringert. Analysten sprechen von einem Rückschlag für alle Konjunkturoptimisten. Nachdem bereits am Mittwoch die Zahlen für das Bruttoinlandsprodukt und der Einkaufsmanagerindex für den Großraum Chicago unter den Erwartungen geblieben sind, gab es am Donnerstag erneut schlechte Nachrichten aus den Staaten.
Stimmung bei Einkaufsmanagern sinkt
Der viel bachtete nationale Einkaufsmanagerindex ISM für das verarbeitende Gewerbe ist im Juli im Vergleich zum Vormonat von 56,2 auf 50,5 Punkte gefallen. Experten waren im Durchschnitt von einem leichten Rückgang auf 55,0 Punkte ausgegangen. Dies ist der stärkste Rückgang seit Oktober/November 2001. Der Index befindet sich jetzt auf seinem tiefsten Stand seit Januar.
Die Investmentbanker von Morgan Stanley schätzen unterdessen die Gefahr, dass die USA in eine Rezession rutschen könnten, mittlerweile auf 65 Prozent ein, berichteten Händler der Wall Street am Donnerstag. "Das Bild der USA verschlechtert sich rapide", sagte auch Sonja Marten von Dresdner Kleinwort Wasserstein. "Für Investoren sind die USA keineswegs mehr das Land wo Milch und Honig fließt."
Mit 2,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat sind auch die US-Bauausgaben im Juni unerwartet stark gesunken. Die Höhe der Bauausgaben habe mit 820,8 Milliarden Dollar auf dem niedrigsten Niveau seit August 2000 gelegen, teilte das US-Handelsministerium mit. Der Rückgang kam für Volkswirte überraschend. Sie hatten im Durchschnitt mit einem Anstieg von 0,3 Prozent im Juni gerechnet.
Die Zahlen für den Monat Mai wurden auf einen Rückgang von 2,0 Prozent nach unten revidiert. In der Erstschätzung war lediglich ein Rückgang von 0,7 Prozent ermittelt worden. Im Jahresvergleich waren die Bauausgaben im Juni um 3,7 Prozent gefallen. Sowohl öffentliche als auch privaten Bauausgaben seien rückläufig gewesen.
Aktienmärkte auf Tauchstation
Schlechte Nachrichten gab es auch vom Arbeitsmarkt: Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung sind für Volkswirte überraschend gestiegen. Die Zahl der Erstanträge sei in der Berichtswoche saisonbereinigt um 20.000 auf 387.000 gestiegen, teilte das Arbeitsministerium ebenfalls am Donnerstag mit.
Die erneut schwachen Konjunkturdaten schickten die Aktienmärkte am Donnerstag auf Talfahrt. Der Dow Jones, der am Mittwoch trotz der schwachen Konjunkturdaten im späten Handel noch ins Plus gedreht war, rutschte am frühen Abend um mehr als zwei Prozent ab und verlor zeitweilig mehr als 200 Punkte. Der Index für die US-Technologiebörse, der Nasdaq Composite, gab 2,5 Prozent nach und fiel unter die Marke von 1300 Zählern. Am Frankfurter Aktienmarkt drehte der Dax kurz nach Eröffnung der Wall Street binnen Minuten ins Minnus und verlor in der Spitze rund vier Prozent.
US-BIP schwach
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA stieg nach Angaben des Handelsministeriums von Mittwoch im zweiten Quartal zum Vorquartal mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 1,1 Prozent, während Analysten mit 2,2 Prozent gerechnet hatten. Für die ersten drei Monate revidierte das Ministerium das Wachstum auf 5,0 Prozent von zuvor 6,1 Prozent kräftig nach unten. US-Präsident George W. Bush ist nach Angaben des Präsidialamts dennoch optimistisch, dass sich die Konjunktur im Jahresverlauf weiter erholt.
Der US-Notenbank (Fed) zeigen die Daten nach Einschätzung von Volkswirten, dass sie sich mit Leitzinserhöhungen Zeit lassen sollte. Die US-Börsen verzeichneten deutliche Verluste, die Kurse der Staatsanleihen zogen dagegen im Verlauf kräftig an. Einige Händler sagten, die Wachstumszahlen hätten die letzten Hoffnungen auf eine rasche und kräftige Erholung der US-Konjunktur vom Markt genommen. Auch viele Aktienmärkte in Europa drehten nach den Daten ins Minus.
Geringe Kauflust – Arbeitsmarkt zeigt Schwächen
Für die überraschend starke Wachstumsabschwächung machten Analysten vor allem die geringere Kaufbereitschaft der Konsumenten verantwortlich. Die Verbraucherausgaben legten im zweiten Vierteljahr um annualisiert 1,9 Prozent zu - nach plus 3,1 Prozent im ersten Quartal. Die jüngsten Bilanzskandale in den USA hatten die Aktienmärkte zuletzt stark belastet und zu einer Vertrauenskrise bei Anlegern und Verbrauchern geführt.
"Wir brauchen zudem dringend eine Belebung am Arbeitsmarkt, um das Vertrauen und damit auch die Ausgaben der Konsumenten wieder anzukurbeln", sagte Sal Guatieri, Volkswirt von der Bank of Montreal/Harris Bank. Am Freitag stehen die Arbeitsmarktdaten für Juli an. Experten erwarten eine zum Vormonat unveränderte Arbeitslosenquote von 5,9 Prozent.
US-Notenbank: Erholung verläuft schleppend
Revidierte Daten des Ministeriums für 2001 zeigen, dass die US-Wirtschaft in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres geschrumpft ist. Bislang war nur für das dritte Vierteljahr von einem negativen Wachstum ausgegangen worden. Von einer Rezession sprechen Volkswirte üblicherweise bereits bei zwei aufeinander folgenden Quartalen mit rückläufigem BIP.
