Nach Listerien-Toten: Keine Angst vor dem Käse

Maus und Käse
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Schimmel, Pilze und Bakterien - zuletzt bekam Käse einige negative Schlagzeilen. Doch Probleme kann man einfach vermeiden - man muss nur wissen, wie. Was für den einen Käse gut ist, ist für den anderen schlecht.

Käse kann gefährlich sein. Erst diese Woche wurde bekannt, dass im Vorjahr sechs Menschen in Österreich und Deutschland wegen Listeria-Bakterien im Käse gestorben sind. Mindestens 50 Krankheitsfälle wurden gemeldet. Und vor gut zwei Jahren gab es einen europaweiten Skandal rund um sogenannten „Gammelkäse“: Italienische Produzenten haben verdorbenen Käse mit frischen Produkten vermengt, weiterverarbeitet und verkauft – inklusive Mäusekot und Würmern. Man darf sich also die Frage stellen: Sollen wir überhaupt noch Käse essen?

Zumindest im „Käseland“ am Wiener Naschmarkt scheint das kein Thema zu sein: Hier herrscht reges Treiben. Es gibt Weichkäse, Hartkäse, Ziegenkäse und Schafkäse, mit und ohne Löcher, aus ganz Europa und in allen Formen und Farben. Geduldig warten die Kunden und begutachten die Auslage. „Nein, die Kunden sind nicht weniger geworden“, sagt der Verkäufer. So bestätigt sich: Wenn man etwas mag, gibt man es so schnell nicht auf. Denn die Österreicher lieben Käse. Pro Kopf und Jahr werden hier durchschnittlich 20 kg Käse konsumiert (zum Vergleich: Weltmeister sind die Franzosen mit etwa 24 kg pro Kopf).

„Käse ist überhaupt nicht gefährlich“, sagt Johann Költringer, Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter. Und: Listerien sind kein spezifisches „Käseproblem“. Sie können ebenfalls in geräuchertem Fisch oder Brühwürsten enthalten sein, bestätigt auch Martin Wagner, Vorstand des Instituts für Milchhygiene an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Wo auch immer sie letztendlich auftauchen: Listerien können für Menschen mit geschwächtem Immunsystem durchaus gefährlich sein. 30 Prozent der Fälle endeten tödlich, so Wagner. Besonders Schwangere sollten aufpassen: Föten können Organschäden erleiden, da sie Listeria-Bakterien nicht abwehren können.

Wagner bestätigt aber auch, dass die Käseproduktion in Österreich weitgehend sicher und hygienisch ist: Das letzte Mal sind Listerien 1986 in Oberösterreich aufgetaucht. Zudem wird Käse hierzulande meist aus pasteurisierter, also auf über 100 Grad erhitzter, Milch hergestellt. Rohmilchkäse, wie er in Frankreich üblich ist, ist anfälliger für schädliche Bakterien. Insofern kommen in Frankreich und Belgien öfter Listerien im Käse vor als hierzulande, so Franz Allerberger von der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit.

Gute Bakterien. Bei all der Diskussion um schädliche Bakterien im Käse wird fast vergessen, dass der Käse Bakterien braucht. Denn Käse ist ein biologisches Produkt: Er reift mithilfe von Mikroorganismen (Bakterien und Pilzen). Aber was für den einen Käse gut ist, ist für den anderen schlecht. „Der Schimmel etwa“, sagt Költringer, „ist beim Camembert erwünscht, aber bei Emmentaler gefährlich“. Gezüchteter Edelschimmel, wie der Weißschimmel auf Camembert, beinhaltet keine Giftstoffe. Wenn jedoch ein Emmentaler, der ohne Pilzkulturen reift, längere Zeit herumsteht und zu schimmeln beginnt, dann handelt es sich um giftigen Schadschimmel. Was muss der Konsument also beachten, wenn er im „Käseland“ ordentlich zugelangt hat?

Käseanleitung. So viele verschiedene Käsesorten es gibt, so unterschiedlich ist auch deren Aufbewahrung. Prinzipiell gilt, dass Käse nicht luftdicht aufbewahrt werden soll, da er sonst nicht atmen kann. Zu hohe und zu niedrige Temperaturen sind ebenfalls nicht gut. Die meisten Käsesorten fühlen sich bei vier bis 12 Grad am wohlsten.

Frischkäse sollte im Kühlschrank in die kühleren Abteilungen, da er Wasser enthält und bei zu warmen Temperaturen schnell schimmelt – in diesem Fall sollte er schleunigst entsorgt werden. Edelpilzkäsesorten sowie Weichkäse (zum Beispiel Brie) können im Gemüsefach des Kühlschranks gelagert werden. Diese Käsesorten reifen dort nämlich weiter. Allerdings können auch diese giftig werden – erkennbar daran, dass sie dann streng riechen. Hartkäse (Gouda, Bergkäse) kann ebenfalls im Kühlschrank aufbewahrt werden, auch wenn eine kühle, lichtgeschützte Speisekammer noch besser wäre. Wird der Käseblock mit einem feuchten Geschirrtuch umwickelt, trocknet er nicht so schnell aus. Wenn sich um den Hartkäse Schimmel bildet, dann sollte man die befallenen Stellen großzügig abschneiden: Der restliche Käse ist nämlich trotzdem genießbar.

Auch wenn Käse kühl aufbewahrt wird, schmeckt er am besten bei Zimmertemperatur: Etwa eine halbe Stunde vor dem Verzehr aus dem Kühlschrank nehmen, damit er sein volles Aroma entfalten kann. Ebenfalls genießbar ist die Rinde – außer natürlich, sie besteht aus Plastik.

Wer seinen Käse richtig lagert, braucht also keine Angst zu haben, denn auch wenn sein Ruf zuletzt ein wenig gelitten hat – wirklich gefährlich ist Käse nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2010)

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