Anklage wegen Nazipropaganda im Internet
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Eröffnet am: | 20.02.04 14:10 | von: Major Tom | Anzahl Beiträge: | 21 |
Neuester Beitrag: | 20.02.04 16:22 | von: Major Tom | Leser gesamt: | 1.882 |
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Der 25-Jährige hat nach den Ermittlungen der Anklagebehörde auf seiner frei zugänglichen Internetseite neben Abbildungen von Adolf Hitler original Propagandaplakate der NSDAP und der Waffen-SS zum Herunterladen angeboten. Außerdem soll er auf seiner Festplatte Einzeltitel und komplette Musikalben rechtsextremer Musikgruppen gespeichert haben, die ebenfalls zum Herunterladen durch Dritte bestimmt waren.
Der mehrfach wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vorbestrafte Angeschuldigte hat zu den Vorwürfen keine Aussagen gemacht. Er hat nun Gelegenheit, zu der Anklage Stellung zu nehmen. Danach wird die zuständige Staatsschutzkammer des Berliner Landgerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden und gegebenenfalls einen Termin zur Hauptverhandlung ansetzen.
20.02.2004 Ster
die viele Jugendliche angreift.
Rechtsradikale
15.591 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund registrierte der deutsche Verfassungsschutz im Jahr 2000. 58,9 Prozent mehr als im Vorjahr! Seit 1990 gab es schon 28 Tote durch rechtsextreme Straftaten in Deutschland.
Rund 120 rechtsextreme Organisationen sind den Behörden bekannt. Den größten Anteil der gewaltbereiten Rechtsextremisten stellen die Skinheads. Sie sind meist in unorganisierten Gruppen unterwegs. Die schlimmsten Verbrechen begehen sie spontan nach einem Saufgelage.
Skinheads attackieren auch die Polizei: Mit Flaschen, Steinen und Tränengas verletzten sie 46 Beamte, als diese versuchten, ein Skinhead-Konzert in Niedersachsen aufzulösen. In Hannover überfiel eine Skinhead-Gruppe einen Italiener und seine zwei deutschen Begleiterinnen. Dann schlugen sie mit Holzknüppeln auf einen besetzten Streifenwagen ein, um der Verhaftung zu entgehen.
In der westböhmischen Stadt Pilsen trafen sich 120 Skinheads zu einer Gedenkveranstaltung für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess. In einem Privatclub. Die tschechische Polizei nahm 16 von ihnen wegen Propaganda für den Faschismus fest
Wie können Sie bei Ihrem Kind rechtsextreme Tendenzen erkennen? Was können Sie tun, wenn Ihr Kind in eine Nazi-Gruppe geraten ist?
Wege in den Rechtsextremismus
Skinheads sind meist männlich. Frauen und Mädchen sind nur selten in ihren Kreisen zu entdecken. Und wenn, dann eher als inaktive Partnerinnen. Die Namen der geschilderten Personen wurden von der Redaktion geändert.
1. Thomas, 14, Hauptschüler: "Sonst is´ ja eh nix los"
Er lebt auf dem Land, in einem kleinen Dorf. Mit seinen Freunden zieht er um die Häuser, guckt Videos und hört Musik. Politik interessiert ihn nicht. Auf dem Schulhof drückt ihm ein älterer Schüler eine selbst gebrannte CD in die Hand. Der Sound gefällt ihm. Besonders die Titel der "Böhsen Onkelz" und der "Landser".
Party ist besser als Langeweile
Thomas findet die deutschen Texte zwar brutal, aber irgendwie auch cool. Als er zu einer Party mit Rechtsrock-Musik eingeladen wird, geht er natürlich hin. Sonst ist ja eh nichts los. Es fließt reichlich Bier. Rockmusik heizt die Stimmung an. Die Jugendlichen grölen und genießen das Gefühl wilder männlicher Gemeinschaft. Thomas gefällt das. Eine spannende Truppe, diese Jungs. Und alle mögen ihn. Er kommt natürlich wieder.
Alkohol schafft Einigkeit
Immer häufiger trifft er sich mit den "coolen Typen", immer seltener sieht er die Kumpels von früher. Immer einleuchtender sind für ihn die Parolen der neuen "Freunde". Klar sind die Ausländer schuld daran, dass die Deutschen keine Arbeit mehr finden. Lauthals schmettert auch Thomas die musikalischen Hass-Parolen mit.
Gewaltbereitschaft im Gepäck
Eines Nachts trifft er mit seinen Saufkumpanen auf zwei türkische Jungs. Sie wollen sich aus dem Staub machen, als die trunkene Horde auf sie zukommt. Thomas´ neue Freunde aber lassen ihnen keine Chance. Schnell haben sie die Türken umzingelt, treiben sie immer enger zusammen und schlagen dann ohne Vorwarnung zu. Wieder und wieder. Thomas ist entsetzt.
2. Sascha, 16, Internet-Freak: "Ich will Spaß!"
Sascha lebt in Berlin. Sein Vater ist Architekt und hat der Familie ein riesiges Haus gebaut. Zu Hause ist er selten. Die Mutter hat eine Modeboutique und ist viel auf Reisen. Aber schließlich ist Sascha ja schon 16, da kommt er schon klar. Er hat ein tolles Zimmer, ein Mofa, Geld für coole Klamotten und seinen Computer.
Stundenlang im Chat
Sascha ist Internet-Freak. Er chattet und surft jeden Tag im Internet. Cool findet er auch die Seiten der Rechten. Dort macht er manchmal Spiele. Auch Musik hat er sich da schon runtergeladen. "Dark Wave". Die Texte sind ziemlich heftig, aber der Sound ist ganz okay.
Skinheads wollen Spaß
Als er von einem "verbotenen Konzert" hört, geht er hin. Er erlebt die "Glatzen" durchaus "spaßorientiert" - das ist für Sascha entscheidend. Schnell findet er Kontakt. Täglich melden sich die "rechten Freunde". Sie kümmern sich um ihn. In Berlin ist täglich irgendwo eine Party angesagt.
Neue Ansichten - neues Aussehen
Sascha lernt in Schulungen der JN (Junge Nationale = Jugendorganisation der NPD) die andere Seite der Geschichtsschreibung kennen. Er fühlt sich in der Gruppe wohl, genießt es, dass sein Denken plötzlich "einfache, klare Strukturen" hat. Ganz gern übernimmt er auch ein paar kleine Pflichten, verteilt Flugblätter in der Fußgängerzone.
Daheim hört er nur noch Rechtsrock-Bands. Er liest in Fanzines (Fanmagazinen) und auf Web-Sites über die SS, über die "Hilfstruppen des Weltjudentums", die Ausländer. Sascha lässt sich die Haare raspelkurz schneiden. Er kauft sich das obligatorische "Lonsdale"-Shirt, die Bomberjacke und Springerstiefel mit weißen Schnürsenkeln. Sascha hat auch sein Zimmer neu dekoriert: mit Reichskriegsflagge und Soldatenbildern.
Die alten Freunde gehen auf Distanz - die Eltern schauen weg
Seine Freunde halten ihn für durchgeknallt, wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben. Sascha macht das nichts. Er hat jetzt "wahre" Freunde. Ein Freund von Saschas Eltern reagiert auf das "Hitler-Zimmer" irritiert - doch der Papa meint lachend: "Nächsten Monat hängen wahrscheinlich Poster von Eintracht Frankfurt an der Wand."
3. Jens, 12: "Der Dreck geht mir auf die Nerven."
Er lebt mit seinen Eltern in Witten an der Ruhr. Die Wohnung ist klein. Er muss mit seiner jüngeren Schwester ein Zimmer teilen. Der Vater ist seit drei Jahren frühpensioniert und fast immer zu Hause. Da wird es eng. Die Eltern streiten fast täglich.
Die Schrebergärten und der Container-Schandfleck
So oft es geht, ist Jens mit seinem Freund Ralf im Schrebergarten am Bahnübergang. Dort können die Jungs ungestört quatschen, spielen oder auch mal heimlich rauchen. Ralfs Eltern tauchen immer nur am Wochenende auf. Seit die Container für die Asylbewerber aufgestellt wurden, bleiben sie eher daheim.
Die Atmosphäre ist nicht mehr ländlich und friedlich. Überall hängen dunkelhäutige Männer herum, im Gebüsch stehen manchmal Einkaufswagen voller Abfälle. Es stinkt. Alle sind sauer. Jens kann die Wut der Erwachsenen verstehen: "Es ist eine Sauerei, dass ausgerechnet an einem so idyllischen Platz ohne Vorwarnung so eine Containersiedlung hingesetzt wird!"
Einigkeit unter deutschen Jungs
Auch die Skinheads schimpfen über die Ausländer. Zu Jens und Ralf aber sind sie richtig nett. Sie reden mit ihnen wie mit Erwachsenen. Abends laden sie die Jungs sogar mal zu einem Bier ein. Dazu gibt es Rechtsrock, der die Stimmung anheizt. Als die Skins beschließen, den unerwünschten Nachbarn ein bisschen einzuheizen, lassen Jens und Ralf sich überreden: Auf ihren Fahrrädern bringen sie die Benzinbomben zum "Einsatzort". Die Jungs sind noch nicht 14 - und damit nicht strafmündig.
Den Kleinsten erwischen sie gleich
Als ein Flammenteppich die Container erreicht, die Bewohner schreiend Sicherheit suchen und die Rechten ihre Parolen brüllen, steht Jens wie hypnotisiert am Rand und schaut zu. Die Polizisten nehmen ihn sofort fest. Die Skins sind längst über alle Berge.
4. Frank, 15: "Ich wollte auch mal draufhaun."
Frank will nach der Hauptschule ein Berufsvorbereitendes Jahr beginnen. Seine Mutter ist Altenpflegerin auf Usedom. Der Vater lebt irgendwo, Frank hat keinen Kontakt zu ihm. Er ist Alkoholiker und hat Frank oft geschlagen.