Nach dem am Mittwoch veröffentlichten Konjunkturbericht "Beige Book" der US-Notenbank (Fed) ist die US-Wirtschaft in den vergangenen Wochen mit moderatem Tempo gewachsen. Die Aktivität im verarbeitenden Gewerbe habe sich belebt, wobei es jedoch regionale Unterschiede gebe, heißt es in dem Bericht. Die recht geringe Belebung am Arbeitsmarkt unterstreiche aber, wie schleppend die konjunkturelle Erholung verlaufe. Uneinheitlich hätten sich auch die Einzelhandelsumsätze entwickelt.
Goldman Sachs teilt Bushs Optimismus nicht
Trotz der Wachstumsabschwächung ist die US-Wirtschaft nach Einschätzung von US-Präsident George W. Bush stark genug, um schon bald wieder kräftig an Fahrt zu gewinnen. "Der Präsident glaubt weiter daran, dass die Stärke der wirtschaftlichen Fundamentaldaten weiteres Wachstum unterstützen werden", sagte US-Präsidialamtssprecher Ari Fleischer am Mittwoch.
Die Regierung hat zuletzt Wachstumsraten von drei bis 3,5 Prozent für das Ende dieses Jahres prognostiziert. Die Investmentbank Goldman Sachs schätzt dagegen das Wachstum lediglich nur noch auf 2,5 Prozent ein, hieß es am Donnerstag.
Die US-Wirtschaft befindet sich nach den Worten von US-Finanzminister Paul O'Neill auf einem soliden Wachstumspfad und ist auf dem Weg, zum Jahresende Wachstumsraten von 3,0 bis 3,5 Prozent zu erreichen. Die Erholung verlaufe wie erwartet. "Das Wirtschaftswachstum hält an, die BIP-Daten im zweiten Quartal bestätigen das", sagte er.
Analysten zeigen sich skeptisch
Analysten sprachen dagegen von einem empfindlichen Dämpfer für alle Konjunkturoptimisten. Einige sehen allerdings für ein erneutes Abgleiten in eine Rezession nur eine geringe Wahrscheinlichkeit. "Die Chance dafür stehen höchstens eins zu vier", sagte Mark Vitner von Wachovia Securities.
Allerdings sei der Rückgang der Endnachfrage von Verbrauchern und Unternehmen im zweiten Quartal um 0,1 Prozent ein Grund zur Besorgnis. Dies zeige, dass die Wirtschaft im Frühjahr praktisch stagniert habe. Mit Blick auf die Fed stehe daher fest: "Sie wird wohl nicht vor März 2003 die Leitzinsen anheben."
Die meisten Analysten gehen mittlerweile nicht mehr davon aus, dass die Fed noch in diesem Jahr den Schlüsselzins von derzeit 1,75 Prozent erhöhen wird. Das nächste Fed-Treffen ist am 13. August.
"Viele Investoren sind besorgt, dass es zu einer Finanzkrise kommen könnte", sagte Nobuo Date, Bond-Stratege bei United Financial of Japan. Daher stellen sich die Marktteilnehmer an den Rentenmärkten auf weitere Renditerückgänge ein. Nach zuletzt enttäuschenden Konjunkturdaten - vor allem aus den USA - wächst die Angst, dass die Wirtschaft erneut in eine Rezession zurückfällt.
Schon in den vergangenen drei Handelstagen war die Rendite zweijähriger Bundesanleihen um 28 Basispunkte auf 3,41 Prozent abgesackt. Die Rendite zweijähriger US-Treasuries war sogar um 42 Basispunkte auf 2,0 Prozent gefallen. Im zehnjährigen Bereich gaben die Renditen ebenfalls deutlich nach.
Spekulationen über Zinssenkung
Viele Strategen schließen Zinssenkungen der Notenbanken nicht mehr aus. Goldman Sachs teilte am Freitag mit, dass die US-Notenbank die Zinsen wahrscheinlich sogar um insgesamt einen dreiviertel Prozentpunkt auf 1,0 Prozent senken werde. Die in dieser Woche anstehenden Konjunkturdaten dürften wegen der Krisenstimmung nur eine untergeordnete Rolle spielen. Von Interesse ist der Monatsbericht der EZB am Donnerstag. Darin wird sie ihre Entscheidung vom vergangenen Donnerstag, den Leitzins unverändert bei 3,25 Prozent zu belassen, begründen.
Von den schlechten US-Konjunkturdaten konnte der Euro zuletzt nicht mehr profitieren. "Viele Investoren sind gegenwärtig übergewichtet im Euro", sagte ein Händler. Daher dürfte es die Gemeinschaftswährung schwer haben, ihren Aufwärtstrend fortzusetzen. Hinzu käme die Krise in Lateinamerika. So seien europäische Gläubiger in Brasilien stärker engagiert als US-Gläubiger. Eine Verschärfung der Krise würde den Euro daher eher belasten.
Zunehmende Volatilität
Heftige Kursschwankungen werden an den Aktienmärkten erwartet, wo das Anlegervertrauen weiterhin schwer erschüttert ist. Auch die Volatilität nahm ab der Wochenmitte wieder zu, was die noch immer hohe Nervosität der Anleger verdeutlicht. Daran dürfte sich bis zum 14. August kaum etwas ändern. Dann müssen mehr als 900 der größten US-Unternehmen der Börsenaufsicht SEC eidesstattlich versichern, dass ihre Geschäftsabschlüsse korrekt sind.
Bis dahin sind weitere Bilanzierungsskandale wie zuletzt beim US-Telekomkonzern Qwest, der am Donnerstag Quartalszahlen vorlegt, möglich. "Das Risiko ist natürlich, dass die Serie schlechter Nachrichten anhält und die Indizes weiter belastet", sagte Aktienstratege Klaus Schlote von Dresdner Kleinwort Wasserstein (DrKW). "Man hofft, dass es besser wird, aber die Hoffnungen wurden in den letzten Wochen immer wieder enttäuscht."
Quartalsberichte von Dax-Firmen im Vordergrund
In der vergangenen Woche holten die Indizes einen Teil ihrer zuvor erlittenen Verluste kaum wieder auf. So gewann in New York der Dow Jones binnen Wochenfrist 0,6 Prozent. Der Nasdaq Composite sank 1,2 Prozent. Der Stoxx 50 verlor 1,6 Prozent, der Dax 1,3 Prozent, und der Nemax 50 fiel um 1,1 Prozent.
Auf Grund der schwachen Wirtschaftsdaten hätten sich viele Investoren defensiv positioniert, was noch andauern dürfte, sagte Deutsche-Bank-Stratege Bernd Meyer. Von der Bewertung her sei das aber nicht gerechtfertigt. "Eine Mischung aus defensiven Titeln der Gesundheits- und der Versorgungsbranche sowie zyklischen Aktien aus den Sektoren Automobil, Energie und Chemie erscheint daher attraktiv", sagte Meyer.
In Europa wartet der Markt vor allem die Quartalszahlen deutscher Unternehmen. Am Donnerstag berichten mit BASF, BMW und Commerzbank gleich drei Dax-Firmen über ihre Entwicklung. Bei der Commerzbank rechnen einige Analysten mit einem positiven Ergebnis. Während Branche bei BMW gute Ergebnissen erwartet, steht bei BASF vor allem der Ausblick auf das Gesamtjahr im Fokus. Europas größter Chemiekonzern prognostiziert, dass Umsatz und Gewinn im Gesamtjahr auf Vorjahresniveau liegen werden.
Adidas-Salomon präsentiert am Mittwoch Quartalszahlen. Der Sportartikelhersteller hat bereits angekündigt, das abgelaufene Quartal wegen hoher Marketing-Kosten für die Fußball-Weltmeisterschaft nicht besonders gut beendet zu haben. Im MDax berichtet die Deutsche Börse, die neben dem Pharmakonzern Altana als möglicher Nachrücker für den unter Dauerbeschuss stehenden Finanzdienstleister MLP gilt.
Ein ganzer Schwung von Quartalsberichten steht dem Neuen Markt bevor. Zu Biotech-Firmen wie Qiagen heute, Morphosys morgen und Genescan am Mittwoch gesellen sich der angeschlagene Discount-Broker Consors am Dienstag, Pfeiffer Vacuum tags darauf und Nemax-50-Schwergewicht Aixtron am Donnerstag. Bei Aixtron ist besonders der Auftragseingang von Interesse.
Bank-Aktien unter Druck
In Großbritannien setzen HSBC heute, Royal Bank of Scotland am Mittwoch und Royal & Sun Alliance am Donnerstag die Reihe der Bericht erstattenden Finanzinstitute fort. Angesichts der unsicheren Konjunkturlage hat es die Branche derzeit besonders schwer, wie das Beispiel Allianz in der vergangenen Woche gezeigt hat: Die Erträge brechen weg, die Risikovorsorge für erwartete Kreditausfälle steigt, und zudem müssen Wertberichtigungen auf die Beteiligungsportfolios vorgenommen werden. Besserung ist nicht in Sicht.
Aus den USA sind dagegen weniger Firmennachrichten zu erwarten, da sich die Bilanzsaison dem Ende neigt. Von Interesse sind lediglich Konsumgüterhersteller Procter & Gamble und Lebensversicherer Metlife heute, Netzwerkausrüster Cisco Systems und Finanzdienstleister Prudential morgen und - wie bereits erwähnt - Qwest.
ftd.de
allgemein betrifft, den Sonntagabend versaut....
Es grüsst der Optimist, hennesy
"Die Chancen auf so einen Double Dip steigen", sagte Patrick Franke von der Commerzbank. In einer Reuters-Umfrage schrieben die befragten Volkswirte diesem Szenario eine Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent zu. Das US-Arbeitsministerium hatte am Freitag mitgeteilt, dass die Arbeitslosenquote im Juli bei 5,9 Prozent stagniere. Viele Ökonomen hatten auf eine deutliche Erholung am Arbeitsmarkt gehofft. Das Handelsministerium meldete, dass die Auftragseingänge in der Industrie im Juni gegenüber dem Vormonat um 2,4 Prozent zurückgegangen seien.
Mit den jüngsten Daten verdichtet sich der Eindruck, dass der US-Aufschwung ernsthaft ins Stocken gerät. Bereits in der vergangenen Woche war eine Reihe negativer US-Indikatoren veröffentlicht worden, die in eine ähnliche Richtung zeigten.
Analysten von Goldman Sachs rechnen inzwischen sogar damit, dass die US-Notenbank Fed ihre Zinsen vom derweil historisch niedrigen Niveau von 1,75 Prozent bis zum Jahresende um weitere 100 Basispunkte senken werde, um die Konjunktur zu stützen.
Nach Ansicht von Stephen Roach, Chefvolkswirt von Morgan Stanley, seien überall Anzeichen einer "abgewürgten Konjunktur" zu erkennen. In dieser Situation würde ein kleiner Schock reichen, um die US-Wirtschaft zurück in die Rezession zu stürzen. In Frage käme beispielsweise ein Rückschlag am Immobilienmarkt oder ein weiterer Aktienkursverfall.