Fußball ade - und dann?
Nach der Scheidung leben sie jetzt zu zweit in einer kleinen Wohnung. Durch ihren Schichtdienst ist die Mutter abends nicht immer zu Hause, aber sie vertraut ihrem Sohn. Frank spielt in der Jugendmannschaft des BSH Empor Ahlbeck und interessiert sich nur für Fußball. Er sollte zum Trainerlehrgang. Doch dann verletzte er sich am Knie, konnte nicht mehr Sport treiben. Viele Freunde hat er auch nicht.
Der Freund ist grässlich - Mutter macht gute Miene
Dann begegnet er Mario. Er hat Frank einfach angesprochen. Mario ist ein 24 Jahre alter Neonazi, mehrfach vorbestraft. Nach seiner letzten Haftentlassung lebt er im Obdachlosenheim. Frank darf ihn mit in die Wohnung bringen. Seine Mutter gibt sich Mühe, den Freund ihres Sohnes anständig zu behandeln. Es ängstigt sie, dass Mario das Wort "Hass" eintätowiert auf dem Finger trägt. Doch sie sagt nichts. Aus Furcht, ihr Sohn würde den neuen Freund dann erst recht treffen.
Frank trägt Adidas-Turnschuhe, keine Springerstiefel und Bomberjacke. In seinem Zimmer liegen keine rechten Propagandablätter oder CDs mit Skin-Musik. Aber er geht täglich in den Jugendclub der Rechten. Der Mutter sagt Frank, er geht Billard spielen.
Das grausame Erwachen
In einer Sommernacht tritt Frank als jüngster von vier Rechtsradikalen einen Obdachlosen zu Tode. Nach Ermittlungen der Kripo und der Staatsanwaltschaft genügte eine Kopfbewegung seines Freundes, um Frank zu den Tritten gegen das Opfer zu veranlassen.
5. Martin, 13, schüchtern: "Ich wollte was beweisen."
Er ist Sohn eines Mainzer Beamten. Er ist extrem zurückhaltend. Im Schulunterricht hört der Gymnasiast beim Thema "Rechtsradikalismus" von der "Nationalen Sammlung", einer Gruppe hessischer Neonazis.
Einmal Grenzen übertreten
Martin will sich und anderen endlich mal beweisen, dass er Verbote und Grenzen übertreten kann. Er schreibt einen Brief an den Gruppenchef der hessischen Neonazis und bittet um Informationsmaterial. Er wird zum Kameradschaftsabend eingeladen. Er trifft den Führer der Vereinigung persönlich und ist beeindruckt. Einige anwesende Alt-Nazis aus dem Rheinland, die ruhig und besonnen wirken, bestärken ihn, die richtigen Kumpane gefunden zu haben.
Kleiner Mann ganz groß?
Martin fühlt sich angenommen und aufgehoben. Der Kontakt zu dieser geächteten und verfemten Gruppe übt eine große Anziehungskraft auf den Jungen aus dem wohlbehüteten Elternhaus aus. Er schließt sich der Gruppe an und wird einer der bekanntesten Neonazis Deutschlands in den neunziger Jahren.
Das Aus nach 15 langen Jahren
Erst 15 Jahre nach seinem Einstieg ist er wieder draußen. Er ist vorbestraft, hat beruflich mehrmals neu angefangen, sich heute eine Existenz aufgebaut. Schrittweise hat er sich aus der Szene zurückgezogen, indem er die Kontakte einschlafen ließ. Er hatte große Unterstützung durch seine Familie und jene Freunde, die nicht der rechtsradikalen Szene angehörten.
6. Manfred, 14, katholisch: "Niemand hat einen Juden verbrannt!"
Seine Großeltern sind konservativ und sehr katholisch. Vom Dritten Reich erzählen sie eigentlich immer nur schöne Geschichten. Seine Mutter ist unpolitisch, der Vater ein alter Burschenschaftler.
Retter der Familienehre?
Der verhasste Lehrer in der Schule, so ein langmähniger 68er, hat statt dessen für den Nationalsozialismus nur grausige Geschichten über besoffene und willkürlich randalierende SS-Trupps parat. Diese "Art der Geschichtsverfälschung" empört Manfred. Er will auf eigene Faust forschen. Als Sohn eines Burschenschaftlers hat er Zugang zur Nationalzeitung. Weitere Lektüre lässt er sich von einem Freund seines Vaters besorgen. Als Helmut Kohl im Zuge der Wiedervereinigung auf die Ostgebiete verzichtet, ist Manfred entsetzt. Er will sich der Aktion "Oder-Neiße" oder der JVU anschließen. Es bleibt beim Vorhaben.
Ab an die vorderste Front
Erst mit Anfang 20 tritt er tatsächlich aus eigenem Antrieb in die NPD ein. Zwei Jahre lang ist er mit Leib und Seele dabei. Er ist aktiv in der Jugendbetreuung tätig, führt Schulungen durch, ist als Geschichtsagitator tätig, zuständig für die Geschichtsumdeutung. In Strategiebesprechungen diskutiert er, wie Jugendliche angeworben werden können. Er plant den Einsatz des erfolgreichsten Propagandamittels, der Musik.
Die Rechten lassen ihn nicht los
Persönliche Erlebnisse, vor allem der brutale Umgang mit Kritikern, wecken in Manfred eines Tages erste Zweifel. Er beginnt ganz allmählich, Ungereimtheiten in der rechten Ideologie zu entdecken, und gerät in eine tiefe Krise. Als er aussteigen will, wird er von seinen ehemaligen Gesinnungsgenossen bedroht. Per E-Mail strömen Morddrohungen auf ihn ein. Seine Freundin wird auf offener Straße tätlich angegriffen.
EXIT - der Weg zum Neuanfang
Erst der Kontakt zu Bernd Wagner, dem früheren Staatsschutz-Chef, hat ihm den Absprung aus der Szene ermöglicht. Manfred wurde der Umzug finanziert, ein Neuanfang ermöglicht. Heute arbeitet er mit beim EXIT-Projekt, einem Programm für Rechtsextreme, die aussteigen wollen.
Veränderung des Aussehens
Trägt Ihr Sohn plötzlich Militärlook? Lässt er sich die Haare ganz kurz schneiden oder rasiert er sich sogar den Kopf?
Veränderung der Umgebung
Werden die Starschnitte im Zimmer gegen Parolen, merkwürdige Parteiabzeichen oder Militärbilder ausgetauscht?
Veränderung der Lektüre
Liest Ihr Sohn häufig Landser-Romane oder Soldatengeschichten? Sind Propagandahefte darunter?
Veränderung der Musikrichtung
Hört Ihr Sohn statt Hip-Hop, House oder Rock plötzlich vermehrt Deutsch-Text-Lieder mit rechtsradikalen Inhalten? Rockmusik mit rechtsextremen Texten gilt als erfolgreichstes Propagandamittel der rechten Szene
Veränderung des Freundeskreises
Geht Ihr Sohn zu Treffen mit Leuten, die er Ihnen lieber nicht vorstellt? Trifft er sich in Jugendclubs, die zur rechten Szene zählen (fragen Sie im Zweifel anonym bei der Polizei nach)? Kennen Sie den Umgang Ihres Kindes? Haben Sie den Verdacht, dass hier Neonazis im Spiel sind?
Veränderung der Ansichten
Gibt Ihr Sohn Parolen von sich, die auf ausländerfeindliche Einstellungen schließen lassen? Verherrlicht er die Nazi-Ideologie? Auch wenn er gar nicht mehr mit Ihnen diskutieren will, sollten Sie aufmerksam sein.
Wenn Sie sich nicht um Ihre Kinder kümmern, die Rechten tun es gerne. Legen Sie nicht selbst den Grundstein für eine rechtsradikale Entwicklung. Jugendliche, in deren Umfeld rechtsextreme Einstellungen gesellschaftlich akzeptiert werden, sind ein leichtes Opfer für die Werber der Rechtsradikalen.
Machen Sie sich ein Bild von den Geschichtskenntnissen Ihrer Kinder!
Wenn Sie feststellen, dass die deutsche Geschichte kaum bekannt ist, gehen sie gemeinsam einmal auf Spurensuche. Fundiertes Wissen schützt vor ideologischer Verblendung. Sprechen Sie mit dem Geschichtslehrer, ohne ihr Kind zu "outen".
Hinterfragen Sie das "Männerbild" Ihrer Kinder!
In rechtsextremen Cliquen gilt nur ein starker, machtvoller, oft sogar nur ein gewalttätiger Mann als "richtiger" Mann.
Erforschen Sie die Ursachen!
Versuchen Sie zu ergründen, was Ihr Kind für rechte Ideologien anfällig machen könnte. Machen Sie sich ein Bild davon, ob Ihr Kind sich aufgehoben fühlt, Freunde hat, sich in der Schule integriert. Die Suche nach Zuwendung und Identifikation kann Ursache für die Orientierung an rechtsextremen Gruppen sein.
Lernen Sie die Freunde Ihrer Kinder kennen!
Verschaffen Sie sich Einblick in die Lebenswelt Ihrer Kinder: Laden Sie Freunde nach Hause ein und suchen Sie das Gespräch. Sie können viel glaubwürdiger argumentieren, wenn Sie sich ein eigenes Bild gemacht haben.
Fördern Sie sinnvolle Freizeitgestaltung!
Erfolgserlebnisse und Freundschaften machen stark - zu stark für die rechte Szene. Das ist besonders wichtig für Kinder, die in der Schule mit Misserfolgen konfrontiert werden.
Vermeiden Sie Gewalt!