Bereits in der vergangenen Woche hatte die Investmentbank Goldman Sachs gewarnt, Hauspreise in den USA seien im Verhältnis zu den Mieten heute so hoch wie noch nie seit Beginn der Messung. Von der Bank HSBC kam zudem eine Warnung, dass die Pensionsrückstellungen der großen US-Unternehmen nur noch 88 Prozent der Pensionsverpflichtungen decken würden. Wenn die Börse nicht bald drehe, könnten so die Firmengewinne weiter unter Druck geraten.
ftd.de
HB NEW YORK. „Unsere größte Befürchtung ist, dass sich die Ansätze einer Deflation bemerkbar machen,“ sagt Peter Oppenheimer, Chefstratege von HSBC in London: „Selbst mit niedrigen Zinsen können die Regierungen die Nachfrage nicht ankurbeln, weil der Verschuldungsgrad sehr hoch ist, und ein verschärfter Wettbewerb zwischen den Unternehmen die Preise weiter drückt.“ Zwar steht der Angstbegriff in den Szenarien der Volkswirte noch nicht im Mittelpunkt, aber bei den meisten spuken Deflation oder ein zweimaliges Abtauchen der globalen Wirtschaft in die Rezession („double dip“) in den Hinterköpfen.
Es ist Zeit, aufzuwachen. Die jüngsten Daten aus den USA zum Wirtschaftswachstum und den Erwartungen der Einkaufsmanager waren, gelinde gesagt, enttäuschend. Angetreten, um das Wachstum weltweit zu stützen, ist der amerikanische Verbraucher. Er kauft und kauft, auch wenn er bis zum Hals in Schulden steckt. Wie lange noch?, ist die bange Frage. Vor dem Hintergrund der Rekordverschuldung, des rapide sinkenden Aktienvermögens und steigender Arbeitslosigkeit in den USA kommt auch die Widerstandskraft der Verbraucher ins Wanken – und damit die letzte Bastion vor einem „double dip“. Schon sind in jüngsten Umfragen zum Verbrauchervertrauen deutliche Erschütterungen festzustellen. „Wenn der US-Verbraucher nichts mehr ausgibt, dann fühlt das die ganze Welt,“ urteilt Andrew Cates, Volkswirt von UBS Warburg in London. Besonders die Binnennachfrage in Europa sei äußerst kraftlos. Und da Japan aus dem Rennen sei, fehle der Weltwirtschaft eine Wachstumslokomotive.
Was müsste aber passieren, um über eine erneute Rezession hinaus dem Schreckgespenst Deflation Gestalt zu verleihen? Gareth Evans von ING beschreibt das Szenario: „Die amerikanische Wirtschaft hebt nicht ab, die US-Börsen fallen weiter, und ausländische Investoren wenden sich ab, was wiederum den Dollar unterminiert.“ Das treibe Amerika und Europa in die Deflation, die Zentralbanken reagierten mit kräftigen Zinssenkungen. Aber Vorsicht: Fallende Preise können zum Selbstläufer werden. Der Verbraucher setzt auf weiter sinkende Preise und verschiebt seine Anschaffungen. Fallende Preise treiben inflationsbereinigte Zinsen in die Höhe, dadurch werden Investitionen gebremst, die Nachfrage sinkt, und die Arbeitslosigkeit steigt.
Nicht nur Japan leidet unter deflationären Bedingungen. Auch die Schweiz und einige Industriesektoren westlicher Ländern kämpfen damit. In den USA etwa sind die Erzeugerpreise in den vergangenen zwölf Monaten um 2,1 Prozent gefallen. Bleibt das Wachstum hinter den Erwartungen zurück oder droht gar eine Deflation, so raten die Anlageprofis zu Cash und Anleihen, auch wenn Aktien im Vergleich zu Bonds unterbewertet seien. Michael Karagianis von Aberdeen Asset Management in London sieht eine verstärkte Nachfrage der Investoren in defensiveren Sektoren.
In Europa würde es den deutschen Aktienmarkt am härtesten treffen. „Der Markt ist am stärksten von Nettoexporten abhängig, besonders bei Investitionsgütern, und hat die schwächste Dynamik bei der Verbrauchernachfrage“, so Karagianis. Evans von ING warnt im Fall einer Deflation vor zyklischen Sektoren wie dem Einzelhandel und Industriewerten. Die Anleger sollten sich weniger auf Branchen als auf Einzelunternehmen konzentrieren, und zwar auf solche mit relativ hohen Dividendenrenditen und der Fähigkeit, diese Ausschüttungen aufrecht zu erhalten.
„Man sollte sich auf die Suche nach sicheren Dividenden machen, denn bei einer Deflation kommen die Erträge unter Druck, und die Unternehmen werden die Dividende kürzen wollen,“ prophezeit Evans. Er empfiehlt unter anderen Hypovereinsbank, VW und RWE
wiwo.de
Frankfurt am Main - Der Deutsche Aktienindex Dax verlor bis zum Abend 5,5 Prozent auf 3338 Punkte, während der Nemax 50 um 6,7 Prozent auf ein Allzeittief bei 483 Punkten nachgab. Der MDax der mittelgroßen Aktiengesellschaften fiel um 2,8 Prozent auf 3306 Punkte.
"Es fehlt jeglicher Impuls, Aktien zu kaufen", sagte ein Wertpapierhändler in Frankfurt. Zudem sei eine Reihe von Dax-Werten charttechnisch angeschlagen. "Da ist noch viel Luft nach unten." Auf den Verkaufslisten standen Aktien von Epcos und Fresenius Medical Care ganz oben. Die Titel fielen auf mehrjährige Tiefstände. Neben der Gewinnwarnung in der vergangenen Woche geriet die Fresenius-Aktie Händlern zufolge unter Druck, nachdem Anleger über den Rauswurf aus dem Dax spekuliert hatten.
Begrenzte Fluchtmöglichkeiten
Auch hart gesottene Privatanleger, die bisher noch nicht verkauft haben, wollen offenbar schnellstens raus aus dem Markt. Große Fonds verzeichnen seit Wochen enorm hohe Mittelabflüsse, weil Investoren reihenweise ihre Anteile verkaufen. Doch nicht nur die Krise am Aktienmarkt hat bei Anlegern zu einer tiefen Verunsicherung geführt. Auch andere bisher sicher geglaubte Anlageformen wie die gute alte Lebensversicherung gelten neuerdings als Wackelkandidaten.
"Den Versicherern geht es so schlecht wie nie zuvor", beschreibt Manfred Poweleit vom Rating-Spezialisten map-report die Situation. Konnten die Unternehmen während des Aktienbooms noch mit hohen Renditen locken, wird jetzt kräftig zurückgerudert: "Wir müssen und davon verabschieden, dass eine Lebensversicherung immer risikolose 7,5 Prozent bringt", meint Reiner Will vom Branchenbeobachter Assekurata. Für realistisch halten Experten einen Wert um die fünf Prozent. Das entspräche ungefähr dem aktuellen Zinssatz für langfristige festverzinsliche Anleihen. Letztere halten viele Experten neben Geldmarktkonten für eine der wenigen Anlageformen, die wenigsten ein paar Prozent sichere Rendite garantiert.
Dunkle Wolken über Amerika
Nach weiteren schwachen US-Konjunkturdaten hat die Wall Street die zunächst geringen Verluste ausgebaut. Der Einkaufsmanagerindex ISM für den Dienstleistungssektor war im Juli stärker als von den Volkswirten erwartet gefallen. Der Dow Jones baute seine Verluste auf 2,1 Prozent bei 8141 Punkten aus. Nach einem Abschlag um weitere 2,9 Prozent wurde der Nasdaq-100-Index mit 866 Zählern berechnet.
Experten wie Stephen Roach, Chefökonom der Investmentbank Morgan Stanley, halten einen so genannten double dip - ein erneutes Abrutschen der US-Wirtschaft in die Rezession - für wahrscheinlicher als noch vor einigen Wochen. Roach sagte dem "Handelsblatt", die USA stünden "am Abgrund eines neuen Abschwungs".
Börse zweifelt an US-Statistiken
Nach den jüngsten Bilanzmanipulationen bei US-Konzernen werden auch die Konjunkturzahlen der weltgrößten Volkswirtschaft von Experten zunehmend in Zweifel gezogen. Anlass für die Spekulationen um die Glaubwürdigkeit der US-Statistik sind die jüngsten Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt, die am vergangenen Mittwoch deutlich für das vergangene Jahr und das erste Quartal 2002 nach unten revidiert wurden. Auch bei den am Freitag zu Veröffentlichung anstehenden Zahlen zur Produktivität im zweiten Quartal sind nach Einschätzungen von Volkswirten wieder Revisionen zu erwarten.
So korrigierte die US-Statistikbehörde das Wirtschaftswachstum für das Jahr 2001 von 1,2 Prozent auf 0,3 Prozent nach unten. Auch das Wachstum für das erste Quartal 2002 wurde von 6,1 Prozent auf fünf Prozent nach unten revidiert. Zudem war nicht nur das reale Wirtschaftswachstum im Jahr 2001, sondern auch das nominale Wachstum betroffen. Es wurde also nicht nur der so genannte BIP-Deflator nach unten revidiert, sondern auch die gesamtwirtschaftliche Leistung der USA war geringer als bisher angenommen.
Zahlen mit Geschmäckle
"Ich halte die US-Konjunkturzahlen nicht für vertrauenswürdig", sagte Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank. Es sei auffällig, dass die wesentlichen US-Wirtschaftsindikatoren im Nachhinein massiven Revisionen unterliegen, die ein sehr viel nüchterneres Bild der US-Wirtschaft zeichnen als die aktuell veröffentlichten Daten.
Diese Entwicklung sei seit 24 Monaten sehr ausgeprägt. Bereits bei der "Benchmark Revision" des vergangenen Jahres seien die Wachstumsdaten für die Jahre 1997 bis 2000 deutlich revidiert worden. Insgesamt erinnere die Revision der makroökonomische Daten sehr stark an das Problem der Unternehmensdaten in den USA. Ein fader Beigeschmack sei bei dieser Informationspolitik gegeben, sagte Hellmeyer. Sie könne nicht gerade als vertrauensfördernd bezeichnet werden.
spiegel.de
HB DÜSSELDORF. Zweifel an der erwarteten Erholung der US-Wirtschaft lassen die Börsen immer tiefer fallen. Dennoch erhöht sich die individuelle Bewertung der meisten Aktien, da die Gewinne der Unternehmen den Prognosen nicht entsprechen. Das bedeutet konkret: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis etwa amerikanischer Aktien liegt mit Werten von rund 35 beinahe so hoch wie auf dem Höhepunkt des Technologiebooms vor zweieinhalb Jahren.
„Es ist die Angst vor einer erneuten Rezession“, begründet Arnie Owen von Roth Capital Partners die Kursrückgänge. Nach schlechten Unternehmensausblicken und US-Konjunkturdaten wächst die Sorge. Freitag wurde bekannt, dass amerikanische Unternehmen im Juli nur 6 000 Mitarbeiter einstellten. Volkswirte hatten mit einem Plus von 69 000 gerechnet. Zudem sank der Auftragseingang der Industrie so stark wie seit sieben Monaten nicht mehr. „Es sieht nicht so aus, als ob sich die Unternehmensgewinne dieses Jahr noch bessern“, sagt Klaus Schlote von Dresdner Kleinwort Wasserstein (DKW).