Eine gewaltfreie Erziehung signalisiert Kindern: Anwendung von Gewalt ist bei Problemen nicht nötig! Gewalterfahrungen eines Kindes in der Familie fördern Misstrauen, Selbstzweifel, Isolation und zerstörerische Tendenzen.
Holen Sie sich Hilfe!
Ein Gespräch mit Freunden oder anderen betroffenen Eltern kann oftmals helfen. Es kann aber auch von Vorteil sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Geschulte Therapeuten oder Sozialarbeiter stehen Ihnen gerne zur Verfügung.
Sowohl das Bundesamt für Verfassungsschutz als auch die Landesämter bieten Aussteigerprogramme aus dem Rechtsradikalismus an. Interessierte können sich vertraulich an eine der Behörden wenden. Diskretion garantiert.
Zunächst wird am Telefon die Ernsthaftigkeit des Ausstiegswillens geprüft. Dann wird zum Beispiel beim Bundesamt für Verfassungsschutz der Ausstiegswillige nach Köln eingeladen. Die Fahrtkosten werden zum Teil erstattet. Im persönlichen Gespräch wird die Situation des Betroffenen offen gelegt. Braucht er eine neue Wohnung? Eine neue Arbeitsstelle? Therapiemaßnahmen? Ist er straffällig geworden?
Die Behörde steht mit Rat und vor allem Tat zur Seite und vermittelt Kontakte, hilft bei der Re-Integration. Auch Eltern betroffener Jugendlicher können sich an die Behörden wenden, um Rat einzuholen.
Rund um die Uhr sind Mitarbeiter der Behörde erreichbar.
Hotline: 0221 / 792-62
E-Mail-Adresse für Aussteiger:
aussteiger@verfassungsschutz.de
Das Hinweistelefon des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz nimmt seit 1. Februar 2000 ebenfalls nicht nur Informationen von Bürgern über rechtsextremistische Aktivitäten, sondern auch die Fragen ausstiegswilliger Anhänger der Szene entgegen. Auch hier haben die potenziellen Aussteiger und ihre Familien die Möglichkeit, sich beraten und helfen zu lassen.
Hotline: 0180 / 2 00 07 86
Postadressen, Telefonnummern und E-Mail-Adressen finden Sie auf der Homepage des Verfassungsschutzes: http://www.verfassungsschutz.de.
EXIT DEUTSCHLAND
EXIT DEUTSCHLAND ist eine private Initiative, die ausstiegswillige Rechtsextremisten bei ihrem Ausstieg unterstützt. Finanziert wird das Projekt mit Geldern aus der Aktion "Mut gegen rechte Gewalt" der Zeitschrift "stern". Initiatoren sind Bernd Wagner, ehemaliger Staatsschutz-Chef, und Ingo Hasselbach ehemals führender Aktivist der Neonazi-Szene.
Die Ansprechpartner sind selbst Aussteiger
Als Ansprechpartner für Ausstiegswillige stehen dort Aussteiger aus der Neonazi-Szene bereit, die wahrlich Bescheid wissen. Außerdem gehören natürlich auch Psychologen zum Team. Bei rechtlichen Problemen werden Juristen eingeschaltet.
Der Ausstiegswillige muss zeigen, dass es ihm ernst ist. Erst dann wird für ihn ein individueller Maßnahmeplan erarbeitet.
EXIT hilft bei der Neuorientierung
EXIT will praktische Hilfe leisten und auch beim Umdenken helfen, die braune Ideologie in den Köpfen bekämpfen.
Mit Täter-Opfer-Begegnungen oder Demokratisierungsprogrammen, Begegnungen mit Ausländern, Juden, Besuchen von Konzentrationslagern soll Aufklärungsarbeit geleistet werden.
1. Phase: Der Austritt
2. Phase: Die Verarbeitung der Ideologie
3. Phase: Der Wiedereintritt in die Gesellschaft
EXIT DEUTSCHLAND
Telefon: 0171 / 7136452
Mailbox: 0180 / 50 52 55 89 79 10
Fax: 089 / 2 44 34 77 89
E-Mail: info@exit-deutschland.de
Merianstr.100
50765 Köln
Telefon: 0221 / 792-3838
E-Mail: bfvinfo@verfassungsschutz.de
Internet: www.verfassungsschutz.de
Anlaufstellen für Eltern, die sich in einem vertraulichen Gespräch beraten lassen wollen, sind die Erziehungs- und Familienberatungsstellen der Jugendämter. Adressen finden Sie in den örtlichen Telefonbüchern.
Ein Gesamtverzeichnis der Familien- und Jugendberatungsstellen finden Sie außerdem im Internet unter der Adresse der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung: www.bke.de
EXIT DEUTSCHLAND
Telefon: 0171 / 7 13 64 52
Mailbox: 0180 / 50 52 55 89 79 10
Fax: 089 / 2 44 34 77 89
E-Mail: info@exit-deutschland.de
REIN e.V. ist ein neugegründeter Verein, der laut Satzung die Re-Integration von Neonazis, Skinheads, Hooligans und überhaupt gewaltbereiten Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Ziel hat. Vorsitzender ist der Regisseur des viel diskutierten und kritisierten Hamlet-Projekts (mit Aussteigern aus der Szene) Christoph Schlingensief.
www.schlingensief.de
Weitere Informationsquellen
Bundeszentrale für politische Bildung
Berliner Freiheit 7
53111 Bonn
Telefon: 01888 / 515-0
E-Mail: info@bpb.bund.de
Internet: www.bpb.de
Informationen über verbotene Schriften, Tonträger und Filme:
Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften
Kennedyallee 105 -107
53175 Bonn
Telefon: 0228 / 37 66 31
E-Mail: bpjs.bonn@t-online.de
Internet: www.bpjs.bmfsfj.de
Informationen über problematische Internetdarstellungen:
Jugendschutz.net
Balmstraße 8
65205 Wiesbaden
E-Mail: buero@jugendschutz.net
Archiv der Jugendkulturen e.V.
Fidicinstr.3
10965 Berlin
Tel.: 030 / 6 94 29 34
Fax: 030 / 6 91 30 16
E-Mail: archiv@jugendkulturen.de
Hier können sich Eltern informieren oder Referenten buchen, wenn sie eine Informationsveranstaltung planen.
Broschüre "Rechtsextremismus und Gewalt im Jugendalter"
Diese umfassende Informationsbroschüre informiert Eltern über die Grundbegriffe des Rechtsextremismus, Organisationen, Propagandamaßnahmen, rechtsextremistische Musik und gibt Verhaltenstipps für Eltern. Zu beziehen ist die Broschüre über die örtlichen Jugendämter. In Kiel und München liegt sie bereits vor, einige andere Städte bereiten eine spezielle Ausgabe mit Kontaktadressen in ihrem Einzugsbereich vor. (Stand: August 2001)
Dokumentations- und Informationszentrum für Rassismusforschung
Postfach 12 21
35002 Marburg
Telefon: 06421 / 3 77 22
E-Mail: dir@mailer.uni-marburg.de
Internet: www.uni-marburg.de/dir
Internetseiten zum Thema
Informationsdienst gegen Rechtsextremismus
Umfangreiches Lexikon mit Personen- und Sachregister
www.idgr.de
Netz gegen Rechts
Eine Initiative von deutschen Medien
Aktuelle Presse-Infos
www.netzgegenrechts.de
Basta
Informationen zur Kampagne des Bundesinnenministeriums in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung e.V. gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit
www.basta-net.de
Shoah
Informationen zum Shoah-Projekt gegen das Vergessen, zur Erinnerung an den Holocaust und gegen die Propaganda der Neonazis.
www.shoah.de
Forschungs- und Arbeitsstelle "Erziehung nach/über Auschwitz"(FAS)
Pädagogische Materialien und Fortbildungen zur Aufklärung über den Holocaust.
Die FAS beteiligt sich an diversen Projekten und verfügt über eine wachsende Bibliothek.
www.erziehung-nach-auschwitz.de
Fairlink.de: Die Kampagne für Toleranz und Fairplay im Internet
Jugendliche setzen sich unter Schirmherrschaft des Bundespräsidenten mit extremistischen Inhalten im Internet auseinander.
www.fairlink.de
Gegen Vergessen - für Demokratie e.V.
Will eine kritische Auseinandersetzung mit Extremismus und Rassismus fördern und die Erinnerung an die Diktaturen auf deutschem Boden wach halten.
www.gegen-vergessen.de
.
Spezielle Web-Seiten zum Thema
Im Rahmen einer Initiative der Deutschen Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur gemeinsam mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
www.mediageneration.net/nexus/nexus001-03.htm
Hallo X!
Ich selbst (36 Jahre alt) war eine Rechtsextreme und habe etliche Straftaten begangen, für die ich nun gerne gerade stehe!
Meine Straftaten waren das Verwenden verfassungsfeindlicher Kennzeichen, Schändung einer Synagoge durch Sprayen, und als schlimmstes die Verwüstung eines jüdischen Friedhofes. Außerdem habe ich gegen das Versammlungsgesetz verstoßen.
Ja und heute - was macht sie heute, magst Du Dich fragen!? Ich habe mich absolut und mit Herz, Seele und Verstand aus dem menschenverachtenden Weltbild der Nazis gelöst - ich hielt diesen Irrsinn des Rassismus, des Hasses und des irrwitzigen Nationalismus nicht mehr aus.
Ich wurde endlich wieder zum Menschen, nachdem ich für fast 9 Monate eine "überzeugte" Anhängerin des Nationalsozialismus war! Auch mein Partner und meine Tochter, die diesen Weg mitgingen, sind heute wieder frei denkende, frohe und liberale Menschen geworden. Nun widme ich viel von meiner Zeit dem Versuch, anderen aus dem braunen Sumpf herauszuhelfen, Denkanstöße zu geben und frei heraus auch von meinem eigenen abschreckenden Beispiel zu berichten.