Die New Yorker Investmentbank Goldman Sachs rechnet damit, dass die US-Notenbank ihre Leitzinsen von derzeit 1,75 % im vierten Quartal auf bis zu 1,0 % senken könnte. Das wäre das niedrigste Zinsniveau seit 50 Jahren.
Kurz vor dem Ende der Berichtssaison für das zweite Quartal zeichnet sich ab, dass auch die Belebung im zweiten Halbjahr ausfällt. Die meisten Firmen stoppten zwar die Talfahrt der Erträge, sehen aber keine Erholung. Dadurch erhöhen sich die Bewertungen an den Börsen drastisch. So ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Unternehmen im marktbreiten amerikanischen S&P-500- Index mehr als doppelt so hoch wie im langjährigen Durchschnitt. Immer mehr Investmenthäuser, zuletzt Strategen bei DKW und Comstock Partners, sehen den S&P deshalb noch deutlich weiter fallen.
In Europa näherten sich die Bewertungen nach den starken Kurseinbrüchen zwar wieder dem langjährigen Durchschnitt von knapp 15. Allerdings basieren die Berechnungen auf erwartete Gewinnsteigerungen von 30 % im Euro Stoxx 50. „Die Gewinnschätzungen sind zu hoch und werden noch runterkommen“, ist sich Oppenheim-Spezialist Ralf Zimmermann sicher.
wiwo.de
- Ist die Entwicklung an den Börsen eine Vorschau auf das, was in der realen Wirtschaft folgen könnte, also möglicherweise eine Rezession in Kombination mit einer Deflation?
- Sind die zahlreichen Bilanzskandale verantwortlich oder handelt es sich um eine „irrationale Übertreibung“ der Anleger nach unten, eine Korrektur der Spekulationsblase also, die die Kurse bis März 2000 auf ein bislang nicht gekanntes Niveau getrieben hat?
- Wie gut oder schlecht ist der Zustand der Wirtschaft, insbesondere der amerikanischen als Lokomotive der Weltwirtschaft, und welche Perspektiven zeigen sich hier auf?
Aktuelle Lage
Die derzeitige Situation wird durch ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren geprägt:
- Vertrauenskrise an den Aktienmärkten
- Rezessionsängste und
- Sorgen um eine mögliche Deflation.
Meldungen, wonach Manager in den Bilanzen ihrer Unternehmen „ungünstige“ Entwicklungen offenbar nach Belieben ausblenden, sowie die Pleiten von Enron und WorldCom haben das Vertrauen von Investoren nachhaltig erschüttert, weil sie Milliarden von Anleger-Kapital vernichtet haben.
Die „bloße“ Geldvernichtung ist zwar schlimm, die Folgen daraus könnten aber noch dramatischer sein. Denn das vernichtete Geld kann nicht mehr für Konsumgüter ausgegeben werden. Einen steigenden privaten Verbrauch aber könnte die amerikanische Wirtschaft in der aktuellen Schwächephase dringend gebrauchen – schließlich macht er in den USA sage und schreibe zwei Drittel der gesamtwirtschaftlichen Leistung aus.
Diese Sorge, dass dieser Motor der größten Volkswirtschaft der Welt als Folge der fallenden Aktienkurse ins Stottern geraten oder sogar ganz ausfallen könnte, beschäftigt Wirtschaftsexperten zunehmend. Ganz grundlos ist diese Angst vor einer Rezession nicht, denn die Amerikaner sind in weitaus stärkerem Maße an den Börsen engagiert als das in Europa der Fall ist. In der klassischen Definition spricht man dann von einer Rezession, wenn die Wirtschaft zwei Quartale hintereinander ein negatives Wachstum zeigt.
Geradezu beruhigend erscheint in diesem Zusammenhang der Umstand, dass im Juli in den USA rund 47 Milliarden Dollar aus Aktienfonds abgezogen wurden. Die Anleger haben also ihre Konsequenzen aus den fallenden Kursen gezogen und retten ihr Geld vor möglichen weiteren Verlusten. Im Idealfall geben sie es sogar aus und helfen ihrer heimischen und der Weltwirtschaft damit auf die Sprünge.
Dabei war die wirtschaftliche Entwicklung in den USA bislang besser als ihr Ruf. Die Wachstumsrate für 2001 musste zwar von 1,2 auf 0,3 Prozent nach unten korrigiert werden. Allen Rezessionsängsten zum Trotz ist die amerikanische Wirtschaft damit aber nicht geschrumpft. Der Einfluss der Terroranschläge vom 11. September wurde dabei möglicherweise überschätzt, denn bereits davor zeichnete sich eine schwächere wirtschaftliche Entwicklung ab. Die amerikanische Notenbank Fed hat hierauf mit sieben Leitzinssenkungen bis Ende August reagiert. Insgesamt wurde der Zielsatz für Tagesgeld im Jahr 2001 elf Mal auf 1,75 Prozent gesenkt und damit auf das niedrigste Niveau seit 40 Jahren.
Weitere Entwicklung
Nach robusten Konjunkturdaten Anfang des Jahres 2002 rechneten Experten bereits in der zweiten Jahreshälfte wieder mit Zinserhöhungen. Die Wirtschaftsdaten aus den USA zeigten im weiteren Jahresverlauf aber zunehmend Schwäche und haben Fachleute zu einer Kehrtwende in ihren Vorhersagen bewogen. Inzwischen ist für viele von ihnen eine Erhöhung der Leitzinsen in weite Ferne gerückt, einige – darunter die Investmentbank Goldman Sachs – erwarten sogar eine weitere Reduzierung bis Ende des Jahres 2002 auf 1,0 Prozent.
Die massive Reduzierung der Leitzinsen in 2001 konnte der US-amerikanischen Wirtschaft bislang offenbar keine nachhaltigen Impulse verleihen. Aller Erfahrung nach beträgt die „Latenzzeit“ von Leitzinssenkungen circa sechs bis neun Monate und die sind inzwischen vorbei. Auch die umfangreichen fiskalpolitischen Maßnahmen der US-Regierung, wie z. B. Steuergeschenke, verpufften wirkungslos.
Geld- und Fiskalpolitik der USA stehen damit vor keiner ganz leichten Aufgabe. Denn: Alle bisherigen Einschätzungen der weiteren konjunkturellen Entwicklung haben sich nicht bestätigt und der Spielraum für weitere Maßnahmen wird angesichts historisch niedriger Zinssätze und hoher Staatsverschuldung zunehmend enger.
Die aktuelle wirtschaftliche Situation ist eine Kombination aus minimalen Wachstumsraten und niedriger Inflation, also einer Entwertung des Geldes, die durch einen stetigen Anstieg der Preise für Güter und Dienstleistungen in Verbindung mit einer wachsenden Geldmenge ausgelöst wird.
Sollte es tatsächlich zu einer Rezession kommen, dann würde sie sich von allen bisherigen rezessiven Phasen in der Nachkriegszeit dadurch unterscheiden, dass ihr keine Periode wachsender Inflation vorausgegangen ist. Eine mögliche Rezession hätte ihre Ursachen vielmehr darin, dass Unternehmen ihre Investitionen bereits seit Ende 2000 zurückfahren, nachdem sie in den neunziger Jahren dank produktivitätssteigernder Technologien Überkapazitäten geschaffen hatten.
Damit aber steigt zugleich das Risiko einer Deflation, ein Überangebot von Gütern und Dienstleistungen also, die niemand kaufen will mit der Konsequenz (weiter) fallender Preise – eine Entwicklung, wie sie an den Börsen bereits zu beobachten ist. Und eine Situation, wie sie in Japan bereits seit mehreren Jahren vorherrscht. Dort allerdings mit der Besonderheit, dass vorhandene Überkapazitäten auf Unternehmensseite bis dato nicht beseitigt wurden. Angeschlagene Firmen werden „durchgefüttert“ und vor allem dem Bankensektor mit einer Vielzahl so genannter „fauler“ Kredite steht eine konsequente Bereinigung noch bevor.
Ähnliche Verhältnisse erscheinen in den USA indes wenig wahrscheinlich. Dafür sprechen beispielsweise die Pleiten von Enron und WorldCom. Denn der Markt und seine Selbstheilungskräfte sind hier besser intakt als in Japan, weil sich der Staat zurückhält und angeschlagene Unternehmen nicht unterstützt. Im Zweifel ist diesem „Ende mit Schrecken“ der Vorzug zu geben vor einem japanischen „Schrecken ohne Ende“.
Die Chancen, dass die Wirtschaft in den USA und damit auch die Wirtschaft weltweit wieder wächst, sind besser als befürchtet. Der Kapazitätsabbau der Unternehmen dürfte abgeschlossen sein und der private Verbrauch hat sich in der Vergangenheit vergleichsweise robust gezeigt, auch und gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Hilfreich wäre auf jeden Fall eine weitere Zinssenkung der Notenbank. Auch wenn dies die Bereitschaft der Unternehmen zu Investitionen kurzfristig nicht erhöhen wird, es ist auf jeden Fall ein wichtiges Signal an die Verbraucher in den USA. Denn die dürften angesichts ihrer hohen Verschuldung auch in Zukunft vorwiegend auf Pump konsumieren.
Auch die derzeitige Entwicklung an den Aktienmärkten sollte nicht überbewertet werden. Nach Einschätzung zahlreicher Experten handelt es sich um den Ausgleich früherer Übertreibungen nach oben. Nach Rückkehr von Wirtschaft und Aktienmarkt auf den Wachstumspfad – möglicherweise schon Anfang 2003 – dürfte die Entwicklung an den Kapitalmärkten jedenfalls wieder deutlich ruhiger verlaufen als dies in den späten neunziger Jahren der Fall war – mit einem durchschnittlichen Wachstumstempo bei Aktien von acht bis zehn Prozent pro Jahr.
teleboerse.de
"Wenn sich herausstellt, dass die US-Regeln auf deutsche Unternehmen angewandt werden, muss die Kommission mit rechtlichen Mitteln reagieren", sagte BDI-Geschäftsführer Ludolf von Wartenberg. Entsprechende Gespräche mit EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein würden bereits geführt.
Die USA hatten als Reaktion auf die jüngsten Buchführungsskandale ein Gesetzespaket gegen Bilanzbetrug verabschiedet. Nach dem Sarbanes-Oxley Act müssen Vorstandschefs und Finanzvorstände bei jedem Jahresabschluss oder Zwischenbericht bestätigen, dass sie die Bilanz kritisch durchgesehen haben. In dem "Certificate" sollen sie auch erklären, dass die Ergebnisse die wirtschaftliche Lage des Unternehmens wiedergeben. Bei einem Verstoß drohen Geldstrafen bis 5 Mio. $ und Haftstrafen bis 20 Jahre.
An der US-Börse notierte ausländische Unternehmen, darunter 24 deutsche, befürchten nun, die Verschärfung könnte sie betreffen, obwohl der US-Gesetzgeber für sie nicht zuständig ist. Bei einem Treffen in Frankfurt sondierten Juristen der Unternehmen, mit welchen rechtlichen Maßnahmen sie reagieren könnten. Zu den vertretenen Firmen gehörten unter anderen die Deutsche Telekom, Siemens, Bayer, die Deutsche Bank und Eon.