Ich möchte Dir gerne sagen, dass es sehr wichtig ist, Zugang zu den verlorenen Seelen der Neonazis zu bekommen. Dies kann man nicht mit einfachen Parolen wie "Nazis raus" erreichen, denn dadurch fühlen sich diese Leute nur noch mehr in ihrer Annahme bestätigt, sie seien die wahren "politisch Verfolgten"!! Das beste Beispiel ist dafür Günter Deckert, der trotz Haft und Ächtung fest zu seinem "Glauben" steht.
Wir müssen wirklich versuchen, die Nazis mit Argumenten, Wissen und Menschlichkeit zu überzeugen, dass sie absolut auf dem falschen Wege sind.
Menschlichkeit - Du denkst: "Nazis denken nicht menschlich, verstehen das gar nicht". - Recht hast Du, aber nur, weil sie ihre Menschlichkeit durch das Naziwerden immer mehr verdrängt und schließlich ganz verloren haben. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe dieses kalte, einsame und arrogante Gefühl der "Herrenrasse" gehabt - bin daran fast zugrunde gegangen.
Ich habe mir selbst alles versagt, was ich liebe und mag (Rockmusik, ausgeflippt sein, frei zu denken, Bücher aller Art zu lesen usw.usf.), ich modellierte mich um zur "Superdeutschen" - mein Gott - heute kann ich darüber nur lachen - und weinen, wenn ich daran denke, was ich getan habe - wie viele Menschen ich gekränkt und beleidigt habe!!
Du hast eine gesunde Abneigung gegen alle Nazis, aber vielleicht solltest Du versuchen, Deine Energie dazu zu verwenden, Überzeugungsarbeit zu leisten, "Nazigehirne" zu befreien - ihnen helfen, wieder zu denken und zu fühlen! Natürlich bin ich für harte Strafen bei rechtsextremen Verbrechen aller Art - ich selbst werde lange an meinen Strafen zu knabbern haben, aber ich weiß ja auch warum!! Nur denke ich, dass es für viele noch nicht zu spät ist, den ganzen Mist hinter sich zu lassen und loszukommen vom fast sektenähnlichen Umfeld der Neo- und Alt-Nazis!! Ich würde mich echt freuen, von Dir zu hören, dieses Thema zu diskutieren - voneinander zu lernen - wir müssen alle zusammenhalten, damit Nazis wirklich keine Macht mehr bekommen, nur noch die Chance, wieder menschlich zu denken und zu handeln.
Alles Gute für Dich!
RECHTSEXTREMISMUS
"Benzin und Streichholz"
Erstmals gewähren drei Aussteiger einen Einblick in die Neonazi-Szene. Mit Mühe entkamen sie einer kriminellen Schattenwelt, in der bierselige Glatzen und glühende Hitler-Verehrer dem Germanenkult frönen. Jetzt müssen sie sich vor Gericht für etliche Straftaten verantworten.
Die Schatten der Vergangenheit hängen immer noch in der Wohnung. Da ist der drei Quadratmeter große schwarze Sternenhimmel im Wohnzimmer, wo früher die Hakenkreuzfahne an die Wand gemalt war. Da sind die beiden schneeweißen Kleckse an der Decke, die jene Rußspuren verbergen, die die Öllampen rechts und links vom Hitler-Relief hinterlassen haben. Im Schlafzimmer, wo heute das Filmplakat des Tarantino-Klassikers "From Dusk Til Dawn" hängt, prangten früher Hitler, Heydrich und Heß.
"Schrecklich" findet Carla, 36, jene Zeit. Ihre Tochter Tina, 17, "will mit dem ganzen Scheiß nichts mehr zu tun haben". Hans, 24, der Kopfmensch, sucht vergeblich nach einer Erklärung, die irgendwie wissenschaftlich klingt: "Damals kamen wohl Benzin und Streichholz zusammen." Wegen möglicher Racheakte aus der Szene hat der SPIEGEL die Namen der Aussteiger verändert.
Es ist noch kein Jahr her, dass die Tochter, die Mutter und deren Verlobter im inneren Zirkel der deutschen Neonazi-Szene steckten: Sie fuhren mit Schläger-Skins auf Demonstrationen, erlebten bedingungslosen Führerkult und nahmen an konspirativen Sonnenwendfeiern teil. Sie fachsimpelten mit verurteilten Straftätern und führenden Neonazis über das "Vierte Reich". Mutter und Tochter schändeten einen jüdischen Friedhof.
Bald schon stehen sie in Mainz vor Gericht. Auf einen Anwalt verzichten sie, verteidigen könne man ihre Straftaten nicht. Carla, Tina und Hans sind Aussteiger, die die rechte Szene aus eigenem Antrieb verlassen haben.
Im SPIEGEL berichten die drei erstmals von Zirkeln und Ritualen, die der Öffentlichkeit bislang verborgen waren; sie erzählen aus einer Welt, in der Anführer und Ideologie des mörderischen Nazi-Systems in einem Gewirr von Gruppen und Grüppchen verehrt und verbreitet werden.
Sie erlebten die Nähe zwischen der NPD, ihrer Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) und gewaltbereiten Skins. Diese symbiotische Beziehung zwischen der vermeintlich biederen Partei und militanten, neonazistischen Skingruppen wie "Blood and Honour" (Blut und Ehre), mittlerweile in Deutschland verboten, veranlasst die Innenminister von Bund und Ländern, ein Verbot der NPD zu prüfen.
Das Trio hatte Zugang zu streng abgeschirmten Organisationen wie der "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige" (HNG) oder der "Artgemeinschaft", beide als eingetragene Vereine steuerbegünstigt. In der Artgemeinschaft predigt der einschlägig vorbestrafte Neonazi Jürgen Rieger, 54, die artgleiche Vermehrung.
Offen sprechen die drei auch über die finstere Faszination der Glatzen und ihrer Einpeitscher. Sie fühlten sich aufgehoben und zugehörig. Vor allem aber glaubten sie sich anderen Menschen überlegen. Farbigen brüllten Mutter und Tochter "Nigger" hinterher, im Supermarkt nahm Hans keine Cornflakes-Packung, die zuvor eine Ausländerin berührt hatte.
Die Geschichte der drei Aussteiger illustriert, wie schnell der Einstieg in die Szene vollzogen ist, wie umfassend sich das braune Netz eines Lebens bemächtigt.
Die üblichen Erklärungsmuster reichen dabei nicht aus, das Phänomen Rechtsextremismus zu entschlüsseln. Denn das Trio mag zwar nicht in Musterfamilien groß geworden sein, aber keiner von ihnen kommt aus dem sozialen Elend. Sie stammen aus der Mitte der deutschen Normalität.
"Wir waren keine Opfer von irgendwelchen Umständen", erklären Carla und Hans übereinstimmend. In ihrem Leben sei zwar einiges schief gelaufen, so Carla, "aber es gab genug Situationen in denen ich hätte sagen müssen: 'Horch mal, du bist 35 Jahre alt. Stopp!'"
Mit der totalen Hingabe, die früher der braunen Szene galt, widmen sie sich jetzt ihrem Ausstieg. Über die Internet-Homepage "nazis.de", einer Selbsthilfe-Seite, haben sie Unterstützung gefunden.
Carla sitzt vor dem Computer und beantwortet unermüdlich elektronische Post. Eine jüdische Briefpartnerin aus dem Internet hatte soeben Zweifel an Carlas Ausstiegswillen geäußert. Da stürzt der Rechner ab. Carla ist aufgelöst. Weint. Sie schüttelt den Kopf und verflucht mit tränenerstickter Stimme die Technik.
Carla weint oft. Wegen der Erinnerung an das, was sie gemacht hat, aus Enttäuschung über die Zweifel an ihrem Ausstieg, beim Gedanken an eine mögliche Haftstrafe. "Gleichgültig" sei sie gewesen, "das war mein größter Fehler". Aber sie war auch neugierig, auf diese geheimnisvolle Sonnenwendfeier zum Beispiel, mit der alles begann.
Ein krasses Abenteuer
Endlich war es so weit: Hüttenbauen im Wald, Lagerfeuer, im Freien kampieren mit national gesinnten Aktivisten. Aufgeregt machten sich Carla und Tina auf den Weg Richtung Pirmasens zu ihrer ersten Sonnenwendfeier. Den Veranstaltungsort kannten, so ihr Eindruck, nur Eingeweihte, schließlich vermuteten sie: Dort treffen sich die Spitzen der nationalen Bewegung.
Die Sonnenwendfeier, auf der einst Kelten und Germanen die längste Nacht des Jahres begingen, hatte im Mythenmix der Nationalsozialisten ihren festen Platz. Quasi religiöser Feuerzauber, weihevolle Sprüche und dramatische Kranzverbrennungen zu Ehren der Parteimärtyrer sollten vor allem die Hitlerjugend in den Bann des Braunen ziehen.
Umso gewaltiger war die Enttäuschung für Carla und Tina. Statt gestählter Kämpfer trafen sie angetrunkene Skins und kichernde Mädchen von der rechtsradikalen "Jungen Landsmannschaft Ostpreußen".
Zeremonienmeister war Wilhelm Herbi, den viele nur "Feld-, Wald- und Wiesen-Nazi" nannten, obwohl er mal NPD-Landesvorsitzender von Rheinland-Pfalz war. Herbi will von Auschwitz nichts wissen: "Das, was eine Anne Frank, ein Simon Wiesenthal oder ein Ellie Wiesel mitgemacht haben, waren geregelte Lageraufenthalte in einer schlechten Zeit. Da gab es Betten und Decken."
Mutter und Tochter traten eher schüchtern in den Kreis der Metseligen. Zwar hatte es geheißen, es gebe den betäubenden
Honigtrunk erst nach Entfachen des germanischen Feuers, aber daran hielt sich keiner der zwei Dutzend Anwesenden.
Befremdet gingen die Neulinge in den Wald, um Holz zu sammeln. Dabei begleiteten sie die abschätzigen Blicke der Älteren. In Erwartung großer Abenteuer hatten Carla und Tina T-Shirt, Jeans und Turnschuhe angezogen. Die Männer wünschten sich dagegen ein deutsches Mädel sittsam im Kleid.
Herbi, der seine Jünger stocknüchtern in Erinnerung hat, mühte sich mit Hans, der Feier etwas Würde zu verleihen. Das fiel nicht leicht nach all dem selbst gepanschten Met, wie er das Gebräu aus billigem Wein und Honig nannte.
Der Hobby-Germane, der fest daran glaubt, die Galaxie sei wie ein Hakenkreuz geformt, wies Carla in die "heilige" Zeremonie ein. Sie bekam ein weißes Bettlaken, angeblich vor drei Wochen geweiht. Widerstrebend streifte Carla das Tuch über. Nur in diesem Aufzug, bedeutete ihr Herbi, dürfe sie die Feuersprüche aufsagen.
Mit drei anderen Frauen, für jede Himmelsrichtung eine, gruppierte sie sich um das aufgeschichtete Holz. Weihevolle Reden wurden vorgetragen, dann waren die Frauen an der Reihe. "Ich bin der Norden und bringe das Feuer", rief die erste. Die anderen folgten. Das Feuer wurde entfacht, die alkoholisierte Schar lallte ein paar Lieder. Das Besäufnis nahm seinen Lauf.
Mutter und Tochter fühlten sich unwohl. Enttäuscht wollten sie aufbrechen. Statt der versprochenen Geländeübungen und Orientierungsmärsche waren sie in einer versoffenen Horde gelandet, die mit seltsamen Heldentaten wie dem "Kekswichsen" prahlte. Dabei stellen sich Skins um einen Keks auf, onanieren um die Wette und zielen mit ihrem Sperma auf das Knabberwerk. Wer als Letzter kommt, muss unter dem Johlen der anderen den Keks vertilgen. Vielleicht gaben die Skins auch einfach nur an.
Es war Hans, der die Frauen zum Bleiben bewog. Mit seinem korrekten Scheitel und dem Bärtchen unter der Nase sah er aus wie ein Überbleibsel aus der Hitlerzeit sauber, anständig, ganz anders als die tumben Skins.
Hans wusste mehr, hatte schon viel bessere Sonnenwendfeiern erlebt, mit der Artgemeinschaft zum Beispiel, einem rechtsextremen Zirkel, dessen Mitglieder sich dem germanischen Glauben und "Härte und Hass" gegen ihre Feinde verschrieben haben. Hans schwadronierte von Kaderorganisationen und versprach, wonach sich Carla und Tina gesehnt hatten: "Ein krasses Abenteuer."
Bei den Altnazis
So albern der Kitschkult im Wald anmutete, so schwer war es gewesen, an eine Einladung zu kommen. Die Teilnahme an jener Sonnenwendfeier war für Mutter und Tochter Teil des Verbotenen, das sie gesucht hatten. Konspirativ wurde der Ort in der Szene gehandelt. Er war geheim für Außenstehende und somit wichtig.
Carla und Tina stellten zuvor ihre Zuverlässigkeit unter Beweis bei Ursel und Curt Müller aus Mainz-Gonsenheim. Die beiden Altnazis führen neben ihrer Gärtnerei die größte legale Neonazi-Vereinigung, die Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V. mit über 500 Mitgliedern.
Die HNG betreut so genannte nationale Gefangene wie den skrupellosen Polizistenmörder Kay Diesner, den Brandstifter von Solingen, Christian Reher, oder den berüchtigten Hardcore-Skin Christian Hehl.
Der eingetragene Verein schickt den Inhaftierten direkt in die Zelle seine "Nachrichten der HNG". Das Blättchen bietet frische Informationen aus der Szene und gibt Mitgliedern Tipps für den korrekten Briefwechsel mit Gefangenen. Die Umsorgten bedanken sich artig "Heil Dir, liebe Ursel" mit ein paar Zeilen für die Leserbriefseiten.
Das Haus der Müllers gleicht einem Hitler-Museum. Der Führer hängt als Bleistiftzeichnung über der Küchentür, gleich drei Holzbüsten stehen im Regal. Horst Wessel, der Barde Adolf Hitlers, ziert den Klo-Eingang. Stolz verkündet Ursel Müller, diese Dinge seien schon lange ihr Eigentum.
Für Ideologie ist Curt zuständig. Seine Briefe schmückt er mit Stempeln wie "Politisch Verfolgter der Demokratie", "Neonazi. Betrachten wir das Wort als Ehre" oder "Das Dogma Auschwitz musst Du glauben, sonst legt man Dich in Daumenschrauben". Ursel, offizielle Chefin der HNG, übernimmt dagegen den mütterlichen Part. Weihnachten, so erzählt man sich, soll sie schon mal Plätzchen in Hakenkreuzform backen.
Bei den Müllers finden Tochter Tina und Mutter Carla, wonach sie ihr Leben lang gesucht hatten: eine Familie, ein Zuhause. Vertrauensvolle Beziehungen hatte Carla bis dahin selten erlebt. Bindungen bedeuteten für sie immer Lügen und Gewalt, manchmal sogar Tod.
Im Glauben, eine Halbwaise zu sein, wuchs sie nahe Mainz bei ihrer Mutter und einem ältlichen Universitätsprofessor auf. Bei einem Autounfall sei ihr Vater gestorben, erzählte die Mutter, eine Oberstudienrätin. Ihre ganze Kindheit hindurch erfuhr Carla nicht, dass jener greise und unzugängliche Professor ihr Vater ist.
Wie viele Kinder, die ohne Vater aufwachsen, wollte das Mädchen schon früh ihren Mann stehen, spielte Fußball und baute Baumhäuser. Carla begeisterte sich für alles, was sich als Fluchthelfer aus ihrem öden Leben anbot. Mit 16 experimentierte sie mit Drogen. Als ihre beste und einzige Freundin an einer Überdosis Heroin starb, suchte Carla Trost in einer Brieffreundschaft zu einem sechs Jahre älteren Mann in München. Dass er NPD-Funktionär war, störte die 18-Jährige nicht. Der Brieffreund bot das Ticket in die Freiheit.
1983 heiratete sie den Nationalisten und zog nach München. Dort, in der Wohnung des NPD-Mannes, stand sie später zum ersten Mal in ihrem Leben unter der Reichskriegsfahne.
Die große Freiheit war es nicht. Ihr Mann jobbte als Bote, Carla faltete in der NPD-Geschäftsstelle Flugblätter und verschickte die "Deutsche Stimme", Hauspostille der NPD. Die Miete bezahlte ihr Großvater. Die Parteiversammlungen ödeten sie an.
Zur Enttäuschung ihrer Freunde brachte Carla noch 1983 eine Tochter zur Welt Tina. Dennoch gewann ihr Vater einen prominenten Taufpaten: Günter Deckert, inzwischen mehrfach verurteilter Holocaust-Leugner und früherer Chef der NPD.
Carlas Traum von der glücklichen Familie währte im deutschnationalen Milieu nicht lange. Der Ehemann verlangte Gehorsam, wurde handgreiflich und drohte schon mal dem Kind. Sie klammert sich an den Traum von der Familie, er bleibt immer öfter fort von zu Hause.
Carla bringt ein zweites Kind zur Welt, endlich einen Sohn. Doch als der Säugling den plötzlichen Kindstod stirbt, ist die Ehe endgültig zerrüttet. Die dritte Schwangerschaft, Folge einer Vergewaltigung in der Ehe, bricht Carla ab.
Sie lässt sich scheiden, tritt aus der NPD aus, kehrt mit ihrer Tochter Tina nach Mainz zu ihrer Mutter zurück und stürzt sich in ihr nächstes Abenteuer. Die eben noch folgsame Frau eines Deutschnationalen verliebt sich in einen GI, einen Hispano-Amerikaner. Gemeinsam wollen sie in die USA auswandern.
Doch Tochter Tina darf wegen des geteilten Sorgerechts nicht mit. Carla entscheidet sich, ohne Kind nach Amerika zu gehen. Sie verliert das Sorgerecht. Ihre Tochter muss wieder nach München ziehen, wo sie ihr Vater bald darauf in ein Heim steckt.
Vorerst genießt Carla das Leben inmitten der GIs. Sie lebt in Wohnwagenparks, robbt bei Überlebenskursen durch den Schlamm und tobt sich aus. Doch die Sehnsucht nach der Tochter wird stärker. Sie will zurück.
1993 quittiert ihr neuer Ehemann den Dienst in der US-Army und folgt Carla nach Deutschland. Die nächste Katastrophe bahnt sich an. Zwar kann sie endlich ihre Tochter besuchen, aber der Gatte hängt an der Wasserpfeife, versackt, bis Carla ihn 1995 aus der gemeinsamen Wohnung wirft. Fortan kämpft sie um das Sorgerecht für ihre Tochter.
Tina hat unterdessen eine neunjährige Heimkarriere hinter sich. Ein Aufenthalt bei Pflegeeltern scheitert an der Tablettensucht der Ersatzmutter, die auch Carlas Briefe aus der Neuen Welt abgefangen hat. Wieder landet sie im Heim. Ihr Vater besucht sie selten.
Carla erhält 1997 das Sorgerecht zurück. Mutter und Tochter gewöhnen sich schnell wieder aneinander. Die Mittdreißigerin und der Teenager geben sich jene Geborgenheit, die beide vermisst haben.