Das US-Gesetz laufe dem deutschen System der Mitbestimmung in Aufsichtsräten zuwider, hieß es. Der Sarbanes-Oxley Act sei ein "sehr ernster Angriff auf die europäische Bilanzierungs- und Wirtschaftsprüfungspraxis", sagte Wolfgang Wagner, Vorstand der deutschen Niederlassung der US-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers.
Allerdings ist den meisten Unternehmen unklar, in welchem Umfang die US-Regeln für sie gelten werden. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass die US-Börsenaufsicht SEC nichtamerikanische Firmen von vielen Regeln ausnimmt", sagte David Bernstein von der Anwaltskanzlei Clifford Chance in New York.
Der Bericht stammt von "bankern" und die haben empirisch von Wirtschaft nie viel verstanden. Siehe: Hochjubeln des EURO von der Deutschen Bank, riesige Kreditpleiten, Hemmnisse bei der Unterstützung des eigentlichen Motors im Mittelstand. Banker können zwar Zinsen berechnen, aber von der Materie Geld verstehen sie nicht allzuviel.
Wie ist das mit der Kapitalvernichtung bei Aktien? - wurde dieses Kapital eingestampft - oder was?? Da müßte doch die Geldmenge abgenommen haben??
Doch nichts dergleich.
Deshalb nochmals: Wem soll diese Art Beurteilung letztlich nützen?? - Irgendwer verdient doch daran - das war immer so!
Ob Aktien hoch oder tief gehandelt werden, dadurch verändern sich die gesamten Werte in der Welt kaum; und das ist die Grundlage.
Deshalb halte ich diese Art Meinungsmache für unverantwortlich, weil sie dadurch Probleme erst entstehen lassen, wo kaum welche sind.
Das und mehr meint hierzu - Kritiker.
Wie können Anleger die nächsten Enrons oder Worldcoms rechtzeitig erkennen? Unmöglich? Vielleicht doch möglich - mit Hilfe der Techniken der "Forensic Accountants". Diese Prüfer werden bei Betrugsfällen oder Ehestreitigkeiten gerufen, um herauszufinden, was tatsächlich los ist.
Ihr Vorteil: Im Gegensatz zu den Erbsenzählern der größeren Wirtschaftsprüfer sind forensische Prüfer vor Interessenkonflikten gefeit. Denn sie haben keinen riesigen und kostenintensiven Beratungsbereich hinter sich stehen, der nach der Testierung am Geschäft der zu prüfenden Firma interessiert ist. Raj Bairoliya, Geschäftsführer bei Forensic Accounting - einem Unternehmen, das er vor zwei Jahren gründete, nachdem er wegen Interessenkonflikten bei PricewaterhouseCoopers gekündigt hatte - bietet vier Spähhinweise:
1. Informationen über die Firma einholen. Analysten-Reports sind ein Muss. Doch auch mit Web-Suchmaschinen wie Google lassen sich Nachrichten und Artikel über die Firma und deren Chefs finden. Auch kostenpflichtige Dienste wie Lexis-Nexis bieten einen reichhaltigen Fundus - ebenso wie Portale von Finanzzeitungen, die meist günstiger sind. Für an US-Börsen notierte Firmen bietet die amerikanische Börsenaufsicht SEC einen kostenlosen Onlinedienst, mit dem die Firmenaktivitäten seit 1993 zurückverfolgt werden können.
2. Geschäftsbericht und Erläuterungen zu Bilanz und Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) sorgfältig lesen. Auch misstraut Bairoliya bestimmten Mustern. Ähnliche Umsatz- und Gewinnentwicklungen in jedem Jahr sind in Wirklichkeit die Ausnahme. Rapides Umsatzwachstum wiederum könnte heißen, dass die Produkte "verramscht" werden.
Insgesamt gibt es nur eine begrenzte Anzahl von Möglichkeiten, die Bücher zu fälschen: Gewinne künstlich erhöhen, Ausgaben kaschieren, Zahlungsverpflichtungen nicht in den Büchern ausweisen oder eine Kombination aller Methoden. Wer etwas verstecken will, wird tendenziell größere Posten wählen. Kleinere Beträge können also vernachlässigt werden.
Ein Blick auf die Länge der Erläuterungsabschnitte zu Bilanz und GuV zeigt, wie ernst eine Firma ihre Offenlegungspflicht nimmt. Je kürzer, desto suspekter. Umsichtig zu bilanzieren heißt, präzise zu erklären, wie etwa Umsätze und Einkünfte zustande kommen oder wie Vermögenswerte abgeschrieben werden. Der Erläuterungsabschnitt sollte Wort für Wort mit denen der Mitbewerber verglichen werden. Nachfragen muss die Investor-Relations-Abteilung schlüssig beantworten können.
3. Zahlenmaterial sorgfältig durchgehen. Ist zwar mühselig, aber oft sehr lohnend. Zum Forensic Accounting gehört es auch, einen Schritt zurückzutreten und sich zu fragen: Was ist das wichtigste Geschäft der Firma? Was kostet sie die Erbringung einer Dienstleistung oder die Herstellung eines Produkts? Was bekommt sie dafür? Kann sie - näher betrachtet - bei der Kosten- und Kundenstruktur so viel Geld erwirtschaften wie angegeben? Vergleiche mit Mitbewerbern sind hier dienlich. Wie konnte etwa eine Fluglinie mit dem gleichen Flug viel mehr erwirtschaften als die Konkurrenz?
4. Versuchen, mit dem Management ins Gespräch zu kommen. Obwohl es dem einzelnen Anleger nicht leicht fallen dürfte, einen Termin mit den Unternehmenschefs zu vereinbaren, sollten deren öffentlichen Aussagen mit aller Sorgfalt geprüft werden. Nur wenige Forschungstechniken sind dem menschlichen Instinkt überlegen. Wer aalglatt erscheint, ist es oftmals auch.
ftd.de