Das Leben gewinnt an Ordnung. Tina geht auf die Realschule, Carla arbeitet bei Edeka, gibt in der Nachbarschaft Nachhilfe in Englisch und putzt bei ihrer Mutter.
Doch wieder droht die Langeweile. Als müssten sie ihre Jugend nachholen, suchen Mutter und Tochter das Abenteuer, das Schräge, das Ausgeflippte. Sie hängen in Mainz mit US-Soldaten herum. Dass Farbige darunter sind, stört sie nicht.
Sie probieren verwegene Rollen aus und rasieren sich die Schädel so wie Demi Moore. Die Hollywood-Schauspielerin mimt im Film "Die Akte Jane" einen weiblichen GI, der sich in der Machowelt der US-Armee behauptet. Ab sofort ziehen sie im gefleckten Kampfdress der Army durch die Gegend und züchten sich Muskeln an.
Doch die Rollenspiele enden so abrupt, wie sie begonnen haben. Kleinste Begebenheiten ändern ihre Haltungen radikal. Nach einem missglückten Flirt mit einem schwarzen Soldaten entdecken Mutter und Tochter ihre Abneigung gegenüber allem Nichtdeutschen.
Fernsehdokumentationen über Hitlers Wehrmacht wirken wie eine Einstiegsdroge. Im Frühjahr 1999 erinnert sich Carla an ihre Zeit in der NPD-Zentrale in München. Sie lesen die Hauspostille des rechtsextremen Verlegers und DVU-Chefs Gerhard Frey, die "National-Zeitung". Die Soldatenporträts finden sie spannend.
Plötzlich fallen ihnen Zeitungsberichte über kriminelle Ausländer auf. Berichte aus der geheimnisvollen Welt der Neonazis finden sie so aufregend, dass Mutter und Tochter Kontakt in die rechtsextreme Szene suchen.
Am 20. April 1999, Führers Geburtstag, fahren sie nach Mainz-Gonsenheim. In der Gegend ist Carla aufgewachsen. Und jeder Einheimische weiß, dass hier die Müllers wohnen. Von denen heißt es, sie begrüßten und verabschiedeten gleichgesinnte Gäste zackig mit erhobenem rechtem Arm, was Ursel Müller bestreitet.
An diesem Donnerstag stehen sie vor einem mächtigen Stahltor, bewehrt mit einer grünen Sichtblende und Stacheldraht auf der Mauer. Gelegentlich schießt Ursel Müller mit einem Eimer Wasser aus der Burg und verscheucht die "Systempresse". Ein kleiner Schaukasten mit dem Bild des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß signalisiert den beiden Besucherinnen, dass sie richtig sind. Zwar bleibt das Tor verschlossen, aber ein Winken aus dem Festungsfenster macht Mutter und Tochter Hoffnung.
Sie schreiben Briefe und Müllers antworten tatsächlich. Das Tor sei vormittags für ein paar Stunden geöffnet, sie könnten ja mal vorbeischauen. Zwischen Mutter und Tochter entbrennt vor dem zweiten Besuch ein heftiger Streit. Wer darf das T-Shirt mit dem Aufdruck "Ein Herz für Deutschland" tragen? Tina gewinnt.
Wenig später stehen sie im Müllerschen Gärtnereibetrieb. Die HNG-Chefin bindet Blumen, gibt sich herzlich und vermittelt den beiden das Gefühl, sie prüfe die Gesinnung der Neuzugänge. Die Frauen bestehen die ersten Tests. Auch als Ursel Müller mit Schändungen jüdischer Friedhöfe prahlt, zeigen Mutter und Tochter keine Abscheu.
Ursel Müller, im Mai 1999 wegen Aufstachelung zum Rassenhass auf Bewährung verurteilt, nennt dagegen die Erinnerungen der Frauen "Märchen". Zu Friedhofsschändungen aufzurufen "würde mir nie in den Sinn kommen", lässt sie den SPIEGEL wissen.
Die ebenso kalte wie herzliche Alte wird schnell zu einer Art Ersatzmutter. Carla hilft ihr beim Putzen. Sie fühlt sich ernst genommen, fühlt sich wichtig, wertvoll, akzeptiert.
Die Frauen haben den Eindruck, dass Ursel Müller spürt, sie wollen mehr als Ideologie und Herzlichkeit. Nach gut drei Monaten ruft Ursels Bekannter Wilhelm Herbi an und lädt zur Sonnenwendfeier, auf der "im Schweiße des Angesichts geschuftet wird", bevor das Feuer brennt.
Rede im Feuerschein
Die Einladung hatte zu viel versprochen bis auf Hans. Er war keiner von diesen Proll-Glatzen, sondern diente bei der Bundeswehr und arbeitete an seinem Bild als künftiger Ideologe der neonazistischen Bewegung. Bei den Jungen Nationaldemokraten in Hessen war er zum Beisitzer in den Landesvorstand aufgerückt. Seine geschliffene Rede im Feuerschein beeindruckt die Frauen.
Die Vergangenheit mutete Hans stets märchenhaft und abenteuerlich an. Sein Großvater erzählte Heldengeschichten vom Krieg und erklärte den Antisemitismus auf die katholische Art: "Die Juden haben unseren Herrgott ans Kreuz genagelt, die werden ihr Fett schon wegkriegen."
Wenn der Junge Hans mit Freunden Spielzeugarmeen bewegte, kommentierte Opa fachkundig das Kampfgeschehen: Maschinengewehre nannte er "Hitlersensen" und die Gasmaske, prahlte er, habe er damals in zehn Sekunden aufgesetzt.
Das folkloristisch braune Weltbild prägte die Kinderzeit. Ein Jägerfreund des Vaters nannte den Hochsitz "Wolfsschanze", andere besiegelten das Ende eines Halalis mit Bierflaschen, die als Hakenkreuz aufgestellt wurden. Zum Abschied ließen die Weidmänner Hermann Göring hochleben. Fasziniert studierte der dickliche Hans mit 14 die "National-Zeitung".
Als der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl während der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen endgültig auf die ehemaligen Ostgebiete verzichtet, empört er sich. Hans schreibt dem DVU-Parteichef Frey einen Brief, in dem er sein "Entsetzen" mitteilt. Beeindruckt hält der Hauptschüler wenig später Freys Antwortschreiben in den Händen.
Hans machte den Hauptschulabschluss, eine Dreher- und Bäckerlehre und versuchte sich als Rodeoreiter in einer Showtruppe. Die "National-Zeitung" begleitet ihn. Im Werbeprospekt aus einem rechtsextremen Versandhandel wurde er auf den nationalen Liedermacher Frank Rennicke aufmerksam. Hans bestellte eine CD.
Rennicke, ehemaliges Mitglied der heute verbotenen Wiking Jugend, ist der neue Barde der Bewegung, den alle kennen, vom Nachwuchsskin bis zum Altnazi. Hans schrieb dem braunen Sänger und fragte, wie er der nationalen Sache dienen könne.
Wieder kam die Antwort prompt. In einem Laden in Ludwigshafen könne er sich informieren und gleich für die NPD-Demo anmelden, am 1. Mai 1998 in Leipzig.
Der erste Kontakt mit der Szene ist ein Schock für Hans. Ein wuchtiger Glatzkopf stellt sich ihm in den Weg: Christian Hehl, 30, wegen Körperverletzung und Volksverhetzung mehrfach verurteilter Neonazi. Der Schläger darf sein eigenes Geschäft betreiben, bis der Szene-Treffpunkt auf Druck einer Bürgerinitiative geschlossen wird.
In "Hehls World" gibt es alles, was Glatzen glücklich macht: einschlägige T-Shirts, Musik, Messer und vor allem Termine. Eingeschüchtert meldet sich Hans für die Leipziger Demo an.
Seine Vorstellungen von der Szene sind rührend. Weil er sich zu Hause angelesen hat, dass die Nationalen sauber und ordentlich sind, kommt er wie Haiders Bergbub zum Bus, in weißem Hemd und Trachtenjanker. Die bierseligen Skins johlen.
In der "Bild am Sonntag" wird der ordentliche junge Mann auf einer halben Seite abgebildet. Hans ist zufrieden, schließlich hatte er sich ohne Scheu den Kameramännern und Fotografen gestellt. "Besser, die nehmen mich als so einen Hauer von Skin", denkt er.
An die Bierbäuche der Glatzen mit den gewaltigen Tätowierungen kann sich Hans dennoch nicht gewöhnen. Auch andere Nationale versprechen Wehrsportübungen und Zeltlager, dabei wollen sie nur saufen. Er wird von den Kameraden verhöhnt, weil er sich wäscht und nicht mittrinkt.
Notgedrungen akzeptiert er die Bande, weil sie für Präsenz auf den Straßen sorgt. Dass sie ihn als "Scheitel" verlachen, ihn verprügeln, als sich versehentlich in der Mannheimer "Schmuckerstube" ein Schuss aus seiner Schreckschusspistole löst, nimmt er hin.
Denn inzwischen hat auch Hans seine Clique gefunden, die JN. Mit ihnen begeht der Szene-Lehrling seine erste Straftat. Im August 1998 bepflastert er mit drei Jungnationalen die Rheinpromenade in Worms mit JN-Propagandamaterial.
Plötzlich fahren vier Polizeiautos und zwei Busse vor. Hans springt in eine Hecke. Als seine Kameraden verhaftet werden, erhebt er sich: "Hallo, ich bin auch noch da", ruft er, um nicht als Feigling zu gelten.
Die Beamten erweisen sich als harmlos. Nach einer Nacht auf dem Revier werden den Jungnazis die JN-Aufkleber wieder ausgehändigt. Die Ermittlungsbehörden dürfen nur ein Exemplar beschlagnahmen. Auf dem Rückweg verkleben sie die restlichen Sticker.
Durch die JN lernt er einstige Kader der verbotenen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) kennen. Auf einer Ungarnfahrt trifft er erstmals einen der Wichtigen im braunen Netzwerk: Friedhelm Busse, 71, Ex-FAP-Chef, bis zu seinem Parteiausschluss 1971 Mitglied der NPD, verurteilt wegen Volksverhetzung, Sprengstoff- und Waffenbesitz und Weiterführung einer verbotenen rechtsextremen Organisation.
Der grauhaarige Altnazi ist eine Legende, weil er Adolf Hitler die Hand geschüttelt haben will. Der eifrige Junge kommt an. Busse verkauft Hans eine Jubiläumsausgabe von Hitlers "Mein Kampf" für 70 Mark, dafür mit Widmung: "Ohne Mut keine Freiheit! Keine Freiheit ohne Mut!"
Am 3. Mai 1999 tritt Hans den Wehrdienst an; in Kniebundhose, hellbraunem Hemd, mit Kartenmeldetasche und einem Hitlerbart unter der Nase meldet er sich in der Klotzberg-Kaserne in Idar Oberstein.
Es dauert ein halbes Jahr, bis die Truppe, die Verteidigungsminister Rudolf Scharping für ihr erbarmungsloses Vorgehen gegen alles Braune lobt, erkennt, dass sie einen bekennenden Neonazi an der Waffe ausgebildet hat. Erst als Hans am 13. September auf der Stube zu laut über "Judenschweine" herzieht und einen Obergefreiten für die JN werben will, wird gegen ihn ein siebentägiger Arrest verhängt. Vereidigt wurde er zuvor dennoch, auf die freiheitlichdemokratische Grundordnung. Am 11. November 1999, sechs Monate nach seinem Dienstantritt, schreibt Brigadegeneral Axel Bürgener, einen Brief an Hans.
Dem "Herrn Gefreiten" wird mitgeteilt, dass er wegen "Gefährdung der militärischen Ordnung" fristlos aus der Bundeswehr entlassen wird. Das Dokument führt detailliert auf, wie offen der Neonazi seit Dienstantritt seine verfassungsfeindliche Grundeinstellung offenbarte:
In einem Gespräch mit BttrChef, 2./BeobPzArtLehrBtl 51 am 03.05.99 gaben Sie an, dass Sie aktives Mitglied der Jungorganisation der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands seien und ihren politischen Werdegang innerhalb der Partei auf Landesebene suchen.
Sie befürworten und bejahen die Wiking-Jugend, Ihre Mitgliedschaft sei an deren Verbot gescheitert. Zur Zeit ist ein Verfahren nach §86a StGB ( Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) gegen Sie anhängig.
Bei einer Vernehmung durch den BttrChef, 2./BeobPzArtLehrBtl 51 am 05.05.99 gaben Sie an, dass Sie gemeinsam mit Gleichgesinnten Ausbildungen wie z. B. Zeltlager oder Anschleichen, sowie Bekämpfen eines MG-Nestes nachempfunden haben (ohne Waffeneinsatz). Sie haben mehrmals an Demonstrationen wie z. B. gegen die Wehrmachtsausstellung teilgenommen.
Die große Liebe
Als die Sonnenwendfeier steigt, dient Hans noch in Idar-Oberstein. Ihm gefällt zwar nicht, dass ihm Carla an diesem Abend seinen Schlafsack entwendet und er in Herbis Auto übernachten muss. Doch er findet Gefallen an der burschikosen Frau seine erste große Liebe.
Hans wird den Müllers vorgestellt. Die HNG kannte er nur vom Hörensagen. Das nationalsozialistische Mausoleum in Gonsenheim beeindruckt ihn. Im "kleinen Walhall", einer Art Bar im Wohnhaus, darf er eine echte Hakenkreuzfahne bewundern. Und von Curt Müller kann er noch viel über den Nationalsozialismus lernen.
Carla und Tina wollen auch dazugehören. Mit arischblond gefärbten Haaren, Braunhemd und Springerstiefeln marschiert Tina fortan in die Schule. Abends bringt sie mit ihrer Mutter Aufkleber an Laternenmasten und Eingangstüren an. Die Aufkleber, auch größere mit dem Motiv Rudolf Heß, gibt es kostenlos bei Müllers.
In der Nacht zum 26. August 1999 begehen Carla, Tina und Hans ihre erste gemeinsame Straftat. Sie setzen sich ins Auto und fahren nach Worms. An der historischen Stadtmauer parken sie Carlas Wagen. Hans, als zu behäbig für die Aktion befunden, muss auf dem Beifahrersitz ausharren.
Carla und Tina schleichen sich langsam Richtung Judengasse durch die Nacht. Ihr Ziel ist die Synagoge von Worms. Während die Mutter zur Spraydose greift, steht die Tochter Schmiere. "Juda verrecke", "Deutschland erwache", Hakenkreuze und Wolfsangel werden auf die Nordwand der Synagoge gesprüht. Einmal in Fahrt beschmiert Carla auch das benachbarte Raschi-Haus, ein Gemeindezentrum.
Gut einen Monat später, nach einem Angriff "linker Zecken" auf das Auto des hessischen JN-Vize Frank Ludwig, unternehmen sie eine Vergeltungsaktion. Sie verlassen eine Geburtstagsparty und fahren zum Sitz der Antifa im Stadtzentrum von Gießen. Sie sprühen derart auffällig Hakenkreuze ans Haus, dass eine Polizeistreife sie abgreift; die Nacht verbringen sie auf der Wache. Für diese Tat müssen sie sich vor Gericht verantworten.
Nur drei Tage später sind sie auf dem Weg nach Biblis. Sie wollen zum Konzert von Frank Rennicke. Doch sie werden von der Polizei gestoppt. In ihrer Montur gleichen sie so sehr der SA, dass sie wieder auf der Polizeiwache landen: wegen Verstoßes gegen das Uniformierungsverbot.
Drei Tage später, Hans ist krank und übernachtet in der Klotzberg-Kaserne in Idar-Oberstein, folgt die letzte Straftat. Wieder wollen sie sich Ursel Müller beweisen, die für den Hass in ihren Köpfen sorgte. Carla und Tina schreiten zur Tat: "Wir wollten ein Fanal setzen!"
Vorher hatten sie in der Szene gehört, was es bei der Schändung von jüdischen Friedhöfen zu beachten gilt: immer Handschuhe anziehen, dazu Gummistiefel und Papieroveralls, wie Lackierer sie benutzen, aus dem Baumarkt. Nach der Tat sofort beseitigen und schweigen.
In der Nacht zum 28. September 1999 setzen sich Mutter und Tochter wieder ins Auto. Erneut fahren sie Richtung Worms. Kurz hinter einer ehemaligen Tankstelle parken sie das Auto auf einem Feldweg. Handschuhe an, Spraydose aus dem "Sondereinsatz-Koffer", der immer im Auto liegt, und los. Carla klettert auf die fast zwei Meter hohe Mauer des jüdischen Friedhofs in Alsheim, zieht ihre Tochter Tina, die Knieprobleme hatte, in der Dunkelheit hoch.
Sie stürzen 35 Grabsteine um, einige zerbrechen. Während Tina weiter Gräber schändet, sprüht Carla mit schwarzer Farbe "Juda verrecke", "Deutschland erwache", "Zion stirb", ein Hakenkreuz und andere Symbole der rechten Szene an die Friedhofsmauer. Wenig später verschwinden Turnschuhe und Spraydose im Rhein. Der einsetzende Regen beruhigt sie.
Hans wird über die Aktion unterrichtet: "Wir haben Gärtnerarbeiten gemacht." Zwar sorgt er sich, weil der Tatort zu nah an der Wohnung der inzwischen regional bekannten Rechtsextremisten liegt. "Wir sind doch voll im Fahndungsraster der Polizei", denkt der Neonazi. Allerdings beruhigt auch ihn der Regen, der die Spuren verwässern soll. Ein Irrtum, wie sich bald herausstellt.
Hans, mittlerweile aus der Bundeswehr entlassen, widmet sich als Arbeitsloser noch intensiver der Bewegung. Noch ein- mal taucht er mit Carla, die inzwischen ahnt, dass die Straftaten auch zu Strafen führen, in die Welt der Neonazis ein.
Anfang Dezember fahren beide Richtung Harz, um an einer Julfeier, der Wintersonnenwende, teilzunehmen. Geladen hatte die Artgemeinschaft. In diesem Zirkel verkehren die vermeintlichen Vordenker der rechtsextremen Bewegung. Der eingetragene Verein beruft sich auf die "germanischen Sittengesetze". Angeführt vom Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger, wird das "Sittengesetz unserer Art" postuliert, dass die "gleichgeartete Gattenwahl, die Gewähr für gleichgeartete Kinder" und "Härte und Hass gegen Feinde" vorschreibt.
Unter dem Deckmantel religiöser Veranstaltungen trifft man sich im Verborgenen. Mitglieder der Artgemeinschaft erhalten folkloristisch klingende Einladungen: "Am Sonnabend Abend findet unser bunter Abend um den Metkessel mit Singen, Volkstanz und spontanen Beiträgen von Gefährten statt." Wohin die Mitglieder fahren müssen, erfahren sie erst nach ihrer verbindlichen Anmeldung.
Das rechtsextreme Pärchen kommt spät in dem ostdeutschen Wintersportort an. Noch auf dem Parkplatz der Ferienanlage streiten sie sich. Carla will das verhasste Kleid nicht anziehen. Doch sie fügt sich.
Der Saal des Gasthofs ist gut gefüllt. Etwa 150 Anhänger des neofaschistischen Germanenkults haben sich versammelt. Als erstes kommt den beiden der ehemalige Rechtsterrorist Manfred Roeder entgegen. Auch Steffen Hupka, 85, ist dabei. Der NPD-Funktionär, Ex-Führungskader der verbotenen "Nationalistischen Front" (NF), ist direkt nach dem Fall der Mauer nach Quedlinburg in den Ostharz gezogen. Er koordiniert die neofaschistischen Aktivitäten in Sachsen-Anhalt.
Auf einem Stuhl sitzt eine alte Frau, der sie artig die Hand geben. Florentine Rost van Tonningen, 84, eng befreundet mit der Tochter Heinrich Himmlers, Gudrun Burwitz. Auf Wunsch erzählt sie Anekdoten von Himmler.
Die leise sprechende Frau war mit Meinoud Marinus van Tonningen verheiratet, Sturmbannführer der Waffen-SS und im Dritten Reich Präsident der niederländischen Nationalbank. In ihrer Villa trafen sich über Jahre die verbliebenen Getreuen des verstorbenen deutschen Neonazi-Führers Michael Kühnen. Van Tonningen küm mert sich in den Niederlanden, wie Ursel Müller in Deutschland, um die so genannten politischen Gefangenen. "Consortium de Levensboom" heißt ihre Organisation.
Carla und Hans plaudern mit Hans-Jürgen Hertlein, Landesführer des "Stahlhelm" in Rheinland-Pfalz. Die Organisation ruft in ihrem Kampfblatt "Frontsoldat" dazu auf, für "die neue Zeit zu kämpfen", in der Deutschland wieder eine souveräne Regierung habe.
Wenig später unterhält sich Hans mit Jürgen Mosler, 44, Ex-Generalsekretär der verbotenen FAP. Auch Frank Rennicke fehlt nicht in diesem illustren Kreis.
In einem Hinterzimmer bieten Antiquariate und Devotionalienhändler ihre Waren feil. Unter der Hand werden auch indizierte Musikkassetten verkauft, etwa vom "Weißen Arischen Widerstand" (WAW). Bevor der Kesse l mit dem süffigen Honigtrank vom Zeremonienmeister Rieger durch das dreimalige Leeren eines Methorns freigegeben wird, müssen die Gäste den "Auftanz", eine Art Polonaise, absolvieren.
Der Ausstieg
Am nächsten Morgen brechen beide, auf Drängen von Carla, wieder Richtung Mainz auf. Auf erbauliche Vorträge muss Hans verzichten. Carla plagen mittlerweile Alpträume. Sie wird das Gefühl nicht los, abgehört zu werden. Zu Ursel Müller und der HNG war sie schon nach den Straftaten auf Distanz gegangen. Langsam bröckelt der Spaß am nationalen Widerstand und die Motivation, sich den Regeln der Bewegung zu unterwerfen. "Mir hat dann auch meine Musik gefehlt. Ich hab öfter an die Red Hot Chilli Peppers gedacht. Das kannste alles nicht mehr hören", denkt sich Carla.
Immer häufiger kommt es zum Streit mit Hans. Nachdem sich Carla ihrer Tochter anvertraut hatte, rückte sie ihre alten CDs und Bücher wieder nach vorne ins Regal. Kurz vor Silvester kommt es zum Eklat mit ihrem Verlobten, der inzwischen allein der Szene die Treue hält.
Carla nimmt die Heß-Plakate und Führerbilder ab, stopft die antisemitischen Hetzschriften in einen Koffer. Hans zieht zu seinem Vater. Sie probieren eine Beziehung auf Distanz. Wieder kippt die Stimmung bei Carla und Tina. Eben noch mit Begeisterung in der Neonazi-Szene, wollen sie jetzt von all dem nichts mehr wissen.
Doch Hans vermisst Carla. Nach einem Silvesterbesäufnis mit heftigem Streit versöhnen sie sich wieder. Hatte Hans seiner Lebensgefährtin bisher mit der Glorifizierung des Nationalsozialismus zu einem simplen Weltbild mit Überlegenheitsgarantie verholfen, setzt sie ihm jetzt mit bohrenden Fragen zu. Warum die Nazis Bücher verbrannten, will Carla wissen, wenn die Bewegung so toll gewesen ist?
Das Urteil
Am Morgen des 24. Februar, um sieben Uhr, steht die Polizei vor ihrer Tür. Tina und Hans werden in getrennten Fahrzeugen nach Mainz aufs Polizeirevier gebracht. Carla muss während der folgenden Hausdurchsuchung in der Wohnung bleiben. Eigentlich ist sie erleichtert.
Während Tina im Mainzer Polizeipräsidium vernommen wird, überlegt die Mutter, alles auf ihre Kappe zu nehmen, um der Tochter die Zukunft nicht zu verbauen. Sie hat Angst, dass Tina nach einer Verurteilung keine Lehrstelle bekommt.
Tina will erst mit Rücksicht auf Carla nicht aussagen, packt dann doch aus, nachdem ihr die vernehmende Beamtin gesagt hatte, sie wisse ohnehin schon alles. Unterdessen ist auch ihre Mutter auf dem Weg zu ihrem Verhör. Schon auf der Fahrt zum Präsidium will sie alles erzählen. Nur Hans, der inzwischen auf das Polizeirevier in Mainz-Lerchenberg verlegt wurde, zögert noch. Weder seine Verlobte noch deren Tochter will er belasten.
Er gibt zu, zu wissen, wer den jüdischen Friedhof in Alsheim geschändet hat, nur Namen will er nicht nennen. Während Carla die Nacht in einer Zelle verbringt, wird Tina nach Hause geschickt. Erst am nächsten Morgen, ohne zu wissen, ob Tina sich zu ihren Taten bekannt hat oder nicht, beichtet auch Carla.
Der schweigende Hans wird mit der Bemerkung entlassen, er werde noch von der Polizei hören. Nach gut zwei Wochen will er sich dort freiwillig gemeldet und darauf gedrängt haben, auszusagen. "Dann habe ich halt erzählt, wie das mit der Synagoge in Worms war", erklärt Hans mit leiser Stimme.
Die Ermittler erfahren von ihm auch Hintergründe aus der rechten Szene, die nicht für die Straftaten relevant waren. Mit dieser Aussage ist Hans zum Verräter geworden. Alle drei verzichten auf einen Handel mit der Staatsanwaltschaft Wissen gegen ein mildes Urteil , hoffen aber, dass ein Geständnis nicht von Nachteil ist.
Vier Tage nach der Hausdurchsuchung schreiben Mutter und Tochter einen Brief an die jüdische Gemeinde in Mainz und entschuldigen sich für ihre Taten. Carla gibt den Brief persönlich ab. Der angerichtete Sachschaden, so erfahren sie im Juli dieses Jahres durch die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft aus Mainz, beträgt 20 000 Mark. Es droht eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren. Auf einen Anwalt für den bevorstehenden Prozess am Jugendschöffengericht in Mainz verzichten sie, "weil die Taten, die wir begangen haben, nicht zu verteidigen sind".
Hans, dem die Abkehr von der Szene schwerer fällt ("Das waren ja meine Freunde"), schreibt seinen Entschuldigungsbrief erst Ende März. So wie er sich früher die antisemitische Ideologie seines Idols Julius Streicher erarbeitet hat, erliest sich Hans nun seine Kritik am eigenen Weltbild. So wie er früher antisemitische Propaganda verbreitet hat, will er jetzt mit seinem Wissen über die Mechanismen und die Dynamik der rechtsextremen Bewegung berichten. Er sieht sich schon als Anlaufstelle für Journalisten.
"Jeder kann bei uns seine Meinung frei äußern. Voraussetzung ist allerdings: Sie entspricht der von uns veröffentlichten", lautet einer der Stempel auf den Briefen Curt Müllers, die er den dreien immer noch hinterherfaxt. Er fordert die ausgeliehenen Bücher von den ehemaligen HNG-Mitgliedern ein. Doch das eine, das sie ihm noch nicht zurückgeschickt haben, lagert in der Asservatenkammer der Polizei. Es ist ein in Neonazi-Kreisen beliebtes Buch: "Gedenkstätten der Opfer des Nationalsozialismus". Die aufgeführten Adressen dienten als Wegweiser für Attentäter. CAROLIN EMCKE,
CHRISTOPH MESTMACHER
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© DER SPIEGEL 39/2000
MT
PS Du nennst dies "Propagandamaschine"? *lol* Soll ich dir einmal Threads benennen, die dieses Attribut verdienen? Besser nicht, dann wäre ich den ganzen Tag damit beschäftigt!
Dafür weiß ich jetzt weshalb manche Leute ihre Threads ganz für sich allein haben. Kommt nicht wieder vor, daß ich in Deine Thread poste
Wega
Schlagwörter mit Ausrufezeichen erinnern mich immer so an : RUF MICH AN !
Ob das der richtige Weg ist, Kids von Hetzparolen, die auch alle mit "!" enden, abzubringen ??
Ist es nicht schick, Verpöntes und Verbotenes zu tun ??
Ist das Land nicht schon so krank, dass sich viele wie "damals" auch in Ideologien flüchten ??
Giesst nicht unsere Politik Öl in dieses Feuer ??
(aktuell : Türkei in die EU)
Deutschland erwache ! """gggg"""
MT
PS @Action.Jackson, na na, so weit musstest du jetzt auch nicht gehen! ;-) Aber lesen ist erst einmal von Vorteil, der erste Schritt zum Verstehen.
Dämmerts?
Ich habe ja noch Glück gehabt, daß ... lassen wir es, da kommt sowieso nur wieder der übliche Unsinn. Werde glücklich mit Deinen Robinson-Threads.
Wega
MT
PS @wega, ich habe keine Doppel-ID und war noch niemals Moderator; insofern kann ich dir nicht weiterhelfen. Lege doch Beschwerde gegen die Bewertung ein oder versuche, das Ganze etwas lockerer zu nehmen.